Protokoll der Sitzung vom 28.11.2012

Das können Sie nicht verniedlichen. Beim Thema Natur schutz, dem wir alle große Bedeutung zumessen, müssen Sie zur Kenntnis nehmen, dass Baden-Württemberg in den Acht ziger- und Neunzigerjahren sowie im letzten Jahrzehnt in der Bundesrepublik die Federführung bei Umweltprogrammen in nehatte.

(Beifall bei der CDU – Abg. Paul Locherer CDU: So ist es!)

Jetzt gilt es, diese Verantwortung weiterzuführen, Herr Minis ter Bonde,

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Die Naturschutz verwaltung ist doch kaputt gemacht worden!)

in der Gesamtverantwortung, dass diese Programme mit Le ben gefüllt werden, dass die Bauernschaft nicht gespaltet, son dern vereint wird.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: So ist es! Das ist der richtige Weg!)

Herr Reusch-Frey, wenn Sie sagen, dass die CDU den Natur schutz verhindert habe, dann ist das purer Unsinn, weil es nicht stimmt. Gerade das Umgekehrte ist der Fall.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Schützen durch Nützen!)

Sie haben jetzt die Möglichkeit, den Beweis zu liefern, dass das zutrifft, was heute Morgen gesprochen wurde. Ihre Aus sage, dass die Bauern, die Milcherzeuger aktiv unterstützt werden sollen, hat in Ihrer Fraktion Beifall gefunden. Da un terstütze ich Sie auch, Herr Minister. Treten Sie jetzt nicht nur mit Worten an, sondern auch mit Taten.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Markus Rös ler GRÜNE – Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Das machen wir ja! – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullin ger FDP/DVP)

Ich verweise auf Ihre Presseerklärung vom 27. November. Mit Verwunderung nehme ich zur Kenntnis, dass Sie darin zum Ausdruck bringen, dass sich der Deutsche Bauernverband am Vortag nicht auf die Seite der Milchbauern gestellt habe. Das ist eine Unterstellung, die der Wahrheit nicht entspricht.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Was? – Abg. Hel mut Walter Rüeck CDU: Unglaublich! – Weitere Zu rufe)

Ich bitte Sie, den Beweis dafür zu liefern, dass Sie für die Bau ern und für die Milchwirtschaft eintreten. Nehmen Sie das Ge spräch mit den Molkereien auf. Versuchen Sie, in BadenWürttemberg Ihren Beitrag in Ihrem Amt zu leisten, die Ak teure wieder zu vereinen und nicht zu spalten. Letzteres dient nicht der Sache. Ich kann Sie nur ermahnen.

(Beifall bei der CDU)

Ein weiterer Punkt: Wir sind derzeit in den Haushaltsberatun gen, meine Damen und Herren. Wenn die Themen „Zweite Säule“ und Umweltprogramme eine hohe Bedeutung in Ihrer Regierungsarbeit haben sollen, worin ich Sie nachhaltig un terstütze, dann dürfen Sie nicht im Haushalt 10 % der Mittel in diesem Bereich kürzen.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: So ist es!)

Das wäre ein Widerspruch in sich. Meine Damen und Herren, das ist nicht akzeptabel.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Sehr gut!)

Für die SPD-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Kollegen Winkler.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Lieber Kollege Rombach, ich denke, der Blutdruck darf sich wieder senken.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Du könntest ein bisschen mehr Farbe vertragen! – Abg. Helmut Wal ter Rüeck CDU: Das ist nicht der Blutdruck, das ist die Leidenschaft!)

Der Anstieg war gar nicht nötig. Das ist sehr ungesund.

Der aufgerufene Tagesordnungspunkt ist geprägt vom Thema Gentechnik, und darauf möchte ich jetzt zu sprechen kommen.

Die Antwort der Landesregierung, die uns vorliegt und das Thema der heutigen Debatte vorgibt, ist ein umfassender Si tuationsbericht über den Stand der Gentechnik in Baden-Würt temberg mit allen rechtlichen und formalen Hintergründen. Auch wenn wir dieses Thema vor zwei Monaten schon ein mal behandelt haben, tut es ganz gut, es wieder aufzugreifen. Es ist latent in unserer Gesellschaft vorhanden.

Was kann die neue Landesregierung zu dem Thema „Gestal tung der Agrogentechnik“ beitragen? Kann sie die Agrogen technik verhindern, kann sie die Verhinderung sogar sicher stellen? Nein, das kann sie nicht. Aber sie kann etwas machen, was wir mittlerweile in diesem Haus gemeinsam wollen, und für diese Entwicklung bin ich dankbar. Wir sind in diesem Haus gemeinsam dafür, dass wir in Baden-Württemberg kei ne Gentechnik einsetzen. Es hat lange gedauert, bis es zu die ser gemeinsamen Haltung kam. Wir sollten diese Haltung auch pflegen. Wir können das ganz gut vermitteln.

