Protokoll der Sitzung vom 29.01.2014

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Frau Abg. Lindlohr das Wort.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Nach der Chance von nachhaltigen Zukunftsmärkten in – oder vielleicht auch: für – Baden-Würt temberg fragen die Kollegen in ihrem Antrag. Dieses Thema hätte wahrlich tiefer greifende Aussagen verdient als das, was Sie, lieber Kollege Paal, an Plattitüden, Allgemeinplätzen und Vorurteilen von sich gegeben haben. Das war, glaube ich, nicht mehr ganz zur Sache.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Die Antwort auf diese Frage ist natürlich ganz einfach: Nach haltige Zukunftsmärkte – also Märkte, die keine Spekulati onsblasen darstellen, sondern auch in Zukunft noch bestehen und wachsen – und Unternehmen, die sich auf diese einlassen und dabei die globale Knappheit an Ressourcen und Energie in ihre Strategien einbeziehen, stellen die einzige Chance für die langfristige Prosperität unseres Landes dar.

Wir, die grün-rote Koalition, unterstützen diese Unternehmen auf ihrem Weg in eine erfolgreiche Zukunft. Kollege Claus Paal, diese Unternehmen haben es nicht verdient, dass Sie hier vorhin wörtlich sagten:

... Baden-Württemberg war einer der erfolgreichsten Wirtschaftsstandorte... in Europa.

Die Unternehmen in Baden-Württemberg haben nicht ver dient, dass Sie sie so abqualifizieren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Sie haben bereits darauf hingewiesen und gelobt: Die grünrote Wirtschaftspolitik ist an den vier Schwerpunkten ausge richtet, die in dem Gutachten von McKinsey und dem Insti tut für Angewandte Wirtschaftsforschung in Tübingen genannt worden sind: nachhaltige Mobilität, Umwelttechnologien und Ressourceneffizienz, Gesundheit und Pflege, Embedded Sys tems und IT. Für diese Schwerpunkte wurde in dem Gutach ten eine Wachstumschance in der Größenordnung von 50 Mil liarden € bis 80 Milliarden € bis 2020 vorhergesehen. Allein auf den Bereich Umwelttechnologien und Ressourceneffizi enz entfällt davon gut die Hälfte. Darum möchte ich jetzt auf dieses Feld eingehen.

Es gibt eine Ressourceneffizienzstrategie der grün-roten Lan desregierung; es gab keine Ressourceneffizienzstrategie der schwarz-gelben Landesregierung.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Zurufe von den Grünen: Aha!)

Das ist eine Neuerung bei diesem Schwerpunkt.

Der zweite Ressourceneffizienz- und Kreislaufwirtschaftskon gress der Landesregierung fand am 12. und 13. November 2013 in der Liederhalle in Stuttgart statt. Der Präsident des Landesverbands der Baden-Württembergischen Industrie, Herr Dr. Koch, sagte:

Eine nachhaltige und ressourcenschonende Produktion liegt im wohlverstandenen eigenen Interesse der Betrie be in der Marktwirtschaft. Deshalb sind Unternehmen im Sinne kontinuierlicher Verbesserungen ständig auf der Suche nach effizienteren Produktionsverfahren, niedrigem Materialverbrauch, geringem Materialeinsatz und kos tengünstigerem Materialeinsatz.

Bei dieser Suche haben wir die Unternehmen voll unterstützt und tun dies auch weiterhin.

Dazu wurde unter Beteiligung von vielen Unternehmensver bänden wie dem Zentralverband Elektrotechnik und Elektro industrie, dem Landesverband der Baden-Württembergischen Industrie und dem Verband Deutscher Maschinen- und Anla genbauer Baden-Württemberg die „Allianz für mehr Ressour ceneffizienz Baden-Württemberg“ gegründet. Viele Unterneh men machen mit bei der Aktion „100 Betriebe für Ressour ceneffizienz“. Hierbei werden in Unternehmen Strategien ent wickelt, wie Einsparpotenziale bei Energie und Material rea lisiert werden können. Diese Strategien werden dokumentiert und kommuniziert. Darauf kommt es an. Es werden Leucht türme geschaffen, es werden Beispiele geschaffen, an denen sich andere Unternehmen orientieren können, anhand derer sie ihre eigenen Lösungen entwickeln können, wie sie mit mehr Ressourceneffizienz ihren Betrieb wettbewerbsfähig hal ten und auf die Zukunft ausrichten können. Das ist ein guter Erfolg der grün-roten Wirtschaftspolitik.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ich möchte noch ein anderes Beispiel erwähnen, nämlich den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, EFRE. Die neue Förderperiode 2014 bis 2020 hat begonnen. Es gibt in dieser Förderperiode mehr Geld für Baden-Württemberg, aber es gibt vor allem auch eine neue Strategie. Die Landesregie rung bzw. die drei damit befassten Ministerien waren hier sehr zügig.

