Mit einer Klage in Karlsruhe droht... Kretschmann für den Fall, dass eine Reform des Länderfinanzausgleichs am Widerstand der Nehmerländer scheitert.
Aber jetzt plötzlich wollen Sie offensichtlich von dieser Kla ge nichts mehr wissen. Sie haben sich eines Ihrer zahlreichen Gefälligkeitsgutachten besorgt,
um ein Alibi dafür zu haben, nichts unternehmen zu müssen. Da wird vor einem Eigentor gewarnt, weil möglicherweise die Kommunen mit einbezogen würden.
Es steht jetzt fest, dass die Länder Bayern und Hessen klagen. Die werden ohnehin klagen, meine Damen und Herren. Wenn Sie dieses Eigentor befürchten, dann können Sie es nicht ver hindern. Dann ist es doch besser, hier Ihre Solidarität zu zei gen und dem Bundesverfassungsgericht zu signalisieren: „Auch wir in Baden-Württemberg sind an einer Veränderung interessiert“,
als das Signal zu setzen: „Wir wollen keine Veränderung“, meine Damen und Herren. Werden Sie endlich aktiv.
Herr Ministerpräsident, Sie erzählen immer von Veränderun gen und von Verhandlungen. Sie haben auch hier im Landtag vor ungefähr einem Jahr schon erklärt, Sie würden Verhand lungen führen – von Kamingesprächen war damals die Rede –, und Sie haben damals auch der Opposition angeboten, ihr hierüber zu berichten. Ich stelle fest: Bisher ist null passiert, Herr Ministerpräsident, Sie haben nichts unternommen.
Etwa um die Weihnachtszeit, Herr Ministerpräsident, hat Ih re Ehefrau der „Bild“-Zeitung erzählt, Sie seien ein Sonntags fahrer, der das Gaspedal nicht finde.
Ich nehme an, sie hat den Länderfinanzausgleich gemeint, Herr Ministerpräsident, als sie das geäußert hat.
beispielsweise auch der Vorschlag der drei FDP-Landtagsfrak tionen aus Bayern, Baden-Württemberg und Hessen, der von Professor Kube und dem Wirtschaftsweisen Professor Feld ausgearbeitet wurde. Da geht es um mehr Eigenständigkeit. Da geht es beispielsweise um eine Veränderung dahin gehend, dass die Länder zur Ergänzung der Einkommensteuer ein ei genes Hebesatzrecht bekommen sollen.
Herr Finanzminister Schmid, wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie sich so etwas auch schon einmal vorstellen können. Warum unternehmen Sie dann nichts? Wo ist Ihr Vor schlag? Wann wird verhandelt? Vor allem stellt sich auch die Frage: Wie soll man denn überhaupt irgendwo Druck aufbau en, wenn man die Klagemöglichkeit, so wie Sie, kategorisch ausschließt? Meine Damen und Herren, in der Frage des Län derfinanzausgleichs versagt die grün-rote Landesregierung auf allen Ebenen.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Zum Schaden des Landes!)
Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Zum wiederholten Mal diskutieren wir jetzt im Landtag von Baden-Württemberg über den Länderfinanz ausgleich. In einem Punkt sind wir uns alle einig: Wir brau chen ein neues Finanzausgleichssystem, und zwar vor dem Jahr 2019, dem Jahr, in dem das bisherige Länderfinanzaus gleichssystem ausläuft. Unterschiedlicher Meinung sind wir über den Weg, wie ein neues System erreicht werden kann.
Der erste Punkt: Wir wollen, dass Anreize geschaffen werden, die Finanzkraft der Länder zu stärken. Wenn ein Land seine Einnahmen steigert, dann sollen diese nicht durch den Län derfinanzausgleich aufgefressen werden.
Ein zweiter Punkt: Mehreinnahmen dürfen nicht zu einem Verlust im Haushalt führen. Vor ein paar Jahren hatte Rhein land-Pfalz 1 Million € Mehreinnahmen; es hatte aber schließ lich ein paar Zehntausend Euro weniger im Haushalt, weil es mehr in den Länderfinanzausgleich abführen musste.
Der dritte Punkt: Die Reihenfolge der Länder hinsichtlich der Finanzkraft darf nicht völlig auf den Kopf gestellt werden.
Wenn ein Empfängerland in der Reihenfolge der Länder hin sichtlich der Steuerkraft pro Kopf vor dem Länderfinanzaus gleich ganz hinten steht und nach dem Länderfinanzausgleich plötzlich ganz vorn steht, dann ist das nicht in Ordnung.
