Protokoll der Sitzung vom 30.01.2013

Nein, Inder haben wir nicht dabei. Ich spreche von einer in terministeriellen Arbeitsgruppe. – Wir haben seit Ende letz ten Jahres die Projektergebnisse auf dem Tisch. Wir werten diese im Moment aus. Wir werden dann deutlich machen, wo wir landesweit Ansatzpunkte sehen und wo wir in der Projekt arbeit einfach einmal austesten wollen, welche Maßnahmen denn erfolgreich sein können. Wir werden, wie gesagt, in Kür ze festlegen, bei welcher Polizeidienststelle im Land wir ein solches Projekt dann starten. Auch darüber werde ich gern be richten.

Insgesamt will ich ganz einfach feststellen, dass unsere Poli zei gerade auch in diesem Bereich – meines Erachtens jeden falls – Vorreiter ist. Es gibt keinen anderen Bereich im öffent lichen Dienst, in dem der Migrantenanteil so hoch ist wie bei der Polizei. Das ist also zur Nachahmung empfohlen. Diese Bemerkung erlaube ich mir.

Im Übrigen sind wir gewillt, diesen Weg weiter voranzu schreiten, weil ich zutiefst davon überzeugt bin, dass wir, wenn die Maßnahmen weiter so wie bisher laufen können, zu künftig noch mehr Menschen mit Zuwanderungshintergrund in der Polizei haben werden. Dies wird auch dazu beitragen, dass die jedenfalls teilweise vorhandene Distanz dieser Be völkerungsgruppen zum Staat minimiert werden kann. Das wäre wirklich ein erfolgreiches, ein ganz wichtiges Neben produkt in diesem Bereich.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Bullinger?

Ja.

Herr Minister, ge rade in den Städten ist der Anteil der Menschen, die über ei nen Migrationshintergrund verfügen, sehr hoch. Demgegen über ist die Zahl dieser Menschen, die dort im Polizeidienst tätig sind – Mannheim wurde, glaube ich, genannt –, sehr niedrig. Kann man das Ganze, um schneller vorwärtszukom men, nicht auch innerhalb der Polizei im Bereich des Perso nalmanagements etwas stärker steuern? Denn ich glaube, dort ist der Einsatz dieser Kolleginnen und Kollegen besonders ge fragt.

Personalmanagement, Perso nalsteuerung hat immer etwas mit Zwang zu tun.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Angebote, nicht Zwang!)

Nein, nein. Das ist etwas anderes, eben. – Wir machen auch bei der Polizei die Erfahrung, dass die Menschen, wenn sie ihre Ausbildung hinter sich gebracht haben, immer wieder möglichst heimatnah versetzt werden möchten.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

In der Tat sind bei denen, die im mittleren Dienst beschäftigt sind, die Arbeitsplatzangebote bei der Polizei in Ballungsräu men wie Mannheim, Stuttgart, Karlsruhe und Freiburg

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

nicht unbedingt attraktiv, weil die Kosten für sie dort entspre chend höher sind.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Mietkos ten!)

Das erschwert unsere Personalsteuerung in diesem Bereich. Aber ein Angebot ist es allemal.

Wie gesagt, die Erkenntnis aus dieser Entwicklung ist die, dass sich gerade in Mannheim die Polizei mit dem Projekt „Strei fe im Quadrat“ aufgemacht hat, Menschen anzusprechen, die ohnehin schon dort wohnen, um diese für den Polizeidienst zu gewinnen.

Im Übrigen bedanke ich mich noch einmal ganz herzlich für die übereinstimmende Unterstützung, diese Projekte und die sen Weg innerhalb der Polizei weiter gemeinsam voranzutrei ben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen)

Meine Damen und Her ren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kom men damit zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags Drucksache 15/2118. Der Antrag ist ein reiner Be richtsantrag und kann für erledigt erklärt werden. – Sie stim men dem zu.

Damit ist Punkt 6 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft – Sofortige und dauerhafte Ab schaltung des Atomkraftwerks (AKW) Fessenheim – Drucksache 15/2120

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt: für die Begründung des Antrags fünf Minu ten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort zur Begründung des Antrags erteile ich dem Kolle gen Schoch.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich beginne die Be gründung des Antrags mit einem alemannischen Spruch, der im Widerstand gegen das Atomkraftwerk Wyhl immer wieder erhallt ist und der immer noch seine Bedeutung hat. Ich den ke, man darf hier in diesem Haus auch einmal etwas auf Ale mannisch loswerden. Der Spruch heißt: „Nai hämmer gsait.“

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU)

Das hat im Widerstand gegen das AKW Wyhl gegolten, und das galt in den letzten Jahren genauso im Widerstand gegen das AKW Fessenheim.

Eine Region ist besorgt und fragt sich: Wird Ende 2016 das AKW Fessenheim endgültig abgeschaltet, wie es François Hollande angekündigt hat, oder sollte das AKW Fessenheim nicht sofort abgeschaltet werden? Hält das altersschwache AKW bis 2016? Das sind Fragen, die die Region bewegen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben den Antrag, der heute zur Diskussion steht, am 17. Juli 2012 gestellt, und am 14. September 2012 hat Hollande mitgeteilt, dass das AKW Fessenheim bis 2016 abgeschaltet werden soll. Es hat sich al so seit der Antragstellung einiges getan. Somit hat sich Ab schnitt II unseres Antrags durch Regierungshandeln erledigt.

