Protokoll der Sitzung vom 15.11.2012

Eine konkrete Maßnahme für 2013/2014 wird in jedem Fall die Fortschreibung des Innovationsfonds mit 3 Millionen € pro Jahr sein. Die nächsten Ausschreibungsrunden sind schon geplant.

Ich weiß nicht, was Sie an der Jury auszusetzen haben. Zuerst haben Sie etwas daran ausgesetzt, dann doch nicht. Es ist al so jetzt in Ordnung, oder?

(Abg. Sabine Kurtz CDU: Es fehlt ein Künstler!)

Ja, ja. Darüber können wir noch einmal sprechen. Ich bin der Meinung, in der Jury sollten keine Künstler sein, weil das eine Konkurrenz zu denen wäre, die die Anträge einreichen. Das muss nicht unbedingt sein. Die Jurymitglieder sind Kunst- und Kulturjournalisten usw. Sie haben auch Ahnung; glauben Sie es mir. Die meisten davon haben Kunst oder Kunstge schichte studiert. Die Jury setzt sich ganz bewusst aus poli tikfernen, aber dafür fachlich geeigneten Menschen zusam men.

Der Landtag entscheidet zwar zu Recht im Rahmen der Haus haltsaufstellung über die Bereitstellung der Mittel, aber die Entscheidung darüber, welche Projekte den Zuschlag erhal ten, muss allein nach sachlichen und qualitativen Gesichts punkten erfolgen. Wir wollen keine Wahlkreisgeschenke ver teilen, sondern wir wollen die besten Ideen fördern, egal, aus welchem Landesteil sie kommen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Wolfgang Raufelder GRÜNE: Aus der Kurpfalz!)

Da nehme ich sogar in Kauf, dass ein großer Teil aus Würt temberg kommt.

Dabei wollen wir dafür sorgen, dass Projekte gefördert wer den, in denen eine gewisse Nachhaltigkeit angelegt ist. Au ßerdem richten wir unser Augenmerk gezielt auf den ländli chen Raum. Die Ergebnisse der ersten Ausschreibung könn ten insoweit – da gebe ich Ihnen recht – noch zu einer Modi fizierung der Förderrichtlinien führen.

Ich bin mir sicher: Mit dem „Innovationsfonds Kunst“ gehen wir wichtige Schritte zur Umsetzung der Konzeption „Kultur 2020“. Baden-Württemberg soll ein attraktives Pflaster nicht nur für Industrie, Handel und Handwerk sein, nein, gerade auch die Kulturszene braucht ihren Raum. Nur dort, wo Kre ativität gelebt und gefördert wird, dort, wo neue Formate und Kunstformen entstehen, fühlen sich die Menschen wohl. Es ist doch genau diese gute Mischung aus Spitzen- und Breiten kultur, die den Südwesten auszeichnet. Dazu leistet der Inno vationsfonds einen außerordentlich wichtigen Beitrag.

Wir freuen uns nicht nur über das kreative Potenzial, nein, wir fördern es auch. Schöne Worte allein genügen nicht. Ich habe es schon einmal gesagt: Wir handeln, und wir zeigen damit, dass uns Kunst und Kultur in diesem Land am Herzen liegen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die SPD-Fraktion spricht Frau Kollegin Heberer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! „Innovative Ideen gewünscht! Neue Strömungen för dern“. So lautet die Überschrift des sechsten Kapitels zum Thema „Innovative Kunst“ in der Landeskunstkonzeption „Kultur 2020“. Die Konzeption selbst ist eine kulturpolitische Ausrichtung, die in sehr großer Übereinstimmung hier frakti onsübergreifend diskutiert, konzipiert und beschlossen wur de. Dabei ging und geht es uns allen darum, der Wechselwir kung zwischen Kunst, Gesellschaft, Wissenschaft und Wirt schaft neue Impulse durch die Kunst und mit Mitteln der Kunst zu geben. Es geht darum, dafür gute Rahmenbedingun

gen zu schaffen und ein offenes Kunstverständnis zu fördern. Das ist die Grundlage einer solchen Arbeit.

Auch wenn ich Ihnen, der Opposition, den ernsthaften Willen und die Erkenntnis, hier etwas tun zu müssen, nicht abspre che, so müssen Sie doch zustimmen, dass für eine Förderung innovativer Kunstprojekte keine geordnete Struktur geschaf fen wurde. Die Landesregierung hat dies nun getan; sie hat ei nen Innovationsfonds geschaffen, den sie mit 3 Millionen € bestückt hat. Dies wird auch so fortgeschrieben. Weitere 2 Millionen € wurden für die 2:1-Förderung der soziokultu rellen Zentren, die umzusetzen Sie leider ebenfalls nicht die Kraft hatten, eingesetzt. Auch die Laien- und Amateurtheater, die einen spürbaren Nachholbedarf haben, und die Proveni enzforschung erhalten zusätzliche Mittel.

