Protokoll der Sitzung vom 30.01.2014

Jetzt erklären Sie mir – nicht nur im Hinblick auf die zweite Fremdsprache, sondern auch hinsichtlich der anderen Fächer, bezogen auf das gymnasiale Niveau –, wie Sie das, was im Vergleich die allgemeinbildenden Gymnasien in der Sekun darstufe I leisten, konsequent sicherstellen können.

Hier bestehen noch offene Fragen.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Kolleginnen und Kolle gen, Herr Abg. Wacker hat das Wort.

Die Prioritäten liegen eindeutig darin, dass wir auch gegenüber den Schulträgern der berufli chen Gymnasien ganz klar signalisieren müssen: Weil diese Schulart bewährt ist, muss sie auch eine Planungssicherheit haben. Deswegen ist ein Ausbau der Gemeinschaftsschulen in der Sekundarstufe II schlicht und einfach überflüssig.

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir lediglich noch eine Bemerkung. Herr Minister, es war sehr bedenklich, dass Sie gestern die Seriosität des renommierten Meinungsfor schungsinstituts dimap infrage gestellt haben.

(Widerspruch bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Zurufe der Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD und Jörg Fritz GRÜNE)

Ihnen sind nur die Ergebnisse recht, die Ihnen passen. Alles andere tut Ihnen weh.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zuruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD)

Jetzt müssen Sie aufpassen. Vor allem Sie, Herr Kultusminis ter, müssen deswegen aufpassen, weil Sie auch ein Regie rungsamt innehaben.

Uns liegt zu den Vorwürfen eine Stellungnahme des Mei nungsforschungsinstituts dimap vor. Diese Stellungnahme möchte ich verlesen:

Die Umfrage entspricht in vollem Maß den Standards der Umfrageforschung. Damit sind gemeint Befragte, reprä sentative Zufallsstichprobe, CATI-Verfahren, eigenes Feld in Baden-Württemberg, keine Buseinschaltung.

„Ja/Nein“ oder „Trifft zu/Trifft nicht zu“ inklusive der Ausweichkategorie „Weiß nicht“/,,keine Angabe“ sind die gebräuchlichsten Kategorien bei Antworten in den Umfragen aller Institute.

Insofern ist der Vorwurf der Dichotomie fehl am Platz und sinnlos. Er ist eher eine unspezifische Herabwürdigung aller Umfrageinstitute als eine seriöse Kritik.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Oh!)

Die Frage über den Vergleich Realschule/Gemeinschafts schule enthält die Messung einer persönlichen Bewertung aller Befragten. Die Fragestellung und die Antwortkate gorien „Trifft zu“ bzw. „Trifft nicht zu“ führen keines wegs zu einer suggestiven Erzeugung des Antwortverhal tens. Es ist eine mithilfe von Bewertungskategorien durch geführte Abfrage, wie die Ziele schulischer Ausbildung von den Menschen wahrgenommen werden.

Eine Suggestivfrage hätte etwa lauten können: „In Ba den-Württemberg wird häufig über die guten Ergebnisse von Realschülerinnen und Realschülern debattiert. Was meinen Sie, was zeichnet...“

Der Vorwurf der Suggestivfrage zeugt daher weder von einem großen Verständnis von Demoskopie noch von Sta tistik.

Wir versichern Ihnen noch einmal, dass die oben aufge führte Umfrage entsprechend allen demoskopischen Qua litätskriterien durchgeführt wurde und der Vorwurf sug gestiver Fragestellung ohne jegliche Substanz und kon kreten Nachweis erhoben wird.

Herr Minister, passen Sie auf! Das, was Sie hier betreiben, ist rufschädigend. Ich kann Sie nur davor warnen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD)

Meine Damen und Her ren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags Drucksache 15/3476 (Geänderte Fassung). Ab schnitt I des Antrags ist ein Berichtsteil und kann für erledigt erklärt werden. – Sie stimmen der Erledigterklärung zu.

Abschnitt II des Antrags ist ein Beschlussteil, der ein Hand lungsersuchen enthält. Die Fraktion der CDU wünscht Ab stimmung über Abschnitt II des Antrags. Wer Abschnitt II zu stimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegen probe! – Enthaltungen? – Damit ist Abschnitt II mehrheitlich abgelehnt.

Punkt 6 der Tagesordnung ist erledigt.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Eu ropa und Internationales zu der Mitteilung des Ministeri ums für Finanzen und Wirtschaft vom 11. Dezember 2013 – Unterrichtung des Landtags in EU-Angelegenheiten; hier: Harmonisierte Rechnungsführungsgrundsätze für den öffentlichen Sektor in den Mitgliedsstaaten – Druck sachen 15/4487, 15/4625

Berichterstatter: Abg. Walter Heiler

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Ausspra che eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Insgesamt!)

Das Wort für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Herr mann.

Frau Präsidentin, meine Da men und Herren! Dieser Tagesordnungspunkt hat einen etwas sperrigen Titel: „Harmonisierte Rechnungsführungsgrundsät ze für den öffentlichen Sektor in den Mitgliedsstaaten“.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Auf den ersten Blick könnte man meinen, das sei kein Prob lem. Denn nach der Finanzkrise hat die EU im Jahr 2011 Maß nahmen beschlossen, damit die Berichterstattung gegenüber der EU über die öffentlichen Finanzen künftig stringenter und transparenter gestaltet werden kann.