Wir haben auch immer gesagt: Man sollte erst verhandeln und erst dann, wenn Verhandlungen nicht zu einem Erfolg führen, den Klageweg beschreiten.
Nun haben wir heute eine Aktuelle Debatte mit einem Titel, der vielleicht etwas irreführend ist. Denn richtig ist, dass der Länderfinanzausgleich eine reine Steuerertragsverteilung ist und mit den Ausgaben der Länder zunächst nichts zu tun hat.
Trotzdem ist das Thema aktuell und richtig. Denn durch die komplizierten Mechanismen – der Kollege Rülke hat es aus geführt – gibt es jetzt nur noch drei Geberländer und 13 Neh merländer. Ein Land, nämlich Bayern, zahlt etwa die Hälfte der gesamten Ausgleichsmittel in den Finanzausgleich ein, und allein das Bundesland Berlin bekommt etwa 40 % der Fi nanzausgleichsmittel.
Wir haben im Landtag vor zwei Jahren einvernehmlich be schlossen, dass dann, wenn die Verhandlungen nicht erfolg reich sind, der Klageweg zu beschreiten ist. Vorschläge für Verhandlungen gibt es genügend. Die finanzpolitischen Spre cher der CDU-Landtagsfraktionen und der CSU-Landtags fraktion haben im letzten Herbst eine gemeinsame Erklärung verabschiedet, die im Kern beinhaltet, dass Berlin vom Bund Bundeshauptstadthilfen erhalten soll. Das soll durch den Weg fall der Verpflichtung des Bundes für den Solidarpakt II finan ziert werden. Dann soll dieser Betrag der Finanzkraft Berlins zugerechnet werden. Durch die Entlastung der anderen Län der kann man diesen Betrag für eine Neugestaltung des Län derfinanzausgleichs nutzen. So wurde es auch vor zehn Jah ren gemacht, als der Bund Geld in das System gegeben hat, um eine Neuregelung zu erreichen. Es gibt auch zahlreiche andere Vorschläge.
Was ist aber bisher geschehen? Sie, Herr Ministerpräsident, haben in einer Regierungsbefragung im Juli letzten Jahres ge sagt, Sie hätten verschiedene Vorstöße unternommen, um zu einer Verhandlungslösung zu kommen. Sie wollten zusammen mit Hessen erst einmal abwarten. Ihre Ansicht ist: Verhandeln wir doch bitte jetzt, sonst verlieren wir Jahre. Sie sagen: „Wenn man klagt, muss man auch Aussicht auf Erfolg haben.“ Aber Sie haben auch gesagt: „Wir führen eine Prüfung durch, und wir schließen eine Klage nicht aus.“
Meine Damen und Herren von der Regierung, wie lange wol len Sie denn noch verhandeln? Sie sind jetzt zwei Jahre an der Regierung.
Wir zahlen 2,7 Milliarden € an andere Länder, und in Zeiten größter Steuereinnahmen machen Sie mit dem gerade verab schiedeten Doppelhaushalt 3,3 Milliarden € Schulden. Ver schieben Sie eine mögliche gerechte Gestaltung des Länder finanzausgleichs nicht weiterhin.
Nach unserer Auffassung sind jetzt der Worte genug gewech selt. Die Verhandlungen sind offenbar ergebnislos. Herr Mi nisterpräsident und Herr Finanzminister, schließen Sie sich der Klage von Bayern und von Hessen an.
ist die Chance größer, dass wir vor dem Bundesverfassungs gericht – wie auch bei der letzten Klage – Erfolg haben, und dann ist die Chance größer, dass wir ein gerechteres Länder finanzausgleichssystem bekommen.
Schauen Sie den anderen Ländern, die handeln – Bayern und Hessen –, nicht weiter tatenlos zu. Vertreten Sie die Interes sen der Menschen hier in Baden-Württemberg, und schließen Sie sich der Klage an.
Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Bei dem Titel dieser Aktuellen Debat te, die von der FDP/DVP beantragt wurde, fragt man sich: Was hat das mit der Realität zu tun?
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Eine ganze Menge! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr viel!)
Er zeigt vor allem zweierlei. Erstens haben Sie, Herr Rülke, nicht verstanden, was in unserer Verfassung in Bezug auf den Finanzausgleich steht.