Protokoll der Sitzung vom 12.12.2012

in der Vergangenheit mit Recht sensibel; denn die Hinweise sind ernst zu nehmen. Im Grunde genommen läuft das auf den Anspruch auf Einzelunterbringung hinaus. Für die abgetrenn te Nasszelle und all das brauchen Sie Platz. Manches können Sie in alten Anstalten gar nicht verwirklichen.

Deswegen kann ich, was die JVA Rottweil angeht, nur drin gend dazu raten, diesen Weg fortzusetzen. Zu dem, was da nach passiert, würde ich empfehlen, dass wir uns heute noch nicht festlegen. Da sollten wir tatsächlich die demografische Entwicklung abwarten. Aber eine neue Anstalt wird man drin gend brauchen – wenn ich mir diesen Appell erlauben darf.

Ich darf mit einem Dank an die Beteiligten schließen, auch im Hinblick auf diesen Einzelplan des Haushalts. Ich verbinde das mit einem politischen Hinweis: Der Dank in Worten, der berühmte Händedruck ist immer etwas Schönes. Die Opposi tion kann nicht viel anders als in Worten danken. Die Regie rung kann das natürlich auch anders. Im Moment dankt sie al lerdings den Bediensteten auf etwas merkwürdige Weise, was ich gerade mit Blick auf den Strafvollzug feststelle. Bei den neu hinzukommenden Beamten, die das Geld nötig haben, werden die von Ihnen beschlossenen Änderungen zum Teil mit 200 bis 300 € pro Monat zu Buche schlagen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das ist dann insge samt wenig!)

Ich weiß nicht, ob Sie das alles vorher so genau ausgerechnet haben. Das ist eigentlich eine traurige Sache und kein wirkli cher Dank.

Umso mehr werden wir, wird unsere Fraktion darauf achten – das darf ich schon ankündigen –, dass man, wenn es woan ders Verbesserungen gibt, die vom Gedanken her übertragbar sind – Beispiel Strafvollzug –, diese dann auch auf andere Be reiche überträgt.

Heute Morgen war interessanterweise zu Recht wieder die Re de davon, dass der Schicht- und Wechseldienst bei der Poli zei eine harte Arbeit sei. Das stimmt. Aber er ist natürlich auch im Strafvollzug eine harte Arbeit. Wenn man dabei über zu sätzliche Urlaubstage und – ich möchte den Gedanken fort setzen – über Maßnahmen, die in Richtung einer zweigeteil ten Laufbahn gehen, redet, wird man fairerweise immer auch über den Strafvollzug sprechen müssen, der hier mit der Po lizei absolut vergleichbar ist. Ich darf ankündigen, dass wir aufmerksam dranbleiben, damit solche Verbesserungen dann auch an anderen Stellen, in denen es dieselbe Situation, das selbe Bedürfnis gibt, umgesetzt werden.

Aber, wie gesagt: Herzlichen Dank vor allem natürlich an die Belegschaften. Herzlichen Dank aber durchaus auch an die Bediensteten im Ministerium, wobei ich – wie beim Innenmi nisterium – die Hausspitze großzügig mit einschließe. Wir werden diesem Einzelplan in der Tat zustimmen, weil er aus unserer Sicht okay ist.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU, der Grünen und der SPD)

Für die Landesregie rung erteile ich Herrn Justizminister Stickelberger das Wort.

Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren!

Diese Regierung ist auf einem guten Weg.

Das hat der Ministerpräsident heute Morgen zu Recht gesagt. Die Justiz in Baden-Württemberg ist auch auf einem guten Weg.

Ich habe jetzt schon sehr viel Lob gehört, auch von der Op position. Das wäre fast ein Grund, rot zu werden.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das sind Sie doch schon! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie haben die nötige Demut!)

Aber das ist bei mir nicht notwendig. Trotzdem darf ich das mit einem Dank für das Lob verbinden.

Meine Damen und Herren, ich werde mich in meinen Ausfüh rungen auf die Justiz beschränken. Kollege Hitzler, sehen Sie es mir nach, dass ich nicht auf den Verfassungsschutz einge he. Dieser fällt in das Ressort des Kollegen Gall. Ich habe die Ausführungen dazu jetzt eher als aufgedrängte Bereicherung empfunden, die ich jetzt nicht unbedingt entgegennehmen will.

(Heiterkeit des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Die Zielsetzung und die Leitlinien unserer Justizpolitik in Ba den-Württemberg orientieren sich an dem Grundsatz einer modernen Justiz, einer sicheren Justiz und einer wirtschaftli chen sowie bürgerfreundlichen Justiz. Ich möchte deshalb auf einige Schwerpunkte eingehen, die durch diesen Haushalt mit seinem Zahlenwerk sicher unterlegt werden. Das ist von mei nen Vorrednern schon ausführlich dargestellt worden.

