Protokoll der Sitzung vom 14.11.2012

Deshalb sage ich Ihnen eines: Dieses Abkommen hat so vie le Schlupflöcher, dass es schwierig ist, es jetzt als Grundlage für eine solide Haushaltsplanung zu nehmen.

(Abg. Winfried Mack CDU: Wer soll es denn ma chen? Die Kantonalpolizei? – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Wir, die Landesregierung, Grün-Rot, haben einen Kurswech sel im Umgang mit der Steuerverwaltung und der Steuerge rechtigkeit vorgenommen.

Nachdem Sie jahrelang viele Hundert Stellen in der Steuer verwaltung abgebaut haben, bauen wir Stellen auf. Wir wer den es nicht zulassen, dass Baden-Württemberg die Steuerge

rechtigkeit mit Füßen tritt. Sie waren in der Vergangenheit die jenigen, die auf der Seite der Steuersünder waren.

(Widerspruch bei der CDU – Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Beleidigung! – Zuruf von der CDU: Frechheit!)

Wir sind auf der Seite der ehrlichen Steuerzahler.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Wir werden über weitere Steuererhöhungen sprechen müssen. Es ist nicht nur die Landesregierung von Baden-Württemberg, die darüber spricht, sondern es ist beispielsweise auch das Saarland. Die Erhöhung des Spitzensteuersatzes ist für alle Bundesländer unabweisbar,

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

wenn man es mit dem Einhalten der Schuldenbremse ernst meint.

Deshalb bin ich sehr zuversichtlich, dass sich mit einer ver änderten Konstellation nach der Bundestagswahl sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat eine Mehrheit dafür finden wird. Es ist höchste Zeit, dass die Lasten für die Schulden der Vergangenheit gerecht verteilt werden. Dann müssen eben die starken Schultern ein bisschen stärker ran.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Nur Beifall aus der ersten Reihe!)

Das Nächste, wenn wir schon über Einnahmen sprechen: Wir dürfen es nicht zulassen, dass die Pläne der Bundesregierung, die zu weiteren Steuerausfällen für die Bundesländer – und übrigens auch für den Bundeshaushalt – führen würden, um gesetzt werden. Denn wir haben ein riesengroßes Steuer rechtsänderungsrisiko für die Jahre 2013 und 2014. Da ist die Frage der Besteuerung von sogenannten Streubesitzdividen den. Selbst Herr Schäuble geht davon aus, dass es Einnahme ausfälle von 1,5 Milliarden € gibt. Wir gehen davon aus, dass sie deutlich höher sein werden. Es gibt weitere Steuerrechts änderungen, die die schwarz-gelbe Bundesregierung plant.

Ich sage Ihnen eines: Wir werden die Schuldenbremse nicht einhalten können, wenn diese Schuldenbremse nicht gleich zeitig auch als Steuersenkungsbremse funktioniert.

(Abg. Winfried Mack CDU: Keine Sorge! Bis dahin sind Sie nicht mehr Finanzminister!)

Wenn der Staat auf Dauer strukturell ordentliche Haushalte erhalten will, dann wird es nicht weiter allgemeine Steuersen kungen geben können. Dann wird es auch nicht sein können, dass Herr Schäuble dauernd Steuersenkungspakete zulasten der Länderhaushalte schnürt. Wir werden energisch dagegen vorgehen. Sonst wird es mit der Schuldenbremse nichts.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Zuruf von der CDU: Sie trauen sich ja richtig viel zu!)

Die Polizeireform ist im Landeshaushalt klar und wahrheits gemäß veranschlagt. Der Innenminister weiß, wo die Regio nalpräsidien der Polizei eingerichtet werden. Diese brauchen

entsprechende Leitstellen. Der Aufwand dafür ist im Haushalt veranschlagt. Die weitere Umsetzung der Polizeireform wird Einmalkosten verursachen. Wir gehen davon aus – das haben wir, die Regierung, mehrfach betont –, dass sie sich in einem Rahmen von 120 bis 170 Millionen € bewegen werden.

(Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Karl Zimmermann: Machen Sie einen Deckel drauf!)

Dies wird jetzt geklärt, wird konkret haushaltsreif gemacht.

(Abg. Peter Hauk CDU: Seit Sommer! Entschuldi gung, das sind vier Monate! Das ist doch Blödsinn! Das ist doch nicht wahr!)

Dann werden wir diese Zahlen präsentieren. Aber ich sage nochmals: Wer einmalig Geld in die Hand nimmt, um die Strukturen zu verbessern, der investiert in die Zukunft der Po lizei, in die Sicherheit dieses Landes.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Dann haben Sie beim Schienenpersonennahverkehr vermeint liche Haushaltsrisiken beschworen. Diese Haushaltsrisiken stammen aus Ihrer Regierungszeit. Es sind Ihre Verträge, die auslaufen, die wir nachverhandeln müssen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Das ist unglaublich!)

