Protokoll der Sitzung vom 28.11.2013

Wie wird das Gesetz aussehen?

Das Gesetz wird es Gemeinden mit Wohnraummangel ermög lichen, die Zweckentfremdung von Wohnraum genehmigungs pflichtig zu machen. Wer also künftig in einer Wohnung, die laut Gemeinderatsbeschluss in einem solchen Gebiet mit Wohnraummangel liegt, eine Arztpraxis einrichten möchte, braucht dazu eine Genehmigung der Gemeinde.

Eine Zweckentfremdung kann aber auch ein langer Leerstand sein. Wer eine Wohnung ohne Grund mehr als sechs Monate leer stehen lässt, kommt unter Zugzwang.

3,7 % aller Wohnungen in der Landeshauptstadt Stuttgart ste hen laut Mikrozensus leer. Das ist überraschend, denn eigent lich wäre zu erwarten, dass der Leerstand sich bei einer so gu ten Marktlage auf den reinen Umschlag bei Umzügen be schränken müsste. Das ist aber offenkundig nicht der Fall. Durch den Leerstand sinkt daher das Wohnungsangebot in die sem knappen Markt.

Es ist klar, dass in den Kommunen, die dieses Instrument nut zen werden, dadurch keine neue Wohnungen entstehen. Ein gutes Stadtentwicklungskonzept, das Raum auch für günsti ges Wohnen schafft, brauchen Kommunen mit knappem Wohnraum auf jeden Fall.

Dennoch kann mit diesem Instrument Wohnraum in den be troffenen Kommunen gesichert werden. Das ist bereits viel wert, und daher unterstützt meine Fraktion diesen Gesetzent wurf.

Auch der Städtetag begrüßt den Gesetzentwurf. Denn er gibt den Kommunen mehr Handlungsmöglichkeiten bei einem Problem, das ihnen unter den Nägeln brennt. Unterhalten Sie sich mit Ihren Kommunalpolitikern vor Ort!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Probleme auf den Woh nungsmärkten in vielen Kommunen unseres Landes betreffen viele Bürgerinnen und Bürger, die sich auf der Suche nach er schwinglichem Wohnraum schwertun. Wir sollten jede Stell schraube, mit der wir die Situation verbessern können, sehr ernsthaft prüfen. Daher setze ich auf konstruktive Beratungen des Gesetzentwurfs hier im Hause.

Herzlichen Dank.

Eine Regelung, die die Zweckentfremdung von Wohnraum unter bestimmten Um ständen untersagt, hatten wir in Baden-Württemberg über vie le Jahre hinweg. Die Erfahrungen waren allerdings durchaus nicht so, dass es sich empfohlen hätte, auf Zeit und Ewigkeit an diesem Instrument festzuhalten.

Mehr und mehr Gemeinden waren – teils auch auf eigenen Wunsch – aus dem Geltungsbereich der damaligen Zweckent fremdungsverordnung ausgeschieden. Zuletzt – in der zwi schen 2002 und 2006 geltenden Verordnung – bestand die Ge bietskulisse nur noch aus den Städten Freiburg, Heidelberg, Konstanz, Mannheim und Tübingen. Und vor allem: Es lie ßen sich keinerlei Indizien dafür finden, dass die Verordnung eine belegbare positive Auswirkung auf den Wohnungsmarkt gehabt hätte.

In den Städten, die seit 2002 nicht mehr in den Geltungsbe reich der Verordnung fielen – also in Heilbronn, Karlsruhe, Pforzheim, Reutlingen, Stuttgart und Ulm –, konnten keine nachteiligen Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt festge stellt werden, und in den fünf verbliebenen Gemeinden keine positiven. Einschlägig Interessierten sei der Bericht der Lan desregierung, Drucksache 14/575, zum Nachlesen empfoh len.

Wenn das aber so ist, dann stellt sich schon die Frage, wie die Landesregierung die Eingriffe in die Eigentümerrechte nach Artikel 14 GG rechtfertigen will. Dies gilt umso mehr, als der Geltungsbereich der Verordnung nicht wie früher – oder wie in einschlägigen bundesgesetzlichen Regelungen zur Mieter höhungsbegrenzung – auf Gebiete bezogen ist, in denen eine ausreichende Wohnraumversorgung nicht gegeben ist, son dern es den Gemeinden selbst überlassen bleibt, sich zu einer „Gemeinde mit Wohnraummangel“ zu erklären und durch Sat zungsbeschluss das Instrumentarium des Zweckentfremdungs verbots im Gemeindegebiet oder in Teilen der Gemeinde an zuwenden.

In dieser Vorgehensweise, die in einem kommunalfreundli chen und unbürokratischen Gewand daherkommt, liegen aber erhebliche Risiken: Ich zitiere aus der Drucksache 14/575, in der ausgeführt wird:

Würde die Landesregierung künftig den räumlichen Gel tungsbereich der... Verordnungen allein nach der Ein schätzung der jeweiligen Stadt vornehmen, so bestünde ein noch größeres Risiko der Verfassungswidrigkeit. Ne ben der sachlichen Rechtfertigung für den Eingriff in Ei gentümerrechte nach Artikel 14 GG bedürfte es einer sachlichen Rechtfertigung für die innerhalb des Landes entstehende Ungleichbehandlung der Bürger vor dem Hintergrund des Artikels 3 GG.

