Protokoll der Sitzung vom 28.11.2013

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben, ebenso wie der Minister, auf die Bundeskanzlerin, auf die CDU-Ge meinderäte etc. Bezug genommen. Ich gönne Ihnen den Zu spruch aus unseren Reihen. Ich bin sogar froh darüber, und ich bin auch ein Stück weit stolz darauf, dass die Union, dass die CDU als Volkspartei solche Strömungen hat, diese auf nimmt und dies auch letztlich in der Öffentlichkeit kommu niziert. Ich gönne Ihnen das. Aber ich frage Sie: Gibt es in Ih ren eigenen Reihen denn keine begeisterten Befürworter?

(Zuruf: Doch!)

Wenn Sie aber schon so offen für die Stimmen aus den Rei hen der CDU sind, dann seien Sie dabei aber doch bitte kon sequent. Wir haben einige Änderungsanträge in den laufen den Prozess zum Gesetzentwurf eingebracht – Herr Kollege Dr. Rapp hat diese vorhin vorgestellt –, mit denen Sie zumin dest einige erste Schritte in die richtige Richtung gehen könn ten. Aber Kollege Reusch-Frey hat ja bereits erklärt, dass Sie auch diese Änderungsanträge, die allesamt vom Geist und vom Willen der Bevölkerung getragen sind,

(Lachen der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)

ablehnen. Wir haben Ihnen stets unsere Zusammenarbeit an geboten. Wir wollten uns konstruktiv in den Prozess einbrin gen.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Warum haben Sie es dann gelassen?)

Wie bitte, Herr Lede Abal?

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Ich frage, warum Sie es gelassen haben, Herr Hauk!)

Wir haben es deshalb gelassen, weil der Prozess durch den MP abgebrochen wurde, der gesagt hat, der Gesetzentwurf komme im Herbst.

(Widerspruch bei den Grünen – Lebhafte Unruhe)

Er sagte: Er kommt im Herbst, und er kommt so, wie die Lan desregierung es sich vorgestellt hat.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Basta-Politik! – Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Sie haben sich herausgestohlen!)

Was hätten wir denn anders machen sollen? Die Frage ist doch eher: Was hätten Sie anders machen müssen? Sie hätten sich nicht darauf beschränken dürfen, die Gegner zu beschallen und ihnen zu erklären, warum Sie so toll sind und warum Ih re naturschutzfachlichen Argumente so überzeugend sind –

tatsächlich haben Sie die Menschen nicht überzeugt –, son dern Sie hätten sich einfach zusammensetzen und miteinan der sprechen müssen; Sie hätten mit Eigentümern sprechen müssen, etwa mit der Murgschifferschaft, mit den angrenzen den Gemeinden etc.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Das haben wir!)

Dadurch hätten Sie vielleicht einen Prozess initiieren können, ebenso wie die Bühler, die gesagt haben: „Wir sind bereit für einen freiwilligen Tausch“, oder wie die Baden-Badener, die gesagt haben: „Prima, wir sind bereit, sogar Gemeindewald in einen Nationalpark einzubringen.“ Das wäre die richtige Lösung und die richtige Strategie für den größten Teil des Na tionalparks gewesen. Es reicht nicht, die zwei Gemeinden zu berücksichtigen, die sich freiwillig beteiligen, sondern Ziel hätte sein müssen, auf eine freiwillige Beteiligung aller hin zuwirken.

Ein solcher Prozess kostet jedoch Zeit. Ein solcher Prozess erfordert Arbeit. Bei einem solchen Prozess muss man mit der Hand am Arm arbeiten, man muss mit der Kraft der Argumen te, mehr jedoch noch mit der Kraft der eigenen Glaubwürdig keit operieren. Sie spüren natürlich: Jetzt ist Halbzeit, und Ih nen läuft die Zeit etwas davon. Das ist ja auch spürbar. Des halb handeln Sie nach dem Motto: Schnell noch den Gesetz entwurf verabschieden, schnell noch die Debatte im Landtag führen, und dann wird gegen die Menschen abgestimmt, und gleichzeitig wird gegen ein besseres Konzept abgestimmt.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Was? – Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Wo ist das bessere Konzept? – Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Wo ist die Druck sache?)

