Protokoll der Sitzung vom 15.11.2012

(Zurufe von der SPD)

In den vergangenen Wochen, meine Damen und Herren – hö ren Sie zu! –,

(Zuruf von der SPD: Lieber nicht!)

hatte es Streit gegeben,

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das wird nichts mit der neuen Frauenpolitik!)

weil die Länder die monatlichen Berichtspflichten abgelehnt haben. Bisher mussten sie nur einmal im Jahr einen Bericht über den Ausbau der Kindergartenplätze abgeben. Bund und Länder haben über die Verteilung der Mittel diskutiert und ge stritten. Ich habe Herrn Staatssekretär Dr. Mentrup zugesagt, dass wir uns für eine Vereinfachung einsetzen. Bundesfami lienministerin Dr. Schröder hat dies getan. Sie sehen, die CDU im Bund und im Land hat hier ihre Hausaufgaben gemacht.

(Lachen bei den Grünen und der SPD)

Nun bekommen Sie 18,75 Millionen € zusätzlich für die Er ledigung der Berichtspflichten zum Abbau der Bürokratie. Das ergibt insgesamt einen Betrag von rund 600 Millionen €. Al so ran, Ärmel hoch, loslegen und Kita-Plätze schaffen!

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Lassen Sie mich noch eines zu Ihnen sagen, Herr Dr. FulstBlei. Sie sind Stadtrat in Mannheim, laufen sich warm, um die Nachfolge unserer Ministerin übernehmen zu können.

(Lachen bei den Grünen und der SPD)

Schauen Sie einmal, wie hoch die Betreuungsquote in Mann heim ist.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Leider war auch diese Prognose ein Fehltritt! – Gegenruf des Abg. Volker Schebesta CDU: Wer wird es dann?)

Mannheim hat die schlechteste Quote unter den fünf größten Städten in Baden-Württemberg. Meine Heimatgemeinde hat eine Quote von über 45 %. Daran können Sie sich ein Beispiel nehmen.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zurufe von der CDU: Bravo!)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Poreski das Wort.

Herr Präsident, sehr geehr te Kolleginnen und Kollegen, liebe Damen und Herren! Erst einmal herzlichen Dank, Herr Kollege Wald, für den Unter haltungswert Ihrer Rede am frühen Morgen. Das hat uns alle gut erfrischt.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Ein Stück weit war das natürlich unfreiwillig.

Wir wissen alle – das können Sie nicht verdecken –, dass das Betreuungsgeld, das nun tatsächlich kommt, das Ergebnis ei nes politischen Kuhhandels ist. Die CSU und der rückwärts

gewandte Teil der CDU bekommen es, und im Gegenzug er hält die FDP die Streichung der Praxisgebühr.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Der haben Sie auch zugestimmt!)

Dieser Kuhhandel hat viele Verlierer. Die Glaubwürdigkeit von Schwarz-Gelb in der Familienpolitik gehört nur deswe gen nicht dazu, weil Sie hier keinen guten Ruf mehr zu ver lieren haben.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Verloren hat auf jeden Fall die Frauen Union; Sie, Herr Kol lege Wald, haben ja klar festgestellt, dass sie ein sozialisti sches Menschenbild hat.

(Heiterkeit des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Verloren hat auf jeden Fall die Vernunft. Ich zitiere mit Er laubnis des Präsidenten:

Gesamtwirtschaftlich sinnvoller wäre es, die für das Be treuungsgeld vorgesehenen Mittel für den versprochenen Ausbau des Kindertagesstättenangebots einzusetzen.

Das Zitat ist vom CDU-Wirtschaftsrat – mit bekanntermaßen sozialistischem Menschenbild.

(Heiterkeit bei den Grünen – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Aha! Hört, hört!)

Verlierer sind Familien, die auf eine verlässliche Kinderbe treuung angewiesen sind. Denn eines ist klar: Auch der Bund kann sein Geld nur einmal ausgeben, und der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz ab August 2013 wird absehbar nicht er füllt werden.

Familienministerin Schröder klebt aber nicht nur am Betreu ungsgeld, sondern sie verhindert durch bürokratische Hürden auch – jetzt leicht abgemildert –, dass der Kita-Ausbau so zü gig vorankommt, wie es notwendig wäre.

Verloren hat auf diese Weise auch ein modernes Staatsver ständnis. Denn ein sozialer Rechtsstaat muss die Rahmenbe dingungen für die Vielfalt der Lebensbedingungen in einer modernen Gesellschaft gestalten.

(Zuruf von der CDU: Richtig! Genau!)

Er muss für sozialen Ausgleich sorgen, Armut bekämpfen und soziale Mobilität gewährleisten. Er hat dafür eine passende Infrastruktur bereitzustellen, damit die Menschen ihr Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit wahrnehmen können. Dazu gehören Themen wie Kultur, Bildung und Kinderbetreu ung. Der Bund muss für halbwegs einheitliche Lebensverhält nisse in Deutschland sorgen, die Länder müssen das regional gestalten.

Zu den staatlichen Aufgaben gehört aber ausdrücklich nicht, Menschen dafür zu subventionieren, dass sie Leistungen nicht in Anspruch nehmen. Das wäre auch total absurd.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Sie könnten sonst heute Abend auch an die Theaterkasse ge hen und sagen: Okay, ich gehe heute Abend nicht in die Vor

stellung; bitte zahlen Sie mir dafür 100 € aus. Sie können es ja einmal probieren.

(Beifall bei den Grünen – Zustimmung bei der SPD)

Die Reaktion, die Sie erhalten werden, wird Ihnen zeigen, wie absurd die Logik hinter dem Betreuungsgeld ist.

Wenn Sie nie ins Theater gehen, entgeht Ihnen Kultur und da mit ein Stück Lebensqualität. Das ist in Ordnung. Das ist Ih re Wahlfreiheit. Wenn Sie aber mit Ihrer Politik jungen Eltern, die beruflich noch Fuß fassen müssen, Anreize geben, dem Erwerbsleben fernzubleiben, dann rauben Sie ihnen Zukunfts chancen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wenn Sie Kindern aus benachteiligten Familien, die auf eine gute frühkindliche Bildung dringend angewiesen sind, den Zugang zu dieser erschweren, dann rauben Sie ihnen Zu kunftschancen. Wenn Sie viel Geld – es geht mittelfristig um jährlich 2 Milliarden € – dafür einsetzen, jungen Mitbürgerin nen die Zukunft zu verbauen, dann ist das so ziemlich die größte Ressourcenverschwendung, die ich mir vorstellen kann.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Grün-Rot im Land zeigt, wie es anders geht. Wir sorgen mit unserem Pakt für Familien mit Kindern dafür, dass BadenWürttemberg bei der Kinderbetreuung unter den westdeut schen Flächenländern die Nummer 1 wird.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Spitzenreiter! – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Mit dem, was Schwarz-Gelb mittelfristig geplant hat – ges tern hatten wir ja die Haushaltsdebatte –, wären wir weiterhin ganz hinten, nämlich an zweitletzter Stelle. Deswegen wer den wir alles dafür tun, dass das Betreuungsgeldgesetz die kürzeste Halbwertszeit aller Bundesgesetze haben wird.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: Wie viele „Schmiedel“? – Zuruf des Abg. Arnulf Freiherr von Eyb CDU)

Mit einer neuen Mehrheit im Bund wird es auch den Famili en im Ländle besser gehen.