Protokoll der Sitzung vom 06.11.2013

Bei einem der Kernpunkte des Gesetzentwurfs, Artikel 5, gin gen die Ansichten aber auseinander. Es handelt sich hier, wie auch schon von Kollegin Lösch ausgeführt, um die Umset zung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur rückwirkenden Gleichstellung eingetragener Lebenspartner schaften für den Bereich des öffentlichen Dienstes, und zwar ab dem Stichtag 1. August 2001. Gerade hinsichtlich der Rückwirkung zu diesem Stichtag 1. August 2001 haben wir keine Einigung erzielt.

Die rückwirkende Gleichstellung ist aber ein zentraler Punkt im Gesetzentwurf. Damit wird die Diskriminierung eingetra gener Lebenspartnerschaften im öffentlichen Dienst beendet. Herr Hollenbach, wir haben genau zwischen Diskriminierung und Sparen unterschieden. Uns ging es vor allem darum, dis kriminierende Regelungen zu eliminieren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Auf den ersten Blick geht man mit einer Rückwirkung ab dem 1. August 2001 über die Vorgaben des Bundesverfassungsge richts hinaus. Das Urteil betrifft ja nur den Familienzuschlag. Man kann aber aus dem Urteil durchaus schließen, dass wei tere Kläger, die andere Rechte als den Familienzuschlag ein klagen, auch Recht bekommen und rückwirkend – das ist ei gentlich logisch – zu dem Zeitpunkt, seit dem Lebenspartner schaften möglich sind – das ist der 1. August 2001 –, dienst rechtlich gleichgestellt werden müssen.

Es wäre damit zu rechnen, dass das Gericht der Legislative, also uns, die rückwirkende Gleichstellung im Dienstrecht scheibchenweise vorgeben würde, wenn wir die rückwirken de Gleichstellung nicht sofort auf alle relevanten Bereiche ausdehnten. Deshalb ist es klug und sinnvoll, dass wir die Aus weitung gleich entsprechend vorsehen. Herr Goll hat einmal gesagt: Wir machen einen Knopf daran, damit alles erledigt ist.

In den Beratungen wurde einstimmig ein Vorschlag des Peti tionsausschusses – er kam vom Kollegen Georg Nelius – auf genommen.

(Beifall des Abg. Nikolaos Sakellariou SPD)

Er sieht bei der Hinterbliebenenversorgung eine Übergangs regelung vor. Diese Übergangsregelung vermeidet eine Rei he von Härten.

Wir haben auch anderes wie die gebündelte Dienstpostenbe wertung, die in der Vergangenheit einige Male strittig war, jetzt geklärt. Ich glaube, die Fragen dazu sind zufriedenstel lend beantwortet worden.

Auch die finanziellen Auswirkungen des Gesetzes halten sich im Rahmen. Dem Land entstehen 2013 einmalige Kosten von rund 750 000 € und den Kommunen von 100 000 €. Die lau fenden jährlichen Kosten für das Land werden bei 300 000 € liegen. Damit wird die Konsolidierung des Haushalts nicht gefährdet.

Die SPD-Fraktion wird diesem Gesetz und damit einem mo dernen, rechtssicheren und diskriminierungsfreien Dienstrecht zustimmen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die FDP/DVP-Frak tion erteile ich Herrn Abg. Dr. Rülke das Wort.

Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften begehrt im Grun de, gleich sieben landesrechtliche Bestimmungen zu verän dern – angefangen beim Landesbesoldungsgesetz bis hin zur Erschwerniszulagenverordnung des Landes. Auch angesichts der Zahl von 41 Einzeländerungen könnte man im Grunde von einer kleinen Dienstrechtsreform sprechen. In der Tat betrifft eine ganze Reihe dieser Änderungen auch Feinjustierungen von Vorschriften der 2011 in Kraft getretenen Dienstrechtsre form.

Auch das Haushaltsbegleitgesetz 2013/14 wird geändert – durch Übergangsregelungen für einzelne, künftig wegfallen de Ämter.

Noch wichtiger ist die Neufassung der Beihilfeverordnung, mit der die Absenkung der Beihilfebemessungssätze für neu eingestellte Beamte für den Bereich der Pflege revidiert wird. Das ist auch notwendig, weil die Krankenversicherungsunter nehmen noch keine entsprechenden Ergänzungstarife anbie ten. Dies war eine Anregung des Beamtenbunds, und es ist durchaus positiv zu bewerten, dass die Landesregierung die se in der Anhörung gemachte Anregung aufgegriffen hat.

Die aber offenbar auch aus Sicht der Landesregierung bedeu tendste Änderung des Dienstrechts – denn damit beginnt sie sowohl die Beschreibung des Inhalts auf dem Vorblatt zum Gesetzentwurf wie auch den allgemeinen Teil der Begrün dung, während die Gesetzesänderung selbst erst in Artikel 5 des Gesetzentwurfs zu finden ist – betrifft die seither rückwir kend auf den 1. September 2006 festgesetzte Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften mit Ehen.

Diese Gleichstellung soll jetzt auf den Zeitraum ab dem 1. Au gust 2001 ausgedehnt werden, also dem Zeitpunkt, zu dem das Lebenspartnerschaftsgesetz in Kraft getreten ist. Damit folgt man der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Juni 2012 und geht in zwei Punkten über das vom Ge richt unbedingt Geforderte hinaus.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hatte sich nur auf den Familienzuschlag bezogen, und sie hätte eine Ein schränkung des Anspruchs auf Gleichstellung auf diejenigen Fälle zugelassen, in denen die Betroffenen ihre Ansprüche im jeweiligen Haushaltsjahr geltend gemacht hätten.

