Protokoll der Sitzung vom 14.12.2012

Aber wichtig ist doch, dass die Politik hinsteht und sagt: Wenn wir die Forderung nach Nachhaltigkeit ernst nehmen, wenn wir das Gebot der Generationengerechtigkeit ernst nehmen, müssen wir auch dann hinstehen, wenn der Gegenwind stark ist. Wir werden hinstehen, und wir werden diese Debatte mit der Mehrheit der Bevölkerung gewinnen. Denn die Mehrheit der Bevölkerung will mit dem Motto „Leben auf Kosten kom mender Generationen“ Schluss machen. Davon sind wir über zeugt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Sie fordern wieder einmal die Nullneuverschuldung sofort, bringen aber keinen Vorschlag, wie diese 2,5 Milliarden € ein gespart werden sollen. Lieber Kollege Kößler, Sie müssen hin stehen und sagen, wo Sie in unserer Landesverwaltung 10 000 Stellen streichen wollen. Wollen Sie keine Polizei? Wollen Sie 10 000 Lehrerstellen zusätzlich streichen? Heute Morgen hat Ihre Fraktion noch herumgejammert und beklagt, dass wir in nerhalb von zwei Jahren 2 000 Lehrerstellen streichen, abbau en wollen, und sie hat deshalb sogar die Entlassung der Kul tusministerin beantragt. Ihnen fehlt einfach die Orientierung. Sie müssen sich wirklich entscheiden, was Sie wollen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Nun zur Schuldenbremse. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Schuldenbremse der LHO, der Schuldendeckel, ist nicht mehr aktuell. Denn dieser Deckel ist vor der grundgesetzli chen Schuldenbremse eingeführt worden. Damals war BadenWürttemberg Vorreiter; das war richtig, und zwar mit Ihrer Unterstützung und unter Ihrer Federführung; auch das war richtig und gut so. Aber jetzt ist die Situation eine andere. Der Schuldendeckel der LHO passt nicht mehr, weil er rein punk tuell auf einen einzelnen Haushalt fokussiert ist. Wir betrei ben keine solche Kosmetik. Auch wir könnten sagen: Wir ha ben 2011 keine Schulden gemacht, und wir haben auch 2012 keine Schulden gemacht.

(Abg. Joachim Kößler CDU: 2013, 2014!)

Aber das wäre reine Kosmetik; es wäre kein struktureller Ab bau. Auch der Rechnungshof sagt uns das. Vorgestern haben wir hier doch alle noch einhellig die Arbeit des Rechnungs hofs wertgeschätzt und gesagt, wie wichtig dieser ist. Vor al lem Kollege Löffler hat dies zum Ausdruck gebracht und ge sagt, der Rechnungshof sei das schlechte Gewissen der Re gierung und wir sollten ihm daher folgen. Folgen S i e doch einmal dem Rechnungshof! Der Rechnungshof sagt: „Die

Schuldenbremse muss in die Landesverfassung.“ Er sagt aber nicht: „sofort“. Er sagt, der vorgesehene Pfad zum Abbau der Neuverschuldung sei nicht ambitioniert – da kann man unter schiedlicher Meinung sein –, aber die Schuldenbremse müs se in die Landesverfassung.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Joachim Kößler CDU: 2015, 2016, 2017, 2018!)

Dann noch zwei Sätze – ich habe noch eine Minute Zeit; das freut mich –

(Lachen bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Alexander Throm CDU: Mehr Gas ge ben! Das schaffen Sie!)

zum Vergleich mit unserem schönen Nachbarland Bayern. Lieber Kollege Kößler, Bayern tilgt 500 Millionen €. Ich sa ge Ihnen: Bayern hat ein Haushaltsvolumen – zur Vereinfa chung nehme ich nur das Haushaltsjahr 2013 – von 47 Milli arden €, wir haben ein Haushaltsvolumen von rund 40 Milli arden €. Bayern hat 21 Milliarden € Kreditmarktschulden, wir haben 43 Milliarden € Kreditmarktschulden. Bayern zahlt 630 Millionen € Zinsen, wir zahlen 1,9 Milliarden €.

(Zuruf des Abg. Joachim Kößler CDU)

Das heißt, wenn wir diese Zinsaufwendungen nicht hätten,

(Zuruf: Ja!)

dann hätten wir sogar richtig viel Geld.

Zu den Zuführungen in die Pensionsrücklage: Sie haben ge sagt, das sei zu wenig. Haben Sie einen Antrag gestellt, diese zu erhöhen, und auch gesagt, wie wir das finanzieren sollen? Bayern hat diesen Beitrag auf 100 Millionen € gedeckelt, wäh rend wir im Doppelhaushalt über 1 Milliarde € in diese – –

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: So ein Quatsch! Das sind keine Haushaltsmittel!)

Natürlich sind es 1 Milliarde €; Sie können es nachlesen.

