Protokoll der Sitzung vom 30.06.2011

Dies soll heute Morgen allerdings nicht in erster Linie unser Thema sein.

(Unruhe)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Koalitionsver trag zwischen den Grünen und der SPD in Baden-Württem berg, die die neue Landesregierung bilden, ist eindeutig fest gelegt, dass wir den Anteil der Frauen in Führungspositionen erhöhen werden. Wir wollen Frauen die gleiche Chance auf Teilhabe am Erwerbsleben zukommen lassen wie Männern. Denn in keinem anderen Bundesland sind die Erwerbsunter schiede zwischen Frauen und Männern so groß wie in BadenWürttemberg. Dies gilt es in Zukunft zu überwinden.

Im Koalitionsvertrag sind dazu bereits wichtige Eckpunkte genannt. An erster Stelle stehen der flächendeckende Ausbau der Kinderbetreuung, der Ausbau der Kontaktstelle „Frau und Beruf“, die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Verbesserung der Pflegeinfrastruktur. Darü ber hinaus bedarf es jedoch weiterer spezifischer Programme und Maßnahmen zur Karriereförderung wie Mentoring, Coa ching und Networking.

Die Frauenquote in der Wirtschaft muss kommen, und zwar für Aufsichtsräte und Vorstände in den oberen Führungseta gen der großen Unternehmen. Nachdem seit mehr als 60 Jah ren das Grundgesetz gilt, nachdem seit mehr als 50 Jahren die europäische Gleichstellungspolitik besteht, wird es Zeit, dass die freiwillige Selbstverpflichtung überwunden wird, die sich die deutsche Wirtschaft bereits vor mehr als zehn Jahren un ter der rot-grünen Koalition auferlegt hat, durch die sich die Situation aber nicht geändert hat. Deswegen, meine sehr ge ehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, geht es nicht ohne Quote.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mir liegen im Moment keine weiteren Wortmeldun gen vor. Das heißt, ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Hände weg vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk – beantragt von der Fraktion der FDP/DVP

Das zur Aktuellen Debatte unter Tagesordnungspunkt 1 Ge sagte gilt hier gleichermaßen.

Wem darf ich für die einleitenden Erklärungen das Wort er teilen? – Bitte schön, Herr Abg. Dr. Goll.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch in einer politisch schnell

lebigen Zeit verbindet jeder mit dem Namen Nikolaus Bren der einen bestimmten Vorgang, nämlich die Nichtverlänge rung eines Vertrags eines Chefredakteurs aus Gründen politi scher Opportunität. Ich glaube übrigens, dass das ein Vorgang war, der keinem der Beteiligten wirklich gutgetan hat. Dieser Vorgang wurde vom rheinland-pfälzischen Ministerpräsiden ten Kurt Beck zum Anlass genommen, eine Klage beim Bun desverfassungsgericht einzureichen mit dem Ziel, den staat lichen Einfluss auf öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten zu begrenzen.

Umso erstaunter waren wir, als wir vor einigen Tagen in der Zeitung Schlagzeilen wie diese lesen konnten: „Ein Sender als Beute – Grüne und SPD wollen mehr Einfluss auf den SWR...“

(Lachen des Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE – Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE: Von wem?)

In den „Stuttgarter Nachrichten“ war zu lesen: „Grün-Rot dringt auf mehr Einfluss beim SWR“. Meine Damen und Her ren, das muss einen schon alarmieren.

(Lachen bei den Grünen – Abg. Andreas Stoch SPD: Das Glashaus ist deutlich sichtbar! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wer hat denn über den Sender ge schimpft? Wer wollte denn da beeinflussen?)

Für mich ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht frei von Kritik. Aber wenn Sie mir den Hauch eines Belegs nen nen können, wonach ich – oder der Vertreter einer liberalen Fraktion – Einfluss auf einen Sender genommen hätte, dann lade ich Sie gern einmal zum Thema „Freiheit des Rundfunks“ zum Essen ein.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Ist Ihnen bekannt, dass es in Hessen eine CDU/FDP-Koalition gibt?)

Halten wir uns an die Tatsachen. Tatsache ist, dass in einer für mich unanständigen Eile der Verwaltungsrat umbesetzt wer den musste,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was heißt denn da „Ei le“?)

und zwar kurz vor der Intendantenwahl, obwohl es gar nicht nötig gewesen wäre; denn die Intendantenwahl war eigentlich völlig unstrittig.

