Protokoll der Sitzung vom 24.04.2013

Wir sind uns im Ziel einig. Wir treten ein für gute und faire Wettbewerbsbedingungen, für möglichst viele Anbieter bei der Vergabe der Leistungen für den Schienenpersonennahver kehr, um möglichst gute, attraktive und preiswerte Verkehrs leistungen zu erhalten.

Mit Blick auf die zwei Jahre seit der Regierungsübernahme tritt offen zutage, dass Grün-Rot in diesem Bereich völlig überfordert ist.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl und Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Ach!)

Im Oktober 2011 – Herr Schwarz, Sie sind ja auch Mitglied im Ausschuss für Verkehr und Infrastruktur –

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Ja, genau!)

hat der Minister vorgetragen, er habe einen Ausschreibungs plan. Dann haben wir ihn gefragt: Können wir diesen Aus schreibungsplan von Ihnen haben?

(Zurufe der Abg. Hans-Ulrich Sckerl und Andreas Schwarz GRÜNE)

Daraufhin hat er Ja gesagt. Aber was hat er uns geschickt? Er hat uns den Ausschreibungsplan der früheren Regierung ge schickt,

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Ich dachte, der sei gut gewesen!)

der im ersten Quartal 2011 erstellt wurde. Damit wollte er uns provozieren. Aber wir sind ihm heute dankbar dafür, dass er uns diesen Plan zugeschickt hat. Denn dadurch läuft der Vor wurf, den er immer wieder mantrahaft erhebt, wir hätten nichts zustande gebracht, ins Leere. Es war völlig anders. Wir hat ten einen fertigen Ausschreibungsplan, und diesen hat die jet zige Regierung in den Schränken verschwinden lassen – bis in den Oktober 2012 hinein.

Was ist dann passiert? Uns wurde damals schriftlich zugesi chert, wir würden diesen Plan bekommen. Bis zum heutigen Tag haben Sie, Herr Minister, uns diesen Plan nicht zugestellt.

(Zuruf des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE)

Wir sollen heute gigantischen 9 Milliarden € zustimmen und wissen nicht, für was. Alle Fragen sind offen. Das Parlament hat in diesem Bereich zu wenige Informationen. Dieser Nach trag ist jetzt, nachdem zwei Jahre nichts passiert ist, in zwei Wochen durch den Landtag gepeitscht worden – ohne Betei ligung des Ausschusses für Verkehr und Infrastruktur. Deswe gen lehnen wir dies ab.

Die Beteiligung des Parlaments ist ungenügend – sowohl vom Verfahren her als auch, was die im Gesetzentwurf vorgesehe nen Regelungen betrifft.

(Beifall bei der CDU)

Am vergangenen Donnerstag haben wir im Verkehrsausschuss den Versuch unternommen, eine Lösung zu finden

(Abg. Klaus Maier SPD: Im Finanzausschuss!)

im Finanzausschuss; das ist richtig –, um gleichzeitig mög lichst gute Ausschreibungsbedingungen zu schaffen, die Rech te des Parlaments zu wahren und die erheblichen Milliarden risiken, die Grün-Rot dem Land aufladen will, zu minimieren. Aber obwohl der Finanzminister, der jetzt nicht mehr da ist, im Ausschuss bereits eingelenkt hatte, ist die Kompromisslö sung an Grün und Rot im Ausschuss gescheitert.

Deswegen stellen wir heute erneut einen Änderungsantrag. Wir fordern darin angesichts der Milliardensummen einen Par lamentsvorbehalt dergestalt, dass vor dem Start der Ausschrei bung der zuständige Landtagsausschuss – dies ist der Aus schuss für Verkehr und Infrastruktur, weil der Finanzminister dies so verlangt hat – über die Freigabe der Ausschreibung entscheiden muss.

Das ist übrigens auch die Praxis in anderen deutschen Län dern. Das ist auch die Praxis des Landtags von Baden-Würt temberg in solchen Fällen. Oft geht es dabei „nur“ um Sum men von einer halben Million Euro, denen der Finanzaus schuss zustimmen muss. Hier geht es um Milliardenbeträge.

Deswegen fordern wir eine adäquate Beteiligung des Land tags von Baden-Württemberg und einen Parlamentsvorbehalt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Die Risiken in diesem Haushalt sind darüber hinaus erheb lich. Die Regierung will, dass wir sie ermächtigen, Lokomo tiven und Personenwaggons in einem Volumen von 1,315 Mil liarden € kaufen zu dürfen. Diese Waggons sollen bis ins Jahr 2042 gewartet werden dürfen, Herr Schmiedel. Dann klagen wir über die alten Silberlinge, die herumfahren, die alten Sil berlinge,

(Abg. Daniel Renkonen GRÜNE: Die Sie bestellt ha ben!)

die dem Bund bzw. seiner Tochter Deutsche Bahn AG gehö ren. Jetzt wollen Sie selbst neue oder, weil es sie auf dem Markt gar nicht gibt, gebrauchte Waggons kaufen und diese 30 Jahre lang in Baden-Württemberg herumfahren lassen. Hat denn das Land Baden-Württemberg keine andere Aufgabe, als Eisenbahnwaggons zu kaufen, und sollen wir die Menschen in Baden-Württemberg, die in der übernächsten Ausschrei bungsperiode zwischen 2028 und 2042 mit dem Schienenper sonennahverkehr unterwegs sind, mit diesen alten Eisenbahn wagen herumfahren lassen?