Modernisierung der Justiz heißt in Baden-Württemberg auch Modernisierung des Notariats- und Grundbuchwesens. Zu Recht wurde gesagt, es sei die größte Reform der Justiz seit Bestehen dieses Landes. Ich möchte auf ein paar Punkte ein gehen, die angeklungen sind.

Wir haben ein Standortkonzept für Notare fertiggestellt. Sie werden in den nächsten Tagen Einzelheiten dazu erfahren, wo welche Notarstellen ausgewiesen werden. Ich habe Sie alle angeschrieben, die Post ist unterwegs. Sie können dann je weils für Ihren Bezirk sehen, wo die Standorte liegen.

Wir haben darauf geachtet, dass wir gerade den ländlichen Raum, dass wir die Fläche berücksichtigen. Herr Hitzler, Ih re Sorge sehe ich schon etwas kritisch. Denn wir haben mehr Standorte ausgewiesen, als in dem Konzept enthalten waren, das die alte Regierung vorgelegt hatte. Wir haben bei der zu sätzlichen Ausweisung von Standorten insbesondere den länd lichen Raum berücksichtigt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Hans-Ul rich Sckerl GRÜNE: Hört, hört!)

Beim Grundbuchwesen werden wir – das wissen Sie – statt 652 Grundbuchämtern, die jetzt kommunal und staatlich ge führt werden, 13 grundbuchführende Amtsgerichte haben. Diese Grundbuchamtsstruktur ist einmalig in Baden-Würt

temberg, sie ist einmalig in Deutschland, sie ist einmalig in Europa. Wir haben in Baden-Württemberg mehr Grundbuch ämter als alle anderen Bundesländer zusammen. Die gesetz lichen Grundlagen sowohl für die Grundbuchamts- als auch für die Notariatsreform wurden vor einigen Jahren geschaf fen. Wir werden diesen Weg konsequent fortsetzen.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Ich kann Ihnen nur empfehlen: Schauen Sie sich einmal ein grundbuchführendes Amtsgericht an. Das würde auch Ihnen guttun, Herr Kollege Zimmermann. Da können Sie nur ler nen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Dann sehen Sie nämlich, auf welchen Weg wir uns begeben haben.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Es gibt mittlerweile vier von den geplanten 13 grundbuchfüh renden Amtsgerichten. Was machen wir dort? Wir machen dort eine elektronische Bearbeitung des Grundbuchwesens. Wir arbeiten mit einer elektronischen Akte und sind damit fe derführend im Vergleich zu den anderen Bundesländern. Wir haben den elektronischen Rechtsverkehr initiiert, das heißt, Notare und Grundbuchamt verkehren schon jetzt auf elektro nischem Weg.

Die Digitalisierung der Grundakten ist weit fortgeschritten. Die Altbestände machen aneinandergereiht eine Länge von 182 km aus. Wir haben sie in Kornwestheim sukzessive un tergebracht. Auch dort lohnt sich ein Besuch, damit Sie sehen, welche Dimension die Aufgaben haben, die wir übernommen haben. Die Gemeinden werden dadurch entlastet, und wir, das Land, ersparen uns die Ausgleichszahlungen, die bisher an die Kommunen gegangen sind und bis zum Abschluss der Reform noch gehen werden.

Wir gehen den Weg der Modernisierung konsequent. Die Jus tiz in Baden-Württemberg arbeitet gut. Sie ist gut aufgestellt, aber sie ist auch dem Wandel unterworfen. Stillstand bedeu tet in diesem Bereich zweifelsohne Rückschritt. Deswegen müssen wir moderne Kommunikationsmittel anwenden. Wir müssen diesen Weg konsequent gehen, weil wir angesichts der Haushaltslage insbesondere keine massiven Aufstockun gen an Personal stemmen können.

Herr Kollege Stoch hat darauf hingewiesen, dass wir im Bund mit einer Initiative zusammen mit anderen Bundesländern da rauf hingewirkt haben, dass der elektronische Rechtsverkehr vorangebracht wird. Wir sind da federführend, und wir sind auch ein bisschen stolz darauf, dass wir hier ein Stück weit Pionierarbeit leisten. Ich bin froh, dass sehr viele Mitarbeite rinnen und Mitarbeiter in der Justiz, Richterinnen und Rich ter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Rechtspfleger, Ser vicekräfte, bei dieser Entwicklung mitziehen, nicht nur die be rühmten „Digital Natives“, die mit den Instrumenten ohnehin vertraut sind, sondern auch viele Ältere, die für uns arbeiten und diesen Prozess begleiten und mitgestalten.

Was das Thema Bürgernähe angeht: Wir werden, was das Grundbuch betrifft, Grundbucheinsichtsstellen in jeder Ge meinde haben. Das Grundbuchwesen wird besser zugänglich

sein. Ich kann in meiner Einsichtsstelle dann auch das Grund buch eines anderen Ortes abrufen. Das erweitert die Informa tionsmöglichkeiten für den, der sich für das Grundbuch inte ressiert, der ein berechtigtes Interesse daran hat.

