Protokoll der Sitzung vom 15.05.2013

Ein bisschen erinnert das auch daran, wie Hänsel und Gretel im Wald von der bösen Hexe Franziska ins Hexenhäuschen gelockt werden – und wenn sie drin sind, dann werden die Folterinstrumente ausgepackt.

(Oh-Rufe von den Grünen und der SPD – Abg. Da niel Renkonen GRÜNE: „Folter“!)

Herr Ministerpräsident Kretschmann, Sie haben es vorhin selbst gesagt: Es ist ein schlankes Gesetz, das nachher mit dem IEKK ganz konkret wird. Diese Ankündigung, dass es ganz konkret wird, verstehe ich tatsächlich als Drohung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch der Hinweis, dass das IEKK unter breiter Bürgerbeteiligung entwickelt wurde, ist ein schlechter Witz.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Da sind ein paar Tausend Leute auf die Homepage des Minis teriums gegangen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Aus der Szene!)

Bis Januar haben gerade einmal 1 150 Besucher dieser Home page zwei und mehr Maßnahmen bearbeitet. Gerade einmal 850 Menschen

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Aus der Szene!)

haben einen kompletten Sektor oder mehr bearbeitet. Jetzt wird hier so getan, als sei das repräsentativ.

Erlauben Sie mir die Anmerkung: Das Ganze kennen wir schon von vielen Themen her. Egal, ob Gemeinschaftsschu le, Filderbahnhof, Polizeireform oder – jetzt aktuell – Natio nalpark: Sie hören nur diejenigen, die Sie hören wollen, und Sie hören nur das, was Sie hören wollen.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Die nächste Anmerkung: Wenn Frau Erler in diesem Zusam menhang sagt: „Bürgerbeteiligung heißt, Prozesse mitzuge stalten, nicht, sie zu entscheiden“, dann bedeutet das doch letztlich nichts anderes als: „Wir machen ohnehin das, was wir wollen,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Richtig! Sehr richtig!)

und wenn du das auch willst, dann darfst du in Detailfragen mitreden.“

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullin ger FDP/DVP: Pseudobefragung!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind mit der schwarz-gelben Bundesregierung auf einem guten Weg, die formulierten Ziele zu erreichen – ohne Klimaschutzgesetz.

(Oh-Rufe von den Grünen und der SPD)

Wenn Sie ernsthaft etwas zum Klimaschutz hätten beitra gen wollen, dann hätten Sie der steuerlichen Abschreibbar keit der energetischen Gebäudesanierung zustimmen müs sen.

(Beifall des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig! Das hätte etwas gebracht!)

Denn eines ist klar: Klimaschutz verträgt keine Kleinstaate rei. Da müssen Sie wirklich

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Klotzen!)

die Bundesregierung voll unterstützen, damit man dieses wichtige Thema auf das europäische Parkett bringen kann.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Das machen wir ja!)

Das Einzige, was Sie da tun, ist Blockieren.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Richtig! – Glocke der Präsidentin)

Meine sehr geehrten Damen und Herren – ich komme zum Ende; ich habe die Glocke gehört –, mit dieser einzigen Maß nahme hätten Sie mehr erreicht als mit diesem ganzen Zirkus, den Sie hier veranstalten.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Richtig!)

Wenn Sie jetzt um Zustimmung zu dieser Showveranstaltung bitten, dann sagen wir ganz klar Nein. Überhaupt stellt sich die Frage: Wollen Sie eigentlich mittlerweile mehr die Show und den politischen Profit, oder wollen Sie tatsächlich Klima schutz?

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr richtig!)

Meine Damen und Her ren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Die Ausspra che ist damit beendet.

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 15/3465 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft zu überweisen. – Es erhebt sich kein Wi derspruch. Damit ist so beschlossen.

Punkt 5 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Mi nisteriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft – Anpassung von Kohlekraftwerken an die Erfordernisse der Energiewende – Drucksache 15/2688

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort zur Begründung erteile ich Herrn Abg. Stober.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir bleiben dran beim The ma Energiewende. Wir haben gerade eben über das Klima schutzgesetz und über das integrierte Energie- und Klima schutzkonzept, kurz IEKK, geredet. Jetzt geht es um Teile da raus.

Zentraler Punkt der Energiewende ist der Ausbau der erneu erbaren Energien. Diesen wollen wir, damit wir die Energie, die wir brauchen und die wir nicht einsparen können, CO2frei oder zumindest CO2-arm produzieren. Aber das andere, was natürlich auch zentral ist und die zweite Seite derselben Medaille darstellt, ist, dass wir ein Stromnetz brauchen, durch das wir Stromproduktion und Stromverbrauch zu jedem Zeit punkt zueinander bringen. Das ist gerade in Zeiten der Ener giewende mit einer weitaus größeren Einspeisung von fluktu ierenden Energien wie Windkraft und Fotovoltaik ein zentra les Thema.

Wir haben hier im Landtag von Baden-Württemberg über al le Fraktionsgrenzen hinweg schon über Möglichkeiten in die sem Bereich diskutiert. Ich nenne als Beispiele Stromspeicher, Pumpspeicherkraftwerke, Redox-Flow-Batterie, Power-toGas. Das Thema Lastmanagement ist in den letzten Wochen erfreulicherweise sehr aktiv von der Landesregierung aufge griffen worden, auch mit einer gemeinsamen Studie, die zu sammen mit dem Land Bayern in Auftrag gegeben wurde und die uns gezeigt hat, dass wir Potenzial von 1 GW haben, Last in Zeiten zu verschieben, in denen wir Engpässe haben. Das andere Thema, das wir in der Vergangenheit auch diskutiert haben und das wir morgen beim Thema Kraft-Wärme-Kopp lung nochmals intensiv aktiv debattieren werden, ist das The ma „Zubau flexibler, steuerbarer Kraftwerke“, um dieses Pro blem in den Griff zu bekommen.

