Protokoll der Sitzung vom 19.12.2013

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es! Genau so!)

Aber, meine Damen und Herren, die Leute glauben auch im mer weniger an den Weihnachtsmann.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Und an die FDP!)

Sie durchschauen dieses Spiel, dass man sagt: „Wir schicken den MP auf Stimmenfang, und die Politik machen andere.“ Das ist übrigens auch ein Beispiel von doppelter Moral.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr richtig! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)

Und es ist ein Spiel, das auf Dauer nicht tragen wird.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Zurufe von der FDP/DVP und der CDU: Bravo!)

Für die Landesregierung spricht Herr Innenminister Gall.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ist der auch im Schaufenster?)

Herr Präsident, werte Kolle ginnen, werte Kollegen! Es ist wichtig, noch einmal deutlich darauf hinzuweisen, dass der Auftrag an die Arbeitsgruppe nicht lautete, sich fast ein Jahr lang den Kopf darüber zu zer brechen, ob ein Alkoholkonsumverbot sinnvoll oder weniger sinnvoll wäre. Auftrag war vielmehr – das kann man auch nachlesen – erstens die Bewertung fachlicher Lösungsansät ze unter Einbeziehung wissenschaftlicher Erkenntnisse und zweitens die Erarbeitung eines Katalogs von Maßnahmen so wohl im präventiven als auch im repressiven Bereich mit dem Ziel – darin sind wir uns, glaube ich, einig; Herr Dr. Goll, das haben Sie gerade auch gesagt –, die Lebensqualität der Men schen zu verbessern, die von diesen Problemlagen betroffen sind.

Trotz allen Lobes – Herr Kollege Blenke, Sie stellen häufig irgendein Lob voran, um dann mit der Kritik nicht zu sparen – muss ich sagen: Es wird – so finde ich jedenfalls – der Ar beitsgruppe in keiner Weise gerecht, wenn man alle anderen Vorschläge, die gemacht worden sind, einfach ignoriert – je denfalls haben Sie keine einzige Ausführung zu den anderen Vorschlägen gemacht – und nur über das Alkoholkonsumver bot spricht und diskutiert.

(Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Daran wird nichts anderes deutlich, als dass Sie in diesem Haus immer wieder neu versuchen, eine alte, lang andauern de Auseinandersetzung in der Politik auszuschlachten.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Und wie gehen Sie damit um? – Abg. Karl Zimmermann CDU: Sie haben das in Ihrer Zeit auch so gemacht! – Zuruf von der CDU: Skandalös!)

Es gehört auch zur Redlichkeit, es nicht so zu machen, wie Sie es tun. Sie wollen nämlich die Menschen glauben machen, dass ein Alkoholkonsumverbot das Allheilmittel wäre, um die sen Entwicklungen entgegenzutreten.

(Abg. Peter Hauk CDU: Aber Sie schließen es aus!)

Das ist schlicht und ergreifend falsch. Sie haben heute gar kein anderes Argument genannt. Sie haben sich ausschließlich mit

diesem Thema beschäftigt. Obwohl ich – das wissen Sie – ein Befürworter bin,

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das wundert uns!)

den Kommunen diese Möglichkeit einzuräumen, sage ich gleichwohl dazu: Ein Allheilmittel ist das nicht.

(Abg. Peter Hauk CDU: Aber es gehört in den Kata log! – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Sie wissen alle – Herr Kollege Schmiedel hat es auch ausge führt –, dass wir im höchsten Fall von zwei bis drei Handvoll Örtlichkeiten reden, die in Baden-Württemberg den Rechts rahmen dafür hergeben könnten, ein solches Verbot zu erlas sen. Ich will noch einmal in Erinnerung rufen, wie dieser Rechtsrahmen sein müsste, um der Verhältnismäßigkeit einer solchen Anordnung Genüge zu tun.

Dabei geht es zum einen darum, dass die absolute Belastung der Fläche mit Straftaten und Ordnungswidrigkeiten doku mentiert werden kann. Wenn wir Gerichtsurteile und die Be gründungen hierzu lesen, gehen wir davon aus, dass dort 100 Straftaten nachgewiesen werden müssten. Hierbei geht es auch um die relative Belastung der Fläche mit Straftaten im Verhältnis zu einer geeigneten Vergleichsfläche, also darum, um wievielmal höher als im übrigen Stadtgebiet die Belastung dort ist, und natürlich geht es dabei auch um die Anzahl der regelmäßig anwesenden Personen. Hinzu käme noch, dass auch gewährleistet sein müsste, dass nicht nur eine Verdrän gung stattfindet. Auch dann wäre diese Maßnahme nämlich wirkungslos. Auch darauf haben Experten in diesem Gutach ten hingewiesen. Das nehmen Sie offensichtlich ebenfalls nicht zur Kenntnis.

Meine Damen und Herren, wenn man sich die Stellungnah men zu der Untersuchung in Ravensburg und die Ergebnisse der Befragung dort und auch in Heidelberg genau anschaut, dann wird deutlich, dass die unmittelbar betroffene Bevölke rung in den Kernstädten dieser beiden Kommunen weitaus differenzierter reagiert, als dies manche erwartet hätten, und auch differenzierter reagiert, als ich es erwartet hätte. Das will ich ganz deutlich sagen.

