Unser Stand ist, dass die Gesetzesänderung hinsichtlich des Rauchwarnmelders auf den Selbstschutz schlafender Perso nen zielt, nicht auf den Sachschutz im engeren Sinn. Die Per sonen haben ja dann Zeit, sich selbst zu retten. Deswegen sind Klauseln aus Sachversicherungen davon eigentlich erst ein mal nicht betroffen. Auch über Haftpflichtversicherungen zu tragende Personen- oder Sachschäden von Dritten wären nur dann betroffen, wenn der Schaden vorsätzlich verursacht wor den wäre. Aber Vorsätzlichkeit wird ja im Schadensfall ohne hin geprüft und abgewogen. Aus den Bundesländern, in de nen es bereits eine Pflicht zum Einbau von Rauchwarnmel
dern gibt, sind uns jedenfalls keine Fälle bekannt, in denen aufgrund fehlender oder nicht funktionstüchtiger bzw. nicht betriebsbereiter Rauchwarnmelder eine Leistung von Versi cherungsseite verweigert oder gekürzt worden wäre.
Zukünftige Anpassungen von Versicherungsklauseln können wir natürlich nicht ausschließen. Das ist aber nicht Sache des Landesgesetzgebers und unterliegt nicht unserer Verantwor tung. Wenn Sie Fälle haben, bei denen Sie Probleme sehen, sollten wir sie erörtern. Wenn wir Erfahrungen aus anderen Bundesländern übersehen haben, sollten wir das wissen und abwägen. Das ist unser Stand der Dinge.
Sie enthält eine Vielzahl von Vorschriften, die keineswegs nur bauliche Maßnahmen betreffen, die bei der Errichtung eines Gebäudes anfallen. Sie betreffen auch nicht nur unbewegli che Dinge. Sie enthält Normen für Gebäude, die jederzeit von ihren Nutzern oder Eigentümern verändert werden können. Die Bauordnungsbehörden haben die allgemeine Pflicht, auf die Einhaltung des Baurechts zu achten.
Dass wir wegen einer Rauchwarnmelderpflicht eine Art Be gehung jeder Wohnung in Baden-Württemberg alle zwei oder drei Jahre durch eine mit dem Schornsteinfeger vergleichba re Institution – so habe ich Sie verstanden – einführen müss ten, sehe ich weiterhin nicht. Das ist absolut unüblich. Geset ze sind dazu da, sich daran zu halten. Sich nicht daran zu hal ten, hat Konsequenzen, in diesem Fall Konsequenzen verwal tungsrechtlicher Art. Wir müssen keinen baden-württember gischen Sonderweg gehen, bei dem wir eine überbordende Bürokratie einführen und eine Inhouse-Kontrollpflicht anwen den.
Ganz zum Schluss möchte ich an Sie appellieren. Natürlich sind Brandschutz und Lebensschutz nicht nur Sache des Lan desgesetzgebers, und eine Rauchwarnmelderpflicht in der Landesbauordnung kann kein Allheilmittel sein. Das behaup tet auch niemand. Ich appelliere an die Eigentümerinnen und Eigentümer: Die Rauchwarnmelder sind auf dem Markt. Ins tallieren Sie sie jetzt schon, unabhängig von unserer Geset zesberatung.
Gehen Sie das Thema an! Bauen Sie in Ihrer Wohnung Rauch warnmelder ein! Leisten Sie in der privaten Welt Ihren Bei trag und wir unseren als Gesetzgeber!
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache beendet.
Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 15/3251 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Verkehr und Infra struktur zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Damit ist so beschlossen und Punkt 5 der Tagesordnung erle digt.
Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Tariftreue- und Mindestlohngesetz für öffentliche Auf träge in Baden-Württemberg (Landestariftreue- und Min destlohngesetz – LTMG) – Drucksache 15/2742
Das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Rede zeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Könnten Sie sich vorstellen, nicht an einen rosa Elefanten zu denken? Das ist ganz schön schwie rig. Genauso geht es der SPD beim Thema „Mindestlöhne im Vergaberecht“. Dabei wissen wir: Es gibt weder rosa Elefan ten
nein – noch Mindestlöhne. Ein öffentlicher Auftrag gibt ei nem Arbeitnehmer keinen eigenen Rechtsanspruch auf Lohn. Der Unternehmer wird nur verpflichtet, für die Dauer des Ver trags einen bestimmten Geldbetrag zu zahlen, den Sie Min destlohn nennen. Ich bezeichne das als rosa Elefanten.
Jetzt hat die Landesregierung das Tariftreuegesetz noch ein mal verschlimmbessert. Alle Entgeltbestandteile wie das 13. Mo natsgehalt, Urlaubsvergütung, betriebliche Altersversorgung, Krankenversorgung, Jubiläumsgratifikationen, vermögens wirksame Leistungen, Boni, Mitarbeiterrabatte, Aktienkauf pläne – kurzum: alles, was mittelbar zum Lohn gehört und was der Arbeitgeber bezahlt – zählen nicht und werden vom Gesetz ausgeblendet.
(Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Das war nicht die Landesregierung! Das war die Parlamentsmehrheit im Ausschuss!)
Der Arbeitgeber muss diese Leistungen bei einem öffentlichen Auftrag nach der jetzigen Gesetzesvorlage zusätzlich neben einem Stundenlohn von mindestens 8,50 € auszahlen. Sum miert man diese geldwerten Vorteile, kommt man leicht auf einen betriebswirtschaftlichen Stundenlohn von 11 bis 12 €. Daneben ist Oskar Lafontaine ein Entenklemmer.
Weiter muss sich der Unternehmer eine Betriebsprüfung ge fallen lassen. Alle Geschäftsunterlagen, aus denen Art, Um fang, Dauer und tatsächliche Entlohnung direkt oder mittel bar hervorgehen, sind vorzulegen. Das Gleiche gilt für Sub- und Nachunternehmer und für Verleihfirmen.
Warum tun Sie das? Wollen Sie Informationen sammeln, um als Preisdrücker Unternehmen auszuspionieren und gegenei nander auszuspielen? Nirgendwo ist jetzt ein öffentlicher Auf trag so teuer und so kompliziert wie in Baden-Württemberg.
Der Unternehmer muss, falls er tarifgebunden ist, noch zu sätzlich beweisen, dass die tarifliche Regelung günstiger ist als die nach dem Tariftreuegesetz.
Die Landesregierung kann dieses Gesetz nur durchsetzen, weil die Wirtschaftskraft der öffentlichen Hand als Nachfragemo nopolist wie ein Kartell auftritt. Ihr Ministerium, Herr Finanz minister, hat Ihnen in der Stellungnahme zu meinem Antrag Drucksache 15/2532 bereits bestätigt, dass Sie sich wettbe werbsrechtlich in einem problematischen Grenzbereich eines Ausbeutungsmissbrauchs befinden. Diese Warnung blenden Sie völlig aus. Sie überlassen das dem Kartellsenat des BGH.
Der bürokratische Amtsschimmel hat noch nicht ausgewie hert. Selbst im Geltungsbereich der Entsenderichtlinie, wo der Zoll schon prüft, prüft das Sozialministerium noch einmal und wird künftig per Rechtsverordnung – am Parlament vorbei – Mindestlöhne anpassen. Bürokraten, vermehrt euch! Das bläht den Haushalt auf.
In eigenen Angelegenheiten sind die Regierungsfraktionen nicht so sozial eingestellt. Wer bei den Grünen als wissen schaftlicher Mitarbeiter mehr als 4 € pro Stunde verdient, ge hört schon zu den Besserverdienenden.
Die Bedienung, die Sigmar Gabriel das Wasser reichen darf, erhält 6,22 € pro Stunde, und die Putzfrau, die nach SPD-Par teitagen den Dreck wegräumt, bekommt 7,56 € pro Stunde. Über ein Aufstockungstrinkgeld aus der SPD-Parteikasse ist nichts bekannt.