Was Sie heute festschreiben wollen, wird aber nicht in Stein gemeißelt sein – um auch das klar zu sagen.

Es ist doch eindeutig, dass die Menschen in der Region den Nationalpark nicht wollen. Nachher sollen 30 000 Unterschrif ten übergeben werden; der Ministerpräsident wollte diese lei der nicht in der Öffentlichkeit entgegennehmen.

(Minister Alexander Bonde: Das stimmt nicht!)

Unter den 30 000 Unterzeichnern finden sich möglicherwei se Nachbarn und Bekannte, vielleicht der Bäcker um die Ecke, der Metzger, bei dem die Familie Bonde einkauft; vielleicht sind auch Freunde des Ministers darunter. Sie alle wollen die sen Nationalpark nicht. Die Grünen jedoch wollen ihn; sie ig norieren dies einfach. Sie schalten auf Durchzug. Denn wie wir vom Ministerpräsidenten gehört haben, heißt Gehörtwer den nicht Erhörtwerden. Da ist so langsam schon Häme da bei.

(Abg. Andreas Deuschle CDU: So ist es!)

Die Aufgabe der Politik ist es aber nicht – dort, Herr Minis terpräsident, haben Sie versagt –, einen Spalt zwischen die Menschen zu treiben, sondern Menschen in diesem Land zu sammenzuführen, sie zu vereinen, statt ganze Regionen ge geneinander aufzuhetzen. Das ist der Nationalpark nicht wert. Der Mehrwert eines Nationalparks, wie er in Ihrem eigenen Gutachten beschrieben wird, ist viel zu klein, als dass er recht

fertigen würde, solche Keile in die Bevölkerung hineinzutrei ben.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Wir entscheiden dabei nicht nach moralischen Kriterien – was ist gut? was ist böse? –; für uns sind besorgte Menschen nicht in erster Linie Gegner, sondern Bürgerinnen und Bürger. Wir haben deshalb Eckpunkte zusammengestellt, die in der Regi on formuliert wurden, die wir als ein flexibles Modell in die Diskussion geben. Der Unterschied besteht darin, dass wir ei nen ganz anderen Ansatz wählen als den, den Sie gewählt ha ben.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Unser Modell war auch flexibel!)

Viele haben sich gemeldet. Darüber bin ich froh; es sollen vie le mitmachen, sonst bekommen wir das alles nicht so einfach gebacken. Wir freuen uns darüber, und wir werden dies im nächsten Jahr angehen. Wir geben keinen starren Rahmen vor; wir wollen die Menschen begeistern, und das wird auch ge lingen. Es ist klar, dass Sie das schlechtreden. Denn wir zei gen Ihnen, wie Bürgerbeteiligung geht.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Ihre eigenen Leu te glauben das nicht!)

Wir greifen Ihr Kernthema auf, und darüber ärgern Sie sich ein bisschen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Le sen Sie die Zeitung?)

Meine Damen und Herren, wir haben auch keine Angst vor der Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger vor Ort.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Sie haben Angst vor Ihren eigenen Leuten!)

Wir glauben, es kann gelingen, einen Nationalpark zu entwi ckeln, und zwar mit der Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger. Weil wir davon überzeugt sind, werden wir ein sol ches Ergebnis – sollte es ab 2016 zur Realisierung kommen – auch den Bürgerinnen und Bürgern zur Entscheidung vorle gen und sie hierüber befragen.

Dabei gilt dasselbe wie bei der Kandidatur Bayerns für die Ausrichtung der Olympischen Spiele: Alle müssen mitma chen. Wenn der Zuspruch der Menschen – aller Menschen, al ler Einwohner der betroffenen Gemarkungen – da ist, wird dies umgesetzt, und wenn nicht, bleibt der Entwurf in der Schublade.

