Protokoll der Sitzung vom 19.02.2014

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Wer hat Ihnen das aufgeschrieben?)

Klassische Einwanderungsländer wie Kanada und Australien haben ein qualifiziertes Punktesystem. Damit haben sie gute Erfahrungen gemacht; es werden gezielt Fachkräfte angewor ben und gezielt Fachkräfte in das Land geholt. Hierzu gehört auch die schnelle Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsabschlüssen. Da kann ich nur sagen: Wir brauchen den

Mut, auch Einwanderung ein Stück weit nach Bedarf mitzu steuern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Dazu kann ich Sie – Sie verweigern sich da nämlich – nur auf fordern. Einwanderung und Zuwanderung dürfen nicht dem Zufall überlassen werden oder vom Zufall abhängen; diese Prozesse müssen gesteuert sein.

Wir brauchen gute Arbeitskräfte, wir brauchen gute Ingenieu re, wir brauchen gute Pflegekräfte. Unsere Krankenhäuser würden doch schon heute zum Teil gar nicht mehr funktionie ren, wenn es nicht gelungen wäre, gute Pflegekräfte anzuheu ern, anzuwerben, die sich in unserem Land auch wohlfühlen.

Das Thema Wohlfühlen hängt nicht nur vom Arbeitseinkom men ab. Zum Thema Wohlfühlen gehört auch, dass wir in Ba den-Württemberg eine Willkommenskultur verstärkt ausbau en müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zurufe der Abg. Andrea Lindlohr und Muhterem Aras GRÜNE)

Dafür müssen nicht nur die finanziellen und die politischen Rahmenbedingungen geschaffen werden,

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

sondern muss auch die gesellschaftliche Akzeptanz der Zu wanderung hergestellt werden. Das ist doch der Punkt. Das beginnt im Ehrenamt – die Kollegin Gurr-Hirsch ist hierzu parlamentarisch initiativ geworden –, das beginnt beim bür gerschaftlichen Engagement.

Es gibt viele Bereiche außerhalb des beruflichen Spektrums, in denen das Thema Willkommenskultur angegangen werden muss. Aber das muss man auch aktiv tun. Dieses Thema muss man aktiv fördern. Da haben wir vonseiten der Politik die Auf gabe, die Menschen, die sich entscheiden, hier leben und ar beiten zu wollen, aufzunehmen und sie in die Gesellschaft zu integrieren.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Diesen Satz können Sie sich einrahmen!)

Die Schweizer haben auf die Frage reagiert: Was passiert, wenn die Politik offensichtlich keine Antworten liefert? Des halb war die Volksabstimmung in der Schweiz auch in Deutsch land ein Warnschuss – und zwar gerade für uns als Politiker.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Das ist Ih re Schwesterpartei!)

Es ist nicht etwa so, dass wir Ressentiments pflegen würden – überhaupt nicht. Es geht vielmehr darum, dass wir als Poli tiker aufgefordert sind, unsere Gesellschaft auf dem Weg der Zuwanderung und der Integration mitzunehmen. Das ist die entscheidende Botschaft; da darf es keine Lücken geben, und es darf keine Defizite geben. Das müssen auch SPD und Grü ne endlich einsehen.

Es geht nicht nur darum, sich gegenüber denjenigen, die kom men, als Gutmenschen zu zeigen, sondern es geht auch dar um, dass diejenigen, die bereits hier sind, ebenfalls einen Bei trag dazu leisten müssen, dass Menschen gut aufgenommen

werden. Wir müssen auf diesem Weg auch die Bevölkerung in unserem Land mitnehmen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Meine Damen und Herren, es ist doch nicht unwahr, dass es Sorgen und Unsicherheiten auch bei den Menschen in unse rem Land gibt. Dies auszusprechen ist doch kein Tabubruch. Ich wehre mich dagegen, dass jeder, der dies ausspricht, so fort in eine rechte Ecke gestellt wird. Das muss man auch ein mal sagen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dieter Hillebrand CDU: Genau!)

Wir dürfen meines Erachtens nicht nur fragen: „Was kann der Staat tun, damit sich Menschen engagieren?“, sondern wir müssen auch unsere Erwartungen an die Menschen, die zu uns kommen, formulieren. Zu diesen Erwartungen gehört der Wil le, die Sprache zu erlernen. Eine weitere Voraussetzung ist die, unsere freiheitliche demokratische Grundordnung und un sere Gesetze zu achten, sie zu akzeptieren und zu respektie ren. Außerdem gehört dazu die Bereitschaft, sich nicht abzu schotten und keine Parallelgesellschaften aufzubauen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Dies sind die drei entscheidenden Punkte, die wir erwarten. Es ist doch nicht falsch, wenn man solche Erwartungshaltun gen auch gegenüber Zuwanderern formuliert. Die meisten von ihnen halten sich ohnehin daran.

Herr Kollege Glück hat vollkommen recht: Wir reden viel zu wenig über die Dinge, die geglückt sind, und wir reden viel zu viel über Missstände, und zwar deshalb, weil es der Regie rung nicht gelingt, die Vollzugsdefizite abzubauen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Bemühen muss von allen Seiten aus erfolgen. Es ist die Aufgabe der Po litik, die Diskussion über Rahmenbedingungen zu führen, wenn dies geboten ist. Eine freiheitliche Gesellschaft muss ei ne solche Diskussion auch aushalten – offen und ohne Vorur teile. Wir kommen in der Integrationspolitik nicht voran, wenn kritische Wortmeldungen sofort bewertet und über sie geur teilt wird und wenn solche Wortmeldungen abqualifiziert wer den.

Die CDU-Fraktion ist die einzige Fraktion, die sich für die Zuwanderung und für die Integrationspolitik klare Leitlinien gegeben hat.

