Protokoll der Sitzung vom 28.11.2013

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Die Frage nach einer gerechteren Verteilung ist ein wichtiger Punkt. 80 % der Mittel sind bisher 20 % der Betriebe zuge flossen. Jetzt wird umgesteuert.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestat ten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Locherer?

(Abg. Claus Schmiedel SPD: So frech, wie der vor her war! Das war leicht unverschämt!)

Bitte.

Bitte, Herr Abgeordne ter.

Herr Minister, vielen Dank, dass Sie die Frage zulassen. – Sie haben gerade den Grundsatz „Öf fentliche Gelder für öffentliche Leistungen“ angesprochen. Ich habe das vorhin in meiner Rede deshalb angeführt, weil dieser Grundsatz nicht erst seit jetzt gilt, sondern vor vielen Jahren in Baden-Württemberg erfunden wurde –

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Aber nicht in Europa!)

auch durch Herrn Minister Weiser. Was sagen Sie dazu? Ist das jetzt neu, oder haben wir das schon länger in Baden-Würt temberg? Das Greening wirkt sich gar nicht so maßgebend aus, weil wir es in den Ausgleichsmaßnahmen schon haben. Es ist keine Leistung von Ihnen, sondern es ist eine Leistung der Vorgängerregierung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Herr Kollege Locherer, ich hatte bei Ihrer Rede schon vermutet, dass Sie bestimmte Dinge voneinander abkoppeln. Das Greening hatten wir in Baden-Württemberg nicht; es ist ein völlig neues Instrumentarium in der Landwirt schaftsförderung.

Wir haben in Baden-Württemberg kleinere Betriebsstruktu ren, wir haben in Baden-Württemberg die Situation, dass die Landwirte bei uns über die geografischen Strukturen viel en ger in den Naturschutz und den Erhalt von Kulturlandschaft eingebunden sind. Insofern: Ja, Baden-Württemberg hat eine positive Kultur in der Landwirtschaft. Das bestreitet niemand von uns. Darauf sind wir über alle Parteigrenzen hinaus stolz.

Neu beim Greening ist, dass die Europäische Union über Kri terien bei den Direktzahlungen Teile der Mittel an bestimmte ökologische Leistungen bindet. Genau das kommt uns jetzt zugute, weil wir diese Tradition haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Umso weniger verstehe ich, weshalb Sie zwei Jahre dagegen gekämpft und uns zwei Jahre lang kritisiert haben, dass wir Herrn Kommissar Ciolos – aus Ihrer Parteienfamilie kom mend – auf diesem Weg unterstützt haben. Denn uns war klar: Wenn in Brüssel die Agrarpolitik grüner wird, ist das besser für Baden-Württemberg. Und so ist es gekommen. Wir haben recht behalten, nicht Sie.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Man sieht es doch in der konkreten Ausgestaltung, daran, wie es jetzt, nach der Entscheidung in Brüssel, gelungen ist, dies auf Bundesebene auszugestalten: Ab 2014 gibt es einen Zu schlag, der für die ersten 30 ha jeweils 50 € beträgt und für die nächsten 16 ha jeweils 30 €. Davon profitieren 90 % der baden-württembergischen Betriebe. Es macht in der Summe 13 Millionen € mehr für Baden-Württemberg aus.

Ich hätte mir an dieser Stelle durchaus noch mehr Unterstüt zung für die kleinen und mittelständischen landwirtschaftli chen Betriebe vorstellen können. Auch die Europäische Uni

on hätte uns hier in Deutschland mehr Spielraum ermöglicht. Allerdings waren CDU und FDP dagegen: Auch der Aus gangsvorschlag von Frau Aigner lag deutlich unter dem, was wir, die von Grünen bzw. SPD regierten Länder, in der Minis terkonferenz und im Rahmen des jahrelangen Verhandlungs prozesses dort erreichen konnten. Auch hier gilt: Grün-Rot bringt mehr heim, als es die CDU für Baden-Württemberg er reicht hätte.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Baden-Württemberg gewinnt durch die deutliche Angleichung der Prämie in der ersten Säule, für die wir uns starkgemacht haben, und zwar im Umfang von rund 75 Millionen € über die Förderperiode.