Nun liegt dieser Bericht der EU-Kommission vor. Wenn man genauer hinschaut, sieht man: Hier kann ein großes Problem entstehen. Wir sind jetzt an einem Punkt, an dem alle Frakti onen im Landtag einer Auffassung sind. Aber wir sind insbe sondere der Meinung, dass man schon ein paar Worte dazu sa gen sollte, um auf die Brisanz, die in dem Bericht steckt, deut lich hinzuweisen. Darin empfiehlt die EU-Kommission Vor gaben für alle Ebenen des Staates, wie die Rechnungsführung künftig erfolgen soll, nämlich nach international anerkannten Standards, den sogenannten EPSAS.

Wenn man diese Standards einführt, bedeutet das für die Bun desrepublik Deutschland Kosten – so Schätzungen der EUKommission – von 2,65 Milliarden €. Für Baden-Württem berg werden Kosten zwischen 78 und 390 Millionen € ge schätzt. Der Rechnungshof hat im Finanz- und Wirtschafts ausschuss dargelegt, dass er für Baden-Württemberg eher die Obergrenze als die Untergrenze als realistisch ansieht.

Der Bundestag hat zu diesem EU-Vorhaben im Juni letzten Jahres einstimmig eine Stellungnahme verabschiedet.

Für uns würde das Ganze bedeuten, alle Kommunen und das Land müssten sich nach den Grundsätzen richten, die die EU möglicherweise vorgibt. Hierbei ist ein wichtiger Punkt: Bei der Vermögensbewertung würde dann nicht, wie bei uns, das Handelsgesetzbuch gelten, das im Interesse des Gläubiger schutzes und der Kapitalerhaltung dem Anschaffungskosten prinzip folgt, sondern würde das angloamerikanische System gelten, das auf den aktuellen Zeitwert Bezug nimmt. Damit wäre für viele möglicherweise Doppelarbeit verbunden.

(Zuruf des Abg. Walter Heiler SPD)

Deshalb fordern wir alle gemeinsam im Landtag und im Bun destag, dass die Budgethoheit der Länder auch künftig ge wahrt werden muss, dass zunächst die Ursachen, Lücken und Schwächen bei der Finanzberichterstattung in den Mitglieds staaten identifiziert werden sollen und dann darauf ausgerich tete Optimierungsstrategien zur Diskussion gestellt werden müssen. Bei allen Maßnahmen sollte eine Kosten-Nutzen-Un tersuchung angestellt werden, um zu klären, ob das Ziel, das man erreichen will, nicht auch mit deutlich geringeren Kos ten erreicht werden kann.

Wir sind auch der Auffassung, dass jede zusätzliche finanzi elle Belastung von Bund, Ländern und Kommunen – Kolle ge Heiler hat es gerade durch einen Zwischenruf deutlich ge macht – kritisch zu hinterfragen ist. Ich bin auch der Meinung: Man muss nicht alles durch die europäische Ebene regeln.

(Beifall bei der Abgeordneten CDU und der FDP/ DVP – Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Wir haben auch heute unterschiedliche Rechtssysteme in den Kommunen in Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg, Bay ern oder Mecklenburg-Vorpommern. Das ist überhaupt kein Problem.

Vorletzte Bemerkung: Sollten Belastungen für die Haushalte der Länder und der Kommunen auf uns zukommen, dann sind diese nach unserer Meinung im internationalen Bereich aus gelöst worden, für den der Bund die Verantwortung trägt. Dann muss der Bund auch einen entsprechenden Ausgleich an Länder und Kommunen gewähren.

Ich fordere insbesondere die kommunalen Landesverbände auf, über ihre Vertreter in Brüssel im Vorfeld aktiv zu werden, um möglicherweise noch Problematischeres für die Kommu nen und die Länder zu verhindern, bevor eine Richtlinie oder eine Verordnung auf den Weg gebracht wird.

In diesem Sinn stimmen wir der Beschlussempfehlung, die der Ausschuss für Europa und Internationales einstimmig ver abschiedet hat – dieser Ausschuss hat genauso wie der Finanz- und Wirtschaftsausschuss die Vorlage der EU-Kommission beraten –, einmütig zu.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Frau Abg. Aras das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Sowohl der Ausschuss für Europa und Internationales als auch der Finanz- und Wirtschaftsausschuss haben sich in der letzten bzw. in der vorletzten Woche mit dem Vorhaben der EU-Kommission, bis 2020 einheitliche Rech nungsführungsgrundsätze für den öffentlichen Sektor EU-weit einzuführen, beschäftigt. Beide Ausschüsse stehen diesem Vorhaben sehr kritisch gegenüber, und zwar fraktionsübergrei fend und einstimmig.

Diese kritische Haltung hat nichts damit zu tun, dass wir eu ropafeindlich wären. Nein, es geht um eine Abwägung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses und um die Frage, was diese Umstellung tatsächlich bringen wird. Kollege Herrmann hat angeführt, dass für Baden-Württemberg mit Zusatzkosten von 78 bis 390 Millionen € gerechnet wird.

Man muss dazu wissen, dass wir in der Bundesrepublik einen öffentlichen Sektor haben, der, vor allem im kommunalen Be reich, wesentlich dezentraler und kleinteiliger ist als in ande ren Mitgliedsstaaten. Die Gemeinden haben eine sehr weitge hende Budgethoheit. Das ist auch ein wesentliches Merkmal unseres föderalen Systems, das auch bei den öffentlichen Fi nanzen auf Selbstverwaltung und Eigenverantwortung setzt. Das heißt, wir brauchen ein Rechnungswesen, das diese Selbst verwaltung und Eigenverantwortung tatsächlich abbildet und stärkt.