Mit all dem hält sich die heutige Landesregierung nicht lan ge auf. Dass dann nebenbei und ohne größere Begründung auch das Recht der Unverletzlichkeit der Wohnung nach Ar tikel 13 GG eingeschränkt wird, verwundert dann schon nicht mehr.

Wenn es Gemeinden mit Wohnraummangel gibt – und die gibt es ohne jeden Zweifel –, dann wäre es naheliegend, auf die Probleme, die es vor allem in Universitätsstädten gibt, auch situationsangepasst zu reagieren. Der dauerhafte Anstieg der

Studierendenzahlen – Hochschule 2012, Hochschule 2020 – muss dann eben zu einem konsequenten Wiedereinstieg des Landes in die Förderung des studentischen Wohnheimbaus führen; allerdings zu einer Form der Förderung, die andere Formen der Nutzung nach einem Rückgang der Zahl der Stu dierenden im nächsten Jahrzehnt von vornherein mit einbe zieht.

Das wäre der richtige Weg, und nicht der Versuch, dadurch wohnungspolitische Kompetenz zu zeigen, dass man das gan ze Land mit einem weitgehend unwirksamen und noch dazu rechtlich überaus zweifelhaften Instrumentarium überzieht.

Ich rufe Punkt 8 der Ta gesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Landesjustizkostengesetzes und anderer Gesetze – Drucksache 15/4282

Angesichts der fortgeschrittenen Zeit verzichtet Minister Sti ckelberger auf die mündliche Begründung des Gesetzent wurfs. Sie schauen so fragend. Gehe ich recht in dieser An nahme?

(Abg. Volker Schebesta CDU: Ja, so ist es abgespro chen! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Danke, Herr Minister! – Gegenruf des Ministers Rainer Stickel berger: Ich habe gedacht, Sie legen Wert darauf!)

Es ist also abgesprochen, dass der Herr Minister auf die münd liche Begründung des Gesetzentwurfs verzichtet.

Im Präsidium wurde festgelegt, dass in der Ersten Beratung keine Aussprache geführt wird. Stimmt das so?

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja! Passt!)

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 15/4282 zur weiteren Beratung an den Ständigen Ausschuss zu überwei sen. –

(Abg. Winfried Mack CDU: Jawohl, überweisen! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

Es erhebt sich kein Widerspruch, sondern Wohlwollen. Dann ist das so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 8 ist damit erledigt.

(Abg. Winfried Mack CDU: Jetzt machen wir wieder Punkt 6! – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP – Zuruf: Sprich einmal ein bisschen schneller!)

Nein. Es ist 16:51 Uhr. Da kann man schon einmal ein biss chen deutlicher reden.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Punkte 9 bis 13! – Zu ruf von der CDU: Das ist jetzt neu!)

Es ist jetzt neu, dass auch Schwäbinnen spätnachmittags nicht schneller, sondern langsamer reden.

Ich rufe die Punkte 9 bis 13 der Tagesordnung gemeinsam auf:

Punkt 9:

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Fi nanzen und Wirtschaft zu der Mitteilung der Landesre gierung vom 11. Juni 2010 – Bericht der Landesregierung zu einem Beschluss des Landtags; hier: Denkschrift 2009 des Rechnungshofs zur Landeshaushaltsrechnung von Ba den-Württemberg für das Haushaltsjahr 2007 – Beitrag Nr. 18: Hochwasserschutz für das Strudelbachtal – Druck sachen 14/6502, 15/4323

Berichterstatter: Abg. Dr. Markus Rösler

Punkt 10:

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Fi nanzen und Wirtschaft zu dem Antrag des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft vom 7. November 2013 – Ver äußerung des landeseigenen Grundstücks Corrensstraße 41/41 a in Tübingen – Abschluss eines Nachtrages zum Kaufvertrag vom 6. Juni 2013 (Mindererlösklausel) – Drucksachen 15/4266, 15/4359

Berichterstatter: Abg. Karl-Wolfgang Jägel

Punkt 11:

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Fi nanzen und Wirtschaft zu der Mitteilung des Ministeri ums für Finanzen und Wirtschaft vom 13. November 2013 – Unterrichtung des Landtags in EU-Angelegenheiten; hier: Richtlinie über das gemeinsame Mehrwertsteuersys tem in Bezug auf eine Standard-Mehrwertsteuererklärung – Drucksachen 15/4328, 15/4362

Berichterstatter: Abg. Peter Hofelich

Punkt 12:

Beschlussempfehlungen und Berichte des Petitionsaus schusses zu verschiedenen Eingaben – Drucksachen 15/4329, 15/4330, 15/4331, 15/4332

Punkt 13:

Beschlussempfehlungen und Berichte der Fachausschüs se zu Anträgen von Fraktionen und von Abgeordneten – Drucksache 15/4324

Gemäß § 96 Absatz 5 der Geschäftsordnung stelle ich die Zu stimmung entsprechend dem Abstimmungsverhalten in den Ausschüssen fest. Erhebt sich Widerspruch? – Nein. Doch? Frau Kollegin Böhlen, haben Sie eine Zwischenfrage?

(Abg. Beate Böhlen GRÜNE: Nein, aber Herr Dr. Bullinger! – Gegenruf des Abg. Dr. Friedrich Bullin ger FDP/DVP: Sie hat sich verhört!)

Dann ist es so beschlossen.