Um für Betriebe in benachteiligten Gebieten keine Kürzun gen in Kauf nehmen zu müssen, um nicht bei wichtigen Ag rarumweltmaßnahmen kürzen zu müssen, haben wir für eine Verlagerung von Mitteln aus der ersten in die zweite Säule ge kämpft. Die B-Länder, die unionsgeführten Länder, wollten dies partout nicht. Es ist zum Ende der Verhandlungen gelun gen, Einigkeit herzustellen und eine Umschichtung im Um fang von 4,5 % zu erwirken.

Ich sage: Dies war ein ganz zentraler Erfolg für uns. Denn oh ne diese Umschichtung in die zweite Säule, ohne die Um schichtung in den Bereich, aus dem wir unsere Landespro gramme finanzieren, hätte es in puncto Ausgleichszulage ge wackelt, und zwar mit verheerenden Auswirkungen für den Schwarzwald und andere benachteiligte Regionen. Es hätte bei den Agrarumweltmaßnahmen gewackelt, auf die die Be triebe – gerade weil die Landwirtschaft in Baden-Württem berg so strukturiert ist, wie Sie, Herr Locherer, es zu Recht beschrieben haben – in besonderem Maß angewiesen sind.

Ich hätte mich dem Vorschlag von Frau Aigner anschließen können, die Ausgleichszulage in die erste Säule zu nehmen. Aber außer Bayern und den grün geführten Ländern war nie mand dafür; es gab hierfür keine Mehrheit. Deshalb verstehe ich nicht, weshalb Sie bis heute kritisieren, dass wir die Um schichtung von der ersten in die zweite Säule vornehmen. Denn MEKA, Ausgleichszulage, Agrarinvestitionen, LEADER und andere Programme wären in Baden-Württemberg nicht mehr möglich gewesen, wenn es nicht gelungen wäre, die Mit tel zu kompensieren oder sie sogar etwas aufzustocken, so, wie uns dies gelungen ist. Auch hier fährt die Landwirtschaft und fährt der ländliche Raum besser mit Grün-Rot, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestat ten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Bullinger?

Aber gern.

(Zuruf des Abg. Manfred Lucha GRÜNE)

Herr Minister, ich glaube, die von Ihnen genannten Punkte sind weniger ein Ver dienst der hiesigen Landesregierung. Vielmehr gab es in Mün chen tatsächlich eine Allianz derer, die die Strukturen und die

Grundstimmung in Brüssel berücksichtigt haben. Dazu gehört vor allem Bayern mit Minister Brunner; dazu gehören aber auch Hessen, Rheinland-Pfalz und zum Teil auch Thüringen, also die Länder, die ähnliche Strukturen haben. Diese Länder haben doch gemeinsam erreicht, dass die Entwicklung in die se Richtung geht. Man sollte in Baden-Württemberg hierbei die grünen Backen nicht so stark aufblasen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: He, was war denn das jetzt? – Abg. Martin Rivoir SPD: Das sind rote Ba cken, keine grünen! – Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wo war die Frage? – Beifall des Abg. Gernot Gruber SPD)

Wo ist die Frage?

Herzlichen Dank für die Frage.

(Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Es geht um die Frage des Backenaufblasens, Herr Minister.

Das ist ein langer Verhandlungsprozess, der bekanntlich über eine Reihe von Stationen lief. Es ging um harte Auseinandersetzungen bei einem deutlich ge schrumpften nationalen Budget – es waren 5,2 % weniger. In sofern war es ein harter Verteilungskampf. Denn es bestehen unterschiedliche landwirtschaftliche Strukturen. Bei uns im Süden, in Baden-Württemberg und Bayern, ist die Landwirt schaft eher kleinteilig strukturiert und sind die geografischen Verhältnisse schwieriger. Dagegen ist der Osten unserer Re publik strukturell eher von großflächiger Landwirtschaft ge prägt; auch gibt es dort historisch hohe Fördersätze, die weit über dem liegen, was bei uns im Süden gezahlt wurde.

