Protokoll der Sitzung vom 12.12.2012

Von Bürgerbeteiligung haben Sie wenig Ahnung, wie mir scheint. Ihr Landesvorsitzender Strobl hat Ihnen als Ergebnis der verlorenen Landtagswahl ins Stammbuch geschrieben, sich der Bürgerschaft mehr zuzuwenden. Das haben ja nicht wir erfunden. Ihr CDU-Landesverband selbst hat als Analyse des Landtagswahlergebnisses gebracht, Sie müssten sich mehr dem Votum der Bürgerschaft stellen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Machen wir doch!)

Ich kenne Bürgerbeteiligungsprozesse seit vielen, vielen Jah ren, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich habe sie jahrelang selbst vorbereitet und durchgeführt. Ich weiß – –

(Abg. Peter Hauk CDU: Fragen Sie doch mal den Kollegen Beck, mit wem er den ganzen Tag redet! Fragen Sie dann mal Ihren Kollegen Bonde, mit wem er den ganzen Tag redet! – Gegenruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Er ist auf der Agrarminis terkonferenz! – Gegenruf des Abg. Peter Hauk CDU)

Wollen Sie es wissen, wie es geht? Interessiert Sie das ein fach nicht?

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Peter Hauk CDU: Fragen Sie doch mal den Kollegen Beck und Herrn Bonde!)

Es gibt fachkundige Menschen, die genau wissen, wie Bür gerbeteiligungsprozesse zum Erfolg werden: dann nämlich, wenn Menschen eingeladen sind, sich ergebnisoffen

(Abg. Peter Hauk CDU: Genau!)

vor dem Hintergrund ihrer eigenen Erfahrungen erstens zu in formieren und sich zweitens eine Meinung zu bilden, zu dis kutieren, Ergebnisse zu erzielen und Empfehlungen abzuge ben. Bürgerbeteiligungsverfahren sind dann erfolgreich, wenn von Anfang an klar ist, welche Grenzen und welche Möglich keiten es gibt. In allen Bürgerbeteiligungsverfahren, die die se Landesregierung und die einzelnen Ministerinnen und Mi nister durchgeführt haben oder immer noch durchführen, war das der Fall.

Der Prozess beim Nationalpark Nordschwarzwald ist ein gu ter Prozess: sieben verschiedene Arbeitsgruppen, intensive Diskussionen, Auswertung der Wünsche der Bürgerschaft. Es gibt auch in Ihrer Partei Menschen, die anerkennen,

(Abg. Peter Hauk CDU: Das ist doch in Ordnung! Das ist doch kein Problem für uns, im Gegenteil!)

dass das der richtige Weg ist. Aber das, was Sie hier tun, ist nur der Versuch, das schlechtzureden. Sie kritteln herum, und Sie diskreditieren. Das ist kein Weg, der nach vorn zeigt. Das ist einfach nur Stillstand.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin Sitzmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hauk?

Der Kollege Hauk hat jetzt sehr lange gesprochen. Jetzt soll er mir auch einmal zuhören und nicht immer nur dazwischenrufen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Das wollte ich gerade ver meiden!)

Das ist eine Frage des Respekts und des Anstands, und scha den würde es Ihnen auch nicht.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Glocke des Präsidenten)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Blenke?

Ich werde jetzt überhaupt keine Zwischenfragen gestatten, sondern ich werde erst ein mal meine Ausführungen fortsetzen und zu Ende bringen. Es gibt so viele Stichpunkte, die Sie kunterbunt in den Raum ge worfen haben,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wir haben doch ausreichend Redezeit!)

die man so nicht stehen lassen kann, Herr Kollege Rülke.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wir haben doch so viel Redezeit!)

Es ging z. B. um das Thema „Soziale Marktwirtschaft“. Die soziale Marktwirtschaft ist eine wichtige Grundlage unserer Gesellschaft. Der Ministerpräsident hat dargestellt, dass wir die soziale Marktwirtschaft um den ökologischen Aspekt er weitern müssen. Aber der soziale Aspekt zählt nach wie vor. Da müssen wir feststellen, dass es auf dem Arbeitsmarkt gra vierende Probleme gibt, nämlich dass die Schere zwischen de nen, die gut verdienen, einerseits und denen, die schlecht ver dienen und sich in prekären Beschäftigungsverhältnissen be finden, andererseits auseinandergeht. Wir müssen feststellen, dass Menschen für einen Stundenlohn von 3,18 € oder so ähn lich – brutto wohlgemerkt – arbeiten gehen müssen.

(Abg. Winfried Mack CDU: Wo? – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP – Gegenruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Lass es einfach!)

Wenn ich feststelle, dass die Wirtschaft, dass die Unterneh men nicht in der Lage sind, dieses Problem selbst zu lösen, finde ich es legitim, eine gesetzliche Lohnuntergrenze einzu führen, weil die Menschen einen Anspruch darauf haben, für ihre Arbeit einigermaßen passabel, also mit mindestens 8,50 € pro Stunde, bezahlt zu werden.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Dazu stehen wir, meine Damen und Herren. Das ist der rich tige Weg. Es wird Zeit, dass das auch auf Bundesebene ein geführt wird.

(Abg. Peter Hauk CDU: Das ist die Bankrotterklä rung für die Gewerkschaften!)