(Widerspruch bei den Grünen)

Sorry, von Ihnen fehlt da jegliche Spur. Wir wissen nur, dass die Integrationsministerin die Asylbewerber verwaltet. Von Gestaltung ist keine Rede.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Deshalb fordern wir Sie auf: Handeln Sie endlich! Sie sind die Adressaten; Sie haben die Verantwortung. Handeln Sie endlich! Nehmen Sie die Menschen im Land mit. Nehmen Sie

die Menschen im Land ernst. Zeigen Sie endlich Lösungen auf. Am besten wäre es, wenn Sie unsere Vorschläge übernäh men. Dann wird es gut.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die Fraktion GRÜNE spricht Kol lege Lede Abal.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kol legen! Zunächst einmal vielen Dank an die Kolleginnen und Kollegen der FDP/DVP – Entschuldigung, es sind ja nur Kol legen – für diese Aktuelle Debatte zu integrationspolitischen Fragen. Dabei hat dieses Thema ja ausdrücklich nicht nur in tegrationspolitische, sondern auch wirtschaftspolitische und europapolitische Bezüge.

Herr Hauk, ich weiß nicht genau, welchen Ihrer Vorschläge wir denn aufnehmen sollen.

(Abg. Georg Wacker CDU: Jeden!)

Ist es der Vorschlag, Teile des zur Abstimmung gestellten Refe rendums in der Schweiz zu unterschreiben? Ist das Ihr Ernst? Ich tue mich auch wirklich schwer, Ihren Auftritt hier einzu ordnen. Denn Sie haben sich als einer von wenigen positiv auf diese Abstimmung in der Schweiz bezogen, anders als Ihre Kollegen in der CDU, anders als Kollegen der CDU hier im Land, und auch ganz anders als die Kolleginnen und Kolle gen Ihrer Fraktion im Integrationsausschuss, so, wie wir sie bisher wahrgenommen haben. Wir fragen daher, aus welchen taktischen oder strategischen Überlegungen heraus Sie nun diese Nummer gezogen haben.

Wir hatten in den vergangenen Jahren bei allen Unterschie den in der Sache hier im Landtag einen Konsens darüber, wie wir mit Fragen von Einwanderung, Migration und Integrati on umgehen. Wir waren dabei gemeinsam der Auffassung, dass wir integrationspolitische Versäumnisse vieler Jahre auf zuarbeiten haben. Einig waren wir uns auch darin, welch gro ße Bedeutung die Einwanderung für uns hat. Denn wir sind eine offene Gesellschaft; Einwanderung hilft uns bei unserer demografischen Entwicklung, und unsere Sozialsysteme und ganz besonders auch unsere Wirtschaft, die Unternehmen hier im Land sind darauf angewiesen.

Wir können mit Recht darauf verweisen, dass Integrationspo litik in Baden-Württemberg seit vielen Jahren erfolgreich ist, beginnend mit der Zeit der Eingliederung der Vertriebenen, fortsetzend mit der nachfolgenden Generation von Gastarbei tern, Asylbewerbern etc. Dies gilt bis heute mit Blick auf die Zuwanderung, wie wir sie jetzt aktuell haben. Wir können mit Recht darauf verweisen, dass wir hier sehr gute Rahmenbe dingungen haben.

Sie, Herr Hauk, haben diesen Konsens verlassen. Sie haben ganz bewusst mit markigen Sprüchen versucht, Stimmungen zu bedienen, so, wie es auch die CSU tut. Sie haben hier nicht etwa irgendwelche Dinge ausgesprochen. Sie haben unter schrieben. Sie haben sozusagen verbal unterschrieben. Sie ha ben verbal das unterschrieben, was in der Schweiz zur Ab stimmung stand – ganz im Gegensatz beispielsweise zu Ihrer Kollegin in Rheinland-Pfalz, Julia Klöckner.

Es lohnt sich, glaube ich, schon einmal, Ihre Motive in dieser Sache zu beleuchten. Sie sind angeblich ja der Vormann des liberalen Flügels in der Union – der sich nun aber der natio nalistischen Sache der Schweizerischen Volkspartei andient.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: So ein Schwachsinn! – Abg. Peter Hauk CDU: So ein Blödsinn!)

Das nehmen wir zur Kenntnis. Sie, Herr Hauk, haben kurz vor knapp und vor der Neuwahl zum Fraktionsvorsitzenden of fensichtlich mit Blick auf die 2016 anstehende Landtagswahl einmal Bilanz gezogen.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Ein völliger Schwach sinn, was Sie da erzählen! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Setzen, Sechs!)

Strobl hat sein Projekt „Frauen im Fokus“. Wolf hat sein Pro jekt „Landtag vor Ort“. Da braucht Herr Hauk nun auch ein Profilthema. Sie haben eine solche Profilbildung schon ein mal versucht; Sie hatten dies „Nationalpark im Visier“ ge nannt.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Das war ein Griff ins Klo. Das muss man zu der Art und Wei se sagen, wie Sie das gemacht haben. Dann musste dringend ein neues Thema her. Dabei war es egal, dass dieses Thema etwas anrüchig war und von der SVP kam.

(Abg. Peter Hauk CDU: So ein Blödsinn! – Abg. Die ter Hillebrand CDU: Also, Leute! – Abg. Dr. Rein hard Löffler CDU: Es reicht jetzt!)

Nun heißt das Thema: „Ausländer im Fokus“. Das ist nun das Thema, das Sie sich für Ihre Profilbildung gesetzt haben. Ich glaube, wir werden gut daran tun – auch die CDU wird sehr gut daran tun –, diesen Pfad sehr schnell wieder zu verlassen und uns, auch im Interesse der Wirtschaft, auf Fragen der In tegration und der Einwanderung einzulassen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)