Ich glaube, dies ist ein fairer Umgang mit den Menschen, und wir sind uns sicher, dass es gelingt. Denn wir wollen auch das, was schon angedacht wurde, nämlich in den von Ihnen einge richteten Arbeitskreisen – deren Ergebnisse von Ihnen nicht übernommen wurden –, mit einbeziehen. Diese Überlegun gen, die vielen guten Ideen, die nicht aufgenommen wurden, die vielen Ideen aus der Region werden wir auf den Tisch le gen, auch aus Gemeinden wie Bühl und Baden-Baden, die sich freiwillig und engagiert an einem Nationalpark beteili gen wollen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben beim Bio sphärengebiet auf der Schwäbischen Alb geliefert.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Nachdem Sie 13 Jahre lang dagegen waren!)

Der Kollege Röhm hat vorhin darauf hingewiesen – das ist wohl wahr –: Es ist die Bewahrung der Kulturlandschaft, die dort im Vordergrund steht. Aber die Skepsis und die Ängste der Menschen waren damals groß. Begonnen haben wir mit genau zwei Gemeinden und mit zwei Bürgermeistern, die von der Idee überzeugt waren.

Wir haben deshalb geliefert, weil es gelungen ist, mit einer klaren Konzeption den Menschen die Befürchtungen und die Ängste zu nehmen, auch mit klaren Zusagen, mit einem kla ren Finanzierungskonzept, das durchfinanziert war, vor allem auch mit der Zusage, dass die Entscheidung darüber, ob wir es machen und wie die Gebietskulisse aussieht, erst dann ge troffen wird, wenn alles besprochen ist. Erst nach der Zustim mung aller Gemeinderäte und aller betroffenen Verbände und Organisationen trat der Beschluss zur Einrichtung dieses Bio sphärengebiets in Kraft.

(Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Genau so hätte man es auch bei dem Nationalpark machen können. Es wäre auch wünschenswert gewesen, es so zu ma chen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Lieferung einer echten Bürgerbeteiligungsregierung müssen Sie erst noch er bringen. Heute steht bei einem Beschluss der Stimmenmehr heit von Grün-Rot Ihr Versagen, Ihre eigene Schmach, Ihre eigene Unfähigkeit auf der Tagesordnung.

Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU – Beifall bei Ab geordneten der FDP/DVP – Lachen bei den Grünen)

Nach § 82 Absatz 4 der Geschäftsordnung erteile ich dem Vorsitzenden der FDP/DVPFraktion, Herrn Abg. Dr. Rülke, das Wort.

Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Herr Ministerpräsident, Sie ha ben zu Beginn Ihrer Rede ein schönes Bild von unserem Land Baden-Württemberg gezeichnet, bestehend aus zwei Säulen, nämlich dem wirtschaftlichen Wohlstand und der Schönheit der Landschaften. So weit, so gut.

Ich stelle fest: Dieses Bild trifft die Realität im Land BadenWürttemberg. Es trifft die Realität aber auch jetzt schon. Es stellt sich die Frage, ob es zwingend notwendig ist, einen sol chen Nationalpark – den Nationalpark, den Sie vorhaben – einzurichten, um dieses Bild zu erhalten. Offensichtlich war dies in der Vergangenheit mit Biosphärengebieten möglich, offensichtlich war es in der Vergangenheit mit Naturparken möglich. Es stellt sich natürlich die Frage, ob es zwingend notwendig ist, jetzt diesen Nationalpark auch gegen die Bür ger vor Ort durchzusetzen, damit das Land Baden-Württem berg weiterhin auf der einen Seite aus wirtschaftlichem Wohl stand und auf der anderen Seite aus der Schönheit der Land schaft besteht.

(Zuruf von der SPD: Kulturlandschaft!)

Wir sind nicht generell und nicht grundsätzlich gegen die Ein richtung eines Nationalparks. Aber wir haben immer gesagt: Es muss vor Ort sinnvoll sein, und die Bürger müssen mitge nommen werden.