Das neue Operationelle Programm besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil ist ein sogenannter Bottom-up-Ansatz zur För derung regionaler Entwicklungsstrategien. Minister Schmid, Minister Bonde sowie Kolleginnen und Kollegen aus diesem Haus haben vorletzte Woche eine Veranstaltung zum Wettbe werb RegioWIN besucht, bei der bereits die erste Tranche an Beiträgen prämiert wurde. Nun können Regionen, Unterneh men, Verbände und kommunale Akteure mit ihren Entwick lungsstrategien loslegen. Der andere Teil ist die Fachförde rung.

Das Operationelle Programm hat zwei inhaltliche Schwer punkte. Der eine Schwerpunkt liegt auf Innovationen. Hier geht es vor allem um Technologietransfer, darum, dass wir In stitutionen fördern, die für die kleinen und mittleren Unter nehmen in unserem Land entscheidend sind. Der andere Schwerpunkt liegt auf der Energiewende als eigenständigem Thema.

Das ist die Landespolitik heute mit Weichenstellung bis 2020. Was war zuvor? Was war im Jahr 2007? Wir erinnern uns: Zu

ständig für diesen Bereich war der damalige Minister für Er nährung und Ländlichen Raum. Sein Name war Peter Hauk. Er hat bei der Europäischen Kommission ein Operationelles Programm zum EFRE eingereicht. Dieses fiel mit Pauken und Trompeten durch.

(Oh-Rufe von der SPD – Zuruf von der CDU: Saue rei!)

Das Programm hatte formale Fehler. Es wurde mit dem Hin weis auf starke inhaltliche Mängel zurückgewiesen. Denn die damalige Landesregierung und Minister Peter Hauk hatten das Ziel – das wirtschaftspolitisch und für die Unternehmen in Ba den-Württemberg wichtig ist –, die Stärken zu stärken und auf Innovation zu setzen, nicht ernst genommen. Erst nach einer Ehrenrunde konnte das Programm ein halbes Jahr später in Kraft treten.

Das war die alte Zeit. In der neuen Zeit gehen wir mit einer innovativen Politik voran. Daran sehen Sie, dass Grün-Rot ei ne sehr gute Wirtschaftspolitik macht. So werden wir weiter machen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Storz das Wort.

Herr Präsident, meine sehr ge ehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Diskussion über Wirtschaftsthemen wird leichter, wenn man sich auf die Ziele von Wirtschaftspolitik besinnt.

1967 entwickelte Karl Schiller, damaliger Bundeswirtschafts minister, das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz. Seither spre chen wir vom magischen Viereck der Wirtschaftspolitik, das für einen hohen Beschäftigungsstand, ein stabiles Preisniveau, stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum und außen wirtschaftliches Gleichgewicht sorgen soll.

Wir wissen heute, dass dieser mehr als 40 Jahre alte Zielkata log den wirtschaftspolitischen Herausforderungen unserer Zeit nicht mehr gerecht wird. Heute sprechen wir vom neuen ma gischen Viereck, das auch die Dimension der Nachhaltigkeit einbezieht. So wird damit gefordert, bei politischen Entschei dungen Fragen zur ökonomischen, sozialen, ökologischen und fiskalischen Nachhaltigkeit stärker zu berücksichtigen.

Der Antrag der CDU gibt uns die Chance, zu zeigen, wie die grün-rote Landesregierung diese Überlegungen einbezieht und unserer Wirtschaft hilft, fit für die Zukunft zu werden. In ei ner sehr kompakten Übersicht von über zehn Seiten hat das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft deutlich gemacht, welche Vielfalt von Projekten und Initiativen das Land unter stützt und anstößt.

Wenn wir die Schwerpunkte auf die schon genannten Kon zepte für eine nachhaltige Mobilität, die Energie- und Res sourceneffizienz, die Gesundheitswirtschaft oder die Informa tionstechnologien legen, fördern wir nicht etwa Wunschpro jekte, sondern Bereiche, in denen Baden-Württemberg stark ist und in denen ein hohes Wachstums- und Beschäftigungs potenzial besteht.

