Wir werden aufmerksam die Diskussion über eine Änderung des Rundfunkstaatsvertrags verfolgen, die auf den Gängen schon längst angefangen hat – auch diese können Sie nicht leugnen –, und zwar eine Änderung in dem Sinn, dass viel leicht mehr Vereinigungen und Organisationen vertreten sind, die Ihnen gefallen. Ich kann davor nur warnen. Ich hatte vor vielen Jahren einmal die Ehre und das Vergnügen, diesen Ver trag mit auszuhandeln. Es war ganz gut, dass in der damali gen Lage die zwei betreffenden Regierungen politisch unter schiedlich zusammengesetzt waren, nämlich bei uns aus CDU und FDP/DVP und in Rheinland-Pfalz aus SPD und FDP.
(Lachen bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Nur blöd, dass die FDP jetzt nirgendwo mehr dabei ist!)
Meine Damen und Herren, wenn ich die Schlagzeile „GrünRot dringt auf mehr Einfluss beim SWR“ lese, dann ordnet sich das für mich auch in einen weiteren Kontext. Damit darf ich Sie in der zweiten Runde noch konfrontieren. Das Ganze fügt sich bei mir zu dem Gesamtbild, dass nach jedem mög lichen Posten gegriffen wird. Aber darüber können wir gern nachher weiter diskutieren.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Wer im Glashaus sitzt!)
Wir fahren in der Aussprache fort. Jetzt hat der Vertreter der CDU-Fraktion, Herr Abg. Pauli, das Wort. – Bitte schön.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! „Hände weg vom öffentlich-rechtli chen Rundfunk“ – das ist ein dramatischer Titel für eine Ak tuelle Debatte.
Als ich die Tagesordnung zum ersten Mal gelesen habe, habe ich schon gemeint, es hätte eine grün-rote Hausbesetzung beim SWR stattgefunden.
Aber der Anlass, den die FDP/DVP wohl aufgegriffen hat – Herr Professor Dr. Goll hat es bereits dargelegt –, war dieser ungeheuer plumpe Einstieg in die Medienpolitik, dieser plum pe Aufschlag.
Ich möchte klarstellen: Dass eine Regierung die von ihr zu entsendenden Vertreter in Gremien benennen darf, ist nichts Unanständiges.
Aber das Wie gibt schon einen Grund zum Nachdenken: näm lich dass wenige Stunden bevor eine bedeutende Sitzung statt findet, in der die Wahl des Intendanten erfolgt, im Hauruck verfahren, ohne vorher ordentlich zu kommunizieren, die Gre mienmitglieder ausgetauscht werden. Das besonders Unge schickte daran war sicherlich auch, dass von den von der Lan desregierung benannten vier neuen Vertretern zwei gar keine Zeit hatten, wenige Stunden später das Mandat wahrzuneh men. Einer ließ sich dann noch vertreten. Das ist eine Unge schicklichkeit, die sicherlich von der Opposition aufgegriffen werden kann. Ob es dazu einer Aktuellen Debatte bedarf, ist eine andere Frage.
Ich glaube, dass wir als Parlament selbstkritisch die Instru mente, die uns zur Verfügung stehen, sehr sorgfältig wählen müssen.
Meine Damen und Herren, in den letzten Jahren haben wir hier im Landtag von Baden-Württemberg Medienpolitik im mer in einem fraktionsübergreifenden breiten Konsens gestal tet.
Es eignet sich nicht für personalpolitische Kindereien. Viel mehr müssen in der Medienpolitik im Grunde genommen ge sellschaftliche Herausforderungen, die heute mehr denn je durch die Medien geprägt werden, aufgegriffen und bearbei tet werden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE – Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es!)
In den 70 Wahlkreisen wurden 60 CDU-Abgeordnete direkt gewählt. Deswegen bieten wir als stärkste politische Kraft in diesem Land weiterhin die Zusammenarbeit an, wie wir be reits als Regierungsfraktion gemeinsam mit der früheren Lan desregierung immer versucht haben, die Informationen – z. B. im Vorfeld von Staatsverträgen – rechtzeitig transparent zu gestalten.
Eine Voraussetzung dafür, dass unser duales Rundfunksystem, das sich bewährt hat, erhalten bleibt, ist, dass wir in dieser Rundfunklandschaft eine starke öffentlich-rechtliche Säule haben.
Unser SWR, die Medien insgesamt haben sicherlich in der Vergangenheit – das ist nicht von Gremienzusammensetzun gen abhängig – immer wieder deutlich gemacht, dass sie die Regierenden sehr kritisch begleiten. Mir ist im Vorfeld der Landtagswahl und bei den Vorfällen im letzten Sommer zu Stuttgart 21 nicht aufgefallen, dass eine besonders regierungs freundliche oder parteifreundliche Berichterstattung stattge funden hätte, obwohl die Gremienzusammensetzung eine an dere war. Eher das Gegenteil war der Fall. Die Medien hatten sicherlich auch keinen geringen Einfluss darauf, dass dieser Regierungswechsel in Baden-Württemberg stattgefunden hat.
Wir haben es in unserer Gesellschaft heute mit einem ande ren Medienverhalten zu tun. Insbesondere junge Menschen haben ein anderes Medienverhalten. Das stellt uns vor große Herausforderungen, insbesondere was die Medienkontrolle anbelangt. Wir müssen uns selbstkritisch fragen lassen, ob wir, die Politik, mit unseren derzeitigen Möglichkeiten mit Staats verträgen und anderem mehr, die derzeit nur mühsam durch 16 Länderparlamente gebracht werden können, und mit den Instrumentarien, die uns heutzutage zur Verfügung stehen, den Herausforderungen – den europarechtlichen Herausforderun gen,
aber auch den Herausforderungen im Hinblick auf die techni schen, digitalen neuen Verbreitungswege – überhaupt noch gewachsen sind. Da haben wir, glaube ich, noch dicke Bro cken vor uns,
die uns sicherlich auch im Parlament und in den Gremien des Landtags noch beschäftigen dürften. Es lohnt sich dann auch, darüber zu reden.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage? Ich bin ganz sicher, dass Sie, Herr Kollege Pauli, eine Zwi schenfrage gestatten.