Protokoll der Sitzung vom 11.04.2013

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Auch Sie!)

Wozu führt das? Es führt in erster Linie zu einer Verunsiche rung, mit der aus meiner Sicht letztendlich überhaupt nieman dem in der ganzen Sache geholfen ist.

Im Hinblick auf die EEG-Umlage, Herr Kollege Zimmer mann, rate ich einfach einmal dazu, etwas genauer hinzu schauen. Niemand von uns kann wegdiskutieren, dass die EEG-Umlage im letzten Jahr stark gestiegen ist: von 3,5 Cent auf 5,227 Cent

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Brutto 6,3, Herr Mi nister! Da oben sitzen Leute, die zahlen 6,3 Cent!)

plus Mehrwertsteuer.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Na also!)

Trivialitäten müssen Sie mir nicht erklären.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Das Wort hat der Minister.

Wenn Sie sich diese Steigerung einmal genau er anschauen, erkennen Sie, dass sie am allerwenigsten mit dem Zubau der erneuerbaren Energien zusammenhängt, son dern sie hängt zum allergrößten Teil mit einem zugegebener maßen in der Öffentlichkeit schwer zu erklärenden Faktor zu sammen, nämlich damit, dass die Börsenpreise dramatisch sinken. Die Börsenpreise sind innerhalb der letzten vier Jah re mehr oder weniger um die Hälfte gefallen. Die Börsenprei se betragen derzeit etwa 42 € pro Megawattstunde. Vor vier Jahren betrugen die Börsenpreise noch 90 € pro Megawatt stunde. In einer solchen Situation, in der Vergütungen über das EEG stattfinden und der Börsenpreis immer weiter ab sinkt, geht die Schere bezüglich der EEG-Umlage immer wei ter auf.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das ist doch völlig wurst, Herr Minister! Sie bekommen Ihre 6 Cent be zahlt! – Zuruf des Abg. Matthias Pröfrock CDU)

Jetzt kommen wir

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU – Unruhe – Zuruf von den Grünen: Ruhe! – Glocke des Präsiden ten)

zu Altmaiers Strompreisbremse.

Kollege Altmaier sagt nun: „Darauf reagiere ich wie folgt: Ich mache die Strompreisbremse; 1,8 Milliarden € will ich ein sparen.“ Sein angebliches Ziel ist, die EEG-Umlage auf dem heutigen Niveau zu halten. Andernfalls – so Altmaier – wür de die EEG-Umlage im kommenden Jahr auf 7 Cent steigen.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Die Grünen wollen 4 Mil liarden € einsparen!)

Niemand, kein wissenschaftliches Institut belegt Ihnen diese 7 Cent. Belegt ist z. B. das, was die vier großen Netzbetreiber gemacht haben. Sie haben eine Veröffentlichung gemacht, und in dieser Veröffentlichung der vier großen Netzbetreiber wird davon ausgegangen, dass die EEG-Umlage im kommenden Jahr leicht – um etwa 0,3 Cent, maximal 0,4 Cent – steigt. Die EnBW in Baden-Württemberg geht in ihren Berechnungen davon aus – das ist übrigens auch veröffentlicht –, dass die EEG-Umlage für 2014 gerade einmal um 0,2 Cent steigen wird.

(Glocke des Präsidenten)

Jetzt keine Zwischenfrage; zum Schluss gern.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Ein Minister lässt Zwi schenfragen immer zu!)

Wenn man sich anschaut, was die von Kollege Altmaier ge plante Einsparung von 1,8 Milliarden € real bedeuten würde, dann stellt man fest, dass dies bei einem Vierpersonenhaus halt in Deutschland zu einer Einsparung von sage und schrei be 16 € pro Jahr führen würde. Ich frage Sie: Ist das eine Strompreisbremse, wenn 16 € pro Haushalt und Jahr einge spart werden,

(Abg. Paul Nemeth CDU: Das geht doch weiter nach oben!)

umgekehrt jedoch der Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland komplett zum Erliegen kommen würde?

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Lassen Sie doch mal eine Zwischenfrage zu!)

Dass er komplett zum Erliegen kommt, ist nicht nur meine These, Herr Kollege Rülke. Vielmehr gibt es ein Papier des Bundeswirtschaftsministeriums, in dem es klar heißt: Wenn es so kommt, wie Altmaier will, dann wird der Ausbau der er neuerbaren Energien in Deutschland zum Erliegen kommen. Ich finde, das kann niemand von uns, auch niemand in der Op position, wollen.

Wenn man – Kollege Stober hat es vorhin angesprochen – wie Kollege Altmaier nachträglich bei den Bestandsanlagen in die EEG-Umlage eingreifen will, wenn man will, dass ab dem 1. August neue Anlagen in den ersten fünf Monaten keine EEG-Umlage bekommen sollen, sondern so behandelt wer den sollen wie Braunkohlekraftwerke, dann frage ich Sie: Wo rin besteht dabei der Sinn? Wollen wir den Ausbau der erneu erbaren Energien, oder wollen wir ihn nicht? Was dadurch er reicht wird, ist vor allem eine Verunsicherung der Investoren in Deutschland, eine Verunsicherung der Energieversorger in Deutschland. Ich habe das Beispiel EnBW gebracht. So etwas ist mit uns nicht zu machen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Kollege Stober und Kollegin Sitzmann haben angesprochen, dass Strompreise nur ein Teil der Debatte sind und es im Kern um die Energiepreise geht. Die Energiepreise beinhalten na türlich auch den Wärmesektor und den Mobilitätssektor.

