Die Ausnahme war tatsächlich die Wahlwerbung des damali gen Vorsitzenden des CDU-Beirats für einen Oberbürgermeis terposten. Da wurde eingegriffen. Aber üblicherweise wird dies sehr tolerant gehandhabt.
Ich wage einfach einmal meine Sicht der Dinge darzustellen. Ich glaube, es ist doch offensichtlich: Wenn sich Polizeibeam te in die Gremien der Partei entsprechend einbringen, weiß je der, dass dies Polizeibeamtinnen bzw. Polizeibeamte sind – ob mit oder ohne Uniform. Ich weiß es jetzt nicht so genau bezogen auf die Publikation der CDU – bei allem Respekt –, aber ich weiß es für die Publikation der SPD, dass sich der Verbreitungsgrad in Grenzen hält, weil die Publikation mehr nach innen und nicht nach außen gerichtet ist.
Deshalb würde ich auch in der Zukunft bereit sein, einen von Toleranz geprägten Maßstab anzulegen und jeweils das zu ma chen, was ich bei der Beantwortung der Frage a genannt ha be, nämlich im Einzelfall zu überprüfen, ob die Verhältnismä ßigkeit eingehalten worden ist. Ich werde dann reagieren, wenn offiziell Anstoß genommen wird. Dann werden wir überprüfen, ob die Verhältnismäßigkeit eingehalten worden ist. Wenn wir zu dem Ergebnis kommen, dass die Verhältnis mäßigkeit nicht eingehalten worden ist, werden wir kritische Gespräche mit den Beamtinnen und Beamten führen, die ei nen Verstoß begangen haben.
(Abg. Thomas Blenke CDU: Bekommen wir eine Rückmeldung über die Frage? – Abg. Claus Schmie del SPD: So können wir es machen! – Abg. Niko- laos Sakellariou SPD: Toleranz!)
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versor gungsbezügen in Baden-Württemberg 2013/2014 (BVAnpGBW 2013/2014) – Drucksache 15/3572
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich den Doppelhaushalt 2013/2014 hier in den Landtag eingebracht habe, war mir eines klar: Der Weg in eine Zukunft ohne Schul den wird steil, steinig und schwer. Bei dem abstrakten fernen Ziel mag Einigkeit bestehen, die nahe liegenden konkreten Schritte sind dagegen zwangsläufig umstritten. Denn ebenso wenig, wie sich die Erblasten der Vergangenheit auf Knopf
druck beseitigen lassen, lässt sich irgendwo sparen, ohne dass es jemand spürt. Umso wichtiger ist es, jeden einzelnen Schritt genau zu prüfen und seine Folgen abzuwägen. Das gilt gera de dort, wo Einsparungen ganz besonders wehtun, nämlich beim Personal, gerade weil unsere Beamtinnen und Beamten Hervorragendes leisten und ihre Arbeit für unser Land von größter Bedeutung ist.
Gleichzeitig lässt sich der Landeshaushalt nicht konsolidie ren, ohne den weitaus größten Ausgabenblock von über 40 % der Gesamtausgaben mit einzubeziehen. Deshalb haben wir um eine Lösung gerungen, die beides in Einklang bringt: die legitimen Erwartungen unserer Beamtenschaft und die hof fentlich in diesem Haus unumstrittene Notwendigkeit, den Landeshaushalt in Ordnung zu bringen. Diesen Geist des Ab wägens, des Ringens um eine faire Lösung atmet der Entwurf des Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versor gungsbezügen in Baden-Württemberg 2013/2014, den die Landesregierung heute einbringt. Ich bin überzeugt: Damit machen wir es nicht allen recht, wir machen aber vieles rich tig.
Erinnern wir uns: Die Tarifvertragsparteien für die Beschäf tigten des öffentlichen Dienstes der Länder haben im März 2013 eine Vereinbarung getroffen, die zum 1. Januar 2013 ei ne Anhebung der Entgelte um linear 2,65 % und zum 1. Janu ar 2014 um linear weitere 2,95 % vorsieht. Die monatlichen Ausbildungsentgelte sowie die Tarifentgelte der Praktikantin nen und Praktikanten werden zum 1. Januar 2013 um 50 € so wie zum 1. Januar 2014 um linear weitere 2,95 % erhöht.
Das hat uns, die Landesregierung, vor die schwierige Frage gestellt, wie wir dieses Ergebnis angesichts der Erblasten im Haushalt auf die aktiven Beamten und auf die Versorgungs empfänger übertragen können. Wir haben uns diese Entschei dung alles andere als leicht gemacht.
