Protokoll der Sitzung vom 27.02.2013

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Sehr erfolgreich ist auch das Programm zur Förderung der Er richtung von Fahrradabstellanlagen an Bahnhöfen oder ande ren ÖPNV-Knotenpunkten. Dieses Programm ist im Jahr 2012 aufgelegt und mit 600 000 € ausgestattet worden. Es wird sehr gut nachgefragt. Das weiß ich aus dem eigenen Wahlkreis. Insgesamt sind schon über 40 Anträge gestellt worden. Das Programm hat sich also zu einem Renner entwickelt.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Ziel des Beschlussteils unseres Antrags ist es, die Landesre gierung zu beauftragen und darin zu bestärken, weiterhin ge eignete Maßnahmen zur Erhöhung des Radverkehrsanteils zu ergreifen. Ein wichtiger Schritt hierbei ist die Erstellung ei nes Landesradverkehrsplans.

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag; denn das ist ei ne gute Sache und fördert den Radverkehr.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Dr. Rapp das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Allgemein gilt – ich glaube, da besteht Konsens –: Das Fahrrad und alle dazugehörigen technischen Weiterentwicklungen sind wichtige Bestandteile einer künftigen Verkehrspolitik und der Verkehrsvernetzung. Für Sie, die grün-rote Landesregierung, ist das Fahrrad – so hört es sich an – momentan der wichtigste Verkehrsträger der Zukunft, vor allem mit Blick auf den Individualverkehr.

Richtig ist aus unserer Sicht, dass diese Debatte geführt wird. Die Ansprüche und das Verhalten der Bevölkerung haben sich verändert. Es sind vor allem viele junge Menschen – Kollege Marwein hat es richtig konstatiert –, die gerade in Universi tätsstädten wie beispielsweise Freiburg oder Karlsruhe sehr stark auf das Fahrrad als Fortbewegungsmittel zurückgreifen.

Richtig ist auch, dass Sie die bisherige Politik konsequent und nahtlos fortführen und die Radverkehrsinfrastruktur weiter ausbauen. Die Zahlen, die uns das Ministerium zur Verfügung gestellt hat, belegen es: Seit dem Jahr 2002 sind hierfür 16,6 Millionen € pro Jahr ausgegeben worden; in diesem Zeitraum sind pro Jahr durchschnittlich 63,4 km Radwege gebaut wor den.

Richtig ist auch – das hat der Kollege Maier gerade gesagt –, dass die Bagatellgrenze bei der Förderung von Signalanlagen, Seitenstreifen, Schutzstreifen usw. gesenkt wurde, um so we sentlich mehr Möglichkeiten zu schaffen, um die Radver kehrssicherheit und den Ausbau des Radverkehrs zu gewähr leisten.

Es gibt aber natürlich auch Lücken. Aus unserer Sicht ist es sehr wichtig, auf diese Lücken hinzuweisen. Wir haben es vor hin in der Diskussion über die Wahl des Untersuchungsaus schussvorsitzenden erlebt, dass etwa Herr Sckerl davon aus geht, dass es auf der einen Seite die Fehlerfreien und auf der anderen Seite die Fehlerbehafteten gibt. In diesem Fall wür de ich das gern ein bisschen grau zeichnen; denn es gibt nicht nur Schwarz und Weiß.

Wir alle wissen, dass die Finanzmittel begrenzt sind. Vor al lem Sie, Herr Verkehrsminister, werden nicht müde, darauf

hinzuweisen, dass für vieles keine Gelder mehr zur Verfügung stehen.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Er kämpft wie ein Löwe!)

Er kämpft wie ein Löwe. Wunderbar.

Wir wissen aber auch, dass die Gestaltung der Haushalte seit zwei Jahren Ihnen obliegt. Ich kritisiere Sie, weil Sie die Aus gewogenheit nicht so ganz im Blick haben. Die Ausgewogen heit ist für uns ein Teil der Nachhaltigkeit. Daran hapert es aber.

Sie haben die GVFG-Mittel zugunsten des Umweltverbunds umgeschichtet. Das kann man machen. Das hat u. a. aber zur Folge, dass Ihnen jetzt das Geld für die Errichtung von Bahn übergängen fehlt. Bei der Münstertalbahn mussten Sie vor zwei Wochen enorm nachjustieren und mussten mehr oder minder am offenen Herzen operieren. Hier könnte man viel leicht etwas ausgewogener agieren.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Stimmt doch gar nicht!)