Wir haben bei Übernahme der Regierung keinerlei taugliches Konzept vorgefunden, wie man mit der zukünftigen Aus schreibung umgehen wird. Das müssen wir jetzt mühselig er arbeiten. Das geschieht mit Hochdruck. Dann werden wir bes sere Konditionen für das Land herausholen, und das wird sich dann auch im Haushalt niederschlagen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wir werden all dies, meine sehr verehrten Damen und Her ren, im Dialog mit der Bevölkerung, mit den direkt Betroffe nen tun. Wir haben es geschafft, nach jahrelangem Stillstand mit den kommunalen Landesverbänden den Knoten zu durch schlagen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Genau! – Abg. Walter Heiler SPD: So ist es! Genau so ist es!)

Wir haben eine einvernehmliche Einigung über den Ausbau der Kleinkindbetreuung hinbekommen, bei dem sich das Land zu seiner Verantwortung bekennt. Wir haben im Einverneh men mit den kommunalen Landesverbänden eine Einigung über die Finanzierung der Kommunen bis zum Ende dieser Legislaturperiode hinbekommen, und wir haben beschlossen, dass wir das Thema Ganztagsschule ebenfalls im Einverneh men mit den kommunalen Landesverbänden regeln wollen. Das ist eine Politik des Dialogs, des Zuhörens, der Partner schaft auf Augenhöhe mit den Kommunen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Genau! – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Das Echo aus den Kommunen zeigt an: Wir sind auf dem rich tigen Weg.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Selbst bei dem schwierigen Thema Personalkosten sind wir im Gespräch mit den Verbänden der Beamtenschaft, und wir bleiben mit ihnen im Gespräch, auch wenn Herr Stich jetzt gesagt hat, er wolle erst einmal seinen Gewerkschaftstag ab warten. Das sei ihm gegönnt. Wir bleiben im Gespräch, weil wir überzeugt sind, dass die Leistungsfähigkeit des öffentli chen Dienstes ein Trumpf für das Land Baden-Württemberg ist.

Deshalb wird es neben dem Finanzplan 2020 im nächsten Jahr auch ein Personalentwicklungskonzept 2020 geben, weil wir beides nebeneinander betrachten müssen: den Konsolidie rungsbedarf und den notwendigen Erneuerungsbedarf im öf fentlichen Dienst. Dass wir es mit guter Arbeit im Landes dienst ernst meinen, zeigen wir schon dadurch, dass wir die Unmenge an befristeten Beschäftigungsverhältnissen aufhe ben wollen und denen, die seit vielen Jahren für das Land ar beiten, auch ordentliche Verträge anbieten. Ich glaube, das ist ein gutes Zeichen für den öffentlichen Dienst hier in BadenWürttemberg.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Wir bleiben auch im Gespräch mit den Verbänden, wenn es um wichtige Vorhaben der Regierung geht. Es ist wirklich ein weiteres Zerrbild, das Sie zu der Einführung eines National parks Nordschwarzwald und der Diskussion darüber gezeich net haben. Ich kenne niemanden, der bei diesem Thema so en gagiert den Dialog sucht wie Landwirtschaftsminister Bonde. Über hundert Termine hat er dafür wahrgenommen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Winfried Mack CDU: Wo waren die hundert Termine?)

Uns dann vorzuhalten, wir würden über die Köpfe der Betrof fenen hinweg regieren oder entscheiden, geht völlig fehl. Es gibt eine Regelung, wie man Nationalparks einrichtet. Dem nach ist der Landtag als Gesetzgeber gefragt. Das ist auch in Ordnung.

(Abg. Winfried Mack CDU: Wo waren die hundert Termine?)

Dann können Sie Ihre Argumente vortragen, falls Sie dann noch dagegen sein sollten. Wir werden die Argumente vortra gen. Wir werden das, was aus den Gesprächen, den Dialogen im Nordschwarzwald an Einwänden kommt, abwägen. Dann wird der Landtag souverän darüber entscheiden. Ich weiß gar nicht, was daran schlimm sein soll. Das ist praktizierte Bür gerbeteiligung, und das ist parlamentarische Demokratie.

(Zuruf des Abg. Helmut Rau CDU)

Sie haben es selbst so gewollt, dass der Landtag entscheidet.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Aber auch bei vielen anderen Themen haben wir die Beteili gung der Betroffenen sehr frühzeitig gesucht. Ich erinnere an das beispielgebende Gesetzgebungsverfahren zur Stärkung der studentischen Mitbestimmung. Dabei sind – auch über neue Medien – die Rückmeldungen der Betroffenen sehr früh zeitig eingeholt worden.

Wenn Sie uns also vorwerfen, wir würden keine dialogorien tierte Politik betreiben, dann stehen Sie hier im Land ziem lich allein da.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wie z. B. mit den Bauern!)

Jawohl, diese Regierung macht eine Politik des Gehörtwer dens, des Zuhörens.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Angeblich! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: National park, basta!)