Kollege Paal, ich freue mich, dass Sie uns dafür gelobt haben, dass wir diese Punkte übernommen haben, muss Ihnen aber auch sagen, dass Sie nicht mitbekommen haben, dass es in zwischen den Innovationsgutschein B Hightech gibt, im Land eine Leichtbauagentur eingerichtet wurde oder Baden-Würt temberg im Bereich der Elektromobilität einen Preis auf Bun desebene gewonnen hat. Es wäre vielleicht gut, sich nicht nur in Statistiken zu vergraben, sondern hin und wieder auch auf die Internetseite des Finanz- und Wirtschaftsministeriums zu schauen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Zahlreiche der genannten Projekte werden über die Mitglieds einrichtungen der Innovationsallianz Baden-Württemberg ver wirklicht. Aus dem Haushalt des Finanz- und Wirtschaftsmi nisteriums erhalten diese wirtschaftsnahen Forschungsinsti tute 25 Millionen €. Grüne und SPD haben diese Mittel im Vergleich zu 2011 um 25 % erhöht.

Ich habe in letzter Zeit verschiedene Institutionen der Innova tionsallianz besucht und dabei feststellen können, dass die Mittel des Landes gut angelegt sind.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Die Themen und Fragestellungen der Innovationsallianz be treffen nicht nur einzelne Branchen oder einzelne Unterneh men; viele Projekte beschäftigen sich mit unterschiedlichen Aspekten des effizienten Einsatzes von Ressourcen. Das ist keine rot-grüne Spinnerei, sondern eine zentrale Notwendig keit. Wenn Rohstoffe knapper werden, werden sie teurer. Der effiziente Einsatz von Ressourcen ist daher eine Kernfrage des wirtschaftlichen Handelns. So treffen ökonomische und ökolo gische Nachhaltigkeit zusammen, wenn etwa im Forschungs institut für Edelmetalle und Metallchemie seltene Metalle aus Flachbildschirmen oder Platin aus Brennstoffzellen gewon nen werden.

Klar ist: Das vielfältige Engagement des Landes ersetzt nicht die Initiative der Unternehmen. Neue Produkte müssen von guten Ingenieuren entwickelt, von qualifizierten Arbeitskräf ten in hoher Qualität produziert und von guten Kaufleuten ge schickt vermarktet werden. Die Aktivitäten des Landes ergän zen die arbeitenden Unternehmen, indem unsere Partner mit helfen, damit aus guten Ideen schneller marktfähige Produk te werden.

Meine Damen und Herren, es ist bezeichnend, dass die CDU den Aspekt der sozialen Nachhaltigkeit, also eine Seite des neuen magischen Vierecks, ignoriert. Was gehört dazu? Inge nieure und Angestellte, die neue Produkte entwickeln und her stellen, müssen angemessen am Wert ihrer Arbeit beteiligt werden; denn sie schaffen die Werte, die Unternehmen auf den Märkten verkaufen können. Wer keine Fachkräfte mehr gewinnen kann, braucht nicht von Zukunftsmärkten zu träu men. Mit befristeten Verträgen wirbt man schon lange keine Talente mehr an.

Zur sozialen Nachhaltigkeit zählt die Qualität des Bildungs systems. Wer Fachkräfte sucht, darf keine Talente verschen ken. Es ist kein Zufall, dass die Verbände der Wirtschaft und des Handwerks die Einführung der Gemeinschaftsschule und die damit verbundene bessere individuelle Förderung loben und ihr aufgeschlossen gegenüberstehen. Die beruflichen

Schulen sind endlich aus dem Abseits des öffentlichen Inter esses geholt worden. Maßnahmen zur Verbesserung der Un terrichtsversorgung wirken.

Dennoch haben wir noch viel zu tun: Der vielfältige und teu re Übergangsbereich wartet auf eine Reform. Fachkräfte brau chen ständig Weiterbildung, um die Qualität zu erhalten und auszubauen. Mit dem Bildungsfreistellungsgesetz werden wir in diesem Jahr eine Lücke schließen.

Meine Damen und Herren, das neue magische Viereck ver langt von der Wirtschaftspolitik konsequentes Handeln, neue Wege, Dialog und Koordination mit anderen. Die Landesre gierung ist dabei auf dem richtigen Weg.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die FDP/DVP-Frak tion erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Rülke.

Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Die CDU-Fraktion hat sich in verdienstvoller Weise einem Thema zugewandt, nämlich den Chancen nachhaltiger Zukunftsmärkte in Baden-Württemberg, das meine Fraktion schon im Zusammenhang mit dem großen Thema Innovation in zwei Großen Anfragen im Jahr 2013 be handelt hat.

Die Landesregierung führt in ihrer Stellungnahme aus – ich darf zitieren –:

Nach Auffassung der Landesregierung trägt die ökologi sche, ökonomische und soziale Modernisierung der Wirt schaft maßgeblich zur Sicherung des Wohlstands in Ba den-Württemberg bei.