Protokoll der Sitzung vom 14.12.2012

Aber Sie, Frau Warminski-Leitheußer, sind heute zum Teil auch ein Bauernopfer – ein Bauernopfer der SPD, ein Bauern opfer Ihres Finanz- und Wirtschaftsministers, der durch sein Verhalten und durch seine Politik das Fundament für Ihre ka tastrophale Bildungspolitik gelegt hat.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Hm!)

Weil es aus unserer Sicht nicht sein kann, dass derjenige, der mit die Hauptverantwortung trägt, am Ende ungeschoren da vonkommt, werden wir, die Opposition, heute etwas tun, was in der Geschichte sicherlich einmalig ist.

(Lachen bei den Grünen und der SPD – Zurufe von den Grünen und der SPD: Ja! – Abg. Alfred Winkler SPD: Einmalig schlecht! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Um 21:08 Uhr einen Antrag stellen! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Glauben Sie eigentlich die Story, die Sie hier erzählen?)

Aber das haben wir bei dieser Regierung in der Vergangen heit leider gleichermaßen schon häufig erleben müssen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Wir sind der Meinung, dass nicht nur die Kultusministerin zur Rechenschaft gezogen werden muss, sondern auch Sie, Herr Finanzminister. Der Protest der Eltern- und Lehrerschaft rich tet sich berechtigterweise nicht nur gegen die Kultusministe rin, sondern auch gegen Ihre fehlgeleitete und motivationslo se Haushaltspolitik. Die Vorsitzende der Vereinigung „Schu le mit Zukunft“ hat ihren Unmut gegenüber Ihnen, Herr Fi

nanzminister, gestern Abend im SWR deutlich geäußert. Der Schuh, den Sie sich unbedingt anziehen wollten, ist deutlich zu groß.

(Lachen des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Als Wirtschaftsminister finden Sie faktisch nicht statt, als Fi nanzminister sind Sie heillos überfordert. Mit dem vorliegen den Haushaltsentwurf für die Jahre 2013 und 2014 haben Sie bei der Einbringung klar gegen geltendes Recht verstoßen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Stimmt doch gar nicht!)

Ja, es ist so.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Mit der Einbringung nicht, nur mit der Abstimmung! – Gegenruf von der CDU: Ist das besser?)

Nicht nur über die Kultusministerin schüttelt Ihre eigene Par tei den Kopf. Bereits im letzten Jahr haben Sie regelmäßig Ar gumente dafür geliefert, warum Sie in diesem Amt untragbar sind. Der Umgang mit der Schlecker-Insolvenz, Personalent scheidungen in Ihrem Haus, eine Ämterpatronage, wie es sie in der Geschichte Baden-Württembergs noch nie gab –

(Lachen bei den Grünen und der SPD)

überall, wo Sie Verantwortung übernehmen, findet sich am Ende Chaos.

(Zuruf: Glauben Sie selbst, was Sie da erzählen?)

Die Krönung Ihres Handelns war die ICC-Schiedsklage des Landes Baden-Württemberg.

(Unruhe bei den Grünen und der SPD)

In mehreren Pressekonferenzen und hier im Landtag haben Sie erklärt, dass aufgrund der Vertraulichkeit keine näheren Angaben gegenüber Parlament und Öffentlichkeit zur Klage schrift gemacht werden könnten. Ich zitiere Ihre Aussage aus dem Plenarprotokoll von Mittwoch, 20. Juni 2012 – Zitat Nils Schmid –:

Ich will einfach noch einmal deutlich machen: Das Schiedsverfahren ist nicht öffentlich, sondern vertraulich. Das ist eine Vereinbarung, die nicht wir getroffen haben, sondern die Herr Mappus bei Unterzeichnung des Kauf vertrags getroffen hat.

Herr Finanzminister, eine solche Vereinbarung gibt es aber gar nicht. Das belegt nicht nur eine gutachtliche Äußerung der Landtagsverwaltung, sondern das belegt auch eine von uns mandatierte Kanzlei, die klar zu dem Ergebnis kommt, dass ein Schiedsverfahren ohne anderslautende Parteivereinbarung – und diese liegt nicht vor – zwar nicht öffentlich, aber auch nicht, wie von Ihnen behauptet, vertraulich ist. Das bedeutet, dass besondere Schriftsätze der Parteien, Korrespondenz mit dem Sekretariat der ICC und auch verfahrensrechtliche An ordnungen und Entscheidungen des Schiedsgerichts ohne ei ne entsprechende Vereinbarung der Parteien nicht vertraulich zu behandeln sind. Deshalb konnte das Land auch diese Do kumente dem Landtag überhaupt zugänglich machen, ohne die ICC-Schiedsgerichtsordnung zu verletzen, weil eben Ent sprechendes nicht vereinbart war.

