Protokoll der Sitzung vom 30.01.2013

Ich frage Sie: Welche Taten meint der Ministerpräsident?

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Projektförderungs pflicht!)

Wenn wir in den letzten anderthalb Jahren tatenlos ge wesen wären, dann hätten Sie, die Opposition, uns vorgeführt. Selbstverständlich waren wir seit der Regierungsübernahme in unterschiedlichster Form mit diesem Projekt befasst. Wir haben alle Lenkungskreissitzungen ordentlich vorbereitet. Es gab zahlreiche persönliche Treffen von Herrn Kefer, Herrn Grube, Herrn Ministerpräsident Kretschmann und mir. Wir haben über viele Probleme geredet. Wir haben in solchen Ge sprächen z. B. den Filderdialog vorbereitet. Wir haben zahl reiche Fragenkataloge erarbeitet und Briefe geschrieben, um bestimmte Informationen zu bekommen, die wir bis dahin nicht bekommen haben.

Uns Tatenlosigkeit vorzuwerfen ist unangemessen. Das wird zum Teil von den Leuten, die hier angesprochen sind, nicht richtig eingeschätzt, weil sie von außen auch nicht wahrneh men können, was wir alles getan haben. Denn wir machen nicht jeden Brief und jedes Gespräch öffentlich, sondern las

sen es manchmal durchaus im Verborgenen, wenn es ange messen ist, und berichten nicht ständig darüber.

Was die Einbindung hinsichtlich der Überprüfung der Kos tenentwicklung anbelangt, ist meines Wissens immer der Duk tus aus der CDU: „Haben Sie nicht schon gewusst, dass...? Sie haben doch behauptet...!“ nach dem Motto: „Jetzt hat er wieder nicht die Wahrheit gesagt.“

(Abg. Peter Hauk CDU: Das wollen wir halt wissen! – Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Ja, ja. Das ist eher eine einfache Logik. So ist es aber leider nicht gewesen.

Wir haben immer wieder angemahnt, dass die Bahn offenle gen soll, wie sie ihre Kostenüberprüfung macht. Was wir an Information hatten, war, dass die Bahn – jetzt zitiere ich Herrn Kefer – „Meckies“, Teams von McKinsey, darüber schauen lässt, um es zu prüfen. Das ist die Information, die wir hatten. Wir wussten, dass verschiedene Gutachtergruppen das Pro jekt durchgehen und die ganzen Zahlen aufarbeiten. Dass wir nicht dagegen waren, ist selbstverständlich. Bei den Fragen, wie das geht und wer genau was macht, waren wir in keins ter Weise eingebunden, geschweige denn, dass wir gar die Gutachter ausgesucht hätten, die das machen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Das hat doch keiner behaup tet!)

Wir haben aber gewusst, dass es die gibt. Es ist sehr erstaun lich, dass die Gutachter viele Monate daran arbeiten, im Ok tober 2012 noch nichts wissen und sechs Wochen später plötz lich mit Mehrkosten von 2,3 Milliarden € kommen.

(Beifall bei den Grünen – Staatssekretär Jürgen Wal ter: Genau! So ist es!)

Wenn man Gutachten machen lässt, dann ist man doch lau fend in Gesprächen. Man bekommt dann Vorwarnungen und weiß dann: Da ist etwas im Busch.

Genau so war es auch. Die Bahn hat nicht umsonst – das ist aufgefallen – ihre eigenen Aufsichtsräte nicht schriftlich in formiert, weil sie ihnen nicht getraut hat, weil sie befürchtet hat, die Information werde öffentlich. Vielmehr hat man sie alle der Reihe nach angerufen und sie vorgewarnt, dass da et was kommt. Dann war das auch in der Presse.

Solche Großprojekte, bei denen so viele öffentliche Mittel, so viel öffentlicher Schaden und so viel Gefährdung des Nahver kehrs im Spiel sind, müssen offen und öffentlich diskutiert werden. Deswegen ist es gut, dass immer wieder etwas her auskommt und die Öffentlichkeit auf diese Art und Weise über die wahren Probleme des Projekts informiert wird.

Jetzt will ich Ihnen noch etwas dazusagen. Schauen Sie sich einmal an, welche Fragen die Staatssekretäre der jetzigen Bundesregierung – CDU, FDP und CSU – stellen. Wenn ich diese Fragen hier stellen würde, würden Sie sagen, ich würde die Projektförderungspflicht verletzen.

(Beifall bei den Grünen – Staatssekretär Jürgen Wal ter: So ist es!)

Dagegen sind der Brief des Ministerpräsidenten und seine Fra gen noch harmlos. Die Staatssekretäre stellen nämlich ganz grundsätzliche Fragen. Sie fragen ganz genau nach: Wie kann es sein? Wie konnte es dazu kommen? Wie steht es mit der Verantwortung des Vorstands bzw. des Managements? Ist das Projekt überhaupt noch finanziert? Haben Sie Alternativen ge prüft? Was kostet der Ausstieg?

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Vielleicht können Sie das den Kollegen zur Verfügung stellen!)

All diese Fragen stehen da drin, nicht in unserem Fragenka talog. Ich kann nur sagen: Hallo! Aufwachen!

(Beifall bei den Grünen)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Schwarz das Wort.