Meine Redezeit ist vorbei. Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Vereinzelt Heiterkeit)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Maier das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werfe zunächst einmal einen Blick auf den Einzelplan 06, den Haushalt des Finanzminis teriums. Das ist ein Personalhaushalt. In diesem Haushalt stei gert sich die Zahl der Stellen: um 147 im Jahr 2013 und um 182 im Jahr 2014. Diese Personalaufstockung begrüßen wir, die SPD-Fraktion, ausdrücklich. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind verantwortlich für das Steueraufkommen des Landes. Sie machen eine gute Arbeit. Unsere Fraktion spricht dafür herzlichen Dank aus.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Wir bedanken uns auch ganz herzlich bei den Beamtinnen und Beamten, die die Steuerkriminalität bekämpfen. Allein im drit ten Quartal dieses Jahres sind in Baden-Württemberg 972

Selbstanzeigen eingegangen. Hochgerechnet auf das Bundes gebiet werden die Steuereinnahmen aufgrund der Selbstan zeigen auf etwa 2,5 Milliarden € geschätzt. Es gibt also eine sehr erfolgreiche Bekämpfung der Steuerkriminalität, obwohl man in den letzten zehn Jahren in diesem Bereich 2 000 Stel len abgebaut hat. Wir drehen jetzt den Spieß um, wir stoppen diesen Trend, wir steigern die Zahl der Ausbildungsplätze – es gibt zusätzlich 150 Anwärter –, wir stellen in beiden Haus haltsjahren je 100 neue Mitarbeiter ein, und wir verbessern die Beförderungschancen. Eine gute und leistungsfähige Steu erverwaltung macht sich mehr als bezahlt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Der Einzelplan 12 ist der letzte Einzelplan, den wir in diesen langen Beratungen bearbeiten, besprechen und diskutieren. Wir haben uns sechs Tage im Finanz- und Wirtschaftsaus schuss und jetzt drei Tage im Plenum mit dem Staatshaushalts plan 2013/2014 beschäftigt.

Mir ging es ähnlich wie Frau Kollegin Aras: Wir sind jeden Morgen hier zusammengekommen und haben uns überlegt: Heute steht ein großer Einzelplan auf der Tagesordnung – In nenministerium, Wissenschaftsministerium, Kultusministeri um usw. –, jetzt müssten sie doch kommen, diese Einsparvor schläge der Opposition, seitenweise Konzepte, wie man von dieser Deckungslücke in Höhe von 2,5 Milliarden € herunter kommt,

(Abg. Arnulf Freiherr von Eyb CDU: Das könnte Ih nen so passen!)

wie man es ohne Schulden schafft. Im Vorfeld hat es ja mo natelang Kritik an der Verschuldung gegeben; in der Ersten Beratung wurde beißende Kritik geübt. Wir haben immer ge wartet, und nichts ist gekommen.

(Abg. Thomas Marwein GRÜNE: Es ist tatsächlich nichts gekommen!)

Ich habe diese Beratungen sehr interessiert verfolgt. Nach den Reden der Opposition habe ich eher das Gefühl, dass man bei den Ausgaben eher noch etwas hinzufügen müsste. Das eine oder andere ist kritisiert worden. Vorhin gab es beispielswei se die Kritik, dass man bei der Kunst, der Wirtschaft zu we nig mache.

Wir haben hier von der Opposition keine Anträge und auch keine Lösungsvorschläge für das Problem bekommen. Ich weiß auch, warum: 2,5 Milliarden € Deckungslücke zu schlie ßen würde einen Kahlschlag bedeuten, einen Kahlschlag bei den Investitionen des Landes – wir müssten an den kommu nalen Finanzausgleich mit den Städten und Gemeinden heran gehen –, und es würde einen Kahlschlag auch bei den freiwil ligen Leistungen bedeuten. Einfach ist es nicht, seitens des Landes zu sparen. Es gibt sehr festgezurrte Aufgaben, wir ha ben Gesetze, wir haben Verpflichtungen. Wenn wir aus dem Haushalt zweieinhalb Milliarden Euro herausschneiden wür den, hätte das Land Baden-Württemberg ein ganz großes Pro blem. Wir wollen das Land Baden-Württemberg nicht an die Wand fahren. Das machen andere Länder auch nicht. Der Bund hat einen Abbaupfad für seine Schulden, Hessen – ich nehme ein CDU-regiertes Land – hat genauso einen Abbau pfad bis 2019 entwickelt wie wir.

Die Opposition bringt aber eine zweite Sache ins Spiel, und zwar die Mär von den sprudelnden Steuerquellen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Wo? In Hes sen? – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/ DVP)

Es ist richtig, dass bei uns die Steuern sehr gut eingehen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Also ist das doch keine Mär!)

Wenn man die Jahre 2010 und 2013 vergleicht, beträgt die Steigerung des Steueraufkommens, wie wir es jetzt oft gehört haben, etwa 5 Milliarden €. Man macht bei diesem Vergleich aber einen Fehler – Herr Kößler hat den Fehler wieder ge macht –:

(Zuruf des Abg. Joachim Kößler CDU)

Wir dürfen nicht das Jahr 2010 als Ausgangspunkt nehmen. Denn im Jahr 2010 waren wir wegen der Krise bei den Steu ereinnahmen ganz unten. Wir müssen das Jahr 2008 als Ver gleichsmaßstab heranziehen.

(Zurufe von der CDU)

Im Jahr 2008 hatten wir schon 28 Milliarden € Steuereinnah men.

(Zuruf von der CDU: Keine Schulden!)

Im Jahr 2012 waren es 29 Milliarden € – 1 Milliarde € Zu wachs gegenüber 2008 –, und im Jahr 2013 sind es 29,8 Mil liarden €.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: 1,5 Milliarden € Schul den!)

Da sieht man schon: Die Kurve geht nicht so steil nach oben, sondern die Kurve ist flacher, als man immer glauben machen will.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Aber es sind trotzdem 3 Milliarden € mehr!)

Auf der anderen Seite sind die Ausgaben weiter gestiegen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das ist ja das Problem!)

Die Ausgaben haben im Jahr 2008 bei 34,4 Milliarden € ge legen, und sie sind trotz der Krise nicht nach unten gegangen, sondern sind weiter gestiegen.