Protokoll der Sitzung vom 19.06.2013

Es wurden auch Fragen zum Güterverkehr angesprochen. Ich möchte noch einmal deutlich herausstellen: Ich denke, es ist ganz wichtig, dass wir auch die Güter – – Wir fordern viele Straßenprojekte sozusagen immer wieder heraus, weil wir sa gen: Es besteht eine Überlastung. Man muss versuchen, Gü terverkehre zu verlagern. Ein Punkt in diesem Zusammenhang ist natürlich die Schiene.

Ein anderer Punkt sind die Wasserstraßen. Hier wurde lange über die Förderung der Wasserstraße Neckar diskutiert, und es wurde immer wieder so getan, als würde sich die Landes regierung da irgendwie als Bremser betätigen. Aber es wird jetzt auch in der Antwort auf die Große Anfrage noch einmal ganz deutlich, dass hinsichtlich des Ausbaus der Wasserstra ße Neckar letztlich der Bund der Bremser ist. Auch die Her abqualifizierung zwischen Heilbronn und Stuttgart ist immer noch nicht vom Tisch. Darüber wird noch verhandelt.

Das sind Dinge, die man in Gänze sehen muss. Ich glaube, da ran wird deutlich, wie wichtig es ist, eine Gesamtstrategie für den Verkehr zu haben. Ich muss leider sagen: Sie war bis jetzt noch nicht vorhanden, was CDU und FDP/DVP angeht. Das haben wir Grünen jetzt vorangetrieben. Das wird in der Ant wort deutlich herausgearbeitet.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Dafür bin ich dankbar.

Jetzt noch ein Punkt, der mir ganz wichtig ist: Mobilität be deutet nicht nur Straßen und Infrastruktur, sondern auch Stadt

planung. Das wird auch noch einmal deutlich herausgearbei tet. Durch eine „Stadt der kurzen Wege“ kann der Fußgänger eine Stadt wieder viel intensiver erleben – ohne Autoverkehr, ohne Schadstoffe. Aber es wird auch deutlich, dass viele Inf rastrukturmaßnahmen und der Trend, immer öfter Ausflüge ins Grüne zu unternehmen, auch Verkehr induzieren. Daher ist auch in dieser Hinsicht ein großes Problem vorhanden.

Deswegen ist diese Anfrage auch insofern wichtig und rich tig, als noch einmal überprüft werden sollte, ob die Flächen nutzungsplanung und die Regionalplanung in der richtigen Weise vorhanden sind.

Ganz wichtig in dieser Richtung ist mir noch, dass man den Verkehr auch insgesamt nicht nur als etwas begreift, was ei nen von A nach B bringt. Vielmehr braucht man intelligente Verkehre. Man muss vielfach auch eine Entschleunigung vor nehmen und sich überlegen, ob manche Verkehre überhaupt notwendig sind. Vielleicht sollte man lieber bestimmte intel ligente Planungen vornehmen. Denn wir sind immer noch in der Situation, dass wir sagen: „Ich setze mich eben ins Auto“, ohne zu überlegen, ob das überhaupt sinnvoll ist. Diese sozi ale Frage wird auch angesprochen.

Der Lärmschutz ist natürlich gerade für Menschen wichtig, die in Gegenden wohnen, in denen nicht so viel Geld verdient wird. Häufig leben sie an besonders verkehrsreichen Straßen, wo der Lärmschutz dringend notwendig ist. Wenn man die be treffende Straße etwas intelligenter gelegt bzw. den Verkehr dort etwas reduziert hätte, wären auch dort wunderschöne Wohngegenden, und man hätte sozusagen alles in einem Guss. Deswegen ist der Verkehr nicht nur eindimensional zu sehen, sondern mehrdimensional. Das wird in der Vorlage besonders herausgearbeitet.

Weiteres kommt in der Schlussrunde. Ich wünsche Ihnen bei der Lektüre der Antwort auf unsere Große Anfrage viel Er kenntnisgewinn. Das ist eine tolle Sache. Lesen Sie sich die Antwort durch. Wir werden dann unsere Konzepte umsetzen. Deswegen freue ich mich auf die Diskussion.

Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Frau Abg. Razavi das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehr ten Damen und Herren! Lieber Herr Raufelder, ich kann lei der vieles von dem, was Sie gerade beschrieben haben, in der Antwort nicht finden.

(Abg. Wolfgang Raufelder GRÜNE: Was?)

Fontane hat einmal geschrieben: „Das ist ein weites Feld, Lu ise.“ Das trifft auf das Thema „Nachhaltige Mobilität“ eben so zu.

