Protokoll der Sitzung vom 06.03.2013

Bitte, Herr Minister.

Vielen Dank. – Die frühere Regierung hat das Ange botskonzept 2020 entwickelt. Das ist übrigens ein ziemlich anspruchsvolles Konzept; das will ich ausdrücklich unterstrei chen. Allerdings hat sie nie genau durchgerechnet, was es in der Konsequenz bedeutet, wenn man alles, was da geplant wurde, bestellt.

Wir haben, nachdem wir die Verantwortung übernommen ha ben, feststellen müssen, dass wir mit den vorhandenen Mitteln für den Schienenpersonennahverkehr in ziemliche Schwierig keiten kommen, weil – das habe ich hier schon öfter erwähnt – die Trassen- und Stationspreise drastisch gestiegen sind. Früher waren Regionalisierungsmittel übrig; wir fördern da mit Verbünde und andere Projekte. Von diesen Mitteln müs sen wir auch unsere Raten für Stuttgart 21 bezahlen.

In dieser schwierigen Finanzsituation konnten wir nicht ein fach sagen: „Wir bestellen, dann werden wir sehen, was es kostet“, sondern wir haben tatsächlich landesweit die ver schiedenen Netze, die Ausschreibungsvorstellungen der je weiligen Regionen und die damit verbundenen Ausbaumaß nahmen geprüft und berechnet. Wir haben dann festgestellt, dass es bei einigen Netzen eine sehr große Ausweitung des Angebots gibt, und zwar eine Ausweitung, die deutlich über 10 % oder 20 % liegt und zum Teil 50 % oder noch mehr be trägt. Die Kosten wachsen in vergleichbarer Größenordnung. Das hat uns dazu bewogen, das ganze System noch einmal insgesamt zu überprüfen und zu fragen: Was können wir wie ausschreiben? Was können wir uns leisten?

Leider habe ich keine Extramittel vorgefunden, um alles zu finanzieren, was gewünscht war.

Inzwischen haben wir zwei wichtige Entscheidungen getrof fen. Wir haben erstens den Ausschreibungsfahrplan umge stellt; ich habe schon im letzten Jahr vorgestellt, wie wir das staffeln wollen. Zweitens haben wir in dieser Woche im Ka binett die neue Finanzierung von Fahrzeugen beschlossen, da mit bei den Bewerbungen für die Netze Wettbewerb möglich ist. Das sind zwei wichtige Schritte, die die Voraussetzung da für sind, dass wir überhaupt ausschreiben können.

Eine weitere Zusatzfra ge der Frau Abg. Razavi.

Herr Minister, ich bin mit Ihrer Antwort zur Pressemeldung auf Ihrer Homepage noch nicht ganz einverstanden. In der Regel stellt man nur das auf die ei gene Homepage, womit man sich identifizieren kann. Es hat sich auch nicht um einen Facebook-Eintrag gehandelt. Unten auf der Pressemitteilung steht ganz klein „Quelle: dpa“, aber groß darüber steht die Überschrift: „Die Alternativen zu Stutt gart 21“.

Es ist bemerkenswert, dass Sie eine Pressemitteilung mit ei nem solchen Titel just an dem Tag auf die Homepage des Mi nisteriums stellen lassen, an dem sich der Ministerpräsident gegenüber Herrn Kirchner, dem Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG, in Sachen Alternativen offen zeigt.

Jetzt frage ich Sie: Gibt es für Sie Alternativen zu Stuttgart 21, wie es gestern beschlossen wurde? Oder ist das Thema „Al ternativen zu Stuttgart 21“ für Sie endgültig beendet?

Zum Thema „Alternativen zu Stuttgart 21“ ist gestern, glaube ich, alles gesagt worden.