Zuerst etwas gutheißen, dann nichts tun, und dann das, was getan wird, für zu wenig erachten, liebe Kolleginnen und Kol legen, das ist nicht das, was man unter einer konstruktiven Kultur versteht.

Der Koalitionsvertrag schreibt ausdrücklich die Ziele von „Kultur 2020“ fort und setzt Schwerpunkte im innovativen Bereich. Diese sind in drei Projektlinien abgebildet.

Es geht dabei erstens um innovative künstlerische Projekte, also Kunst- und Kulturprojekte aller Sparten, die mit neuen und experimentellen Methoden und Kunstformen arbeiten und dabei auch neue, spartenübergreifende Kooperationen einge hen. Damit ist gleichermaßen Kunst- und Künstlerförderung in der zeitgenössischen Prägung von Literatur, Musik, darstel lender und bildender Kunst gemeint.

Die zweite Linie umfasst Projekte mit Schwerpunkten im Be reich der kulturellen Bildung, die vernetzt und kooperativ et wa zwischen Schule und Kultureinrichtungen oder in freien Kunstprojekten agieren, und zwar mit jetzt schon agierenden Kulturscouts. Frau Kurtz, Sie haben sie wahrscheinlich noch nicht kennengelernt.

Drittens geht es um Projekte im Bereich der interkulturellen Kulturarbeit, die von und zwischen verschiedenen Kulturen initiiert werden und die über die universelle Sprache der Kunst zu Gemeinschaftsprozessen führen und damit Austausch und Kommunikation sowie Netzwerke aufbauen können. Diese interkulturelle Arbeit ist identitätsschaffend und stärkt den ge sellschaftlichen Zusammenhalt.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Die Landesregierung hat – dies ist ebenfalls ein neuer Impuls – erstmalig die Voraussetzungen für diese Rahmenbedingun gen durch einen Fonds aus Mitteln der Baden-Württemberg Stiftung geschaffen. Dabei ist von Anfang an vorgesehen, dass es sich um Teilfinanzierungen handelt, die einen Eigen- oder Drittmittelbezug von mindestens 20 % der Gesamtkosten vo raussetzen. Die Förderkriterien sind durch das Ministerium sehr detailliert erarbeitet, für Nutzer, für Parlamentarier und die Öffentlichkeit gut zugänglich, und bieten Gelegenheit für Bewerbungen aus allen Sparten und spartenübergreifenden Kunstbereichen.

Grundsätzlich begrüßen natürlich auch wir Transparenz hin sichtlich der Fach- und Jurygremien, insbesondere bei der Fra

ge, aus welchen Fachbereichen Kompetenz hinzugezogen wird, die letztlich über die Auswahl der Projekte entscheidet.

Interessant sind aber schon jetzt mobile IT- und kunstorien tierte Projekte, Projekte, die spartenübergreifend und interak tiv sind, also Zuschauer zu Akteuren machen, Projekte, die traditionelle Kunstformen in völlig neuer, moderner Ausprä gung offenbaren. Es werden Formen der Begleitung und Be teiligung am Entstehungsprozess eines Stückes mit Kindern und Jugendlichen angeboten. Es gibt regionale, landes- und bundesweite sowie internationale Kooperationen zwischen Künstlern und Wissenschaftlern. All das sind neue Dinge, die es vorher nicht gab.

Türen öffnen sich zwischen institutionellen Einrichtungen und freier Kulturszene, zwischen Museen und Theatern, zwischen Orchestern und Jugendszene, zwischen Musikhochschule und Schule, zwischen Kunstakademien und Forschungseinrich tungen, und vieles mehr. Neue Wege werden beschritten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Literatur trifft bildende Kunst, bildende Kunst trifft Schau spiel, Musik verbindet Tradition und Moderne, Technik wird zum Instrument, Performance trifft Stimme.

Meine Damen und Herren, Baden-Württemberg ist ein kul turreiches Land mit einer freien und großen Tradition, die un ser Land auch wirtschaftlich vorangebracht hat. Sie hat unser Land wirtschaftlich vorangebracht, weil Erfindergeist etwas mit Kreativität zu tun hat, die sich wiederum in einem kultu rellen Umfeld einfach besser entwickelt.

Die Lebens- und Erneuerungskraft dieses kulturellen Reich tums wollen wir fördern, und wir wollen dies in besonderer Weise mit dem eingerichteten „Innovationsfonds Kunst“ tun.

Wir geben Winston Churchill recht, der sagt:

Ohne Tradition ist die Kunst wie eine Herde Schafe ohne Hirt. Ohne Neuerung ist sie ein toter Körper.

