Protokoll der Sitzung vom 12.12.2012

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das sind doch keine Kürzungen! Das sind Anpassungen!)

Das müssen Sie sich schon anhören, Herr Schmiedel. – Dass die Betroffenen dann natürlich stinksauer sind, kann ich mir gut vorstellen. Gerade wenn man sieht, dass wir nicht gerade Überbesetzungen im Justizbereich haben, ist das, was hier ge schehen ist, kontraproduktiv. Das betrifft insbesondere die Kürzungen bei den angehenden Richtern. Die Beamten haben schon gesagt: „Früher, unter Oettinger, sind wir besser gefah ren als jetzt.“

Lassen Sie mich jetzt aber zu einigen Fachgebieten kommen. Erstens: Landesrichtergesetz. Den Gesetzentwurf hierzu wer den wir wohlwollend betrachten. Hierin sind auch viele An regungen von uns enthalten.

Schutz der Justizgebäude: Es gab Übergriffe auf Mitarbeiter in der Justiz, bei den Gerichten. Deshalb ist ein Sicherheits konzept notwendig. Den Sachkosten dafür wird unsere Frak tion zustimmen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Nun haben Sie im Haushaltsentwurf 50 neue Wachtmeister stellen für die Sicherheit angesetzt. 50 Stellen sind natürlich viel. Ich glaube nicht, dass wir vor jedem Amtsgericht, wenn gerade auch der Polizeiposten oftmals in unmittelbarer Nähe ist, einen Wachtmeister brauchen.

Im Bereich des Justizvollzugs werden Sie, Herr Justizminis ter Stickelberger, die Teilprivatisierung der Vollzugsanstalt Offenburg rückgängig machen. Nun war unsere Fraktion nie mit der Privatisierung verheiratet. Aber man braucht zur Rück führung der Teilprivatisierung 101 Beamtenstellen.

37 davon sind neue Stellen, und 64 Stellen schaffen Sie durch Umsetzungen von Personal aus geschlossenen Anstalten.

Sie werfen uns immer die Pensionslasten vor. Aber Sie schaf fen mit dieser Aktion neue Pensionslasten. Auch die Aussage, dass man im Haushalt nicht mehr Geld brauche, stimmt na türlich nur für den aktuellen Haushalt, wenn Sie an die priva ten Dienstleister nichts mehr zahlen müssen. Wenn Sie in spä teren Haushaltsjahren die Pensionslasten wieder hineinrech nen, werden Sie erkennen: Das jetzige System ist wesentlich günstiger. Das muss in diesem Zusammenhang gesagt wer den.

(Beifall des Abg. Manfred Groh CDU)

Meine Damen und Herren, ich komme zur Bewährungshilfe. Dem klassischen Programm „Schwitzen statt Sitzen“ und dem „Projekt Chance“ stimmen wir zu. Wir haben eine gewaltige Haftvermeidung in unserem Land, wie wir auch immer weni ger Insassen in unseren Gefängnissen haben. Wir können durch diese erfolgreichen Programme erhebliche Kosten von 1,8 Millionen € jährlich einsparen. Wir werden das weiter för dern.

Auch die Firma NEUSTART macht für uns eine exzellente Arbeit.

(Beifall des Abg. Karl Zimmermann CDU – Abg. Karl Zimmermann CDU: Jawohl!)

Es gibt deshalb – das sage ich heute schon – auch in zwei Jah ren keinen Grund, der Firma zu kündigen; denn dann würden Sie wieder Hunderte neuer Personalstellen brauchen. Das kön nen Sie wohl nicht ernsthaft wollen. Vor allem ist es hier auch gelungen, über 500 Kräfte neu zu finden – ehrenamtlich täti ge, qualifizierte Leute, die hier arbeiten. Das ist eine ganz ge waltige Leistung, und die kommt allen Leuten zugute.

Zur Notariats- und Grundbuchamtsreform: Das ist in der Tat eine Kärrneraufgabe, Herr Minister. Das Standortkonzept ist gut; das ist auch noch gemeinsam mit uns gemacht worden. Man muss allerdings jetzt auch versuchen, die Notardienst leistungen sicherzustellen. Ich weiß, das ist jetzt schwierig. Künftig sind Notare Freiberufler. Da kann man nicht zu viele ernennen. Die müssen ja etwas verdienen; das sind dann kei ne Beamten mehr. Deshalb ist es auch schwierig, genau ein zuschätzen, wie viele wir brauchen. Man muss aber darauf achten, dass der ländliche Raum nicht völlig vernachlässigt wird. Ich befürchte, dass wir da Probleme bekommen können.

Überhaupt ist es erwähnenswert, dass der Rechnungshof in teressante Bemerkungen zu Einsparpotenzialen im Bereich der Notariats- und Grundbuchamtsreform macht. Das ist rich tig. Bei den Grundbuchämtern kann man in der Zukunft vie

le Stellen einsparen. Wir werden genau schauen, ob es auch der Landesregierung gelingt, hier wirklich zu Einsparungen zu kommen.

Lassen Sie mich noch etwas zum Thema Verfassungsschutz sagen. Meine Damen und Herren, wer die Verfassung schützt, der schützt unsere Demokratie. In einigen Ländern hat es gra vierende Fehler von Verfassungsschutzbehörden gegeben. Dies trifft aber nicht auf Baden-Württemberg zu.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: So ist es!)

