Protokoll der Sitzung vom 27.11.2013

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Man kann es auch „Stochern im Nebel“ nennen!)

Baden-Württemberg hat nämlich einen großen Bedarf an Fachkräften, besonders in den Bereichen Ingenieurwesen, Pflegeberufe und Erzieherinnen. Es ist für die betreffenden Menschen eben nicht gleichgültig und auch volkswirtschaft lich nicht sinnvoll, wenn eine qualifizierte Ingenieurin auf dem Bauhof Grünabfälle stapelt oder wenn ein qualifizierter Pfleger in einer Putzkolonne schuftet.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ändern wir ja jetzt!)

Gerade in der vergangenen Woche hat die CDU-Fraktion Fachkräfte aus der ambulanten und der stationären Pflege ein geladen. Es sind sehr viele gekommen. Die Intensität, in der diese Fachleute die Zukunftsszenarien vorgetragen haben, zeigt – das wissen wir hier alle –, dass es in diesem Bereich einen großen Handlungsbedarf gibt. Wir brauchen für unse ren Innovations- und Wirtschaftsstandort kreative und quali fizierte Köpfe. Junge Familien, die zu uns kommen, fragen

nach guter Kinderbetreuung. Also brauchen wir auch hier noch auf lange Sicht genügend Erzieherinnen und Erzieher.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Das klingt nach Zuwanderungsgesetz! – Gegenruf des Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU)

Das Landesanerkennungsgesetz ist ein wertvoller Schritt in die richtige Richtung, aber es muss jetzt endlich kommen. Denn es kann nicht angehen, dass Baden-Württemberg im Rennen um die besten Köpfe nur den zweiten Platz belegt und andere Länder schon längst durch die Zielgerade laufen, nur weil unsere Ministerien etwas langsamer gearbeitet haben. Dieses Gesetz ist auch ein Ausdruck von Willkommenskultur, und das ist uns, der CDU, wichtig.

(Beifall bei der CDU)

Wir begrüßen, dass das Ministerium nachgearbeitet hat und dass der Beratungsanspruch nachträglich befürwortet wird. Damit folgt das Ministerium dem Beispiel Hessens. Es steht auch im neuen Koalitionsvertrag. Schade ist, dass die Landes regierung es nicht geschafft hat, alle Gruppen rechtzeitig ein zubinden. Das zeigt sich jetzt in der Verärgerung der Ingeni eurkammer bei der Frage, wer für die Anerkennung ausländi scher Abschlüsse eigentlich zuständig ist, und in diesem klein karierten Hickhack mit dem Verein Deutscher Ingenieure, der aus irgendwelchen Gründen mehr Gehör bei der Regierung findet. Aber wir haben im Integrationsausschuss durchgesetzt, dass zu diesem Thema noch eine Anhörung stattfindet.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Sehr gut!)

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Frau Ministe rin, die CDU-Fraktion begrüßt den vorliegenden Gesetzent wurf und hat darüber hinaus – so sind wir eben – noch einige Verbesserungsvorschläge. Bei der Antragstellung sollten die regionalen Welcome Center für eine Beratung aus einer Hand zuständig sein. In den Regierungspräsidien sollte eine Bün delung nach Berufsgruppen erfolgen; Sie haben es eben schon erwähnt. Das ist effizient und hat eine höhere Qualität. Die Kammern sollten sinnvoll eingebunden und berücksichtigt werden. Im Falle einer Teilanerkennung bedarf es einer bes seren Struktur hinsichtlich Organisation, Verbindlichkeit und Perspektive. Uneinheitliche Verfahrenskosten sind unüber sichtlich und generieren Bürokratie. Wir dürfen keinen Aner kennungstourismus dulden. Wir brauchen eine länderübergrei fende Abstimmung der Gebührensätze und der Anerkennungs standards.

Meine Damen und Herren, ein Gesetz muss den Menschen dienen, und es muss sich in der praktischen Umsetzung be währen. Wir denken, mit den genannten Vorschlägen der CDU-Fraktion ist dieses Gesetz noch näher bei den Menschen, die wir hier gern willkommen heißen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Sehr gut! Bravo!)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Lede Abal das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kol legen! Wir erleben heute, dass das Landesanerkennungsgesetz des Landes Baden-Württemberg in den Landtag eingebracht wird. Mit dem Thema „Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen“ befasst sich die grüne Landtagsfrakti on schon seit vielen Jahren. In der letzten Legislaturperiode haben wir dazu schon eine Anhörung durchgeführt. Auch im Sommer dieses Jahres haben wir noch einmal eine Anhörung durchgeführt.

