Protokoll der Sitzung vom 30.06.2011

Man muss sich nur einmal anschauen: Wer war bisher im Rundfunk- bzw. im Verwaltungsrat? Für die CDU waren es Herr Minister a. D. Professor Reinhart, Minister a. D. Helmut

Rau, Minister a. D. Ulrich Müller und Staatssekretärin a. D. Johanna Lichy. Das sind doch alles Regierungsvertreter der CDU gewesen. Es ist völlig normal, dass diese bei einem Re gierungswechsel ausgetauscht werden.

Jetzt muss ich Ihnen noch etwas erzählen, was Sie auch nicht so gern hören werden: Ein hoher Mitarbeiter des SWR hat mich im letzten Herbst angesprochen und gefragt, ob er mich anrufen dürfe, wenn es nach dem Regierungswechsel, von dem er jetzt alllmählich ausgehe, Anrufe aus dem Staatsmi nisterium gebe, die jetzt gang und gäbe seien. Das heißt, die Einflussnahme findet doch nicht statt, weil Regierungsmitglie der im Verwaltungsrat oder im Rundfunkrat sitzen, sondern es wird auf ganz anderer Ebene versucht, Einfluss zu nehmen. Das wird es – darauf hat Kollege Salomon hingewiesen – mit uns nicht geben; das kann ich Ihnen versprechen. So werden wir mit dem SWR nicht umgehen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Meine Damen und Herren, der SWR – Kollege Pauli hat zu Recht darauf hingewiesen – und der öffentlich-rechtliche Rundfunk insgesamt stehen vor großen Herausforderungen. Da wird sich zeigen, Herr Rülke, ob die FDP/DVP tatsächlich auf der Seite des SWR, des öffentlich-rechtlichen Rundfunks steht oder ob sie weiterhin diese Polemik gegen den öffent lich-rechtlichen Rundfunk vornehmen wird. Es geht beispiels weise darum: Welche Internetauftritte werden zukünftig er laubt sein, wenn der Dreistufentest evaluiert sein wird? Es geht darum: Bekommen wir einen Jugendkanal? Ein Problem des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist die Altersstruktur der Zuschauerinnen und Zuschauer bzw. Zuhörerinnen und Zu hörer. Auch da braucht der öffentlich-rechtliche Rundfunk die Unterstützung durch die Politik.

Natürlich – ich habe es schon erwähnt – müssen wir den Staatsvertrag erneuern. Herr Goll, auch wenn Sie damals da bei waren: Es gibt ein paar Punkte, die wir ändern müssen. Ich hoffe, wir haben Sie dann auf unserer Seite.

Jetzt noch zu dem, was in dem Artikel unterstellt wurde, wir hätten das Ganze gemacht, um Herrn Boudgoust unter Druck zu setzen. Ich kann nur sagen: Herr Boudgoust hat die volle Unterstützung von mir und allen anderen Grünen und Roten. Er greift die richtigen Themen auf. Auch bei der Bewerbung für seine Wiederwahl hat er die richtigen Themen aufgegrif fen. Wir sind uns vollkommen mit ihm einig. Wir sind froh, dass er der Intendant ist.

Fragen Sie einmal die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des SWR, was sie von Herrn Boudgoust halten, vor allem im Ver gleich zu seinem Vorgänger. Die sind alle froh, dass Herr Boudgoust da ist, weil er eben mit ihnen redet und im Dialog Dinge entwickelt. Darum geht es, um nichts anderes mehr.

Deswegen werden wir, meine Damen und Herren, den öffent lich-rechtlichen Rundfunk – darauf ist von mehreren Vorred nern schon hingewiesen worden – weiterhin stärken. Wir brau chen ihn. Wir wollen, dass dieses qualitativ wesentlich höhe re Angebot den Menschen im Land weiterhin zur Verfügung steht. Sie werden mit einer solchen Debatte wirklich nur Stei ne im Glashaus werfen.

Sie waren es, die immer die Interessen der privaten Rund funkanbieter vertreten haben – immer gegen uns und immer

gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Lassen Sie das zukünftig. Wir wollen doch nicht nur zwischen „Dschungel camp“ und „Deutschland sucht den Superstar“ hin- und herzappen, sondern wir wollen auch Qualität im Fernsehen haben.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Deshalb, meine Damen und Herren: Lassen Sie solche Debat ten. Früher haben Sie eine Debatte so konzipiert, dass der Jus tizminister oder der Wirtschaftsminister dazu reden konnte. Das geht jetzt nicht mehr. Wahrscheinlich ist Ihnen nichts an deres eingefallen, als sich auf diesen Zeitungsartikel zu beru fen. Aber das, meine Damen und Herren, tut dem Hohen Haus nicht gut. Arbeiten Sie an den Themen, die ich genannt habe, damit der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine Zukunft hat.

(Zuruf von der CDU: Themenbeschränkung!)

Dann haben wir vonseiten der Landesregierung und vonsei ten des Parlaments einen sehr produktiven Beitrag geleistet.

Danke.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Ich habe im Übrigen dem Kollegen Rülke eben schon gesagt, dass ich mich für den Ausdruck „Kasper“ entschuldige.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Das hat man gar nicht verstanden! – Glocke des Präsidenten)

Bevor wir in eine mögliche zwei te Runde eintreten, möchte ich für diejenigen, die es gerade akustisch nicht mitbekommen haben, mitteilen, dass Herr Staatssekretär Walter sein Bedauern zum Ausdruck gebracht hat.

