Protokoll der Sitzung vom 13.07.2011

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Da men und Herren! Herr Minister Bonde, Sie haben die ganz entscheidende Frage nicht beantwortet bzw. keinen Hinweis darauf gegeben, woher Sie das Geld nehmen, um eine entspre chende Umstellung zu fördern und zu finanzieren. Entweder gibt es dafür frisches Geld aus dem Haushalt – Sie wissen das –, oder Sie nehmen es möglicherweise jemand anderem durch eine Umschichtung weg. Sie sind damit die Antwort auf eine ganz wichtige Frage schuldig geblieben.

Eine weitere Frage ist offengeblieben: Wie halten Sie es mit der Finanzierung des Neueinstiegs konventioneller Landwirt schaftsbetriebe in das Programm MEKA? Sie dürfen auf dem konventionellen Auge nicht blind sein. Wenn Sie an anderer Stelle mehr fördern, müssen Sie auch hier den Geldsack auf machen.

In einem Interview mit dem SWR sprachen Sie kürzlich da von, dass Sie eine Marketingkampagne für Ökoprodukte an leiern wollen. Auch hierzu müssen Sie die Frage beantwor ten, woher Sie das Geld nehmen.

Ich möchte darauf hinweisen: In beiden Produktionsbereichen – sowohl im Bereich der Ökolandwirtschaft als auch in der konventionellen Landwirtschaft – haben wir höchste Qualität und höchste Standards. Damit können wir uns europa- und deutschlandweit absolut sehen lassen. Beide Bereiche sind förder- und unterstützungswürdig, nicht nur einer.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Sie wissen, dass Vorsicht geboten ist. Die zukünftige finanzi elle Ausstattung der zweiten Säule der EU-Agrarpolitik ist of fen. Wenn Sie zur Ermöglichung eines Einstiegs in den Öko landbau in den Jahren 2012 und 2013 ausschließlich Landes mittel einsetzen wollen, könnte bei der EU der Eindruck ent stehen – da müssen wir wirklich vorsichtig sein –, dass eine solche Förderkulisse von den Ländern allein getragen werden könnte. Dann droht uns wichtiges Geld zu fehlen, das wir in der Vergangenheit gerade für diese Bereiche benötigt haben.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig! Haushaltspolitik!)

Bitte, Herr Minister Bonde, lassen Sie Vorsicht walten. Denn – ich komme auf Ihre Rede zurück – Nachhaltigkeit ist tat sächlich ein Begriff aus der Land- und Forstwirtschaft. Aber Nachhaltigkeit ist auch eine Grundmaxime politischen Han delns, vor allem wenn es um die finanzielle Ausstattung von entsprechenden Programmen und politischen Maßnahmen geht.

Wir als CDU-Landtagsfraktion wollen deshalb auch weiter hin die Förderung des Ökolandbaus sowie die Förderung der konventionellen Landwirtschaft gleichermaßen im Blick ha ben. Dabei wollen wir auch eine solide und dauerhafte Finan

zierung garantieren. Nur dieser Dreiklang gibt den Landwir ten langfristige Planungssicherheit und Vertrauen. Nicht mehr und nicht weniger brauchen wir in diesem Bereich.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Win fried Mack CDU: Bravo!)

Es spricht nun Herr Abg. Hahn für die Fraktion GRÜNE.

Herr Bullinger, soll ich auch ei nen Schwank aus meiner Jugend erzählen?

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Was? – Abg. Winfried Mack CDU: Was ist denn das für ei ne Rede? Was soll denn das?)

Ich gehöre auch zu denjenigen, die eine solche Fachschule be sucht haben. Dabei sind die Fächer zum Thema Umweltschutz zugunsten der Fächer zum Thema Pflanzenschutz ausgefal len. Dennoch gab es hier eine Weiterentwicklung. Das muss man einfach feststellen. Die Politik kann machen, was sie will – zum Schluss bauen die Bauern doch an, was sie wollen. Das ist der eine Punkt.

(Unruhe bei der CDU – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Dann kann man dieses Ministerium ein sparen! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Also brauchen wir keine Umweltprogramme?)

Frau Gurr-Hirsch, nach wie vor hilft es uns. Obwohl die Po litik nicht optimal läuft, geschieht das Richtige.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Nicht so viel vorschreiben! Mehr machen lassen!)

Wir wollen gar nichts vorschreiben, Herr Bullinger. Ich bin mehr am Markt, als Sie es jemals im Leben waren. Das muss ich einmal klar sagen.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPD)

So viel zum Thema Vorschriften.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Die Frage ist nur, in welchem Markt Sie waren! – Gegenruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: In einem virtuel len!)

Es sind Märkte, von denen Sie nur träumen.