(Zuruf des Abg. Jörg Fritz GRÜNE)

Natürlich ist das Thema sehr komplex und schwierig und kann in einer Großen Anfrage sicherlich nicht erschöpfend abge handelt werden. Wir sind uns auch einig, dass wir uns alle mit der Frage, wie Mobilität in der Zukunft aussehen muss und aussehen kann, unbedingt auseinandersetzen müssen.

Aber ich bin mir nicht sicher und bezweifle sehr stark, dass diese Große Anfrage und die Beantwortung hilfreich sind.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Ach was!)

Denn Sie von der Fraktion GRÜNE – das muss ich Ihnen lei der sagen – haben eigentlich die falschen Fragen gestellt,

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Ach was, das auch noch!)

und die Landesregierung gibt auf die Fragen die falschen Ant worten.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Welche Fragen?)

Ich komme dazu. – Ihre Fragen sind ein Sammelsurium von Themenbereichen, leider aber ohne Zusammenhang und oh ne roten Faden. Stattdessen verheddern Sie sich im KleinKlein und nehmen eine Gewichtung eigentlich schon vorweg.

Jetzt könnte man ja sagen: Wenn die Fragen falsch sind, kön nen die Antworten auch nicht richtig sein und nicht besser aus fallen. Trotzdem bin ich überrascht. Ich hatte schon erwartet, dass die Landesregierung, dass dieses Verkehrsministerium bei einem so wichtigen Zukunftsthema ein Konzept vorzu weisen hat.

Stattdessen finden wir einen Strauß von mehr oder weniger zusammenhanglosen, nicht abgestimmten Vermerken zu Ein zelthemen, unausgewogen, nicht rund und erkennbar aus ver schiedenen Ministerien. Der erste Teil kommt wohl aus dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft, mit wirtschaftspo litischer Ausrichtung, und der Rest aus dem MVI als lose Sammlung verschiedener Verkehrsthemen.

Ich glaube, dass die Antwort auch dem Titel der Großen An frage nicht gerecht wird. Wir sagen: Es reicht nicht aus. Es gelingt Ihnen bedauerlicherweise nicht, einen schlüssigen Bo gen darüber zu spannen, wie wir heute die Mobilität von Mor gen zu gestalten haben.

Was wir hier in der Großen Anfrage lesen, zeigt: Sie haben kein Konzept. Dabei haben Sie doch im Verkehrsministerium ureigens eine Abteilung mit genau diesem Titel gebildet und haben viel teures Personal eingestellt.

Weder in den von den Grünen gestellten Fragen noch in den Antworten der Landesregierung wird auch nur ansatzweise deutlich, was Sie überhaupt unter nachhaltiger Mobilität ver stehen. Dazu sind die einzelnen Fragen auch schlecht und wi dersprüchlich beantwortet. Ich möchte Ihnen nur ein paar Bei spiele nennen: Sie bekennen sich zur Mobilität als Grundbe dürfnis aller Bürgerinnen und Bürger. Damit bin ich einver standen. Sie irren aber, wenn Sie schreiben, dass die Abkehr von fossilen Energieträgern Voraussetzung dafür ist, dass Mo bilität für alle bezahlbar bleibt. Energie wird zunächst einmal teurer werden. Das wissen wir alle. Deshalb ist dieses Junk tim falsch.

Überhaupt kommen der Mensch und seine Grundbedürfnisse in der Beantwortung der Großen Anfrage – außer beim Lärm schutz – viel zu kurz. Sie betonen zwar, wie wichtig es bei der Planung von Verkehrswegen ist, Lebensräume von Tieren wie der zu vernetzen – auch damit bin ich einverstanden –, aber

warum stemmen Sie sich denn so gegen den Bau neuer Stra ßen und Ortsumfahrungen?

(Zuruf von den Grünen: Machen wir doch gar nicht!)

Ist denn die Zerschneidung durch eine stark befahrene Orts durchfahrt kein Eingriff in Lebensräume?

(Beifall bei der CDU)

Der Schutz von Flora und Fauna, der sparsame Umgang mit Flächen ist immer ein wichtiges Anliegen der CDU gewesen. Aber der Mensch darf dabei doch nicht unter die Räder kom men.

Ein ganz zentrales Thema der Anfrage ist natürlich der Rad verkehr. Die Landesregierung bleibt hier aber eine ehrliche Antwort schuldig. Sonst hätte sie zugeben müssen, dass sie weit weniger in den Radverkehr investiert als die Vorgänger regierung. Das heißt, nicht einmal bei Ihrem Lieblingskind werden Sie Ihren Ankündigungen gerecht. Da reicht eine Mo denschau mit dem Titel „RadCOUTURE“ leider nicht aus.