Ich bitte darum, gewisse verbale Formulierungen zu unterlas sen, die der Würde des Hohen Hauses nicht entsprechen.

(Zuruf des Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE)

Auch in zwischenmenschlicher Hinsicht sind sie nicht gut. Ich weiß zwar, dass es auch einmal Ausrutscher gibt; dann ist es aber sicher das Beste, sich sofort zu entschuldigen.

(Unruhe)

Sofern Wortmeldungen vorliegen, können wir nun in die zwei te Runde eintreten. – Herr Abg. Dr. Goll, bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte doch noch ein paar Sätze dazu sagen, weshalb ich es richtig und wichtig finde, diese Debatte hier zu führen. Ihre Reaktion hat mir die Be deutung noch einmal deutlich vor Augen geführt.

Zum einen kann mir wahrlich niemand nachsagen, dass ich ein Feind des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wäre. Aller dings mag ich keinen Rundfunk, der sich anschickt, mithilfe von Gebührengeldern mit dem „Dschungelcamp“ zu konkur rieren. Das will ich hier jetzt aber nicht vertiefen.

Ich will aber deutlich machen: Es geht nicht etwa um Gerüch te, die die FDP gestreut habe. Vielmehr geht es um Berichte; ich habe aus ihnen zitiert und darf dies noch einmal etwas aus

führlicher tun. Beispielsweise war in der Presse zu lesen – ich zitiere –:

Deutlicher kann man kaum noch signalisieren, dass man Einfluss nehmen will, hieß es am Freitag aus der ARD.

An anderer Stelle war zu lesen:

Dem Vernehmen nach dringen SPD und Grüne bei der Besetzung von führenden Positionen im SWR auf mehr Mitsprache, unter anderem bei den Stellen des Fernseh direktors und des Hörfunkdirektors.

Wenn Sie jetzt sagen, Herr Salomon, Sie würden mir nicht den Gefallen tun, dies zu bestätigen, dann höre ich nichts lieber als das.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Günther- Martin Pauli CDU)

Aber wir können uns einmal über die Gefahr unterhalten, die vielleicht doch bestanden hat und von der etliche, die hier sit zen, meiner Meinung nach ganz genau wissen.

Es ist übrigens schon ein bisschen originell, zu sagen: Wir brauchen keine Aktuelle Debatte. Das hat mich ein bisschen überrascht, lieber Herr Pauli. Was wäre denn passiert, wenn wir keine Debatte führen würden? Sind Sie so sicher, dass nichts passiert wäre? Ich bin mir da nicht sicher, und ich kann Ihnen auch sagen, warum ich so misstrauisch bin, wenn ich die Überschrift „Ein Sender als Beute“ lese. Diese persönli che Einschätzung kann und werde ich Ihnen hier nicht erspa ren.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Weil er eben nicht die Beute ist! – Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)

Die ersten sechs Wochen der neuen Landesregierung – ges tern wurde auf diese vergangenen sechs Wochen Bezug ge nommen – waren für mich geprägt von dem Griff nach jedem möglichen Posten, nach jeder sich bietenden Gelegenheit.

(Lachen und Widerspruch bei den Grünen und der SPD – Zuruf von den Grünen: Absurd!)

Begonnen hat es mit einem zusätzlichen Ministerposten und mit mehr Abteilungen. Ich erinnere mich noch gut daran, wie wir unter dem Vorsitz von Erwin Teufel darüber diskutiert ha ben, wie wir ein paar Abteilungen streichen können, und was für ein Kampf das damals war. Nun findet man aber immer wieder etwas Neues, was mit einem Federstrich gemacht wer den kann. Man erfindet Beförderungsmöglichkeiten, etwa im Fall der Pressesprecher.

Es war die Rede von „Abendsonne“ und „Morgenröte“.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Sind wir für die Überschriften verantwortlich?)

Ich will Ihnen eines sagen: Die „Morgenröte“, der Griff nach Positionen, war für den Steuerzahler ein teures Unterfangen. Das lässt sich berechnen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Fällt Ihnen jetzt nichts mehr ein zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk? Wes halb reden Sie über all diese Themen? Das ist ein bisschen peinlich, oder?)

Diesen Einwand habe ich erwartet. Ich sage nur, wie wahr scheinlich es ist, dass da etwas dran war. Dann stelle ich fest, dass sich die Schlagzeile, die ich jetzt zitiert habe, für mich in einen Kontext mit der zitierten Überschrift fügt. Ich kann nur registrieren, dass diese Regierung an der Beute interessiert ist,

(Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)

am Verteilen von Jobs. Dann wird, wie beispielsweise gestern, noch begründet, dass man, wie im Fall von Herrn Hermann, Antworten verspätet gibt, weil man seine Dinge nicht auf die Reihe bekommt.

(Widerspruch bei den Grünen)

Verzeihung: Wenn ich meine Dinge nicht auf die Reihe be komme, würde ich nicht diese verdächtige Eile an den Tag le gen, überall Einfluss zu nehmen.

Übrigens, ich war gerade beim Stichwort „Aktion Abendson ne“ und „Aktion Morgenröte“. Ich möchte schon darauf hin weisen: Eine „Aktion Abendsonne“ hat es nicht gegeben. Das war eine Fiktion.

(Zuruf von der SPD: Stand aber in der Zeitung!)