Es geht um 260 in Baden-Württemberg landesweit zu regeln de Berufe, um analoge Regelungen zum Bundesgesetz bzw. zu bundesgesetzlich geregelten Berufen sowie um analoge Re gelungen zu den Gesetzen anderer Länder. Dafür waren er hebliche Ressortabstimmungen mit anderen Häusern notwen dig.

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Zwei Jahre!)

Das erste Gesetz dieser Art ist übrigens in Hamburg unter ei ner schwarz-grünen Koalition entstanden, auch wenn diese Koalition zum Zeitpunkt des Inkrafttretens und der Verab schiedung schon abgewählt war.

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Da sieht man, wie effizient schwarz-grüne Regierungen arbeiten! – Zu ruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Das Gesetz ist dann unter der nachfolgenden SPD-Regierung in Kraft getreten.

Es geht bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um zwei Pers pektiven, nämlich einerseits um Chancen, um den Weg in den Arbeitsmarkt, sowie auch um die Frage des persönlichen Er folgs und der Anerkennung der Lebensleistung. Dies sind wirklich wichtige Fragen im Bereich Integration. Andererseits geht es aber auch um die Eindämmung des Fachkräfteman gels im Land, darum, dass die Potenziale vor Ort ausgeschöpft werden, sowie um Armutsbekämpfung durch berufliche Qua lifikation und beruflichen Aufstieg.

(Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU und Rosa Grünstein SPD)

Wir, die grüne Fraktion, hatten bei diesem Gesetz verschiede ne Ziele. Zum einen sollte es den Antragstellerinnen und -stel lern flächendeckend und wohnortnah möglich sein, den An trag zu stellen. Das ist über die lokalen Migrationsdienste ge sichert, die eine Anlaufstelle sind. Dahinter ist auf der Ebene der Regierungspräsidien mit einem Netzwerk mit Kompetenz zentren eine Struktur zu finden. Weiter gibt es das IQ Netz werk, das für Vernetzung, Schulung und PR zuständig ist.

Für uns war aber auch wichtig, mit diesem Gesetz einen Be ratungsanspruch vor der Antragstellung und während des An tragsverfahrens sicherzustellen. In der Anhörung haben wir erlebt, dass diesem Punkt eine sehr große Bedeutung zuge messen wird. Wir sind sehr froh, dass wir diesen Anspruch nach einigen Gesprächen mit dem Ministerium im Gesetz ver wirklicht sehen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Dr. Bernhard Lasotta und Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Uns ging es auch um die Gebühren. Denn wir glauben, dass die Gebühren keinesfalls Antragstellungen verhindern dürfen. Wir werden in Zukunft beobachten, wie die Entwicklung in dieser Gebührenfrage sein wird und ob möglicherweise Per sonen diese Gebühren nicht erbringen können und damit da von abgehalten werden, einen entsprechenden Antrag zu stel len.

Wir glauben, dass wir im Gesetzentwurf geeignete Maßnah men vorgesehen haben. Aber wir haben auch noch andere Din ge in der Schublade für den Fall, dass hier Handlungsbedarf besteht.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Besser im Gesetz als in der Schublade!)

Uns war wichtig – auch das hat die Ministerin vorhin schon einmal angesprochen –, dass entsprechend den Vorgaben der EU und der Bundesregierung alle betroffenen Personen an tragsberechtigt sind, dass sichergestellt ist, dass der Aufent haltsort, der Aufenthaltsstatus, die rechtliche Situation der je weiligen Person nicht entscheidend sind. Auch hier hebt sich unser Gesetzentwurf positiv von den Entwürfen anderer Bun desländer ab.