In unserer Gesellschaft besteht kein Bedarf für Gentechnik. In unserer Landwirtschaft besteht kein existenzieller Bedarf für Gentechnik. Gentechnik ist kein Beitrag zur Verbesserung unserer Agrar- und Kulturlandschaft.

Kann die neue Landesregierung im Gegensatz zur früheren Landesregierung einen Beitrag dazu leisten, dass Baden-Würt temberg gentechnikfrei bleibt? Baden-Württemberg ist dies ja.

Seit 2001 gilt die sogenannte Freisetzungsrichtlinie der EU, die dazu geführt hat, dass eigentlich zugelassene gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden könnten. Frau Aigner hat auch einiges untersagt.

Der einzig wichtige Grund, warum bei uns keine Gentechnik eingesetzt wird, ist das Haftungsrisiko.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Deswegen haben die Verbände und die frühere Landesregie rung von Jahr zu Jahr gesagt: „Bitte keine gentechnisch ver änderten Pflanzen anbauen. Das Haftungsrisiko ist zu hoch. Macht das nicht.“ Das war insofern richtig. Aber die Einstel lung, generell auf einen solchen Anbau zu verzichten, stand dahinter noch nicht. Mittlerweile ist das so.

Die öffentliche Ablehnung der Gentechnik

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Der grünen Gen technik!)

der grünen Gentechnik – ist in unserer Gesellschaft mittler weile durchgängig vorhanden.

Die Bauernverbände haben von Jahr zu Jahr freiwillig auf den Einsatz von Gentechnik verzichtet.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Es gibt Regionen in Baden-Württemberg, die darauf verzich tet haben. Es gibt Landkreise, die eine Verzichtserklärung ab gegeben haben. Es gibt Erklärungen von Bauernverbänden, die regional auf den Einsatz von Gentechnik verzichtet haben. Die Kirchen, die Landfrauen haben gesagt: „Nein, keine Gen technik.“ In dieser Hinsicht besteht also ein breites gesell

schaftliches Fundament. 80 bis 90 % der Verbraucher lehnen gentechnisch veränderte Lebensmittel ab.

Die EU-Kommission hat einen Vorschlag mit zwei Optionen gemacht. Sie diskutiert darüber, ob die Entscheidung über die Zulassung von Gentechnik auf die nationale Ebene zurück verlagert werden soll. Dagegen hat sich die Bundesregierung gewandt. Sie will das nicht. Das ist eigentlich schade. Die Be gründung der Bundesregierung lautet: „Dann haben wir einen Flickenteppich in Europa mit Ländern, die den Einsatz von Gentechnik zulassen, und solchen, die ihn nicht zulassen.“ Das kann ich in diesem Punkt nachvollziehen. Die Bundesre gierung müsste eigentlich sagen: „Zurückverlagerung auf die nationale Ebene, ja“ und dann dafür sorgen, dass alle gemein sam keine gentechnisch veränderten Pflanzen anbauen. Das hat sie so leider nicht gemacht.

Was haben wir? Die neue Landesregierung vertritt mittlerwei le eine klare Haltung. Das ist ein klares Signal an den Ver braucher. Wir kennen immerhin die Verunreinigungen im Saatgut – immer noch aktuell. Wir kennen Verunreinigungen in Lebensmitteln – ich denke an die Situation beim Honig. Und wir kennen immer noch Futtermittel, die deklariert oder eben nicht deklariert sind – aber mit Verunreinigungen.

Mit dieser Situation können wir nicht zufrieden sein. Aber wir haben Lebensmittel mit dem Prädikat „Gesund“. Das sind die Produkte unserer Landwirtschaft, mit denen wir werben. Das Qualitätszeichen Baden-Württemberg wirbt mit dem Prädikat „Gesunde Lebensmittel“.

Wir machen eine Marketingstrategie mit dem Thema Gesund heit. Die Gastronomie ist erfolgreich, und Baden-Württem berg ist ein erfolgreiches Bäderland unter dem Stichwort „Ge sundheit und Baden-Württemberg gehören zusammen“. Aber Gentechnik und Gesundheit schließen sich aus.

Aus diesem Grund ist der Verzicht auf Gentechnik ein wir kungsvolles Marketinginstrument für Baden-Württemberg, für unsere Landwirtschaft und für den Gesundheitsstandort Baden-Württemberg.

Deswegen: Wir sollten das nicht aufs Spiel setzen.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Vor allem nicht die Geduld der Präsidentin!)

Wir verpassen nichts, wenn wir auf Gentechnik verzichten. Aber wir verhindern viel, wenn wir darauf verzichten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Vor allem – das ist noch nicht angesprochen worden, gehört aber dazu; das ist die Kehrseite der Medaille –: Wir verhin dern viel in Natur und Landschaft.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Kollegen Dr. Bullinger das Wort.