Protokoll der Sitzung vom 18.12.2013

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Oh!)

Ich bin zuversichtlich, dass sich die Argumente, die wir, SPD und Grüne gemeinsam, in Baden-Württemberg haben, zum Schluss durchsetzen. Etwa 48 % unserer Standorte erreichen einen Referenzwert im Bereich zwischen 60 und 70 %. Auf diesen Standorten kommt man heutzutage mit den modernen Schwachwindanlagen, die mittlerweile auf dem Markt sind, auf 2 000 bis 2 300 oder 2 400 Jahresvolllaststunden. Zum Vergleich: Eine Fotovoltaikanlage kommt auf 1 000 Volllast stunden. Das zeigt doch, dass wir alles dafür tun müssen, die se kostengünstigste erneuerbare Energie, die mittlerweile vom Kostenniveau her in der Größenordnung eines modernen Gas kraftwerks liegt, auch in Süddeutschland auf den Standorten mit einem Referenzwert von 60 bis 70 % zum Tragen zu brin gen.

Ich hoffe, dass man da die Parteipolitik hintanstellt und wir hier, Herr Kollege Nemeth, in Berlin unsere Möglichkeiten nutzen, um dann, wenn das EEG novelliert wird, gemeinsam dafür einzutreten, dass diese Standorte auch zukünftig genutzt werden können. Es geht darum, auch zukünftig in einem Land, in dem Kapazitäten verloren gehen, neue Kapazitäten aufzu bauen.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Schwachwind!)

Daher hoffe ich, dass Sie mit – – Offensichtlich verstehen Sie nicht einmal, über was ich rede. Was heißt denn da „Schwach sinn“, wenn ich Ihnen sage, dass es um 2 300 Volllaststunden geht?

(Abg. Paul Nemeth CDU: Schwachwind! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Er hat „Schwach wind“ gesagt!)

Der Herr Kollege hat „Schwachwind“ gesagt, nicht „Schwachsinn“.

(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Johannes Stober SPD: Das ist auch vom Wind verweht worden! – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: So viel zum Thema Zuhören! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das ist die Politik des Gehörtwerdens!)

Herr Kollege Nemeth, Sie sollten sich in dieser Frage einmal sachkundig machen. Es sind heute spezielle An lagentypen auf dem Markt, die für die Situation hier in Süd deutschland konzipiert wurden.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Bei 900 kW!)

Jetzt noch zu einem Thema, das Sie auch immer in die Dis kussion einführen, nämlich zu der Frage: Sollen wir die Wind energie nur in Norddeutschland auf den besten Standorten auf bauen oder auch in Süddeutschland?

(Abg. Johannes Stober SPD: Ich glaube, das gibt wie der Extra-Time!)

Ich empfehle Ihnen, einen Blick in die Consentec-Studie zu werfen, die Agora hat anfertigen lassen. Diese kommt zu dem Ergebnis, dass es von der Kostenseite her keinen Unterschied macht, ob man auf die besten Standorte in Norddeutschland oder die weniger guten Standorte in Süddeutschland zugreift,

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Es geht um den Ver trag!)

weil hier entsprechend Netzausbaukosten eingespart würden.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Und Transportkosten!)

Lassen Sie mich noch ein Thema ansprechen, das ich in man chen der vorherigen Beiträge vermisst habe.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Herr Zimmermann hat eine Frage!)

In diesen Stunden wird EU-Kommissar Almunia in Brüssel vor die Öffentlichkeit treten und dort die Entscheidung zu ei nem Prüfverfahren hinsichtlich der Beihilfefähigkeit des EEG bekannt geben. Die EU-Kommission hat nach allem, was wir wissen, vor, ein Prüfverfahren gegen das EEG einzuleiten. Dieses Prüfverfahren könnte – das möchte ich ausdrücklich betonen – dramatische Auswirkungen auf die Energiewende in Deutschland haben.

Dabei geht es um zwei Fragen. Erstens geht es darum, ob das EEG als Ganzes eine Beihilfe ist. Nach der derzeit geltenden Rechtsauffassung – ich erinnere an das sogenannte PreussenElektra-Urteil aus den Neunzigerjahren – ist dies bisher nicht der Fall. Zweitens geht es darum, ob die Befreiung der ener gieintensiven Industrie von der EEG-Umlage eine unerlaub te Beihilfe ist.

Diese Fragen stellen sich insbesondere deshalb, weil SchwarzGelb die eben genannten Befreiungen nach meiner Auffas sung maßlos ausgeweitet hat. Auch das gehört in diesem Zu sammenhang zur Wahrheit. In diesem Jahr waren 1 700 Un ternehmen von der EEG-Umlage befreit, und im nächsten Jahr werden es nach den Entscheidungen, die Schwarz-Gelb noch getroffen hat, 2 800 Unternehmen in Deutschland sein. Dann braucht man sich nicht zu wundern, dass die EU-Kommissi on ein solches Verfahren gegen Deutschland einleitet.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Denn darunter sind nicht nur energieintensive Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Angesichts der erheblichen Konsequenzen, die dieses Beihil feverfahren haben kann, ist jetzt schnelles Handeln seitens der Bundesregierung gefordert.

Jetzt geht es darum, die besondere Ausgleichsregelung des EEG, die die Begünstigung der energieintensiven Industrie festlegt, zügig anzupassen, um hier Rechtssicherheit zu schaf fen. Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass die Unternehmen, die tatsächlich im globalen Wettbewerb stehen, auch künftig in einem gewissen Umfang entlastet werden, während gleich zeitig eine faire Verteilung der Kostenbelastung aus dem EEG sichergestellt wird.

