Protokoll der Sitzung vom 30.01.2013

Das war das Einsparpaket zur Finanzierung der Verbesserung dieses Bahnhofs. Das haben aber die Projektpartner – außer dem Land – sofort abgeräumt. Sie haben gesagt: „Das machen wir aber nicht.“

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Finanzierungsvertrag!)

Damit ist sozusagen die Kompensation für die Verteuerung weggefallen. Jetzt ist nur noch der Kostenbrocken übrig. Dann sagen wir: „Das tut uns leid.“ Wir haben nie gesagt: „Es wird alles gebaut, was bei dem Dialog herauskommt.“

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wer ist „wir“? – Abg. Volker Schebesta CDU: Wer ist „wir“? Die Landes regierung? – Gegenruf: Ruhe! – Zuruf der Abg. Muh terem Aras GRÜNE)

Die Landesregierung. – Es wird nur gebaut, was im Kon sens mit den Projektpartnern festgestellt werden kann. Das hätte in diesem Fall übrigens bedeutet, dass man die Finan zierungsvereinbarung im Konsens korrigiert.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Da muss sich Herr Schmiedel wieder melden!)

Wenn dies nicht möglich ist, bleibt der alte Vertrag, bleibt die alte Regelung, bleibt die Antragstrasse. Darauf wird es hin auslaufen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Wolf gang Drexler SPD: Es gibt keinen Beschluss! – Abg. Nicole Razavi CDU: Aha!)

Es gibt keinen formellen neuen Beschluss dazu. Es gilt eben die Finanzierungsvereinbarung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, für die Regierungsbefragung ist pro Thema eine Dauer von maximal 30 Minuten festgelegt. Für das erste The ma – Stuttgart 21 –, das Thema, das die Fraktion GRÜNE be antragt hat, sind die 30 Minuten vorbei.

Deshalb rufe ich das zweite Thema auf, das Thema, das die Fraktion der FDP/DVP beantragt hat. Das ist ebenfalls das Thema Stuttgart 21.

(Beifall des Staatssekretärs Jürgen Walter – Abg. Sa scha Binder SPD: Ich hatte schon Entzugserscheinun gen!)

Deshalb möchte ich Herrn Kollegen Haußmann für die FDP/ DVP-Fraktion bitten, die Fragen zu stellen.

Dafür muss Herr Minister Hermann zurück auf die Regie rungsbank, damit Herr Kollege Haußmann ans Rednerpult kommen kann.

(Abg. Peter Hauk CDU: Also, die Antragstrasse kommt! Das kann man als Fazit nehmen! – Gegen ruf der Abg. Nicole Razavi CDU: Aber weiß das die SPD schon?)

S t u t t g a r t 2 1

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde jetzt die Frage stellen, die ich zu stellen geplant habe, um nachher bei der Aussprache vielleicht noch die Frage zu stellen, für die es mir jetzt nicht mehr gereicht hat.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Einer der wesentlichen Gründe, warum man sich für das Pro jekt Stuttgart 21 in dieser Form entschieden hat, war auch die städtebauliche Komponente.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig!)

Denn für die Stadt Stuttgart und für die Region ist das eine Jahrhundertchance. Ich glaube, dass bei der Diskussion im mer wieder in Vergessenheit gerät, dass genau dadurch 100 ha frei werden, die wir in Stuttgart entwickeln können.

Ich möchte den Verkehrsminister im Hinblick auf die Projekt förderungspflicht, im Hinblick auf die städtebauliche Entwick lung hier fragen, was seitens des Verkehrsministers an Unter stützung angedacht ist. Man hat ja mit dem Filderdialog eine Bürgerbewegung in Gang gesetzt, eine Art Bürgerwerkstatt. Genau das wäre jetzt ein Punkt, bei dem das Land im Rahmen der Projektförderungspflicht diesen Dialog beflügeln könnte, um nämlich diese einmalige Chance der städtebaulichen Ent wicklung zu nutzen.

