(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das hat doch eine Verfallszeit von zehn Tagen gehabt!)
Ich höre nur Aufregung nach dem Motto: Je schwächer die Argumente, desto platter die Polemik. Aber auch das kann die Fakten nicht übertönen. Sie sind eindeutig: Diese Landesre gierung macht Politik für den Mittelstand und für die Mitte unserer Gesellschaft, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Wir sind ja al le die Mitte!)
Wir poltern und polemisieren nicht, sondern wir handeln. Wir stellen uns – bei aller Notwendigkeit, die Einnahmeseite zu stärken – schützend vor den Mittelstand. Deshalb will ich jetzt nicht auf Wahlprogramme eingehen, sondern ganz konkret auf die Positionen und Initiativen der Landesregierung.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Aha! – Ge genruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ja, natür lich! Was denn sonst? – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sind Ihnen die Beschlüsse schon peinlich?)
Punkt 1: Einkommensteuer. Wir, die Landesregierung, haben im Bundesrat zur Einkommensteuer klar die Position vertre ten, dass ein Spitzensteuersatz von 49 % für Alleinstehende erst ab einem – wohlgemerkt – zu versteuernden Einkommen von 100 000 € und für Verheiratete ab einem zu versteuern den Einkommen von 200 000 € gelten soll.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es! Das ist un sere Haltung! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist die Politik der Landesregierung!)
Zweitens dürften Sie festgestellt haben, dass die Landesregie rung keine Initiativen unternommen hat, um bereits bestehen de Ehen vom Ehegattensplitting auszunehmen.
Bei der Erbschaftsteuer ist die Haltung der Landesregierung ebenfalls klar. Wir stehen hinter dem in der Großen Koalition mühselig ausgehandelten Kompromiss mit der Verschonung des Betriebsvermögens.
Deshalb haben wir im Bundesrat Initiativen ergriffen, um Schlupflöcher – Stichwort „Cash-GmbHs“ – zu schließen. Wir sind diejenigen, die – übrigens im Unterschied zur Program matik der FDP in ihrem Wahlprogramm – diese Verschonung des Betriebsvermögens bei der Erbschaftsteuer aufrechterhal ten wollen, weil die mittelständischen Familienbetriebe in un serem Land Planungssicherheit brauchen.
Der Ministerpräsident und ich haben in einem gemeinsamen Brief klargestellt, dass die Vermögensteuer nicht zulasten des Mittelstands gehen darf. Übrigens wurden Arbeiten an einem Gesetzentwurf zu einer möglichen Wiedereinführung der Ver mögensteuer gestoppt, weil genau diese Frage der konkreten Ausgestaltung, wie man die hohen Privatvermögen trifft, oh ne die Substanz der mittelständischen Unternehmen zu erfas sen, noch einer Klärung zugeführt werden muss.
(Abg. Winfried Mack CDU: Haben Sie das vorher noch nicht gewusst, als Sie das initiiert haben? Das hätten Sie doch früher wissen müssen!)
Es wird auch noch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu der Frage von Verschonungsregelungen erfolgen. In die sem Sinn ist die Haltung der Landesregierung völlig klar: Gibt es keine Verschonung von mittelständischen Betrieben, wer den wir einer Wiedereinführung der Vermögensteuer im Bun desrat nicht zustimmen können.
Sie sehen, meine sehr verehrten Damen und Herren: Die Po litik der Landesregierung ist klar. Wir sprechen nicht über den Mittelstand, sondern wir sprechen mit dem Mittelstand. Ich habe das auf einem Steuergipfel getan. Der Ministerpräsident spricht mit den mittelständischen Unternehmen. Die Mitglie der der Regierung
(Zuruf von der SPD: Jeder Abgeordnete! – Abg. Hel mut Walter Rüeck CDU: Wenn es der Fraktionsvor sitzende der SPD macht, dann haben sie wenigstens einen vernünftigen Ansprechpartner!)
und die Kollegen aus den Regierungsfraktionen sprechen mit unseren mittelständischen Unternehmen intensiv und partner schaftlich über diese durchaus nicht einfachen Fragen. Wir haben bei manchen natürlichen Differenzen durchaus auch große Übereinstimmung gefunden, wenn es darum geht, den Mittelstand vor einer Substanzbesteuerung zu schützen.
Denn ich bin gerade bei diesen Herausforderungen in der Fi nanz- und Wirtschaftspolitik von einem überzeugt: Nur Dia log bringt uns weiter.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, mein Eindruck ist ohnehin: Wäre es Ihnen um eine wirklich aktu elle Debatte gegangen, dann hätten Sie das Thema „Steuerge rechtigkeit und Steuerbetrug“ auf die Tagesordnung setzen müssen.