Außerdem haben Sie Optimierungspotenzial im Bereich der ländlichen Räume. Ich finde es klasse, wenn Sie sagen, dass Sie versuchen, in der Region Stuttgart „e2rad“-Projekte durch zuführen. Es ist prinzipiell eine klasse Sache, Pedelecs und E-Bikes zu fördern. Was ist aber mit den Regionen in der Flä che? Es hilft nicht, nur nach Offenburg zu schauen.

Jetzt nehme ich Sie gedanklich mit nach Britzingen. Das liegt bei Müllheim. Die Topografie dort macht das Fahrradfahren etwas schwierig. Es wird auch nicht so einfach sein, mit dem Fahrrad zum Bahnhof zu fahren und dort in einen ICE einzu steigen, um nach Stuttgart zu kommen. Deshalb muss man sich andere Lösungen überlegen, vor allem auch im Hinblick auf die demografische Entwicklung und im Hinblick darauf, dass ältere Menschen für ihre täglichen Besorgungen viel leicht nicht mehr so einfach auf das Fahrrad zurückgreifen können.

Zusammengefasst kann man sagen: Bei der Radpolitik ist bei Ihnen, wenn man den Tourismus, aber auch den Sport und die Gesundheit einmal ausklammert und den Fokus auf das Fahr rad als Alltagsgerät im ländlichen Raum richtet, noch nicht viel los.

Für eine Regierung, die für sich in Anspruch nimmt, sich für alle Bürgerinnen und Bürger dieses Landes einzusetzen, sind Sie nach wie vor einseitig unterwegs. Eine Voraussetzung da für, das Fahrrad öfter einzusetzen, wäre z. B. auch der Abbau von Hemmnissen. Da sind Sie jetzt auf dem Weg. Wenn Sie in das Verkehrsmonitoring 2011 blicken, stellen Sie fest: Ganz wichtig für viele Rad fahrende Menschen ist es, dass sie ge sicherte Abstellplätze haben, dass diese bewacht sind, dass je mand da ist, der auf das Fahrrad aufpasst.

Es ist wichtig, dass Sie auf die Nutzerseite eingehen. Vor al lem: Was ist mit Ersatzverkehren in Zeiten schwieriger Wit terung? Sie sagen: „Da kann man etwas Nettes anziehen.“ Das ist gut und recht, aber das Fahrradfahren wird nicht jedem möglich sein, und es wird auch nicht auf jeder Strecke sinn voll sein.

Die Verknüpfung des ÖPNV mit dem Fortbewegungsmittel Fahrrad – gerade auf dem Land – halte ich für ganz wichtig. Aus meiner Sicht ist das bei Ihnen noch optimierungsbedürf tig. Sie müssen differenziert betrachten, was in Städten und was im ländlichen Raum passiert.

Den Radverkehr überzubewerten, wie Sie es an mancher Stel le machen, hilft nicht. Sie sollten realistisch bleiben. Sie soll ten auch realistisch bleiben mit Ihren Forderungen. Die Men schen dazu zu zwingen, einen Radverkehrsanteil von 20 % zu erreichen, ist ein bisschen arg populistisch.

(Widerspruch bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Also!)

Ich bitte Sie, den Menschen keinen Honig um den Mund zu schmieren, sondern vielleicht etwas mehr Schmierstoff an die Verknüpfung, die Verkettung im ÖPNV-Bereich, im öffentli chen Verkehr, im Individualverkehr zu bringen und ein biss chen darauf zu schauen, dass Sie das auch ausgewogen hin bekommen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Abg. Haußmann das Wort.

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehr ten Damen und Herren! Mein Loblied auf die Fahrradfaszi nation unseres Verkehrsministers habe ich schon am politi schen Aschermittwoch gesungen.

(Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Das haben wir gar nicht gehört!)

Ich habe mein Akkordeon umgeschnallt und das Lied „Ja, wir sind mitʼm Radl da“ gespielt,

(Zurufe von den Grünen)

um zum Ausdruck zu bringen, dass unser Verkehrsminister insbesondere den Fahrradverkehr in Baden-Württemberg för dern möchte.

(Abg. Helen Heberer SPD: Singen Sie doch noch ein mal!)