Wichtigstes Anliegen derer, die dort befragt wurden, war in beiden Städten eine insgesamt stärkere Alkoholkontrolle, ins besondere am Wochenende. 40 % der Befragten in diesen bei den Städten haben sich für umfangreichere und intensivere Alkoholkontrollen – grundsätzlich, wohlgemerkt – ausgespro chen, was natürlich auch den Straßenverkehr beinhaltet.

Eine zweite und stärkere Präferenz als ein Alkoholkonsum verbot – das haben Sie heute auch nicht gesagt, aber es gehört zur Wahrheit dazu – hatte eine stärkere Präsenz der Polizei und der Ordnungsbehörden. Da sage ich den Menschen schlicht und ergreifend: Was zu einer schwächeren Präsenz geführt hat, war die Personalpolitik der alten Landesregierung. Denn Sie haben 1 000 Polizeistellen im Land abgebaut.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Thomas Blenke CDU: Sie könnten auch einmal eine neue Platte auflegen! – Gegenruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das wollt ihr bloß nicht hören!)

In der Befragung haben sich die Menschen vor allem – das liegt an der Spitze – für eine stärkere Kontrolle der Alkohol abgabe und derer, die dafür verantwortlich sind, ausgespro chen. Mehr als 80 % haben dies gefordert. Darin steckt in der Tat auch kommunaler Handlungsspielraum mit den Instru mentarien, die vor Ort zur Verfügung stehen.

Deshalb bin ich der Auffassung: Es lohnt sich ganz einfach, sich jetzt mit den Ergebnissen insgesamt einmal auseinander zusetzen, sie abzuwägen und sich dann für weitere Maßnah men zu entscheiden.

Beispielsweise frage ich Sie jetzt, Herr Blenke – Sie werden ja sicherlich noch einmal ans Rednerpult gehen –:

(Abg. Thomas Blenke CDU: Ja!)

Wie halten Sie es mit diesen Vorschlägen, die gemacht wor den sind, beispielsweise wenn es darum geht, bestehende rechtliche Handlungsmöglichkeiten wie den Erlass kommu naler Satzungen für die Benutzung öffentlicher Flächen – et wa von Grünflächen oder anderen Plätzen – anzuwenden? Wie halten Sie es damit?

Wie halten Sie es grundsätzlich damit, an den Regelungen des Alkoholverkaufsverbots festzuhalten, aber mit den darin be inhalteten Mängeln, die auch festgestellt wurden? Es beste hen nämlich Lücken, was Warenautomaten und reine Alko holbringdienste anbelangt. Wie steht es um Ihre Bereitschaft, sich dazu auf der kommunalen Ebene zu artikulieren?

Wie halten Sie es mit einem der Handlungspunkte, die auch aufgelistet sind, nämlich die bestehenden Regelungen zu den Sperrzeiten in der Gaststättenverordnung mit dem Ziel zu än dern, die Zeiten nächtlicher Betriebsruhe wiederum maßvoll auszudehnen? Wie halten Sie es damit?

Wie stehen Sie zu einem Impuls, der ebenfalls aufgeführt ist, beispielsweise hinsichtlich einer Diskussion über die beste hende Besteuerung branntweinhaltiger Getränke auf Bundes ebene? Ich bin einmal gespannt, wie Sie diese Spiegelstriche, diese Forderungen und Festlegungen der Arbeitsgruppe und der Experten bewerten wollen.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Wenn man sich mit diesen Ergebnissen befasst, gilt dies na türlich für die Inhalte. Es gilt aber auch für eine zeitliche Ab folge der Regelungen, die man dann ins Auge fasst.

Sie haben gefragt: „Ist es eigentlich sinnvoll, diesen runden Tisch zu machen?“ Ich bin der Auffassung: Ja,

(Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

weil es sich lohnt, sich im kommenden Jahr noch einmal da rüber zu unterhalten. Dann haben Sie Gelegenheit, Ihre Ba lance, Ihre Abwägung, Ihre Auffassungen zu den einzelnen Punkten in diesem Maßnahmenkatalog in einen Gesamtkon text zu bringen.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwi schenfrage der Kollegin Gurr-Hirsch?

Ja.

Herr Minister, Sie spra chen von einer Branntweinsteuer. Frage 1: Ist es richtig, dass diese Branntweinsteuer schon seit vielen, vielen Jahrzehnten besteht?

Frage 2: Denken Sie eventuell auch an die Erhebung einer Weinsteuer?

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Biersteuer! – Zuruf des Abg. Manfred Lucha GRÜNE)

Liebe Kollegin, natürlich weiß ich, dass es diese Steuer gibt. Ich habe nur darauf hingewie sen, dass dies ein Diskussionspunkt ist, der auf der Tagesord nung steht, wenn wir über die Handlungskonzeptionen und die Handlungsmöglichkeiten sprechen. Deshalb interessiert mich in erster Linie einmal Ihre Meinung zu diesen ganzen Themen, wenn wir über Alkohol, Alkoholkonsum, Alkohol missbrauch reden. Das ist einer der aufgezeigten Handlungs aspekte, und über die lohnt es dann zu diskutieren.

Ich will auch sagen: Wir diskutieren darüber nicht im politi schen Niemandsland. Das gilt für viele andere Bereiche übri gens auch.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Was ist mit der Weinsteuer?)

Wir machen da unsere Erfahrungen an der einen oder ande ren Stelle. Wir jedenfalls – das will ich sagen – nehmen so wohl die Befragung als auch die Meinungen der Experten ernst.