Ich will noch einmal ganz klar feststellen: Natürlich hat das immer eine gewisse Kultur. Als Kommunalpolitiker habe ich immer gesagt: Wenn man über Fahrräder schwätzt, will man nicht sagen, dass man gegen Parkhäuser ist. Natürlich gehört das eine zum anderen, und natürlich ist die Basis die konven tionelle Landwirtschaft. Aber wir müssen doch das berück sichtigen, was passiert. Wenn wir uns selbst anschauen oder wenn ich mich anschaue, dann muss ich ganz klar sagen: Wir entwickeln keine neuen Agrarmärkte mit mehr Essen. Es tut uns auf jeden Fall nicht gut, mir jedenfalls nicht und den meis ten hier drin auch nicht.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen)

Das bedeutet, wir können uns nur dorthin entwickeln, wo neue Märkte, neue Produktgruppen entstehen. Neue Produktgrup pen wachsen, neue Lebensmittel werden auf der Verkaufsflä che angeboten. Ich werbe dafür, dass wir uns da einsetzen, Herr Traub.

Ich bin ganz – – Wie soll ich sagen?

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Überrascht!)

Es ist natürlich richtig: Wir hatten unter Herrn Weiser ein sehr fortschrittliches Agrarministerium.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

In den letzten Jahren hatten wir in diesem Bereich – so sage ich einmal – etwas weniger Licht.

(Heiterkeit bei den Grünen – Unruhe)

Wir spüren natürlich, dass wir da wieder heranmüssen, um diesen Bereich neu zu gestalten. Wir kommen nicht darum he rum, das zu tun, was notwendig ist. Dazu lade ich Sie ein.

Wir werden niemandem vorschreiben, was er in Zukunft tun soll, aber wir laden ein. Das ist das, was passieren muss, und das ist das, was Politik – deshalb sage ich es hier – in der Flä che leisten muss. Politik hat einerseits einen Bestimmungs faktor, aber Politik macht auch Stimmung. Solange der Be griff „Ökologischer Landbau“ fast mit einem schalen Ge schmack im Mund behandelt wird, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn viele Betriebe nicht darauf einsteigen.

Danke.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Aber lassen Sie es sich weiterhin schmecken! Das ist auch Lebensqua lität!)

Im Rahmen der verbleibenden Re dezeit erteile ich jetzt Herrn Kollegen Winkler von der SPDFraktion das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben zwei Ebenen, auf denen wir den ökologi schen Landbau beeinflussen können. Die eine ist die Seite der Hersteller, der Landwirte, die andere ist die Seite der Verbrau cher. Beide müssen wir im Blick haben. Wir müssen beim Ver braucher die Akzeptanz für die hochwertigen und teurer her zustellenden biologischen Lebensmittel schaffen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Und sie auch ge nießen, Herr Kollege Winkler!)

Das ist nun einmal eine Aufgabe, für die wir auch zuständig sind.

Oft ist es doch so, dass die Zusatzausstattung eines Mittelklas sewagens ruhig einige Tausend Euro mehr kosten darf, aber bei den Lebensmitteln auf den Cent geschaut wird. Beim Zweiturlaub ist die Preisempfindlichkeit lange nicht so hoch wie bei der Entscheidung zwischen einem Stück Biokäse und dem holländischen Edamer aus der Käsefabrik. Das ist so. Da haben wir also ein großes Feld, auf dem wir die Biolandwirt schaft fördern können und eben direkt fördern.

Wir haben an dieser Stelle in der letzten Legislaturperiode die Förderpolitik der Landesregierung kritisiert, weil sie durch ih re programmatische Aufstellung die Förderung unterbrochen hat. Andere Länder haben es anders gemacht. Sie hatten kein auslaufendes oder vollständig ausgeschöpftes Programm, in das niemand mehr einsteigen konnte. Das führte dazu, dass wir in Baden-Württemberg hinterherhinken und Chancen – das ist der Titel der heutigen Aktuellen Debatte – nicht genutzt haben. Hier müssen wir aufholen; das ist wichtig.

Wir haben gesagt: Im Falle einer Regierungsbeteiligung wer den wir eine deutliche Verbesserung der biologischen Land wirtschaft in Baden-Württemberg herbeiführen. Das werden wir machen, weil wir es seit Jahren gefordert haben. Jetzt wird es endlich getan – mit Augenmaß, mit Unterstützung des Marktes und der Verbraucher. Wir wollen die Chancen für den ökologischen Landbau besser nutzen als bisher.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Biotabak! – Hei terkeit)

Meine Damen und Herren, zur Ak tuellen Debatte unter Punkt 2 der Tagesordnung liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor.

Bevor wir zu Punkt 3 der Tagesordnung kommen, habe ich Ihnen eine sehr traurige Mitteilung zu machen, eine Nachricht, die uns sehr betroffen macht. Der ehemalige Landtagsabge ordnete und Fraktionsvorsitzende der FDP/DVP Dr. Ulrich Noll ist im Alter von 65 Jahren verstorben.

Herr Dr. Noll war von 1996 bis zum Ende der 14. Wahlperi ode Mitglied des Landtags, von 2004 bis 2009 Vorsitzender der FDP/DVP-Fraktion. Wir werden uns seiner stets dankbar erinnern. Ich darf Sie jetzt bitten, sich zum Gedenken an den Verstorbenen von Ihren Plätzen zu erheben.

(Die Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen.)

Ich danke Ihnen.

(Die Anwesenden nehmen ihre Plätze wieder ein.)