Unserer mittelständischen Wirtschaft wird mehr zugemutet. Den Schaden tragen die Arbeitnehmer zum einen durch Ak kordarbeit – die höheren Kosten müssen ja produktiv sein –, und zum anderen werden Unternehmer auch geldwerte Leis tungen, die sie kollektivrechtlich durch Betriebsvereinbarun gen und auf freiwillige Zusagen hin gewähren, aufkündigen oder zurücknehmen. Betriebswirtschaftlich ist das logisch, sonst fressen die Personalkosten den Unternehmenserfolg auf. Das schadet allen Arbeitnehmern und dem tariflichen Frieden.
Schlimm ist auch, dass Unternehmen, die in der Krise sind und Hausverträge zur Sanierung abschließen, faktisch von öf fentlichen Aufträgen ausgeschlossen sind. Sie bekommen zwar Kurzarbeitergeld und staatliche Überbrückungsdarlehen, aber einen Vertrag mit der öffentlichen Hand bekommen sie nicht. Sozial predigen und feudal in eigener Sache – wir ken nen das von George Orwells „Animal Farm“.
Dass wir in Deutschland 16 verschiedene Vergaberechtsrege lungen und zwölf Tariftreuegesetze haben, macht die Verga be für die Unternehmen kompliziert und teuer. Mit einer ein fachen, einheitlichen Regelung des Vergaberechts wäre dem Mittelstand im Land mehr geholfen. Da hätte ich Ihre Initia tive erwartet, Herr Finanzminister. Sie dürfen sich nicht wun dern, dass die Haushaltsverschuldung steigt. Das komplizier te und zersplitterte Vergaberecht trägt dazu bei.
Was mein Lieblingsphilosoph Asterix zu diesem Tariftreue gesetz sagen würde, verrate ich Ihnen nicht.
Aber was Montesquieu sagt, der immerhin unsere parlamen tarische Demokratie geprägt hat, das verrate ich Ihnen: „Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu erlassen, dann ist es not wendig, dieses Gesetz nicht zu erlassen.“
Sehr geehrter Herr Präsi dent, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Da men und Herren! Herr Löffler, wir reden heute nicht über ro sarote Elefanten, sondern wir reden über etwas ganz Reelles, nämlich über das Lohndumping, dem wir mit einem Tarif treue- und Mindestlohngesetz entgegentreten wollen. Dazu brauchen wir entsprechende Rahmenbedingungen.
Tägliche Arbeit und eine Arbeitsstelle sind für viele Menschen sehr wichtig; denn sie verdienen ihr Geld damit. Es ist aber auch ideell von Bedeutung, Arbeit zu haben. Arbeit bietet ge sellschaftliche Identität und Anerkennung. Darum muss Ar beit auch anständig bezahlt werden.
Dieses Tariftreue- und Mindestlohngesetz trägt dazu bei, fai re Löhne und Wettbewerbsbedingungen durchzusetzen. Wer öffentliche Aufträge annimmt, darf keine Hungerlöhne zah len. Mit diesem Gesetz tragen wir auch dazu bei, dass das Konzept der Wirtschaftlichkeit präzisiert wird, damit Wettbe werb nicht über Lohn, sondern über Qualität und vernünftige Arbeitsbedingungen ausgetragen wird.
Wir haben ein schlankes Gesetz geschaffen, sodass in der Konsequenz die Regulierung auf ein Mindestmaß reduziert wurde. Außerdem haben wir die Anhörung, die wir durchge führt haben, ernst genommen. Ferner finden sich die Verbän de – natürlich nicht 1 : 1 – in diesem Gesetz wieder.
Wir brauchen ein Tariftreuegesetz, wenn wir die Sorgen und Nöte der Menschen ernst nehmen und um den Menschen, die aufgrund des Lohndumpings zum Sozialamt gehen und auf stockende Leistungen beantragen müssen, diesen Gang zu er sparen. Es darf nicht sein, dass Unternehmen Dumpinglöhne zahlen und der Steuerzahler etwas drauflegt. Das geht nicht. Wir brauchen einen fairen Wettbewerb.