Protokoll der Sitzung vom 19.06.2013

Sie können hier in der Öffentlichkeit Unwahrheiten erzählen, wie Sie wollen. Zum Glück gibt es noch Finanzmärkte, und die Finanzmärkte stärken uns in unserem Konsolidierungs kurs. Die Ratingagentur Standard & Poor’s, die bestimmt nicht verdächtig ist, den Grünen oder den Roten nahe zu sein, hat das Land Baden-Württemberg sowohl 2012 – da waren wir immerhin schon an der Regierung – als auch für 2013

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Aber be stimmt nicht wegen Ihnen!)

mit der Bestnote AAA bewertet, lieber Kollege Rülke.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Bestimmt nicht wegen Ihnen!)

Nur zur Erinnerung: Zum Ende Ihrer Regierungszeit war das Land herabgestuft gewesen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ich möchte mit Erlaubnis des Präsidenten die Begründung von Standard & Poor’s zitieren:

Die Heraufstufung spiegelt unsere Erwartung wider, dass die neue Landesregierung den Kurs auf eine Sanierung der Staatsfinanzen fortsetzen wird...

Dem ist nichts hinzuzufügen, lieber Kollege Rülke.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Meine Damen und Herren, der Konsolidierungspfad ist ein geschlagen, aber bis 2020 kann es ein schwieriger und steini ger Weg werden. Es gibt eine Reihe von erheblichen Risiken. Dazu gehören konjunkturelle Risiken,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Und die Landesregierung!)

Risiken der Eurozone, Kostenrisiken, etwa bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus Krisengebieten, oder ganz aktuell die Hochwasserschäden – alles Entwicklungen und Risiken, die wir auf Landesebene nicht beeinflussen können.

Daher müssen wir Konsequenz und eine verbindliche Planung für die Schuldenbremse mit einer Risikovorsorge verbinden. Wir brauchen also eine Art unternehmerischen Ansatz, der auch Risiken einbezieht, einen Ansatz der kaufmännischen Vorsicht. Die einfach gestrickte Buchhaltermentalität der FDP/ DVP greift hier zu kurz. Wir bleiben daher bei unserem Kon zept: Schuldenbremse 2020 mit einem verbindlichen Finanz plan 2020 und einer gesetzlichen Unterlegung in der Landes haushaltsordnung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, unser Angebot, dieses klare, konsequente und realistische Konzept in der Landesverfassung zu verankern, besteht weiterhin. Heu te haben Sie mit Ihrem Gesetzentwurf einen zweiten Versuch unternommen. Aller guten Dinge sind drei. Ich bin gespannt, wann Ihr dritter Gesetzentwurf kommt, in dem Sie auf unse ren Kurs einlenken werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Maier.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich die Debattenbeiträge der Opposition höre, kann ich nur sagen: Das ist wieder eine sehr populisti sche Gesetzesvorlage, die wir präsentiert bekommen.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Wie immer halt!)

Populismus genauso wie bei der Schuldenuhr der FDP/DVP, die im Übrigen falsch geht.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Sie können sich ja danebenstellen!)

Das Ziel dieses Gesetzentwurfs und des ganzen Vorstoßes ist doch nur, die Vorhaben der grün-roten Reformpolitik zu stop pen,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Eure Miss wirtschaft aufzuzeigen!)

dieser Regierung Schwierigkeiten zu machen oder sogar die Zeit einfach zurückzudrehen.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Zum wiederholten Mal haben wir jetzt das Thema Schulden bremse auf der Tagesordnung.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das passt Ihnen nicht, gell?)

Ausgehend vom Jahr 2013 sieht dieser neue Gesetzentwurf, der übrigens gar nicht so neu ist – Sie haben ja mehr oder we niger einen Referentenentwurf vorgelegt –,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ihr lernt es nie!)

Abbauschritte von 1,7 Milliarden € im Jahr 2013 bis zu 500 Millionen € im Jahr 2016 vor.

Das Erste, was daran interessant ist, ist, dass die FDP/DVP ei nen haushaltswirtschaftlichen Handlungsbedarf in Höhe von etwa 2,5 Milliarden € anerkennt und jetzt auch von einem Ab baupfad spricht. Es ist tatsächlich Bewegung hineingekom men. Sie bewegen sich auf unsere finanzpolitischen Grund sätze zu.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Sie nicht! Sie bewegen sich nicht!)

Das haben Sie während der Haushaltsplanberatungen noch nicht gemacht. Dort hat man mit großem Getöse gesagt, man brauche gar keine Verschuldung.

Die Begründung dieses Gesetzentwurfs finde ich schön;

(Beifall des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

sie ist schön geschrieben, aber ich finde sie schwach: Verbot der Nettokreditaufnahme nicht erst zum letztmöglichen Ter min, der Wirtschafts- und Finanzkraft des Landes angemes sen, nachhaltige, generationengerechte Finanzpolitik – das sind alles wunderschöne Worte, die Sie für die Begründung finden.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Die ihr nicht versteht!)

Das eigentliche Geschäft, den Gesetzentwurf mit Sparvor schlägen zu untermauern, haben Sie sich gespart. Das fehlt.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Ich habe einige Wortmeldungen der FDP/DVP aus den Haus haltsberatungen in Erinnerung. Da wurde uns – Sie haben es gerade noch einmal aufgeführt – vorgeworfen, dass wir die Studiengebühren abgeschafft haben. Inzwischen haben fast alle Länder die Studiengebühren abgeschafft; Bayern ist ge rade dabei. Das heißt, in Baden-Württemberg würde man ver suchen, die Zeit wieder zurückzudrehen.

Sie führen das Beispiel der Lebensarbeitszeit für Beamte an und sagen, hier würden Einsparungen erzielt, vergessen aber, dass das wieder versteckte Schulden sind; denn dieses Geld müssen Sie den Beamten irgendwann bezahlen. Das sind die Tricks, die wir hier vermeiden wollen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das verstehe ich nicht!)

Das sind Tricks, die nicht geeignet sind, die Neuverschuldung auf null zurückzufahren und zu einem ausgeglichenen Haus halt zu kommen.

Sie wollen die Polizeireform streichen. Gut, das sei Ihnen be lassen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das wäre auch bitter nötig!)

Sie lösen aber nicht die Aufgaben, die in Zukunft bei der Po lizei anstehen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Die Polizei reform löst diese auch nicht!)

Auch beim sozialen Wohnungsbau soll nach Ihrer Auffassung gestrichen werden.

Auf der anderen Seite haben Sie politisch beträchtliche For derungen aufgestellt: Die Tarifabschlüsse sollen übernommen werden, mehr Mittel für Straßen, für Forschung und für den ländlichen Raum soll es geben, Sie lehnen Einsparungen bei Stellen und Personal ab. Da liegen eine ganz Menge Vor schläge von Ihnen auf dem Tisch. Das Einzige, was ich bei Ihnen nicht sehe, sind Konzepte, z. B. ein Konzept zur Ent

wicklung der Personalausgaben in diesen acht Jahren, die wir bis zum Jahr 2020 noch an Zeit haben. Da wird alles offenge lassen. Damit fehlt das, was man braucht, um ein solch wich tiges Vorhaben einer Verfassungsänderung zu unterfüttern. Sie predigen Wasser und verlangen selbst Wein.