Denn dabei wohnen auch in meiner Brust zwei Seelen. Zum einen ist da die im Grundgesetz festgeschriebene Schulden bremse. Um sie einzuhalten, müssen wir das von SchwarzGelb hinterlassene strukturelle Defizit des Landeshaushalts von rund 2,5 Milliarden € stufenweise auf null im Jahr 2020 zurückführen. Zum anderen kenne und verstehe ich die Wün sche der Beamtenschaft und will ich den öffentlichen Dienst auch in Zukunft attraktiv halten. Wir sind uns bewusst, dass die Beamtinnen und Beamten des Landes hervorragende Ar beit leisten und damit einen ganz wesentlichen Beitrag zum Funktionieren unseres Gemeinwesens erbringen. Sie haben deshalb ein Recht, an der allgemeinen wirtschaftlichen und fi nanziellen Entwicklung teilzuhaben.
Die Gretchenfrage lautete also, wie man hier einen Kompro miss finden kann, der all diesen Anforderungen gerecht wird. Ich bin überzeugt: Es ist uns gelungen. Die Landesregierung hat sich nach sorgfältiger Abwägung entschieden, das Tarif ergebnis inhaltsgleich zu übernehmen und seine Übertragung mit einer sozialen Staffelung zeitlich zu verschieben. Das heißt ganz konkret: Für die Besoldungsgruppen bis einschließ lich A 9 und die Anwärter erfolgt die Anpassung zum 1. Juli 2013 bzw. zum 1. Juli 2014, für die Besoldungsgruppen A 10 und A 11 zum 1. Oktober 2013 bzw. zum 1. Oktober 2014 und für die übrigen Besoldungsgruppen dann zum 1. Januar 2014 bzw. zum 1. Januar 2015.
Gleichzeitig sorgen wir auch für die Zukunft vor. Bei linea ren Anpassungen der Besoldungs- und Versorgungsbezüge sind nach jetziger Gesetzeslage jeweils 0,2 % der Versor gungsrücklage zuzuführen. Deshalb erfolgt im Jahr 2013 ei ne Anpassung um 2,45 % bzw. um 50 € bei den Anwärtern, im Jahr 2014 dann eine Anpassung um 2,75 %. Damit federn wir die zukünftigen Belastungen des Haushalts ab und dämp fen die stetig steigenden Versorgungsausgaben.
Für uns steht fest, meine sehr verehrten Damen und Herren: Nur eine nachhaltige Haushaltspolitik ist eine gute Haushalts politik.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Demokratie lebt vom Kompromiss. Kompromisse bringen es nun einmal mit sich, dass eine Seite ihre Forderungen nicht zu 100 % durchsetzen kann. Deshalb habe ich natürlich Verständnis dafür, dass die Spitzenorganisationen der Gewerkschaft und der Berufsver bände sowie die kommunalen Landesverbände unsere Ent scheidung nicht bejubelt haben. Das ist ihre Aufgabe, und die Aufgabe der Landespolitik ist es, hier Überzeugungsarbeit zu leisten.
Ich habe allerdings kein Verständnis dafür, dass sich diejeni gen, die sich im Landtag verbal als die großen Sparer aufspie len, in der Realität sofort in die Büsche schlagen. Ich will es ganz deutlich sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition – sofern Sie da sind –:
Wer vor und auch nach den Haushaltsberatungen den Super sparer spielt und dann bei diesem Punkt eine populistische Schnappatmung bekommt, der hat hinsichtlich der Finanzpo litik dieses Landes ein für alle Mal jede Glaubwürdigkeit ver loren.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Diet rich Birk CDU: Was meinen Sie jetzt? – Zuruf des Abg. Manfred Groh CDU – Unruhe)
Zur Ehrlichkeit gehört, dass man in Erinnerung ruft, was Ih re Versprechungen, die Sie bei den Beratungen des Landes haushalts abgegeben hatten, bedeuten würden: 2013 rund 344 Millionen € und 2014 rund 388 Millionen € mehr an Ausga ben. Wie das alles mit Ihren vollmundigen Sparforderungen zusammenpassen soll, bleibt mir bis heute ein Rätsel. Hinzu kommt, dass Sie von der CDU die Chuzpe hatten, virtuelle Steuermehreinnahmen gleich zweimal vervespern zu wollen.
Zunächst wollten Sie mit den Mehreinnahmen, die mit der November-Steuerschätzung prognostiziert wurden, die Ab senkung der Nettokreditaufnahme finanzieren. Später forder ten Sie, das Tarifergebnis ungeschmälert auf die Beamten schaft zu übertragen.
Tatsache ist: Sie haben sich wie ein Jäger verhalten, der das Fell des Bären zerlegt hat, noch bevor der Bär im Wald auf getaucht ist. Die Steuerschätzung vom Mai dieses Jahres hat die Landesregierung in ihrer vorsichtigen Haltung bestätigt:
Der Zuwachs der Steuereinnahmen weicht gar nicht so unge heuer stark von den bisherigen Annahmen vom November letzten Jahres ab, weil sich die Konjunktur leicht abge schwächt hat.