Denn das ist das Thema, das die Menschen, das die Mitte un serer Gesellschaft in diesen Tagen und Wochen wirklich um treibt, und es ist eine zentrale soziale Frage unserer Zeit. Aber diese Debatte, sehr verehrte Damen und Herren von der CDU und der FDP/DVP, scheuen Sie wie der Teufel das Weihwas ser, und das aus gutem Grund, denn Sie waren es, die das Steu erabkommen mit der Schweiz gegen alle Vernunft durchdrü cken wollten.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zurufe von der CDU: Zu Recht! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie ver schenken Milliarden!)
Was haben wir uns nicht alles an Beschimpfungen anhören müssen! Doch eines ist klar – der Fall Hoeneß zeigt es erneut –:
Dieses miserable Abkommen abzulehnen war goldrichtig und dient der Steuergerechtigkeit in unserem Land.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Sie nehmen Verjährungen billi gend in Kauf!)
Statt Amnestie und damit Totalverjährung für die Straftaten der Vergangenheit und Anonymität erwartet Steuerhinterzie her jetzt der lange Arm des Gesetzes. Das muss doch der Grundkonsens in allen politischen Parteien sein.
Es kann nicht sein, dass Millionen ehrlicher Steuerzahler Tag für Tag arbeiten und Geld an das Finanzamt abführen, wäh rend die anderen, gemeine Steuerkriminelle, unser Gemein wesen schädigen.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Und Sie lassen das durch Ver jährung zu!)
Umso mehr freue ich mich, dass auch dank der Ablehnung des Steuerabkommens durch diese Landesregierung heute mehr denn je gilt: Für Steuerkriminelle gibt es keine Anonymität mehr. Sie müssen mehr denn je damit rechnen, dass sie zur Rechenschaft gezogen werden. Das ist auch gut so, denn Steu erhinterziehung ist keine lässliche Sünde und kein Kavaliers delikt, sondern eine schwere Straftat zum Leidwesen unserer Gesellschaft.
Wenn wir schon über Verjährung reden, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU: Wir handeln auch als Landesregie rung für das Ziel, dass Steuerstraftäter nicht länger auf einen Verjährungsrabatt hoffen können. Denn Baden-Württemberg hat ein Gesetz zur Bekämpfung von Steuerstraftaten im Bun desrat auf den Weg gebracht, um die Frist für die strafrechtli che Verfolgung von allen Fällen von Steuerhinterziehung auf zehn Jahre zu verlängern. Damit ist klar: Diese Landesregie rung geht mit aller Kraft gegen Steuerbetrüger vor. Das ist ei ne gute Nachricht für die ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, für den Mittelstand in Baden-Württemberg.
Zum Schluss noch eine Anmerkung, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition. Bei allem Dissens in der Sache sollten wir eines nicht vergessen: Nur wer kompromissfähig ist, ist auch demokratiefähig. Das heißt auch, dass man sich nicht in ideologischen Schützengräben verbarrikadieren darf. Wir in Baden-Württemberg wollen keine amerikanischen Ver hältnisse. Wir wollen keine verfeindeten Lager, die sich un versöhnlich, unfähig zum Kompromiss gegenüberstehen.
Deshalb sehe ich mit großer Sorge, dass sich CDU und FDP/ DVP in der Aussage, jegliche Steuererhöhung in Zukunft ab lehnen zu wollen, einig waren. Meine Damen und Herren von CDU und FDP/DVP, wir brauchen keine baden-württember gische „Tea Party“, die in der Sache schwört, nie auch nur ei ne Steuer erhöhen zu wollen,
(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Immerhin ist der Bund mit seiner Haushaltskonsolidierung weiter als Sie!)
Deshalb sollten wir diese Debatten hart in der Sache, verbind lich im Ton, bereit zum Kompromiss in Bundesrat und Bun
destag führen; denn die Menschen dieses Bundeslands möch ten mit Maß und Mitte, ja sie wollen gut regiert werden. Wir tragen eine gemeinsame Verantwortung für unser Land, für unsere Demokratie. Deshalb ist Steuergerechtigkeit als Basis für den Zusammenhalt des Gemeinwesens so wichtig. Wer für diese Mitte sprechen möchte, wer für die Mitte unserer Ge sellschaft sprechen möchte, sollte sich nicht selbst an den Rand stellen.
Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich das Wort Herrn Kollegen Dr. Rülke. – Ihnen bleiben zehn Sekunden.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich stelle fest, dass der Fi nanzminister zum Inhalt der heutigen Debatte überhaupt nichts gesagt hat.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Was? Nichts in der Birne! – Abg. Thomas Marwein GRÜNE: Sie ha ben nichts zu sagen! Das ist das Problem!)