Es war überhaupt nicht so, dass wir am Anfang dieser Ver handlungen eine Einladung anderer Länder vorgefunden und das Signal vernommen hätten: „Wir haben jetzt alle weniger Geld; wir geben euch Baden-Württembergern trotzdem noch etwas obendrauf.“ Es waren vielmehr harte Verhandlungen, an denen natürlich alle Länder mitgewirkt haben. Es war ein wichtiger Punkt, dass wir mit unseren Strukturen von einer Linie profitieren, die vor allem von den Ländern mit grüner Regierungsbeteiligung in die Verhandlungen eingebracht und eingefordert wurde.

Natürlich war es für uns eine Unterstützung, dass die Kom mission in Brüssel und der konservative Kommissar Ciolos hierbei eine ähnliche Richtung einschlugen – übrigens war das eine harte Haltung gegenüber der Bundesregierung und den sie tragenden Parteien.

Jedoch waren dies alles Faktoren, die dazu beigetragen haben, dass es letztlich gelungen ist, ein Paket zu schnüren, mit dem alle 16 Länder sowie der Bund einverstanden waren. Insofern ist dies kein Konzept, bei dem sich ein einzelnes Bundesland oder eine bestimmte Parteienfamilie durchgesetzt hätte. Wenn ich mir jedoch anschaue, was erreicht worden ist, meine ich: Wir Baden-Württemberger können stolz darauf sein. Wir ha ben wichtige Impulse bereits früh in die Debatte gebracht, die sich für die Landwirte in Baden-Württemberg in der Fläche letztlich auszahlen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Übrigens ist dies meiner Ansicht nach auch ein gutes Beispiel, um deutlich zu machen, dass man manchmal Mut braucht, um bestimmte Debatten anzustoßen. Das Greening war bei der Opposition sowie bei Teilen der Verbände nicht gerade popu lär. Dennoch ist man manchmal gut beraten, an einer klugen Idee festzuhalten.

Noch etwas ist in den vergangenen zwei Jahren der europäi schen und der nationalen Diskussion über die Zukunft der Landwirtschaftsförderung gelungen: Wir haben mit den neu en Instrumenten, mit der engeren Bindung an die Leitlinie „Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“ auch eine Le gitimationsgrundlage geschaffen.

Ich bin überzeugt, dass diejenigen, die glauben, man könne in der Landwirtschaft historisch bedingte Subventionen um ih rer selbst willen bekämpfen, auf dem falschen Dampfer sind.

(Zuruf des Abg. Paul Locherer CDU)

Mit einer solchen Strategie wäre es meines Erachtens nicht gelungen, die notwendigen Mittel für die baden-württember gische Landwirtschaft in Brüssel und in Berlin zu verteidigen. Deshalb stehen wir, die Landesregierung, hierfür ein. Wir sind Modernisierungsschritte gegangen: Wir haben einen Weg be schritten, der nicht immer populär war, indem wir eingefor dert haben, dass Agrarunterstützung gerechter und ökologi scher wird. Wir konnten damit aber belegen, dass dieser Weg erfolgreicher ist als der, gegen Modernisierung zu kämpfen.

Die Landwirtschaft hat in dieser Debatte viele Verbündete, wenn sie sich gesellschaftlichen Erwartungen stellt und diese als Chance begreift, wenn sie Fragen etwa des Tierwohls, des ökologischen Landbaus, des Umweltschutzes oder der Regi onalität aktiv aufgreift und auch dabei die Verbündeten in der Zivilgesellschaft mitnimmt.

In diesem Fall ist es gelungen, dass die Landwirtschaft profi tiert. Das ist gute Politik für die Landwirtschaft in BadenWürttemberg. Meine Damen und Herren, Grün-Rot bleibt da bei auch weiter am Zug; es lohnt sich nämlich.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Manfred Lucha GRÜNE: Super!)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Rombach das Wort.