Protokoll der Sitzung vom 24.04.2013

Bei dieser existenziellen Frage, dem nationalen Konsens bei der Endlagersuche, eiern Sie genauso herum.

Entweder Sie sind bereit, Verantwortung zu übernehmen, dann sagen Sie: „Ja, wir stehen zu dem nationalen Konsens“ oder Sie lehnen ihn ab. Aber damit kann man dann wenigstens um gehen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Lusche.

(Zuruf von der CDU: Jetzt wird es sachlich!)

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Schmiedel schafft es immer wieder, dass die Diskussion in ein vielleicht unterhaltsames, aber we nig zielführendes Fahrwasser abgleitet.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Das müssen gerade Sie sagen! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Ja oder nein?)

Ich finde, wir sollten da schon aufpassen – insofern bin ich bei Ihnen, Herr Ministerpräsident –: Heute sollte von diesem Haus nicht das Signal ausgehen, dass wir jetzt hier eine Ge neraldebatte über jeden einzelnen Punkt dieses gefundenen Konsenses führen und totaler Streit und Uneinigkeit herrscht.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Das fällt Ihnen jetzt ein! – Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Es fehlt an Einsicht!)

Da Sie, liebe Kollegen, es vorhin offensichtlich nicht vollstän dig aufgegriffen haben, erkläre ich es Ihnen noch einmal: Selbstverständlich und dem Grunde nach stehen wir zu dem Prinzip „Weiße Landkarte“. Nur,

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: „Nur“!)

ich warne davor, zu meinen, dass das Ganze als eine Art an tiseptischer Vorgang ablaufen kann.

(Heiterkeit des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Deswegen erfolgte der Hinweis auf die natürlich begründete Beteiligung der Politik an dieser Kommission. Sie haben es ja selbst gesagt, Herr Ministerpräsident: Entscheidend ist doch, dass man die Kriterien, wenn sie einmal festgelegt sind, nicht immer wieder neu ändern kann. Darum hat diese Kom mission eine Schlüsselfunktion.

Wenn es jetzt um Vertrauen geht, dann ist unsere Pflicht als baden-württembergische Parlamentarier – das lassen wir uns auch nicht wegreden, jedenfalls wir nicht –,

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

dass wir uns von Anfang an mit der gebotenen Seriosität, aber auch mit der gebotenen Überzeugungskraft und mit guten Ar gumenten in diese Diskussion einmischen. Glauben Sie denn ernsthaft, dass sich das jetzt bundesweit in aller Stille vollzie hen wird? Hierzu habe ich vorhin auch beispielsweise das Zi tat aus Niedersachsen angeführt. Wenn es darum geht, Ver trauen zu schaffen, dann sind nicht nur vertrauensbildende Maßnahmen in Richtung Niedersachsen nötig, sondern dann müssen wir auch vertrauensbildende Maßnahmen in BadenWürttemberg haben.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Winfried Mack CDU: So ist es!)

Die Baden-Württemberger müssen den Eindruck haben, dass ihre Interessen von Anfang an aktiv in diesen Diskussionspro zess eingebracht werden. Darum geht es.

(Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Zweiter Punkt: das Thema Castoren. Lieber Franz Unterstel ler, Herr Minister, Sie sind ja viel zu gut informiert, als dass ich da das eine oder andere einfach so stehen lassen kann. Sie haben zum Ausdruck gebracht: „Wenn die weiteren fünf Be hälter aus La Hague und 21 Behälter aus Sellafield noch nach Gorleben kommen, dann nimmt der politische Druck zu, dass Gorleben das endgültige Lager wird, und dieses Zeichen ist den Niedersachsen nicht zuzumuten.“ Fakt ist: Dort stehen schon 108 Behälter. Die Frage ist, ob das wirklich diesen qua litativen Sprung ausmacht. Das muss man z. B. damit abwä gen, dass man, wenn man diese Abfälle, so wie sie jetzt ge nehmigt und für den Transport vorgesehen sind, woanders hin bringt, langwierige, schwierige und natürlich strittige Fragen auslösen wird. Die Frage ist: War es diesen Preis wert bei die sem Konsens? War es denn unbedingt nötig, das zu machen, oder bringen wir da nicht kontraproduktiv viel mehr Unruhe hinein, als wenn wir gesagt hätten: „Wir verfahren auf dem genehmigten sauberen Weg Gorleben weiter“? Diese Frage müssen Sie schon beantworten.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ul rich Rülke FDP/DVP)

Insofern ist es mir wichtig, zu betonen: Wir wollen, dass das vorankommt. Peter Hauk hat das vorhin auch angesprochen. Wir sind in der Pflicht gegenüber unseren Standorten mit Zwi schenlagern, dass die Endlagerfrage vorangebracht wird. Des wegen gibt es hier kein Geschlingere.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Und wie!)