Ich war in dieser Woche beim Neujahrsempfang des Bundes Deutscher Architekten. Dort wurde auch auf dieses Thema hingewiesen, darauf, dass es eine einmalige Chance ist. Wir wissen um die Problematik in Stuttgart: immer weniger Fa milien, immer mehr Singles. Also bietet sich auch hier eine einmalige Chance auch im Hinblick auf ökologische Ideen.

(Lachen des Staatssekretärs Jürgen Walter)

Deswegen auch an dieser Stelle die Frage: Was tut die Lan desregierung, was tut der Verkehrsminister, um dieses Thema, um diese Jahrhundertchance auch aktiv in die Projektförde rungspflicht einzubringen?

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Der Wirt schaftsminister ist gefordert! – Staatssekretär Jürgen Walter: Jetzt ist es auch noch ein ökologisches Pro jekt! Es reicht schon, dass es ein Katastrophenprojekt ist!)

Sehr geehrter Herr Haußmann, der Verkehrsminister des Landes Baden-Württemberg ist nicht der Oberbürgermeis ter der Stadt Stuttgart. Deswegen bin ich dafür auch nicht zu ständig. Aus diesem Grund hat übrigens der frühere Oberbür germeister Schuster

(Abg. Peter Hauk CDU: Professor!)

schon vor über zehn Jahren einen Bürgerdialog arrangiert, bei dem über die mögliche Flächennutzung nachgedacht worden ist. Das ist damals übrigens von vielen Bürgern angenommen worden, allerdings von vielen auch kritisiert worden, weil im mer vorausgesetzt worden ist, dass Stuttgart 21 kommt, und weil keine Alternativen diskutiert worden sind. Dort sind zahl reiche Vorschläge gemacht worden,

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

aber es ist inzwischen auch viel gebaut worden, was übrigens nicht den Dialogvorstellungen entsprochen hat. Jedenfalls sind die Gebäude von der Art her nicht schöner geworden als vor dem Dialog.

Man muss auch sagen, dass sich inzwischen einiges bewegt hat; denn im Schlichtungsprozess hat u. a. Heiner Geißler ge sagt, die Stadt Stuttgart müsse sich verpflichten, das Gelände, das sie erhält, nicht so zu veräußern, dass es den größten Pro

fit bringt – beispielsweise indem eine Bankenstadt errichtet wird oder was auch immer, was sehr rentabel ist –, sondern dass dort auf der Basis einer Stiftung sozial-ökologische Pro jekte und Modellvorhaben für bezahlbares Wohnen für Fami lien usw. realisiert werden. Damit wird das ursprüngliche Konzept völlig konterkariert, weil man ja eigentlich dachte, einen Teil des Geldes dadurch zurückholen zu können, dass man diese Grundstücke meistbietend veräußert. Jetzt muss die Stadt sie mit Mindestgebot zu sozialen Zwecken abgeben. Das ist, wie gesagt, aber die Auflage, die der damalige OB Schus ter übernommen hat. Ich bin gerade nicht im Bilde – aber hier gibt es auch ehemalige Gemeinderäte, die das vielleicht ge nauer wissen –, ob die Stiftung schon gegründet ist und wie die Stiftung die Ergebnisse des Schlichtungsprozesses umset zen möchte.

(Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)

Noch etwas zu der Bürgerbewegung: Auf den Fildern muss ten wir keine Bürgerbewegung in Gang setzen. Der Filderdi alog ist ja deshalb zustande gekommen, weil es eine Bürger bewegung gegen dieses Projekt gab.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Übrigens hat die Bahn sich deswegen auf diesen Dialog ein gelassen,

(Abg. Peter Hauk CDU: Zwei Anläufe! – Abg. Fried linde Gurr-Hirsch CDU: 4 000 Leute!)

weil sie gesagt hat: „Wir wollen, dass wenigstens in dem Teil, für den es noch keinen Planfeststellungsbeschluss gibt und bei dem sich Elemente in der Planung befinden, bei denen wir selbst Zweifel haben, ob sie gut sind, ein Dialog mit den Bür gern über eine bessere Lösung zustande kommt.“ Ich möchte es hier noch einmal sagen: Es war nicht ausschließlich Anlie gen der Landesregierung, Verbesserungen zu erreichen, son dern auch die Bahn hat gemerkt: Wir brauchen eine bessere Planung, die auf eine höhere Akzeptanz stößt.