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Das war doch Ih re Politik! Sie sind doch für die Silberlinge verant wortlich!)

Sie beklagen, Herr Schwarz, den Zustand, dass bei uns noch Silberlinge herumfahren,

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Ja, die haben Sie gekauft!)

und machen sofort denselben Fehler,

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Die Silberlinge ha ben Sie gekauft!)

nur dass die Silberlinge im Jahr 2042 nicht mehr „Silberlin ge“ heißen. Nennen wir sie vielmehr „Rasender Winfried“. Das sind die Karren, die im Jahr 2042 herumfahren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, das ist ein zu hohes Risiko und ei ne zu starke sächliche und finanzielle Verpflichtung gegen über nachfolgenden Generationen. Deswegen lehnen wir die se Ermächtigung über 9 Milliarden € ab.

(Beifall bei der CDU)

Schließlich handelt es sich um einen Blankoscheck für die Re gierung. Wir beschließen heute die Durchbrechung des Jähr lichkeitsprinzips des Haushalts durch die Ermächtigung über 9 Milliarden €. Aber wo kommt denn das Geld, wo kommen die Einnahmen her? Garantiert denn jemand dem Land, dass bis zum Jahr 2028 jährlich 760 Millionen € vom Bund über wiesen werden? Das weiß kein Mensch. Was passiert, wenn die 760 Millionen € jährlich nicht kommen? Dann ziehen wir das Geld aus anderen Bereichen ab und setzen es für den Schienenpersonennahverkehr ein, wie es am vergangenen Donnerstag im Finanzausschuss passiert ist, als Rot und Grün den Antrag gestellt hatten, Mittel aus anderen Bereichen ab zuziehen und für den Schienenpersonennahverkehr einzuset zen.

Das heißt, bevor der Socken fertig gestrickt ist, hat er schon Löcher. An diesem Beispiel sehen Sie, dass dieser Haushalt komplett unseriös ist.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in den vergangenen Jahren bewiesen, dass wir ei nen hervorragenden Schienenpersonennahverkehr in BadenWürttemberg organisieren konnten.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Ein toller Vertrag!)

Wir hatten die höchsten Zuwachsraten bei den Fahrgästen.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Und den höchsten Preis!)

Wir haben bewiesen, dass wir es können. Sie haben in den vergangenen zwei Jahren im Bereich des Schienenpersonen nahverkehrs rein gar nichts zustande gebracht.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Das stimmt überhaupt nicht!)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich das Wort Herrn Abg. Schwarz.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Heute beschließen wir in zweiter und dritter Lesung den Nachtragshaushalt.

Zunächst möchte ich etwas zum Thema Flüchtlingsunterbrin gung sagen. Da sich die Asylbewerberzahlen stärker als an genommen erhöht haben, steuern wir hier nach. Diese Mehr ausgaben sind zwangsläufig. Es gibt also einen sachlichen Grund, hier nachzusteuern. Ich sage aber auch ganz klar: Es ist eine soziale Aufgabe, die wir in diesem Bereich haben, Menschen, die in Not sind und die bei uns Zuflucht vor Krieg und vor Elend suchen, die bei uns eine Bleibe suchen, aufzu nehmen. Diese Aufgabe haben die Stadt- und Landkreise. Des wegen ist es konsequent, hier nachzusteuern.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Dieser Punkt war im Finanzausschuss unstrittig. Ich hoffe, Herr Kollege Mack, dass Sie unserem Entschließungsantrag beitreten können, den wir vorgelegt haben, der zum Ziel hat, dass die Landesregierung zusammen mit den Kommunen ein Konzept entwickelt, um die Qualität der Flüchtlingsunterbrin gung zu verbessern. Auch das müsste in Ihrem Interesse sein.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Zum zweiten Thema, dem Schienenpersonennahverkehr: Sie wissen, dass die Garantien, die wir im Haushalt darstellen, dringend notwendig sind, um den Wettbewerb im Schienen personennahverkehr einzuleiten. Das hat die Vorgängerregie rung sträflich vernachlässigt.

Ihr Konzept war auch rechtlich bedenklich. Das wissen Sie ganz genau. Das haben wir an dieser Stelle schon ein paarmal gesagt. Der Bundesgerichtshof hat im Herbst 2010 Direktver gaben untersagt. Deswegen konnte Ihr Vergabekonzept so nicht umgesetzt werden,

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch und Abg. Winfried Mack CDU: Das stimmt doch gar nicht!)