30 km südwestlich von Freiburg und 30 km südöstlich von Colmar stehen die beiden 900-MW-Blöcke des französischen AKW Fessenheim,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die werden sa niert!)

die 1977 und 1978 in Betrieb genommen wurden. Die Nut zung der Atomenergie gerade auch in Fessenheim ist eine Ge fahr für Mensch und Umwelt, was in verschiedenen Studien immer wieder belegt worden ist.

Aus dieser südbadischen Region kommt der Wunsch eines großen Teils der Bevölkerung nach der sofortigen Stilllegung des AKW Fessenheim. So war es auch der Wunsch vieler Menschen aus dieser Region, dass sich der baden-württem bergische Landtag mit dem Thema „Abschaltung des AKW Fessenheim“ nach dem Regierungswechsel in Frankreich be schäftigt. Dies haben die Landtagsfraktionen der Grünen und der SPD in einem Antrag bereits im Juli, wie schon gesagt, aufgenommen.

Ich möchte an dieser Stelle auch deutlich machen: Nicht nur das AKW Fessenheim, sondern auch das schweizerische AKW Beznau bedroht die Bevölkerung im Dreiländereck.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, 106 Gemeinden, Städte und Landkreise aus dem Elsass, der Schweiz und Deutschland, die sich im Trinationalen Atomschutzverband, TRAS, organisie ren, fordern die Stilllegung des AKW Fessenheim. Viele Kom munen aus dem Dreiländereck haben in ihren Gremien ent sprechende Resolutionen verabschiedet, in denen sie die so fortige Stilllegung des AKW Fessenheim gefordert haben.

Im Fall einer atomaren Katastrophe, meine Damen und Her ren, wäre eine Region mit ca. 650 000 bis 2,5 Millionen Men

schen oder, wenn man die trinationale Metropolregion insge samt nimmt, mit über sechs Millionen Einwohnern betroffen. Eine solche Katastrophe hätte verheerende, existenzbedrohen de Auswirkungen für die Menschen in dieser Region.

Seit der Inbetriebnahme der zwei Druckwasserreaktoren mit je 900 MW elektrischer Nettoleistung im Jahr 1977 kam es zwischen 1989 und 2008 zu über 200 Zwischenfällen, welche laut der deutschen Strahlenschutzverordnung meldepflichtig waren.

Am 27. Dezember 2009 wurde der zweite Reaktor des Kern kraftwerks wegen Pflanzenresten im Kühlkreislauf abgeschal tet. Am 24. August 2010 wurden 50 m3 radioaktive Gase frei gesetzt – so die französische Aufsichtsbehörde. Am 20. Ok tober 2010 kam es während des Einschaltens eines Ventilators zu einem Kurzschluss. Daraufhin wurde Block 1 des Atom kraftwerks heruntergefahren. Am 3. April 2011 kam es auf grund eines Bedienungsfehlers zu einer automatischen Ab schaltung des Reaktors. Am 25. April 2012 kam es laut An gaben des Kraftwerkbetreibers im nuklearen Teil der Anlage zu einem Brand im Kühlteil. Am 8. Mai kam es nach Anga ben des Kraftwerkbetreibers erneut zu einer Störung im Block 2. Und am 5. September wurden mehrere Menschen bei einem Zwischenfall verletzt.

Sie sehen, die Liste der Zwischenfälle ist lang

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ja, das stimmt!)

und begründet daher die Abschaltung dieses Risikoreaktors.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, die französische Atomauf sicht hat am 21. Dezember 2012 grünes Licht für die vom Be treiber EdF vorgeschlagenen Nachrüstungen im AKW Fes senheim gegeben. So soll die Bodenplatte unter dem Reaktor von 1,50 m auf 2 m verstärkt werden. Außerdem ist der Ein bau eines Transferkanals im Schacht unter dem Reaktorbehäl ter geplant, der den geschmolzenen Kern in einen benachbar ten, ebenfalls verstärkten Bereich leiten soll. Diese Maßnah men werden insgesamt in ihrer Wirkung als sehr kritisch an gesehen. Die vorgeschlagenen Nachrüstungsmaßnahmen rei chen höchstens dazu aus, eine Katastrophe zu verzögern, aber nicht dazu, sie zu verhindern.

Trotz aller Proteste diesseits und jenseits des Rheins, trotz zahlreicher gravierender Sicherheitsmängel hinsichtlich eines drohenden GAUs durch Erdbeben, Überschwemmungen, Flugzeugabstürze – in der Nähe befindet sich auch der Flug hafen Basel-Mulhouse-Freiburg – oder terroristische Anschlä ge laufen die beiden Reaktorblöcke des maroden Uralt-AKW wahrscheinlich noch bis 2016.

Die frühere französische Umweltministerin Corinne Lepage plädiert für eine sofortige Schließung des AKW Fessenheim. Das AKW Fessenheim sei viel zu alt, um entsprechend den heute gültigen neuen Normen nachgerüstet zu werden, so Le page.

Von Umweltverbänden und vom Trinationalen Atomschutz verband wird der Weiterbetrieb des AKW Fessenheim zu Recht als unverantwortliche Gefahrzeitverlängerung kritisiert. Es mutet seltsam an, wenn jetzt vor dem Hintergrund eines weichgespülten EU-Stresstests angemahnte technische Nach

besserungen in Fessenheim wie z. B. die Verstärkung der viel zu dünnen Betonfundamentplatten durchgeführt werden sol len.