Wir sehen all diese Ziele im vorliegenden Gesetzentwurf ver wirklicht. Wir leisten mit diesem Gesetz einen guten Beitrag zur Beseitigung des Fachkräftemangels. Wir bieten Migran tinnen und Migranten eine wichtige Option für eine bessere persönliche Entfaltung hier in Baden-Württemberg, für die Perspektive eines wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auf stiegs sowie letztlich auch für eine bessere Integration.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie Abgeord neten der CDU)

Für die SPD-Fraktion er teile ich Herrn Abg. Kleinböck das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen, liebe Kollegen! Mit Erlaubnis der Präsidentin lese ich Ihnen einen Abschnitt aus dem taufrischen Koalitionsver trag der Berliner Koalitionäre vor.

(Zurufe der Abg. Dieter Hillebrand und Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Darin heißt es nämlich:

Zuwanderer verfügen vielfach über im Ausland abge schlossene Berufs- und Hochschulausbildungen. Dieses Potenzial liegt aber noch zu oft brach, während unserem Arbeitsmarkt zunehmend qualifizierte Fachkräfte fehlen. Ein wichtiger Schritt, um hier gegenzusteuern, sind die Anerkennungsgesetze des Bundes und der Länder für im Ausland erworbene berufliche Qualifikationen. Dabei ist die Qualität der Beratung zu verbessern.

Kollegin Engeser, ich habe eine Recherche zum Stand der An erkennung im Vergleich der Bundesländer durchgeführt, die ein anderes Ergebnis gebracht hat als das, was Sie vorgetra gen haben. Sie hat nämlich ergeben, dass bereits neun Bun desländer ein solches Anerkennungsgesetz haben und Baden

Württemberg also in der Gemeinschaft mit sechs anderen Län dern noch auf dem Weg ist.

Ich denke, wichtiger als der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes ist der Inhalt. Wenn wir uns die Landesanerken nungsgesetze der anderen Bundesländer anschauen, erkennen wir: Das Gesetz in Hessen umfasst 34 Seiten, das in Bayern 28 Seiten; unser Gesetzentwurf hat 171 Seiten. Daran lässt sich vielleicht schon erahnen, dass es einen Unterschied gibt.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Unserer ist besser! – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Die Geschwindigkeit – über die haben wir auch schon gespro chen – hat damit zu tun, dass die anderen Bundesländer viel fach den Text des Bundesgesetzes als Gesetzestext übernom men und damit einfach auf das Land übertragen haben.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das grenzt ja an Ar beitsverweigerung! – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Ich will die wesentlichen Inhalte des Gesetzestextes nur noch einmal stichpunktartig ansprechen.

Den Beratungsanspruch, von dem hier schon mehrfach die Rede war, hat der Bund nicht hinbekommen. Von den Län dern haben dies nur Hamburg und Hessen hinbekommen, wo bei wir sehen müssen, dass Hessen den Beratungsanspruch erst im parlamentarischen Verfahren in den Gesetzentwurf aufgenommen hat.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Auf Vor schlag der Opposition! – Gegenruf des Abg. Dr. Bern hard Lasotta CDU)

Auf Vorschlag der Opposition. Darauf komme ich gleich noch kurz zu sprechen.

In Baden-Württemberg haben wir mit dem Modellkonzept ei ne Beratungsstruktur in einem Flächenland aufgebaut. Ham burg, das nur eine einzige Beratungsstelle braucht, können wir hier wirklich außen vor lassen.

Elementar ist an diesem Gesetz auch die Erweiterung der An erkennungsverfahren auf Qualifikationen von Drittstaatsan gehörigen. Das haben viele andere Bundesländer überhaupt nicht aufgenommen. Auch in Hessen ist dies nicht im Gesetz enthalten. Wir haben in Baden-Württemberg auch in der Vor beratung großen Wert darauf gelegt, dass der Verfahrensan spruch auch für Drittstaatsangehörige eingeführt wird. Dies liegt nun vor.

Ich denke, ein wichtiger Punkt ist nach wie vor auch, dass die Bündelung der Zuständigkeiten, die die Ministerpräsidenten konferenz festgelegt hat, in der Form durchgeführt wird, dass die Antragstellenden nur noch e i n e zuständige Stelle an steuern müssen. Das ist eben auch bürgerfreundlich. Ich den ke, auch das werden wir mit diesem Gesetz umsetzen können.