Ich muss auch zugunsten des Kollegen Müller sagen: Ich ha be nie erlebt, dass er mit diesem Amt Politik betrieben hat. Die Art, wie man dort die Leute schnell ausgetauscht hat, das war – Verzeihung – schon verdächtig.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zurufe von der CDU – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Es ist nichts passiert, was nicht eine Selbstverständlichkeit wäre!)

Aber das scheint nicht genug zu sein. Das Ganze ist erstaun lich, und ich frage mich daher: Was wollen Sie bei diesem Sender eigentlich in Ihrem Sinn verbessern?

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Noch verbessern!)

Noch verbessern? – Die wenigen Konservativen und Libe ralen, die in den dortigen Gremien sind, müsste man eigent lich schon unter Artenschutz stellen.

(Oh-Rufe von den Grünen – Abg. Claus Schmiedel SPD: Jetzt wird’s deutlich! Ruhig weitersprechen! – Abg. Andreas Stoch SPD: Das ist gerade richtig gut!)

Sie wollen mehr, Sie wollen das Ganze. Da richte ich mich in der Tat vor allem an die Grünen-Fraktion, weil es dort deutli cher war. Ich glaube, dass Sie ein naives Verhältnis zur Macht haben.

(Beifall des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Lachen bei den Grünen)

Man könnte auch sagen: ein rücksichtsloses Verhältnis zur Macht.

(Zuruf von den Grünen)

Ich will es belegen. Bis gestern hatte es den Anschein, dass Sie in den Gremien nicht nur frei werdende Positionen beset zen, sondern alle Vertreter austauschen wollen,

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Sagen Sie!)

obwohl die Amtsperiode noch läuft.

(Zurufe von den Grünen)

Sie hatten z. B. bis gestern einen Vertreter zu viel für die LFK benannt, was nur den Schluss zulässt, dass zumindest Sie –

(Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Das ist eine Unter stellung!)

aber ich nenne auch die SPD – daran gedacht haben,

(Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: „Daran gedacht ha ben“!)

alle auszutauschen. Das wäre ein bezeichnendes Verständnis.

(Zurufe von den Grünen und der SPD – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich darf doch um Aufmerksamkeit für den Redner bzw. die Rednerin bitten. Es gibt nachher die Möglichkeit einer Replik. Es stört ungemein, wenn bei jedem Satz des Redners ein Zwischenruf getätigt wird. Zwischenru fe sind intellektuelle Bemerkungen, ganz spontan und wohl überlegt.

Ich bitte jetzt um Aufmerksamkeit für den Redner. Danach gibt es die Replik.

Herr Präsident, ich bitte um Nachsicht mit den Fraktionen, insbesondere mit der Fraktion GRÜNE. Denn mir war klar, dass diese sich jetzt gleich auf regen werden.

Jedenfalls lässt Ihr Verhalten den Schluss zu, dass Sie die Po sitionen austauschen wollen. Dem liegt natürlich ein bedenk liches Verständnis von den Gremien zugrunde. In den Rund funkgremien soll das politische Spektrum schon auftauchen und abgebildet werden. Es sollen aber nicht sofort die jewei

ligen Mehrheitsverhältnisse des Landes hergestellt werden. Wenn wir das machen würden,

(Zuruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)

würde deutlich, dass es um einen gezielten politischen Ein fluss geht. Aber diese Argumentation ist natürlich für Sie nicht nachvollziehbar.

Wir werden aufmerksam die Diskussion über eine Änderung des Rundfunkstaatsvertrags verfolgen, die auf den Gängen schon längst angefangen hat – auch diese können Sie nicht leugnen –, und zwar eine Änderung in dem Sinn, dass viel leicht mehr Vereinigungen und Organisationen vertreten sind, die Ihnen gefallen. Ich kann davor nur warnen. Ich hatte vor vielen Jahren einmal die Ehre und das Vergnügen, diesen Ver trag mit auszuhandeln. Es war ganz gut, dass in der damali gen Lage die zwei betreffenden Regierungen politisch unter schiedlich zusammengesetzt waren, nämlich bei uns aus CDU und FDP/DVP und in Rheinland-Pfalz aus SPD und FDP.