Noch einmal: Die Mitarbeiter der Stelle für Öffentlichkeits arbeit in meinem Haus sind davon ausgegangen, dass es gut wäre, wenn das Ministerium aktuell etwas zu diesem virulen ten Thema macht. Wir haben darauf hingewiesen, dass es sich um eine dpa-Meldung gehandelt hat – ob groß oder klein, das sind alles Fragen, mit denen ich nichts zu tun habe.

(Abg. Peter Hauk CDU: Das ist ja das Letzte! Also auf die Mitarbeiter abladen, das finde ich kleinlich!)

Nein. Ich weiß nicht, wie Sie regiert haben, als Sie Minis ter waren.

(Abg. Peter Hauk CDU: Auf meine Mitarbeiter habe ich nie etwas abgeladen!)

Aber wenn Sie bei jeder Meldung, die Ihr Haus veröffentlicht hat, die Groß- und Kleinschreibung überprüft haben, dann weiß ich nicht, was Sie sonst noch gemacht haben. Ich mache das jedenfalls nicht. Ich hatte Vertrauen in meine Mitarbeiter.

Ich habe übrigens auch nichts zurückzunehmen. Ich finde, es ist nicht verwerflich, wenn wir in der Politik in einer höchst umstrittenen Angelegenheit, in der es solche Diskussionen gibt, nicht so tun, als gäbe es nur eine Meinung.

Mehr hat der Mitarbeiter nicht gedacht. Er hat gesagt: „Da gibt es verschiedene Möglichkeiten.“ Wie gesagt, ich habe es erfahren und habe es abgestellt, weil ich wusste, wie Sie dar auf reagieren,

(Abg. Thaddäus Kunzmann CDU: War das der ein zige Grund? Nur deshalb wird es heruntergenom men?)

und weil das auch sehr missverständlich sein könnte. Deswe gen haben wir es abgestellt, und damit ist es gut.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Tho mas Blenke CDU: Das ist der Versuch eines Ret tungsapplauses!)

Sehen Sie, so erfolgreich sind Sie als Opposition.

Eine weitere Zusatzfra ge, Herr Abg. Köberle.

Lieber Herr Minister, diese Ant wort irritiert doch noch mehr. Bei jeder Gelegenheit demen tieren Sie jetzt, dass Sie mit diesem dpa-Artikel inhaltlich et was zu tun hätten. Sie schieben es auf Ihre Mitarbeiter. Aber viele von uns hier in diesem Haus wissen, wie Ministerien ar beiten und wie sie funktionieren. Die Mitarbeiter schauen sehr genau auf das, was der Minister denkt, was der Minister sagt, welche Botschaften aus seinem Haus kommen.

Jetzt nochmals ganz konkret die Frage an Sie: Ist das, nach dem Sie und auch der Ministerpräsident bei vielen Gelegen heiten sagen: „Wir halten uns an die Verträge, wir halten uns an das Ergebnis des Bürgerentscheids“ – das heißt daran, S 21 wie geplant umzusetzen –, momentan Ihr einziges Thema? Oder spielen bei Ihnen hausintern Überlegungen zu Alterna tiven eine Rolle, und veröffentlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Ihnen deshalb solche Artikel auf der Internet seite des Ministeriums?

Bitte, Herr Minister.

Das spielt keine Rolle, und deswegen steht es auch nicht mehr auf dieser Internetseite.

Eine Zusatzfrage, Herr Abg. Schwarz.

Herr Minister, die Unter stellungen, die hier vonseiten der CDU-Fraktion in den Raum gestellt werden,

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Das sind doch keine Unterstellungen! Das sind Tatsachen! – Abg. Peter Hauk CDU: Lichten Sie einmal den Nebel von Ihrer Brille!)

dass Sie auf Ihrer Homepage Alternativen darstellen, haben Sie ja zurückgewiesen.

Mich würde interessieren: Informieren Sie auf Ihrer Internet seite über Stuttgart 21? Was für Informationen geben Sie be kannt? Geben Sie auch Informationen zum Finanzierungsver trag? Welche Informationen geben Sie den Bürgerinnen und Bürgern, wie das Projekt im Detail aussieht?