Wir hoffen, dass auch Sie das noch einsehen. Wenn Sie es nicht einsehen, dann werden wir spätestens ab September 2013 auf Bundesebene gesetzliche Mindestlöhne einführen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Es geht um unsichere Beschäftigung. Deswegen haben wir mit diesem Haushalt weitere Schritte gemacht, um befristete Beschäftigungsverhältnisse in der öffentlichen Verwaltung in unbefristete Beschäftigungsverhältnisse umzuwandeln. Wir haben über 600 Kettenarbeitsverträge abgeschafft. Ich finde, das war ein längst überfälliges und gutes Signal. Wir werden diesen Weg weitergehen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Zum Thema „Soziale Gerechtigkeit“ gehört auch das Prob lem, dass in diesem Land immer weniger Personen immer mehr Vermögen besitzen – der Ministerpräsident hat Peer Steinbrück zitiert – und es eine Vielzahl von Menschen gibt, die wenig verdienen, die gar kein Vermögen oder Schulden haben.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Da gehört Peer Steinbrück aber nicht dazu!)

Und es gibt eine Vielzahl von wichtigen öffentlichen Aufga ben wie z. B. Bildung.

Deshalb fordern wir eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes. Das ist richtig, auch wenn dies eine Belastung ist. Aber selbst von denjenigen, die den Spitzensteuersatz zahlen müssen, von Vermögenden bekommt man häufig Rückmeldungen, dass das der richtige Weg ist. Denn ohne soziale Gerechtigkeit, ohne das Gefühl, dass es bei uns gerecht zugeht, hält diese Gesell schaft nicht zusammen. Gerechtigkeit ist unser Ziel. Das gilt auch für die Steuerpolitik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Die Erhöhung des Spitzensteuersatzes ist im Finanzplan 2020 eingepreist. Eingepreist ist keine Vermögensabgabe. Eine Ver mögensabgabe käme übrigens auch nicht dem Land, sondern dem Bund zu; eine Vermögensteuer käme dem Land zu. Ein gepreist ist eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes. Dazu ste hen diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen, meine Damen und Herren.

Ich komme zum Thema Bildung und zunächst zu den Gemein schaftsschulen. Sie haben ja eine Gemeinschaftsschule besich tigt, Herr Kollege Hauk. Dies beruhte auf dem Angebot, sich gemeinsam bei einer Besichtigung und im Gespräch mit den Lehrerinnen und Lehrern sowie den Schülerinnen und Schü lern vor Ort dieses Konzept einmal vorstellen zu lassen. Die Tatsache, dass es eine Vielzahl von Anträgen auf die Einrich tung weiterer Gemeinschaftsschulen gibt, zeigt, dass das In teresse vorhanden ist und dass unsere Einschätzung geteilt wird, dass die Gemeinschaftsschulen einen wichtigen Beitrag zu gleichen Chancen im Bildungssystem leisten. Gleiche Chancen im Bildungssystem für alle Kinder: Das ist und bleibt unser Ziel. Dieses Ziel teilen viele Menschen im Land. Auch hier schadet Diskreditierung, sie nutzt nicht.

Wir werden uns auf den Weg einer regionalen Schulentwick lung machen. Es ist angesprochen worden. Die Grundlage ist ein Zweisäulenmodell. Selbstverständlich haben wir dann, wenn wir von zwei Säulen sprechen, auf der einen Seite die Gymnasien und auf der anderen Seite die anderen allgemein bildenden Schulen, die sich zur Gemeinschaftsschule weiter entwickeln können. Das ist das Zweisäulenmodell, und selbst verständlich ist das Gymnasium da vorgesehen.

Alles das, was Sie hier herbeizureden versuchen, Herr Rülke, ist wirklich nur herbeigeredet. Das ist Stimmungsmache, und die entbehrt jeglicher sachlicher Grundlage.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Energiepolitik: Da haben Sie, Herr Hauk, sich wieder in inte ressante Thesen verstiegen. Es waren alle hier vertretenen Par teien, die im Bundestag gemeinsam den Atomausstieg be

schlossen haben. Das war ein richtiges, wichtiges und über fälliges Signal, meine Damen und Herren. Wer aber für den Ausstieg aus der Atomenergie ist, muss auch für die Energie wende sein.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz ist die Grundlage dafür, dass der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien vorangeht. Das brauchen wir dringend. Dass Sie, Herr Hauk, das infrage stellen, wundert mich.

(Abg. Peter Hauk CDU: Ich habe das nicht infrage gestellt!)

Bei der FDP wissen wir schon lange, dass sie nicht verstan den hat, wie das System funktioniert, und dass sie die Ener giewende nicht will. Aber dass Sie hier wieder den Einspei sevorrang für die erneuerbaren Energien infrage stellen,

(Abg. Peter Hauk CDU: Natürlich muss der weg, suk zessive!)

das muss doch auch Ihre eigene Fraktion sehr nachdenklich stimmen, meine Damen und Herren; denn um den Ausbau der erneuerbaren Energien kommen wir nicht herum. Machen Sie sich das einmal klar! Selbstverständlich wird es darum gehen, dass man das Erneuerbare-Energien-Gesetz weiterentwickeln wird, aber wir brauchen in Zukunft weiterhin den Ausbau der erneuerbaren Energien, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: Das stellen wir gar nicht infrage! Aber ohne Subventionierung!)