Diese Aussprache gibt mir Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass man auf der sehr guten Arbeit der Vorgängerregierung aufbauen kann. Ich darf daran erinnern, dass es in den Jahren 2006 bis 2008 einen runden Tisch „Radverkehr“ gab, den der damalige Staatssekretär Rudolf Köberle initiiert hatte. Insge samt 30 Institutionen haben sich daran beteiligt. Wenn man sich das anschaut, stellt man fest: eine gewaltige Zahl. Sie ka men aus vielfältigen und ganz unterschiedlichen Interessen bereichen, hatten aber eben alle das Interesse, das Thema Rad verkehr in Baden-Württemberg voranzubringen.

Schon damals hatte man dann bestimmte Handlungsempfeh lungen beschlossen; ein wichtiges Stichwort war das Motto „Prima Fahrradklima – Spaß am Radfahren im Land“. Des Weiteren ging es unter dem Stichwort „Fahrradmanagement

in Baden-Württemberg“ um die Finanzierung der Infrastruk tur sowie insbesondere auch um das Thema Fahrradtourismus. Es ist, glaube ich, gerade in Baden-Württemberg ganz wich tig, dass wir auch im Tourismusbereich Angebote schaffen, das Rad entsprechend einzusetzen.

Ein wichtiges Thema war dabei auch die Verkehrssicherheit. Es ist ganz interessant, auch im Hinblick auf den Fahrradtou rismus, dass laut einer Auswertung im Bodenseekreis in den Jahren 2007 bis 2009 über 860 Radfahrer verletzt wurden und fünf Radfahrer tödlich verunglückten. Auch daran sieht man schon, wie wichtig das Thema „Sicherheit im Radverkehr“ ist.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Ziele dieses runden Tisches – er wird, glaube ich, von der jet zigen Regierungskoalition fortgesetzt – sind die Stärkung des nicht motorisierten Verkehrs und – auch das wurde damals schon vereinbart, Herr Kollege Maier – eine Verdopplung des Radverkehrsanteils.

Sie, Kollege Marwein, haben die Quote von 8 % angespro chen. Ich frage mich: Wie lässt sich das eigentlich so genau feststellen? In der Stellungnahme steht auch, dass es sehr schwierig ist, diese Zahlen genau zu ermitteln, auch was die Wege zum Bahnhof und den Einsatz des Fahrrads im touris tischen Bereich angeht.

Als Ziel möchte man eine Verdopplung des Radverkehrsan teils erreichen. Das hat positive Nebeneffekte, etwa die Re duktion des CO2-Ausstoßes um 8 Millionen t. Und wenn wir an die Fahrradindustrie denken, die gerade in Baden-Würt temberg sehr stark ausgeprägt ist, sehen wir auch einen wirt schaftlichen Nebeneffekt.

Im Jahr 2009 wurde das Landesbündnis ProRad gegründet. 2010 hat man die Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Kommunen initiiert. Heute sind dort 26 Städte und Gemein den und vier Landkreise dabei. Da haben wir noch genügend Potenziale, um dies zu verstärken.

Ich will nun auf einen weiteren Aspekt eingehen. Es gibt den Wettbewerb „Die fahrradfreundlichsten Arbeitgeber“. Gestat ten Sie mir, da ich aus dem Rems-Murr-Kreis komme, das Beispiel der Firma Kärcher zu nennen. Die Firma Kärcher ist als neuntes Unternehmen als fahrradfreundlicher Arbeitgeber ausgezeichnet worden. Sie hat 70 000 € in Fahrradabstellan lagen, in Duschen und Umkleidekabinen investiert. Sie hat ein innovatives, gesundheitsbewusstes Unternehmensmanage ment aufgebaut und hat beispielsweise seit über 20 Jahren ei ne Fahrradkarte im Einsatz, auf der Mitarbeiterinnen und Mit arbeiter, die mit dem Fahrrad kommen, einen Stempel bekom men; sie nehmen dann an einer Verlosung teil. Gleichzeitig wird damit automatisch ein Beitrag an ein SOS-Kinderdorf geleistet.

(Beifall des Abg. Thomas Marwein GRÜNE)

Das ist ein schönes Beispiel. Ich möchte an Sie appellieren und fragen, was man neben den vielen Aktivitäten vom Land für die eigenen Behörden plant, um vielleicht diesem Beispiel zu folgen. Das Land und die Landesbehörden könnten auch hier als Vorbild vorangehen, und man sollte sich das Beispiel

Kärcher ruhig einmal zu Gemüte führen. Ich glaube, das ist ein gutes Beispiel.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Auch für den Landtag! – Zuruf des Abg. Thomas Marwein GRÜ NE)