Wir stellen uns deshalb uneingeschränkt vor unseren Verfas sungsschutz und die Menschen, die dort den Dienst für die Demokratie tun. Es ist gut, dass Sie, Herr Innenminister Gall, sich ebenfalls in dieser Richtung geäußert haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Dagegen schimmert bei den Grünen trotz so mancher Lippen bekenntnisse immer wieder eine bedenkliche Haltung durch.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Als Kostprobe zitiere ich aus den „Eckpunkten zur Ausrich tung des Verfassungsschutzes“ der Grünen:

Vor diesem Hintergrund muss der Verfassungsschutz ge nerell auf den Prüfstand gestellt und in einem anderen Geist ausgerichtet werden.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Genau so ist es! – Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Eine Stärkung verfassungsfeindlicher Bestrebungen... muss... künftig ausgeschlossen sein.

Das ist schon relativ starker Tobak. Denn Sie unterstellen dem Verfassungsschutz damit verfassungsfeindliche Bestrebungen. Das kann es nicht sein.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Das ist der Hammer!)

Wir befürworten eine bessere Kontrolle des Verfassungsschut zes durch die Einführung eines parlamentarischen Kontroll gremiums

(Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Einzelplan 05!)

und warten auf Ihre Einladung zu diesem Thema. Ein Grund vertrauen ist hier absolut gerechtfertigt, und der Verfassungs schutz muss sich selbstbewusst der Kontrolle durch gewähl te Volksvertreter stellen. Die Volksvertretung und der Schutz der demokratischen Verfassung, das passt zusammen.

(Beifall des Abg. Thomas Blenke CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Justizhaushalt ist Teil des Gesamthaushalts, welcher aufgrund der Verschuldung natürlich in katastrophalem Zustand ist. Unsere Fraktion wird deshalb nicht allen Kapiteln zustimmen. Von den zwölf Kapi teln in diesem Einzelplan werden wir acht zustimmen und vier ablehnen. Wir sind an einer sachlichen Arbeit interessiert und wollen keine Fundamentalopposition betreiben.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dr. Ulrich Goll FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erhält Herr Abg. Filius das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Her ren! Der erarbeitete Justizhaushaltsplan berücksichtigt trotz aller Sparzwänge die Ziele des Koalitionsvertrags und trägt eindeutig eine grün-rote Handschrift.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Oh!)

Die Forderungen aus breiten Teilen der Richterschaft nach mehr Mitbestimmung in der Justiz haben im Entwurf des Lan desrichtergesetzes ihre Berücksichtigung gefunden. Wir stär ken die Mitbestimmung. Der vorliegende Entwurf ist nur der Anfang. Die Prüfung und Verankerung der Stufenvertretung wird als Nächstes kommen.

Unser Justizverständnis setzt auf Prävention und Vorsorge. Im Frühjahr 2012 wurde in Pforzheim das Haus des Jugendrechts eröffnet. Dies ist ein großer Schritt zu einer effektiveren Be kämpfung der Jugendkriminalität. Wir sehen hier große Chan cen für einen weiteren Rückgang der Zahl von Straftaten Ju gendlicher, insbesondere der Wiederholungstäter. In diesem Sinn bekennen wir uns zum Modell „Haus des Jugendrechts“ und wollen derartige Projekte in geeigneten Städten auch lan desweit vorantreiben.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Im Zusammenhang mit der Haftplatzentwicklung ist Folgen des zu sagen: Die Anzahl der Häftlinge im Land geht erfreu licherweise zurück. Das liegt an der demografischen Entwick lung, aber auch an der guten Präventionsarbeit hier im Land. An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich und ausdrück lich bei allen bedanken, die sich in diesem Bereich engagie ren. Hier sind auch sehr viele Ehrenamtliche tätig.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Die Fraktion GRÜNE will hier einen weiteren Schritt gehen und das Projekt „Schwitzen statt Sitzen“ weiter ausbauen. Denn durch die Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen haben die Beteiligten deutlich bessere Perspektiven, als wenn sie letztlich in Haft kommen.

Außerdem sprechen die finanziellen Zahlen für sich: Kostet ein Hafttag das Land ca. 100 €, sind es beim Projekt „Schwit zen statt Sitzen“ 7,30 €. Es ist deswegen naheliegend, kein Geld für eine Haft auszugeben, wenn die Haft nicht unbedingt notwendig ist. Soweit die Haft vermeidbar ist, sind diese Pro jekte entsprechend zu unterstützen.

Folgerichtig sind auch im Haushalt des Justizministeriums die betreffenden Positionen entsprechend ausgestattet worden. Im laufenden Jahr sind 285 000 € hierfür hinzugekommen. Im Jahr 2013 kommen 57 000 € und im Jahr 2014 nochmals 59 000 € hinzu, sodass das Netzwerk Straffälligenhilfe im Jahr 2014 erstmals mit einem Zuschuss von über 2 Millionen € für das angesprochene Projekt rechnen kann.

Beim Strafvollzug haben wir immer darauf gedrängt – da be stand absolute Einigkeit –, dass die Teilprivatisierung der JVA Offenburg rückgängig gemacht wird. Dies geschah und ge schieht im Wesentlichen kostenneutral.

(Zurufe von der CDU: Na?)

Selbstverständlich. Doch, das ist so, nachdem die kleine JVA Heidenheim inzwischen geschlossen wurde und im späteren Verlauf auch die JVA Heidelberg 2014 zur Schließung ansteht und darüber letztlich auch Fremdvergaben an Unternehmen eingespart werden.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Voraussetzung ist, dass die JVA Rottweil kommt, Herr Kollege!)