Deshalb gibt es überhaupt kein Geld, um einen Anstieg der Zahlungen an die Beamtinnen und Beamten in Anlehnung an das Tarifergebnis sofort voll finanzieren zu können.
Wenn Sie dann noch die olle Kamelle herausholen, dass wir angeblich Milliardenüberschüsse in petto hätten,
die wir dafür nutzen könnten, dann rate ich Ihnen, sich erst einmal die Fakten anzuschauen, lieber Herr Schebesta. Es ist zu unterscheiden zwischen einem Kassenabschluss und einem Rechnungsabschluss. Maßgeblich ist allein der Rechnungs abschluss. Hier wird der Überschuss sehr überschaubar aus fallen; denn der Rechnungsabschluss beinhaltet auch die Ver pflichtungen aus Ausgabe- und Einnahmeresten.
Wer hier seriös argumentieren will, der darf nicht verschwei gen, dass jeder Überschuss gebraucht wird, um die schwelen den Risiken aus der Konjunktur, aber auch aus einem laufen den Verfahren vor dem EuGH aufgrund der Rechtsprechung zur Altersdiskriminierung jüngerer Beamtinnen und Beamten abzudecken. Dadurch stehen Mehrausgaben in dreistelliger Millionenhöhe im Raum.
Die Finanzierung des Landesanteils am Aufbaufonds Fluthil fe zeigt, wie wichtig und richtig es ist, hier Vorsicht walten zu lassen. Wir kämpfen in diesem Haus nicht um schmissige Schlagzeilen, sondern um den richtigen Weg für unser Land. Das sollten gerade Sie von der Opposition nicht vergessen.
Seriöse Politik geht anders. Sie wägt ab und schließt Kompro misse. Vor allem richtet sie sich nach der Wirklichkeit. Zu die ser Wirklichkeit gehört, dass die Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge im Gleichklang mit der allgemeinen Ent wicklung der Einkommensverhältnisse erfolgt.
Die zeitliche Verschiebung der Anpassung – das will ich be tonen – wirkt sich lediglich auf den Zeitraum der Verschie bung aus. Aber wir gewährleisten, dass die Beamtinnen und Beamten in Baden-Württemberg an der allgemeinen Lohnent wicklung teilhaben. Es kommt nicht zu einer dauerhaften Ab kopplung der Besoldungs- und Versorgungsbezüge von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung. Das ist mir und uns in der Regierung besonders wichtig.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, angesichts der schwierigen Ausgangslage beschreiten wir einen Weg der Ver nunft. Natürlich gab es zu dieser Entscheidung wie immer Al ternativen – in der Politik gibt es immer Alternativen –, doch sie bildeten jeweils nur eine Seite der Medaille ab. Sie waren entweder nicht finanzierbar, oder sie haben die berechtigten Erwartungen der Beamtenschaft nicht ausreichend berück sichtigt.
Schon in dieser Form ist die inhaltsgleiche Übertragung ein Kraftakt. Das zeigen die zusätzlichen Kosten in den kommen den Jahren, und ich will sie an dieser Stelle auch offenlegen. Dem Land entstehen unter Berücksichtigung der Zuführung an die Versorgungsrücklage im Jahr 2013 Mehrkosten gegen über 2012 in Höhe von rund 29,6 Millionen €. 2014 betragen die entsprechenden Mehrkosten unter Berücksichtigung der Anpassung im Jahr 2013 rund 345 Millionen €. Für 2015 be laufen sich die entsprechenden Mehrkosten gegenüber den Personalausgaben des Jahres 2012 auf rund 663 Millionen €. Für den kommunalen Bereich entstehen Mehrkosten von rund 4,6 Millionen € im Jahr 2013, rund 53,5 Millionen € im Jahr 2014 und rund 103 Millionen € im Jahr 2015.
Das ist eine gewaltige Anstrengung, aber es ist im Sinne un serer Beamtenschaft wichtig, sie zu schultern. Nur: Wer hier noch draufsatteln will, muss auch sagen, wie es geht, woher das Geld kommen soll, und zwar nicht mit platten Parolen, sondern mit harten Fakten.
Meine Damen und Herren, ich bin überzeugt, dass der vorlie gende Gesetzentwurf einen sachgerechten und fairen Kom promiss darstellt. Deshalb möchte ich Sie bitten, den Gesetz entwurf der Landesregierung zu unterstützen und ihn zur wei teren Beratung an den Finanz- und Wirtschaftsausschuss des Landtags zu überweisen.
Meine Damen und Her ren, für die Aussprache hat das Präsidium eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Rede zeiten gelten.
Frau Präsidentin, meine Da men und Herren! Herr Finanzminister, zur Wirklichkeit gehö ren auch ein paar andere Dinge, die Sie nicht erwähnt haben und die ich jetzt erwähnen werde.