Insgesamt liegt uns bei der Grundbuchamts- und der Notari atsreform gerade an einer Berücksichtigung des ländlichen Raums. Der ländliche Raum steht auch im Zentrum unserer Bemühungen. Das sehen Sie, wenn Sie die Standorte für die Notarstellen betrachten. Das sieht man aber auch, wenn man die grundbuchführenden Amtsgerichte in den Blick nimmt, die überwiegend gerade nicht in den Zentren angesiedelt sind.

Die zweite Leitlinie, die für uns maßgebend ist, ist die Sicher heit in der Justiz. Sie alle kennen die Vorfälle, Angriffe auf Justizbedienstete. Ich darf nur an den Mordfall von Dachau erinnern. Aber wir haben auch in Baden-Württemberg Angrif fe auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Justiz, auch all tägliche Belästigungen. Die Verrohung unserer Gesellschaft macht auch vor der Justiz nicht halt. Viele Belästigungen, An griffe geschehen fast alltäglich. Davor dürfen wir unsere Au gen nicht verschließen – in dem Bewusstsein, Herr Dr. Goll, dass es eine absolute Sicherheit nicht geben wird und nicht geben kann.

Die Justiz in Baden-Württemberg war bisher offen und trans parent, eine Justiz mit vielen Zugangsmöglichkeiten. Das dür fen wir nicht über die Maßen einschränken.

Aber wir haben eine Reihe von Maßnahmen ins Auge gefasst. Ich habe in meinem Ministerium vor einem Jahr eine Kom mission einberufen, die sich mit Sicherheitsfragen beschäf tigt, die in Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt ei nen Katalog von Maßnahmen entwickelt hat. Wir werden jetzt zielgenau für jede Einrichtung – insbesondere die Gerichte – prüfen, welche Maßnahmen angezeigt sind.

Herr Hitzler, es wird nicht so sein, dass wir bei jedem kleinen Amtsgericht weitere Wachtmeister brauchen. Vielmehr wer den wir uns dort auf Sicherheitsmaßnahmen konzentrieren, wo das der alltägliche Betrieb gebietet.

Ich kann Ihnen nur empfehlen: Besuchen Sie einmal an einem normalen Verhandlungstag das Landgericht Stuttgart, das hier vor der Haustür liegt. Das können Sie zu Fuß erreichen; es ist wenige Hundert Meter von hier entfernt. Dann werden Sie se hen, was sich dort tagtäglich an Betrieb abspielt und welche Sicherheitserfordernisse dort bestehen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die Kundschaft ist nicht einfach!)

Diese Sicherheit müssen wir schaffen – im Interesse der Be diensteten, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und im In teresse aller Rechtsuchenden, die die Einrichtungen in unse rer Justiz aufsuchen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Ich bin dankbar, dass wir es trotz der schwierigen Haushalts lage realisieren konnten, einige Mittel bereitzustellen. Wir werden 50 Wachtmeisterstellen bekommen. Die werden wir zielgenau auf die Einrichtungen verteilen, in denen sie benö tigt werden. Wir haben zweimal 2 Millionen € an Sachmitteln in den Haushalt eingestellt, mit denen wir insbesondere Fol

gendes realisieren können: Alarmierungsmaßnahmen, bauli che und technische Maßnahmen, Schulungen für das Perso nal in Deeskalationstechniken und anderen Methoden, um ein höheres Maß an Sicherheit zu gewährleisten.

Sicherheit hat aber auch noch eine andere Dimension – auch das ist schon angesprochen worden –: Sicherheit durch Reso zialisierung und Prävention. Jeder Straftäter, der von einer Straftat abgehalten wird, jede Straftat, die nicht begangen wird, die wir verhindern können, erhöht das Maß an Sicher heit für die Öffentlichkeit in unserem Land. Deswegen stehen im Zentrum unserer Bemühungen natürlich Resozialisierung und Prävention – auch im Strafvollzug.

Aus gegebenem Anlass möchte ich auf das hinweisen, was wir derzeit bei der Sicherungsverwahrung, die ja vom Leitge danken einer Resozialisierung, einer Therapie getragen wird, in die Wege leiten. Das Bundesverfassungsgericht hat uns das vorgegeben, und die Umsetzung dieser Vorgaben haben wir jetzt – vor allem in Freiburg – in die Wege geleitet.

Aber der Gedanke der Resozialisierung zieht sich auch durch den allgemeinen Strafvollzug; das gilt insbesondere auch für den Jugendstrafvollzug. Ich bin deshalb dankbar, dass wir auch in diesem Haushalt eine Reihe von Maßnahmen realisie ren können, z. B. die Verstetigung des Projekts „Schwitzen statt Sitzen“. Das vermeidet Haft.