Herr Minister, Sie haben es dargestellt: Im Oktober 2012 hat die DB noch nicht davon gesprochen, dass Mehrkosten im Raum stehen. Da war alles noch in Ordnung. Einige Wochen später, im Dezember, ist dar gestellt worden, dass es Mehrkosten in Milliardenhöhe gibt.

Ich meine schon – Herr Kollege Schmiedel hat es gesagt –, dass man von einer Vertrauenskrise und auch einer Finanzie rungskrise sprechen kann. Herr Schmiedel hat ja die Südbahn angesprochen. 180 Millionen € plus 46 Millionen €, also ei ne Kostenerhöhung auf 226 Millionen €. Bei der Breisgau-SBahn gibt es eine Kostenerhöhung der DB Netz,

(Abg. Peter Hauk CDU: Vom Verkehrsminister hört man dazu gar nichts! Keinen Ton!)

bei der Hochrheinstrecke zwischen Basel und Schaffhausen gibt es ebenfalls eine Kostenerhöhung der DB Netz.

Angesichts dessen meine ich sehr wohl, dass es, wie Sie bei de es ausgeführt haben, sehr richtig ist, dass man von einer Vertrauenskrise reden kann.

Jetzt ist der Filderbahnhof noch offen. Die Kollegin hat auch nachgefragt, wie es beim Filderbahnhof aussieht.

(Abg. Peter Hauk CDU: Das wissen wir jetzt! Es gibt die Antragstrasse! – Gegenruf des Staatssekretärs Jür gen Walter)

Hat denn die DB für den Filderbahnhof – für die Antragstras se oder für die andere Trasse – überhaupt schon genehmi gungsfähige Anträge? Wenn man sich der Frage nähert, ob man sich hier beteiligen möchte, dann muss man doch – wir haben da Bedenken –

(Abg. Matthias Pröfrock CDU: Machen Sie sich erst einmal über Ihre eigenen Angelegenheiten Gedan ken!)

erst einmal die Frage klären: Ist die Antragstrasse, die die DB laut Finanzierungsvertrag planen und bauen müsste, überhaupt genehmigungsfähig? Bekommt die Bahn für das, was sie laut Finanzierungsvertrag schuldet, überhaupt eine genehmigungs fähige Planung? Bekommt sie überhaupt die Freigabe vom Eisenbahn-Bundesamt?

Mich würde interessieren, Herr Minister: Liegt eine solche genehmigungsfähige Planung der Deutschen Bahn vor? Kann das Eisenbahn-Bundesamt einen Stempel geben?

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Gute Frage!)

Die genehmigungsfähigen Unterlagen liegen offenbar nicht vor; sie sind auch nicht eingereicht.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Ach so!)

Ich glaube, dass das einer der Gründe war, weshalb sich die DB im Bereich Filderbahnhof so offen gezeigt hat.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE zur CDU: Was sagen Sie jetzt?)

Denn man weiß einfach, dass dieser Bahnhof extrem schwie rig und kompliziert ist. Denn das wäre der tiefste Fernbahn hof in der Republik, wenn nicht gar Europas. Mit einer Tiefe von annähernd 30 m hätte man ein richtig großes Problem bei der Entfluchtung, wie es fachsprachlich heißt. Bei Notfällen, etwa im Brandfall, ist es extrem schwierig, dies bei einem Bahnhof, der quasi über sieben Stockwerke geht und entspre chend viele Treppen hat, sicher hinzubekommen.

Weil das Konzept so schwierig ist, war man auch bereit, an andere Lösungen zu denken, bei denen die Gleise höher lie gen und leichter zugänglich sind und bei denen man diese schwerwiegenden Probleme besser und anders lösen kann.

Ich bedaure, dass die Bahn diese Situation aus meiner Sicht genutzt hat, um die Mehrkosten, die oben auf den Fildern so wieso angefallen wären, nun der Alternativplanung zuzu schreiben.

(Staatssekretär Jürgen Walter: Genau! So ist es!)

Denn hätte sie ihre Probleme hinsichtlich des Antragsbahn hofs gelöst, hätte sich schnell herausgestellt, dass auch dort die Kosten steigen würden.

(Beifall bei den Grünen)

Für die Fraktion der SPD erteile ich das Wort Herrn Abg. Schmiedel.

Herr Minister, können Sie be stätigen, dass die Ursache für die ursprüngliche Planung des Filderbahnhofs beim Flughafen lag?

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Das ist richtig!)

Denn damals wurde von Flughafenvertretern in Abrede ge stellt, dass man unter der Flughafenstraße etwas platzieren kann. Das war die Begründung dafür, dass der Bahnhof an dieser Stelle geplant werden sollte.

Erst durch die Änderung – nicht etwa aufgrund der Angst, man könne das Konzept nicht realisieren – der Position des Flug hafens wurde es dann möglich, den neuen Flughafenbahnhof zu planen. Insofern war der Flughafen selbst auch Mittreiber dieser Planung.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Ja!)

Dem kann ich teilweise zustimmen. Es ist richtig, dass man, als man damals geplant hat, eine andere Situation im Hinblick auf den Flughafen hatte. Tatsächlich hat die Ge schäftsführung des Flughafens – übrigens von mir unterstützt und befördert; hier habe ich meiner Projektförderungspflicht in vollstem Umfang nachkommen können –