Eine weitere Frage, der wir uns aber natürlich auch stellen müssen, ist: Was machen wir mit dem bestehenden Kraftwerks park, der uns noch einige Jahre, möglicherweise auch Jahr zehnte, erhalten bleiben wird? Wir können froh sein – das sa ge ich auch einmal ganz eindeutig –, dass wir so viel an Fo tovoltaik in der Spitzenstunde im Netz haben, dass wir da durch deutlich mehr Strom aus erneuerbaren Energien produ zieren und weniger an Kohlestrom. Das ist ein gutes Zeichen und auch ein Erfolg der Energiewende, bringt aber auf der an deren Seite bei dem Thema Wirtschaftlichkeit auch Fragen mit sich.

Erfreulich ist, dass wir aus der Kernenergie aussteigen und sich damit die Frage „Wie gehen wir in Zukunft mit Kern kraftwerken um?“ nicht mehr stellen wird. Wir haben leider die Situation, dass wir aus der Kernenergie und aus der Koh

le nicht gleichzeitig aussteigen können. Deswegen werden wir Kohlekraftwerke auch in den nächsten Jahren noch haben. Da her ist es auch wichtig – darum geht es uns mit dem Antrag im Kern –, dass wir sie technisch aufrüsten, dass wir sie fle xibler einsetzen können, dass wir sie auf einer kleineren Min destlast von z. B. nur noch 10 % der Maximallast fahren kön nen, um an dieser Stelle weniger CO2 produzieren zu müssen, und damit gleichzeitig in den Stunden, in denen sich die Koh le am Markt für die Unternehmen nicht rechnet, weniger Strom produziert werden muss.

Das trägt auch einen Teil zur Wirtschaftlichkeit bei – in dem Wissen um die im Augenblick bestehende Schwierigkeit die ses Umfelds und mit Blick auf die Tatsache, dass einige in die Kaltreserve gehen müssen, weil sie sich finanziell nicht mehr tragen, und auch in dem Wissen, liebe Kolleginnen und Kol legen, dass wir an dem neu gebauten Rheinhafendampfkraft werk in Karlsruhe, dem RDK 8, das uns mittelbar über die EnBW gehört, wirtschaftlich nur begrenzt Freude haben wer den. Dies liegt am Erfolg der erneuerbaren Energien, der eben auf der anderen Seite für die traditionellen Energieträger auch entsprechende Probleme mit sich bringt. Das Umweltminis terium diskutiert jedoch gerade sehr aktiv über das Thema Ka pazitätsmärkte; auf Bundesebene wurden entsprechende Ini tiativen eingebracht, und die hierzu ergangenen Bundesrats beschlüsse sind geeignet, dieses Thema voranzubringen.

Positiv ist, dass in Baden-Württemberg bei den zwei zentra len Unternehmen, EnBW und GKM in Mannheim, die in Re de stehenden Kraftwerke modernisiert worden sind. Positiv ist, dass wir weniger Mindestlast haben, einen stärkeren Last gradienten, um diese Kraftwerke schneller hochfahren zu kön nen. Positiv ist auch die Maßnahme, die in Mannheim getrof fen wurde, nämlich der Einbau eines Fernwärmespeichers, der dafür sorgt, dass man dann auch wirklich die Wärmeversor gung über eine gewisse Zeit hinweg gesichert hat, auch in Zei ten, in denen der Kraftwerksblock nur auf Mindestlast fährt.

Ich möchte aber mit Blick auf die Überschrift eines Artikels im „Spiegel“ vom 2. September 2012 – „Comeback für die Kohle“ – eines klarstellen: Um ein Comeback geht es uns nicht. Wir bauen noch zwei Meiler in Baden-Württemberg; das sind die letzten. Wir müssen alles tun – das hat der Kol lege Murschel vorhin zu Recht angesprochen –, dass wir ins besondere die CO2-freundlicheren Gaskraftwerke im Markt besserstellen als Braunkohle- oder Steinkohlekraftwerke.

Deswegen war es auch ein so fatales Zeichen – es geht dabei nicht nur um Symbolpolitik, sondern um einen wirklichen Schaden für den Klimaschutz –, das das Europäische Parla ment mit seiner Entscheidung zum Thema Emissionshandel gesetzt hat. Der Emissionshandel wirkt heute praktisch nicht mehr. Wir brauchen einen funktionierenden Emissionshandel, um erneuerbare Energien, aber auch die fossilen Energieträ ger mit geringerem CO2-Ausstoß am Markt zu stärken.

Bei allen Auseinandersetzungen, die wir in anderen Feldern mit Herrn Altmaier führen, bin ich doch froh, dass er zu die sem Thema steht. Er versucht, auf der europäischen Ebene et was zu erreichen; leider muss er hierzu zunächst einmal auf der Ebene der Bundesregierung aktiv werden. Die FDP sieht dies, wie es auch in der vorangegangenen Debatte wieder zum Ausdruck kam, leider etwas anders; sie spielt sich dabei als Bremser auf. Ich finde das sehr bedauerlich, aber ich hoffe,

dass wir uns, wenn es um die Frage der Flexibilisierung des Einsatzes von Kohlekraftwerken geht, bewusst sind, dass wir da etwas tun müssen.

Es wird auch etwas getan; das ist positiv. Wir dürfen dieses Thema jedoch nicht missbrauchen, um eine weitere Debatte mit dem Ziel zu führen, den Einsatz von Kohle auszuweiten. Vielmehr müssen wir die Anlagen technisch optimieren und müssen mittelfristig aus der Kohle aussteigen, so, wie wir der zeit auch aus der Kernenergie aussteigen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.