Herr Kollege Glück, schauen wir uns einmal die heutige Si tuation an. Wie sieht es bei einem Vierpersonenhaushalt kon kret aus? Ein Vierpersonenhaushalt zahlt pro Jahr etwa 2 000 € bis 2 500 € an Wärmekosten, er zahlt – je nachdem, wie weit die Haushaltsmitglieder von ihrer Arbeitsstätte entfernt sind – etwa 1 000 € bis 1 500 € an Mobilitätskosten, und er zahlt größenordnungsmäßig etwa 800 € bis 900 € an Stromkosten für 3 500 kWh.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Kaum jemand redet über die gestiegenen Wärmekosten, kaum jemand redet über die gestiegenen Öl- und Gaspreise und all diese Dinge, sondern alle reden über diesen einen Faktor Stromkosten. Jetzt frage ich Sie: Ist das gerechtfertigt?

(Abg. Matthias Pröfrock CDU: Die Grünen haben doch die Debatte beantragt! – Abg. Peter Hauk CDU: Antragsteller der Debatte sind die Grünen!)

Die Debatte ist völlig gerechtfertigt, einfach um es einzu ordnen, um Schluss zu machen mit dieser Panikmache, die in den letzten Monaten, insbesondere vom Bundesumweltminis ter, aber auch von anderen Mitgliedern von CDU und FDP ge macht wurde. Deswegen ist diese Debatte gerechtfertigt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Lassen Sie mich einen weiteren Punkt ansprechen, der vorhin vom Kollegen Nemeth, aber auch vom Kollegen Glück ange sprochen wurde: In Deutschland steigen die CO2-Emissionen.

(Abg. Andreas Glück FDP/DVP: Nein! Das habe ich doch gar nicht gesagt! Bei der Wahrheit bleiben!)

Gut, lassen wir Sie weg, und nehmen wir den Kollegen Ne meth. Herr Kollege Nemeth hat es angesprochen. In Deutsch land steigen die CO2-Emissionen und sind auf einem neuen, höheren Niveau gegenüber dem letzten Jahr.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Und auf der ganzen Welt!)

Das stimmt, aber jetzt muss man einmal schauen, was denn die Gründe dafür sind, dass bei uns die CO2-Emissionen stei gen. Die Gründe dafür sind relativ einfach.

Ich habe vorhin gesagt: Der Börsenpreis ist im Keller.

(Zuruf von der CDU: Und warum?)

Das führt dazu, dass in Deutschland die Braunkohlekraftwer ke derzeit rund um die Uhr laufen. Sie laufen vor allem des halb rund um die Uhr, weil der Preis für die Emissionszertifi kate völlig am Boden liegt. Dies ist deshalb der Fall, weil sich insbesondere die FDP in der Bundesregierung strikt weigert, in Brüssel gemeinsam mit der CDU darauf hinzuwirken, dass es zu einer Reform des Emissionshandels kommt, dass es bei spielsweise zum sogenannten Backloading kommt und damit Zertifikate aus dem Markt genommen werden. Das ist das Kernproblem.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Mit Herrn Altmaier war ich völlig einig, dass wir eine Reform des Emissionshandels brauchen.

(Zurufe der Abg. Karl Zimmermann CDU und Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Aber insbesondere die FDP im Bundestag verweigert sich ei ner Reform des Emissionshandels, die auch dazu führen wür de, dass wir endlich zu der nötigen Stabilisierung des Börsen preises kämen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Warum ist denn der Börsen preis so tief?)

Eine Stabilisierung des Börsenpreises würde wiederum dazu führen, dass auch die EEG-Umlage in Deutschland wieder sta bilisiert wird.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Und die Wirtschaft aus dem Land treiben!)

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns noch einen Blick zurückwerfen – der Kollege Glück hat dies vorhin auch ge macht, und ich möchte es auch einmal versuchen – auf die letzten Jahre und Jahrzehnte. Wie war damals eigentlich die Entwicklung?

Manchmal tut man so, als würden die Strompreise erst seit der Energiewende steigen. Das ist natürlich mitnichten so. Wir hatten beispielsweise im Jahr 1973 Durchschnittserlöse aus der Stromabgabe in Höhe von 10,63 Pfennig. Neun Jahre spä ter, im Jahr 1982, lagen die Erlöse nicht mehr bei 10,63 Pfen nig, sondern bei 18,41 Pfennig. Innerhalb von neun Jahren hatten wir praktisch eine Steigerung um 80 %. Damals dach te noch niemand an die Energiewende. An Fotovoltaik dach ten damals nur ein paar – ich sage einmal so – grüne Technik freaks.