Bitte, Herr Minister.

Wir haben ja eine etwas verschlafene Homepage über nommen, auf der man mehr oder weniger nur Informationen über das Haus bekommen hat,

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Erblast!)

und haben jetzt in anderthalb Jahren versucht, aus dieser Homepage etwas Interessantes zu machen. Ich bin überzeugt davon, dass eine Homepage, die sozusagen nur stromlinien förmig Ministerworte verbreitet, völlig langweilig ist.

(Abg. Thaddäus Kunzmann CDU: Das kommt auf den Minister an!)

Insofern überprüfe ich auch nicht jedes Wort.

Vielleicht noch zu Herrn Köberle: Zwar wissen Mitarbeiter, was die Hausspitze denkt. Aber es ist nicht meine Vorstellung von Führung, dass jeder Mitarbeiter nur noch das plappern darf, was mit Sicherheit der Minister auch gesagt hätte.

(Lachen des Abg. Winfried Mack CDU – Abg. Hel mut Walter Rüeck CDU: Herr Schmiedel schüttelt nur noch den Kopf! – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Ich bin hier ins Lesen vertieft!)

Deswegen haben wir gesagt: Ihr müsst die Homepage inter essant und informativ gestalten. Wir haben auf der Homepage z. B. ein sehr informatives Element zum Thema Stuttgart 21. Da werden Sie sehr grundlegend informiert. Da werden Sie sich freuen. Da werden Sie vieles von Ihren Texten oder von Ihren Vorstellungen wiederfinden.

(Abg. Peter Hauk CDU: Was heißt „von Ihren“? Von unseren!)

Das ist doch keine Frage. Tun Sie doch nicht immer so, als wäre Stuttgart 21 eine Glaubensfrage, bei der es nur eine ein zige Meinung gäbe.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Für manche schon! – Abg. Nicole Razavi CDU: Aber für Sie schon! Für uns nicht!)

Eine weitere Zusatzfra ge, Herr Abg. Mack von der CDU-Fraktion.

Herr Minister, Sie waren ja ges tern im „Morgenmagazin“ des ZDF zu sehen.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Haben Sie es an geschaut?)

Da haben Sie folgende Aussage getroffen: „Die Unterlage für die heutige Vorstands- und Aufsichtsratssitzung der Deutschen Bahn AG ist fehlerhaft. Bestimmte Beträge fehlen, sind falsch gerechnet.“ Würden Sie die Aussage, dass die Bahn gestern auf einer Basis falscher Tatsachen entschieden hat, heute auch noch so aufrechterhalten?

Das kann ich heute so nicht beantworten, weil ich nicht weiß, welche Unterlagen bei der Entscheidung des Aufsichts rats gestern letztendlich vorlagen. Ich habe aber gestern Mor gen gesagt: „In der Unterlage, die ich kenne, die zur Entschei dung vorliegt, sind Fehler in den Berechnungen enthalten.“

Ich nenne Ihnen einmal einen Fehler: Da betrug z. B. – das ist ganz wichtig; denn die Wirtschaftlichkeit ergibt sich aus der Differenz zwischen dem, was es kostet, wenn man abbricht, und dem, was es kostet, wenn man weiterbaut – die Differenz nur noch 77 Millionen €. Es war nicht die Frage: „Ist es wirt schaftlich?“, sondern: „Ist da noch ein Spiel drin?“ Da ist u. a. die Rückabwicklung des Grundstückgeschäfts mit der Stadt Stuttgart enthalten. Es wird heute seitens der Bahn mit 790 Millionen € eingeschätzt. Man ist in dieser Berechnung da von ausgegangen, dass genau diese 790 Millionen € wieder zurückbezahlt werden müssten, wenn man abbricht.

Es wurde übersehen, dass auf einem Teil dieser Flächen in Stuttgart, die in dieser Summe beinhaltet sind, inzwischen