Den größten Raum nimmt die Elektromobilität ein – seltsa merweise erst beim Teil des Wirtschaftsministeriums, dann beim Teil des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur. Das passt auch nicht zusammen. Uns ist das Thema immer wich tig gewesen. Sie verkennen jedoch völlig, dass zunächst der Ausbau entsprechender Infrastruktur notwendig ist und dass der Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg und damit Zig tausende von Arbeitsplätzen davon abhängig sind, ob klassi sche Antriebstechnologien so weiterentwickelt werden kön nen, dass sie weiterhin weltweit konkurrenzfähig sind und dass es für unsere Technologien auch weiterhin weltweit Ab satzmärkte gibt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Jo chen Haußmann FDP/DVP – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE meldet sich. – Glocke des Präsidenten)

Frau Abg. Razavi, ge statten Sie eine Zwischenfrage?

Zum Schluss, im Anschluss. – Pro dukte „Made in Baden-Württemberg“ müssen eben weltweit auch noch Abnehmer finden.

Den ÖPNV und den SPNV als vollwertige Alternativen zum Individualverkehr auszubauen war spätestens mit der Regio nalisierung unsere Politik. Ob Sie diese Erfolgsgeschichte in den nächsten Jahren fortschreiben können, wird die Zukunft zeigen.

Sie fragen nach Möglichkeiten der Stadtentwicklungsplanung zur Verkehrsvermeidung. Diese ist aber in erster Linie – das entnimmt man auch der Antwort – Sache der Kommunen. Wa rum fragen Sie denn nicht nach einem Konzept der Landes entwicklungsplanung? Warum fragen Sie nur nach der Ver meidung von Verkehr und nicht nach einem landesweiten Konzept, wie Verkehrsinfrastruktur und Mobilität weiterent wickelt werden können? Aber wahrscheinlich haben Sie ge wusst, dass die Antwort hierauf dünn ausfallen würde.

Zu einer intelligenten Verknüpfung verschiedener Verkehrs träger ist weder in der Anfrage noch in der Antwort etwas zu

finden. Sie betonen, dass Baden-Württemberg zu einer Pio nierregion für nachhaltige Mobilität werden soll. Da haben Sie uns ganz auf Ihrer Seite. Aber das reicht eben nicht aus. Sie müssen auch sagen, wie dies gelingen kann. Wir erwarten von Ihnen ein Konzept, eine Strategie, wie die Zukunft der Mobilität im Land gestaltet werden soll.

Herr Raufelder, eine gute Vorlage gibt es bereits dafür. Sie müssen sie nicht neu erfinden. Ich zitiere: „Nachhaltige Ver kehrsentwicklung – Mobilität sichern“, das ist das Leitmotiv des Generalverkehrsplans aus dem Jahr 2010. Der Anspruch der damaligen Landesregierung war es, wirtschaftliche Leis tungsfähigkeit mit ökologischer Verantwortung und sozialer Gerechtigkeit zu verbinden. Das halte ich auch weiterhin für den richtigen Weg.

Was wir brauchen, sind Leitlinien für eine Mobilität der Zu kunft, die Antworten finden auf Fragen nach dem Zusammen hang von Erreichbarkeit und Siedlungsstruktur, der Finanzie rung von Mobilität, der Verknüpfung aller Verkehrsmittel, der Qualität und Effizienz der Mobilität und dem Mobilitätsver halten im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel.

Zwischen diesen großen Zielen und der Umsetzung im Detail müssen allerdings politische Abwägungen getroffen werden. Diese dürfen aber nicht einer einseitigen ideologischen Vor stellung von Mobilität folgen. Verkehrspolitik darf nicht re gulieren, beschränken, bevormunden. Sie muss vielmehr an dem Grundbedürfnis der Menschen, mobil zu sein, ausge richtet sein. Sie muss ausgerichtet sein an den Bedürfnissen des Landes mit seiner ganzen Vielfalt, den ländlichen Räu men und den Städten, den strukturschwachen und den starken Räumen. Sie muss ausgerichtet sein an den Bedürfnissen der Wirtschaft und der Ökologie. Mobilität für alle und gleich wertige Lebensverhältnisse in allen Bereichen des Landes zu schaffen, das muss das Ziel einer klugen Verkehrspolitik sein.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Jetzt habe ich vergessen, dass noch eine Frage vorlag. Ent schuldigung.