Die gesunkenen Börsenpreise sind da nun einmal wichtig, weil die Unternehmen – insbesondere energieintensive Unter nehmen – direkt an der Börse einkaufen. Die gesunkenen Bör senpreise, die heute gerade noch halb so hoch sind wie vor vier, fünf Jahren, gilt es hier zu berücksichtigen. Meines Er achtens gäbe es hier die Möglichkeit, mit einer neuen Syste matik hinsichtlich der Befreiung energieintensiver Unterneh men einen neuen Weg zu gehen.

Es gibt zwei Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit wäre, ei nen Abwehrkampf gegen den EU-Vorstoß zu führen. Die zweite Möglichkeit wäre, einen Reformvorschlag einzubrin gen, der im Wesentlichen den folgenden Anforderungen ge nügt: Der Kreis der privilegierten Unternehmen und das pri vilegierte Volumen müssen auf ein zu rechtfertigendes Niveau zurückgeführt werden. Die wirtschaftlichen Vorteile, auch die gesunkenen Börsenpreise, müssen im Zuge der Neuregelung mit berücksichtigt werden. Schließlich: Es muss ein EU-kon former Vorschlag sein.

Meines Erachtens spricht viel dafür – ich will hier einmal die sen Vorschlag einbringen –, das im Rahmen des EU-Emissi onshandels angewandte Modell der Strompreiskompensation als Ausgangspunkt für die zukünftige Privilegierung im Rah men des EEG zugrunde zu legen. Förderfähig sind nach die ser Regelung ausschließlich Unternehmen, die bestimmten Sektoren – insgesamt sind es 15 Sektoren – zugehörig sind und EU-weit entlang bestimmter Kriterien festgelegt wurden.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Wen interessiert das, was Sie hier vortragen?)

Dem Emissionshandelsmodell, das hier seit einigen Jahren an gewandt wird, liegen transparente und durch einen umfassen den politischen Prozess bestätigte Kriterien zugrunde, die so wohl die Stromintensität als auch die Wettbewerbssituation der einschlägigen Industriesektoren berücksichtigen. Beson ders wichtig ist in dieser Situation: Das Modell ist beihilfe seitig abgesichert und bietet den Beteiligten ein hohes Maß an Planungssicherheit.

Wenn man das einmal berechnet – wir haben das einmal ge macht –, kommt man zu dem Ergebnis, dass etwa 60 TWh des Strombezugs aus öffentlichen Netzen im Bereich der Indust rie hierunter fallen würden; hinzu kämen noch einmal etwa 30 TWh an Eigenerzeugung. Damit wäre man, was die Be

freiung der Industrie betrifft, etwa auf dem Niveau von 2010, aber wir wären weg von dem, was Schwarz-Gelb in den letz ten Jahren auf den Weg gebracht hat, nämlich dass alle mög lichen Betriebe unabhängig von der Frage, ob sie im interna tionalen Wettbewerb stehen oder nicht, hiervon profitieren können. Es darf einfach nicht angehen, dass die Kosten der Energiewende auf immer weniger Schultern verteilt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sind uns einig, dass es notwendig ist, das EEG in den kommenden Monaten zü gig zu novellieren, dass es darum geht, es kosteneffizienter zu gestalten, dass es aber gleichzeitig darum gehen muss, ein In strument zu haben, mit dem es gelingt, auch weiterhin den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland Stück für Stück voranzutreiben, um das Ziel, das sich alle Fraktionen im Deutschen Bundestag im Jahr 2010 gesetzt haben, näm lich den Energiebedarf in Deutschland mittel- bis langfristig zu 80 % aus erneuerbaren Energien zu decken, auch tatsäch lich umzusetzen, statt, wie es in den letzten Monaten verstärkt der Fall war, die Energiewende zu zerreden und mieszureden. Meines Erachtens birgt dieses Thema vor allem Chancen, auch Chancen für die Industrie und speziell für die mittelständi schen Unternehmen in Baden-Württemberg.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem die Regierung mehr als 50 % der Gesamt redezeit der Fraktionen in Anspruch genommen hat,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Jetzt kann der Zimmer mann raus! Herr Zimmermann, was ist denn los? – Zuruf des Abg. Johannes Stober SPD – Unruhe)

teile ich jeder Fraktion noch einmal eine Redezeit von je ei ner Minute zu.

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Kollegen Nemeth.

Herr Minister, meine Damen und Herren! Ich muss schon sagen: Das, was Sie hier vorgetragen haben, war in Teilen persönlich.

(Beifall des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Das ist nicht in Ordnung.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Wir streiten hier um den besten Weg für die Energiewende, und das muss einigermaßen sachlich bleiben. Herr Minister, ich empfehle Ihnen, sich über Weihnachten einmal sozusagen in ein psychologisches Abklingbecken zu legen. Ich hoffe, es hilft.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP/ DVP)

Ich habe das EEG kritisiert. Ich glaube, das ist unser gutes Recht. Wir halten am EEG fest; es bleibt aber auch eine Tat sache, dass wir mit dem EEG einen Schuldenberg in Höhe von 300 Milliarden € vor uns hertragen.

(Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)

Das gehört zur Wahrheit, und das muss auch hier im Parla ment gesagt werden können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)