Wir wollen die Kunst am Leben erhalten.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die Fraktion der FDP/DVP spricht Herr Kollege Dr. Kern.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Der Antrag der Fraktion der CDU und die Stellungnahme der Landesregierung hierzu belegen, dass die Regierungsfraktionen GRÜNE und SPD gut daran getan hätten, dem Änderungsantrag der FDP/DVP zum „Innovati onsfonds Kunst“ in den vergangenen Haushaltsberatungen zu zustimmen. Sie lehnten unseren Antrag damals ab, weil er halt von der Opposition kam. Dabei beabsichtigte dieser Ände rungsantrag nur, Ihren grünen Kunststaatssekretär davor zu schützen, den „Innovationsfonds Kunst“ mit einer Schatulle zu verwechseln, aus der man nach eigenem Gutdünken Gel der im Kulturbereich verteilen kann.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Damit ich hier nicht missverstanden werde: Wenn ein priva ter Mäzen Künstler fördert, die er selbst ausgewählt hat, ist dagegen nichts einzuwenden, im Gegenteil. Hierdurch fließen ja dem Kunst- und Kulturbetrieb private Mittel zu, und Kunst schaffende leben davon. Aber mit Steuergeldern Mäzen zu spielen, ist dann doch eine andere Sache.

(Zuruf der Abg. Helen Heberer SPD)

Weil uns damals die Zweckbeschreibung des Innovations fonds reichlich vage und unverbindlich erschien, hat die FDP/ DVP-Fraktion einen konkreten Vorschlag zur Verwendung der veranschlagten 5 Millionen € gemacht. Die Zielsetzungen aus der Kunstkonzeption „Kultur 2020“ haben wir dabei 1 : 1 übernommen. Wenn man so will, wollten wir dem „Innova tionsfonds Kunst“ eine ordnungspolitische Struktur verleihen.

Folgendes war vorgesehen: erstens ein Förderprogramm für die kulturelle Bildung, insbesondere für die Kooperation von Kunst- und Kulturschaffenden und Schulen; zweitens ein Wettbewerb und eine Jury zur Prämierung von innovativen und interkulturell ausgerichteten Projekten. Drittens sollte ein Teil der Mittel nach dem Vorschlag der FDP/DVP für die Ein richtung eines Kompetenzzentrums zur Provenienzforschung verwendet werden. Denn um enteignetes Kulturgut und seine ursprünglichen Eigentümer ausfindig zu machen, bedarf es neben sorgfältiger Forschung vor allem auch einer guten Zu sammenarbeit und Vernetzung der Wissensträger, insbeson dere in den Museen, Archiven und Bibliotheken.

Als der Antrag in der Finanzausschusssitzung behandelt wur de, begründete der Kunststaatssekretär die Ablehnung, insbe sondere die Ablehnung des Wettbewerbs mit einer Jury, mit dem Hinweis, man solle seinem Haus doch vertrauen.

Liest man nun die Stellungnahme zu Ziffer 6 des Antrags der CDU, dann reibt man sich erstaunt die Augen. Obwohl im Ein zelplan 14 im Titel „Umsetzung Kultur 2020 – Innovations fonds Kunst“ 5 Millionen € angesetzt sind, wurden 2 Millio nen € davon den Mitteln für die Umsetzung der 2:1-Förde rung für soziokulturelle Zentren, Amateurtheater, für die Lai enmusik sowie für die Provenienzforschung entnommen.

Um auch hier keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Auch die FDP/DVP hat sich selbstverständlich immer für die 2:1-Förderung eingesetzt, weil hier der Landesbeitrag einen wichtigen Anreiz für die Kommunen bietet.

Es handelt sich hierbei jedoch um eine laufende Grundfinan zierung der betreffenden Einrichtungen. Mit dem „Innovati onsfonds Kunst“ soll aber doch gerade nicht in eine laufende Finanzierung eingestiegen werden, sondern Neues, Innovati ves gefördert werden – vielversprechende Projekte, die es an sonsten vielleicht erst einmal schwerer hätten, sich am Markt zu etablieren.

Dass sich die Sachlage bei der Provenienzforschung etwas an ders darstellt, weil hier Kontinuität vonnöten ist, dürfte Kon sens sein.

Herr Staatssekretär, das Parlament hat beschlossen, mit dem „Innovationsfonds Kunst“ 5 Millionen € für die Umsetzung der gemeinsam erarbeiteten Kunstkonzeption zur Verfügung zu stellen. Sie haben von diesen 5 Millionen € einfach 2 Mil lionen € entnommen und zweckentfremdet – in diesem Fall,

um die 2:1-Förderung zu realisieren, die Sie lauthals verspro chen haben, aber anders nicht hätten umsetzen können. Sie ist, am Rande bemerkt, trotz Ihrer vollmundigen Behauptun gen nicht wirklich umgesetzt, denn Sie haben ihr einen De ckel verpasst.

Herr Staatssekretär, Sie haben entgegen den Vorgaben des Haushaltsgesetzgebers gehandelt und den Innovationsfonds zu dem gemacht, was wir Liberalen verhindern wollten, näm lich zu einer Schatulle für die grüne Willkür, die sich über je de demokratische Grundregel ebenso erhaben weiß wie über Mindestanforderungen an Transparenz, wenn es um die Ver gabe von Steuermitteln geht.