Auch die Bahn war im Vorfeld bereit, weitgehende Umpla nungen vorzunehmen – übrigens in der Annahme, damit Kos ten einzusparen. Das hätte aber zur Folge gehabt, dass man auf die Gäubahnanbindung hätte verzichten müssen, worauf sich die Projektpartner jedoch nicht eingelassen haben. Des halb ist das als Kompensation nicht wirksam geworden. Die Bürger dort oben empfinden das, was wir als Ergebnis disku tieren, nicht als ihr Ergebnis, weil sie immer gesagt haben: „Wir wollen die Gäubahn beibehalten und in ein Nahverkehrs konzept einbinden; wir wollen eine preisgünstige Anbindung der Gäubahn über die S-Bahn an den Flughafen.“

(Abg. Peter Hauk CDU: Wer sind „die Bürger da oben“?)

Das ist nicht gekommen, weil die Projektpartner das nicht wollten.

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Mack.

Herr Minister, zunächst zurück zu der Frage, die Frau Kollegin Razavi Ihnen vorhin gestellt hat. Sie haben diese Frage in keiner Weise beantwortet. Ist es

richtig, dass die Bahn AG im Lenkungskreis das Vorgehen bei der Kostenüberprüfung mit Ihnen abgestimmt hat? Sie haben vorhin gesagt, Sie seien völlig überrascht gewesen, dass da neue Kosten kommen. Wussten Sie, dass die Bahn intern in tensiv daran war – über fast ein Jahr hinweg –, die Kosten zu überprüfen? Mit dieser Aufgabe hatte sie insgesamt 40 Leute beauftragt.

Zweitens: Noch einmal zu dem Brief des Ministerpräsidenten an Herrn Sittler und andere Projektgegner, zu dem Brief, der vorhin angesprochen wurde, in dem der Ministerpräsident teil weise auch für Sie spricht. Im Anschluss an das, was der Frak tionsvorsitzende Schmiedel von der SPD gesagt hat, kann ich nur sagen: Es ist im Ton unerträglich, was in diesem Brief steht. So kann man unter Partnern nicht miteinander umge hen. In diesem Brief steht – ich zitiere eine Passage –:

Sind wir mal ehrlich: Kein rechtschaffener Geschäfts mann oder Häuslebauer würde einen solchen Umgang in seinem Umfeld einfach hinnehmen, sondern sich natür lich die elementare Frage stellen: Können wir ehrlich noch einander trauen?

Können wir noch ehrlich miteinander umgehen usw.? Der Tonfall entspricht einer Art und Weise, wie man zwischen dem Land Baden-Württemberg und der Deutschen Bahn AG nicht umgehen sollte.

Aber die konkrete Frage lautet: Am Ende des Briefes an Sitt ler reagiert der Ministerpräsident – wohl in Abstimmung mit Ihnen – auf den Vorwurf der Tatenlosigkeit, also auf den Vor wurf, die Regierung unternehme keine Taten, um Stuttgart 21 zu verhindern. Der Ministerpräsident schreibt dazu:

Der immer wieder geäußerte Vorwurf der Tatenlosigkeit und die Schärfe im Ton sind, ehrlich gesagt, nicht nur mir und dem Verkehrsminister gegenüber, sondern allen in den unterschiedlichsten Stellen mit S 21 befassten Mitar beiterinnen und Mitarbeitern gegenüber ungerecht und schlicht unzutreffend.

Ich frage Sie: Welche Taten meint der Ministerpräsident?