Der Gesetzentwurf bezieht die Gleichstellung auf alle rele vanten Bereiche des Dienstrechts, und er erfordert lediglich, dass Betroffene einen Antrag stellen, was auch nachträglich geschehen kann.

Dass nicht nur der Familienzuschlag, sondern auch die ande ren im Zusammenhang mit der Gleichstellung relevanten Be

reiche des Dienstrechts wie die Versorgung, Umzugs- und Rei sekosten sowie Trennungsgeld berücksichtigt werden, halten wir auch angesichts der Begründung des Urteils des Verfas sungsgerichts für richtig; denn niemand kann ein Interesse da ran haben, weitere Verfahren vor dem Bundesverfassungsge richt zu erleben, die sich dann nicht mehr auf den Familien zuschlag, sondern auf die Umzugs- oder Reisekosten oder das Trennungsgeld beziehen.

Angesichts einmaliger Gesamtkosten im niedrigen sechsstel ligen Bereich halten wir es für vertretbar, nicht auf dem Er fordernis der zeitnahen Geltendmachung von Ansprüchen zu beharren, sondern entsprechende Leistungen auch nachträg lich auf Antrag der Betroffenen zu gewähren.

Kurzum, ohne den Details der Beratungen weiter vorzugrei fen: Generell wird der vorliegende Gesetzentwurf die Zustim mung der FDP/DVP-Fraktion finden.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE)

Für die Landesregie rung erteile ich Herrn Staatssekretär im Ministerium für Fi nanzen und Wirtschaft Rust das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Ich darf mich zunächst einmal sehr herzlich bedanken für die sehr konstruktive Beratung über den vorliegenden Gesetzentwurf in den Ausschüssen, so wohl im Finanz- und Wirtschaftsausschuss als auch im Innen ausschuss dieses Hauses. Der Innenausschuss hat über den vorliegenden Gesetzentwurf am 16. Oktober beraten, der Fi nanz- und Wirtschaftsausschuss am Tag darauf. Beide Aus schüsse empfehlen Zustimmung.

Auch heute wurde hier sehr differenziert diskutiert, sehr dif ferenziert vorgetragen. Auch dafür danke ich; denn es geht um die Beamtinnen und Beamten in Baden-Württemberg. Es geht in den Bereichen, in denen wir Korrekturen vornehmen, auch um Härtefälle, die wir nun beheben. Deswegen möchte ich mich für Ihre Zustimmung, die Sie signalisiert haben, aber auch für den Änderungsantrag sehr herzlich bedanken.

Mit dem Änderungsantrag soll eine Übergangsregelung ein geführt werden, wonach die Hinterbliebenenversorgung der jenigen, deren Ehe bereits am 31. Dezember 2010 bestanden hat, nach altem Recht berechnet wird. Die Gründe hierfür lie gen auf der Hand: Es geht um die Wahrung des Vertrauens schutzes und darum, Härten abzumildern. Ich darf mich sehr herzlich dafür bedanken, dass die Fraktionen diesen Ände rungsantrag fraktionsübergreifend eingebracht haben. Wir, die Landesregierung, unterstützen natürlich den vorliegenden Än derungsantrag.

Ich darf mich auch für die differenzierte Betrachtung der Ein zelregelungen bedanken, die Herr Dr. Rülke gerade vorgetra gen hat. In der Tat wäre es nur eine Frage der Zeit gewesen, bis auch die dienstrechtlichen Vorschriften zu anderen Zuwen dungen ähnlich wie die Regelung zum Familienzuschlag hät ten geändert werden müssen, würden wir diese nicht auch gleich ändern. Aus der entsprechenden Begründung des Bun desverfassungsgerichts geht hervor, dass diese Bereiche gleich zu behandeln seien. Es wäre nur eine Frage der Zeit gewesen,

bis dies eingeklagt worden wäre. Ich glaube, wir haben die Punkte konsequent umgesetzt.

Man kann sicherlich immer über den Zeitraum der Rückwir kung diskutieren; das gestehe ich zu. Ich glaube, wir haben einen guten, einen vernünftigen Zeitraum gewählt, sodass die Betroffenen gerecht und gleich behandelt werden, wie das Bundesverfassungsgericht es verlangt.

Im Großen und Ganzen danke ich, wie gesagt, für die breite Zustimmung und die konstruktive Diskussion. Ich würde mich freuen, wenn der Gesetzentwurf möglichst viel Zustimmung finden würde.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Herr Staats sekretär. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen in der Zwei ten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzent wurf Drucksache 15/4054. Abstimmungsgrundlage ist die Be schlussempfehlung des Ausschusses für Finanzen und Wirt schaft, Drucksache 15/4153. Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf mit Änderungen in Artikel 2 und in Arti kel 8 zuzustimmen.

Herr Hollenbach, Sie haben vorhin Einzelabstimmung bei Ar tikel 4 und Artikel 5 beantragt.

(Abg. Manfred Hollenbach CDU: Artikel 4 und 5! – Abg. Volker Schebesta CDU: Und Artikel 8 – Inkraft treten – gesondert!)

Ich schlage daher vor, über die Artikel 1 bis 3 und über die Artikel 6 und 7 gemeinsam und über die anderen drei Artikel gesondert abzustimmen. – Sie stimmen zu.

Ich rufe auf

Artikel 1

Änderung des Landesbesoldungsgesetzes Baden

Württemberg

Artikel 2

Änderung des Landesbeamtenversorgungsgesetzes

Baden-Württemberg

und hierzu Ziffer 1 der Beschlussempfehlung des Ausschus ses für Finanzen und Wirtschaft, Drucksache 15/4153, sowie

Artikel 3

Änderung des Landesbeamtengesetzes