Ich kann Ihnen nur eines empfehlen: Machen Sie bitte weiter hin solche Veranstaltungen in Ihren Wahlkreisen. Sie haben immer noch die Chance, von Ihrer Basis etwas zu lernen.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Jetzt kommt der kleine Rülke! – Gegenruf des Abg. Peter Hauk CDU: Bes ser kleiner Rülke als kleiner Schmiedel! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Sogar besser als großer Schmiedel! – Heiterkeit bei Abge ordneten der CDU und der FDP/DVP)
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Bei dem, was meine Vorredner von Grün und Rot gesagt haben, bleibt einem schon schier die Spucke weg.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Oh-Rufe von den Grünen und der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)
Wie Sie hier Nebelkerzen werfen, ist wirklich unglaublich. Wie Sie die Menschen in Baden-Württemberg hinters Licht führen, ist unerhört.
Ich werde jetzt versuchen, sachlich Punkt für Punkt Licht in diesen Nebel, den Sie verursacht haben, zu bringen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Der Chefaufklä rer!)
Erstens: Der Ministerpräsident höchstpersönlich hat im ver gangenen Jahr vor den Sommerferien gesagt: „Wir streben mittelfristig in Baden-Württemberg ein Zweisäulenmodell an, bestehend aus dem Gymnasium auf der einen Seite und der Gemeinschaftsschule auf der anderen Seite.“ Haben Sie da ir gendetwas von der Realschule gehört?
Wenn das falsch ist, kann der Ministerpräsident selbstver ständlich hier an das Mikrofon treten und sagen: „Jawohl, ich stehe zur Realschule“, und er kann sich dazu bekennen. Wenn
es der Ministerpräsident nicht macht, kann es auch der Kul tusminister nachher machen. Stehen Sie zur Realschule? Gibt es also drei Säulen? Denn bisher gibt es nur zwei Säulen, näm lich das Gymnasium und die Gemeinschaftsschule. Gibt es jetzt also eine dritte Säule, ja oder nein? Gibt es in Ihren Pla nungen die Realschule, ja oder nein? Das kann man ganz klar beantworten. Aber diese Antwort sind Sie bisher schuldig ge blieben.
Bei der Vorstellung der geplanten Bildungspläne war kein Bil dungsplan mehr für die Realschulen dabei. Das ist doch der entscheidende Punkt. Herr Minister Stoch, planen Sie einen eigenständigen Bildungsplan für die Realschulen, ja oder nein?
Wenn Sie diese Frage nicht bejahen, dann beweist dies, dass Sie heute nur Nebelkerzen geworfen haben, meine Damen und Herren. Denn Sie befinden sich in einer sehr, sehr kritischen Situation.
Weder in der ersten Runde noch in der zweiten Runde, in de nen die Gemeinschaftsschulen genehmigt wurden, sind Real schulen dabei gewesen.
Vier in der zweiten Runde. Unter den 87 neuen Gemein schaftsschulen findet sich kein einziges Gymnasium und fin den sich nur vier Realschulen. Vier von insgesamt 429 Real schulen – das sind 0,9 % der Realschulen in Baden-Württem berg – wollen sich zu einer Gemeinschaftsschule fortentwi ckeln.
Das heißt, 99,1 % der Realschulen zeigen Ihrem Lieblings kind Gemeinschaftsschule die kalte Schulter und wollen von diesem scheinbar verlockenden Angebot nichts wissen.
Denn ohne die Realschüler funktioniert Ihr Komplettumbau des baden-württembergischen Bildungssystems nicht. Sie brauchen die Realschüler in den Gemeinschaftsschulen, weil Sie dort nämlich auch starke Schüler brauchen. Bisher sind es halt nur kleine bzw. Kleinsthauptschulen und -werkrealschu len, die sich entschieden haben, zu einer Gemeinschaftsschu le zu werden, und eben keine Realschulen, meine Damen und Herren.
Deshalb ist auch an dieser Stelle noch einmal Professor Bohl zu zitieren; denn dieser ist ja der wissenschaftliche Vordenker der Gemeinschaftsschule.
(Der Redner hält eine Ausgabe des Buches „Experti se Gemeinschaftsschule“ von Dr. Thorsten Bohl und Sibylle Meissner hoch.)
In seinem Buch – ich halte es noch einmal hoch – „Expertise Gemeinschaftsschule“ schreibt er – ich zitiere wortwörtlich –:
Die Expertengruppe sieht die Einführung der Gemein schaftsschule zunächst als nachvollziehbar und insbeson dere vor dem Hintergrund der demografischen Entwick lung als richtig an.... Auch in bildungstheoretischer, pä dagogischer und didaktischer Hinsicht bietet die Einfüh rung der Gemeinschaftsschule prinzipiell gute bis sehr gute Potenziale und Perspektiven.
(1) Die denkbaren positiven Effekte werden aufgrund der einseitigen Antragssituation (in beiden Runden fast aus schließlich Werkrealschulen bzw. Hauptschulen)... ge fährdet. (Zuruf der Abg. Beate Böhlen GRÜNE)
Es ist strukturell nicht erkennbar, wie eine wirklich hete rogene Schülerschaft für die Gemeinschaftsschulen ge wonnen werden kann, wenn Gemeinschaftsschulen unver ändert mit Realschulen und Gymnasien konkurrieren. Da mit läuft die Gemeinschaftsschule Gefahr, als Standortret tung missverstanden zu werden, und ist langfristig (u. a. aufgrund der geringen Schülerzahlen) in einem unklaren und möglicherweise fragilen Zustand.
Nein. Meine Redezeit ist knapp bemessen, und ich habe wirklich vieles zu sagen, da mit die Bevölkerung endlich über das aufgeklärt wird, was Sie tatsächlich wollen.
(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: Meine Güte! – Lebhafte Un ruhe bei den Grünen und der SPD)