Damit, Herr Finanzminister, haben Sie die Öffentlichkeit be logen. Sie haben auch diesen Landtag belogen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Wer aber lügt, um nur einen kurzfristigen rhetorischen Vorteil zu erzielen, der ist als Amtsträger und Minister auch dem ba den-württembergischen Volk nicht mehr zuzumuten.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Die einzige Zu mutung sind Sie doch!)

Dem muss man auch anderes bei anderen Gelegenheiten un terstellen.

(Zuruf des Abg. Manfred Lucha GRÜNE)

Da Sie nicht in der Lage sind, trotz mehrfacher Aufforderung Verantwortung zu übernehmen, fordern wir den Ministerprä sidenten heute auf, nicht nur die Kultusministerin, sondern auch Sie aus dem Amt zu entlassen und die Finanzpolitik und Wirtschaftspolitik in seriösere Hände zu übergeben.

Als Finanzminister sind Sie heillos überfordert. Mit dem vor liegenden Haushaltsentwurf haben Sie gegen geltendes Recht verstoßen. Sie haben gegen § 18 Absatz 3 der Landeshaus haltsordnung verstoßen. Auch die Kritik an Ihnen als Mitver antwortlichem der desaströsen Bildungspolitik und als Ver antwortlichem der grenzenlosen Schuldenpolitik ist im Land mittlerweile unüberhörbar.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir fordern deshalb Sie, Herr Ministerpräsident, auf, die Frau Kultusministerin und den Herrn Finanz- und Wirtschaftsminister

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Wer bietet mehr?)

aus ihren Ämtern zu entlassen.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Andreas Stoch SPD: Da sind nicht alle einer Meinung! Da klatschen einige nicht!)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Kollegen Dr. Rülke das Wort.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Jetzt wird der Unsinn noch getoppt!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, wir for dern Sie auf, Kultusministerin Warminski-Leitheußer aus Ih rem Kabinett zu entlassen. Die Kultusministerin – das ist deut lich geworden – ist in jeder Hinsicht mit ihrem Amt überfor dert. Sei es, dass es um die konzeptionellen Aufgaben geht, die Ihre Regierungskoalition ihr gestellt hat, sei es, dass es da rum geht, mit ihrem eigenen Haus zusammenzuarbeiten, oder sei es, dass es darum geht, ihren eigenen Terminplan in den Griff zu bekommen – diese Kultusministerin ist in jeder Hin sicht überfordert.

Sie haben ihr die Aufgabe gestellt, die Gemeinschaftsschule einzuführen. Wir halten davon wenig, aber es ist Ihr politi sches Recht, nachdem Sie ins Amt gewählt worden sind, die se Entscheidung zu treffen.

(Unruhe)

Doch es stellt jeder im Land fest, dass keine Planung vorliegt, dass es keinen organisatorisch-finanziellen Rahmen gibt, dass keine Bildungspläne vorliegen, dass es keine Pläne für Leh rerfortbildung gibt und dass es auch keine pädagogischen Er fahrungswerte gibt. Wie die kommunalen Landesverbände kommt jeder im Land Baden-Württemberg zu einer vernich tenden Kritik, wenn es um die Umsetzung dieser Gemein schaftsschule geht.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Sie haben überstürzt und konzeptionslos die verbindliche Grundschulempfehlung abgeschafft, ohne eine Bedarfspla nung zu haben, sodass die Lehrereinstellung zum Schuljahr 2012/2013 chaotisch aus dem Ruder gelaufen ist, meine Da men und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. An dreas Stoch SPD: Ich dachte, Sie stehen für Freiheit!)

Sie haben in dieser Koalition einen Formelkompromiss zum Thema G 8/G 9 zuwege gebracht und haben dann der Kultus ministerin die Aufgabe gestellt, diesen Formelkompromiss ir gendwie umzusetzen. Jetzt haben wir an verschiedenen Stel len im Land ohne Plan und Ziel sowie ohne Sinn und Kon zept nebeneinander laufende G-8- und G-9-Züge. Auch das ist nicht im Interesse unseres Landes.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Die Kultusministerin ist darangegangen, das Gymnasium zu schleifen

(Lachen bei den Grünen und der SPD – Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: Auweia! – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Ungeheuerlich!)

mit Einheitsbildungsplänen, mit Einheitslehrern, mit einer Zielsetzung, die letztlich die Gemeinschaftsschule als einzi ge Schulform für Baden-Württemberg vorsieht.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es! Genau so ist es!)

Das war Ihre klare strategische Zielsetzung. Alle – auch die Lehrerverbände – sind davon ausgegangen, es käme der Ein heitsbildungsplan. Der Ministerpräsident hat die Notbremse gezogen und auf den letzten Metern dem Gymnasium seinen eigenen Bildungsplan zugestanden. Aber die Zielsetzung ist eine andere. Diese Kultusministerin will das Gymnasium schleifen, und das ist absolut nicht im Interesse des Landes Baden-Württemberg.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)