Aber wir werden selbstverständlich, weil der Prozess sonst überhaupt nicht funktionieren kann, während des ganzen Pro zesses Fragen stellen

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Logisch!)

und hoffentlich die Öffentlichkeit umfangreich beteiligen.

(Zuruf: An was?)

Ich finde, das steht diesem Haus gut an. Deswegen bleibt es bei unserer Bitte und Aufforderung, Herr Ministerpräsident,

dass die Landesregierung, wenn sie diesem Verfahren zu stimmt, auch beantwortet, wie sie den Landtag von BadenWürttemberg in adäquater Form an diesem Verfahren beteili gen will.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Her ren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Schade!)

Punkt 1 der Tagesordnung ist somit erledigt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Fraktionen sind über eingekommen, die beiden Aktuellen Debatten von der heuti gen Tagesordnung abzusetzen und auf die Sitzung am 10. Ju li 2013 zu verschieben.

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:

Zweite und Dritte Beratung des Gesetzentwurfs der Lan desregierung – Gesetz über die Feststellung eines Nach trags zum Staatshaushaltsplan von Baden-Württemberg für die Haushaltsjahre 2013 und 2014 – Drucksache 15/3250

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Fi nanzen und Wirtschaft – Drucksache 15/3364

Berichterstatter: Abg. Klaus Herrmann

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allge meine Aussprache eine Redezeit von zehn Minuten je Frakti on festgelegt.

In der Allgemeinen Aussprache erteile ich das Wort Herrn Abg. Mack.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Wir beraten heute in zweiter und dritter Lesung einen Nachtragshaushalt mit dem sagenhaften Volu men von über 12 Milliarden €. Das entspricht rund 30 % ei nes Jahreshaushalts.

Den Ausgaben zur Erfüllung der Verpflichtungen des Landes bei der Flüchtlingsaufnahme – dem kleineren Teil – stimmen wir zu. Wir weisen jedoch darauf hin, dass wir bereits bei der Beratung des Urhaushalts darauf aufmerksam gemacht haben, dass die in diesem Bereich angesetzten Mittel nicht reichen werden. Schon damals war bekannt, dass das Bundesverfas sungsgericht neue Vorgaben gemacht hatte, die umgesetzt werden müssen, und dass die Asylbewerberzahlen steigen. Diese Ausgaben sollen jetzt über eine globale Minderausga be gedeckt werden, die aber zulasten aller Einzeletats geht.

Wenn das Land darüber hinaus vorgibt, dass beispielsweise die Unterbringung von Asylbewerbern Zug um Zug zusätz lich verbessert werden soll, dann muss das Land auch die tat sächlich entstehenden Kosten erstatten. Wir fordern deshalb in einem Entschließungsantrag eine faire Kostenerstattung an die Stadt- und Landkreise.

Der Nachtragshaushalt ist insgesamt zu einem von der Sum me her großen Teil höchst problematisch im Hinblick auf die gigantischen Ermächtigungen für den Schienenpersonennah verkehr, insbesondere für den Kauf und die Reparatur von Zü gen bis zum Jahr 2042 und für den Betrieb des Schienenper sonennahverkehrs bis zum Jahr 2028.

Das Gesamtvolumen für den Schienenpersonennahverkehr beträgt 12,23 Milliarden €. Darin sind Kapitaldienstgarantien in Höhe von 3,345 Milliarden € enthalten. Diesen können wir im Sinne eines besseren Wettbewerbs zustimmen.

Daneben beantragt die Regierung aber Ermächtigungen in Hö he von rund 9 Milliarden €. Diese Ermächtigungen lehnen wir ab. Wenn das Parlament diesen Ermächtigungen zustimmt, dann haben wir in diesem Bereich auf unsere Budgethoheit vollständig verzichtet. Wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, wurden doch von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt. Es ist das Königsrecht des Parlaments, die Budgethoheit wahr zunehmen. Wir lehnen deswegen diesen Bereich ab.

(Beifall bei der CDU)

Wir sind uns im Ziel einig. Wir treten ein für gute und faire Wettbewerbsbedingungen, für möglichst viele Anbieter bei der Vergabe der Leistungen für den Schienenpersonennahver kehr, um möglichst gute, attraktive und preiswerte Verkehrs leistungen zu erhalten.