Protokoll der Sitzung vom 19.03.2014

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die Landesregierung erteile ich das Wort Herrn Verkehrsminister Hermann.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Aktuelle Debatte gibt mir die Gelegenheit, noch einmal deutlich zu machen, was im Unterschied zu der Ver kehrspolitik der Vorgängerregierung die Grundzüge grün-ro ter Verkehrspolitik sind.

(Lachen bei der CDU – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, auch wenn Sie noch so oft darü ber sprechen: Sie können nicht bestreiten, dass in jedem der letzten drei Jahre, seit wir die Verantwortung im Bereich Ver kehr und Infrastruktur übernommen haben, mehr Geld vom Bund abgerufen und für die Umsetzung von Maßnahmen ver wendet worden ist als in all den Jahren zuvor, mit Ausnahme des Jahres 2009.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Der Vorwurf, ich würde etwas verhindern, ist absurd. Die Zah len sprechen dagegen. Nehmen Sie Ihr Brett vor dem Kopf weg, dann haben Sie den Zugang zur Wahrheit.

(Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Helmut Walter Rüeck: Jetzt aber! Unverschämtheit! – Unruhe)

Meine Damen und Herren, die Prinzipien unserer Politik sind klar. Wir wissen, dass ein Industrieland eine moderne, funk tionsfähige Infrastruktur braucht, und in Baden-Württemberg sind die Straßen von allergrößter Bedeutung. Rund 90 % des Personenverkehrs und 70 % des Güterverkehrs erfolgen über die Straße. Deshalb ist doch völlig klar, dass man sich um den Zustand der Straßen kümmern muss. Das hat diese Koalition im Vertrag festgelegt und von Anfang an ernsthaft angegan gen und verfolgt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU: Oi, oi, oi!)

Wir haben in Baden-Württemberg in der Verkehrspolitik ei nen Paradigmenwechsel eingeleitet,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das kann man wohl sagen!)

und ich sage Ihnen dazu: Wir haben diesen Paradigmenwech sel auch auf Bundesebene eingeleitet, und in den anderen Bun desländern kann man ebenso sehen, dass wir auf dem richti gen Weg sind.

(Beifall bei den Grünen)

Was sind die Prinzipien dieser neuen, anderen, modernen Stra ßenverkehrspolitik?

Erstens: Erhalt ist sehr viel wichtiger als Aus- und Neubau.

Zweitens: Wir brauchen dafür insgesamt eine nachhaltige Fi nanzierung.

Drittens: Wir brauchen einen Sanierungstopf, wir brauchen Sanierungsmittel, um die aufgelaufenen, nicht durchgeführ ten Sanierungen nachzuholen.

Viertens brauchen wir einen maßvollen, einen bezahlbaren Aus- und Neubau. Dafür brauchen wir Priorisierungen und

ein transparentes Verfahren, das auch über Kriterien fachlich gestützt ist.

All das haben wir vorangetrieben.

(Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

Wir haben Schluss gemacht mit der Straßenbaupolitik nach Gutsherrenart: mal da geben, mal dort geben, mal da ein Spa tenstich, mal dort, ohne System. Das haben wir geändert.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Dort, wo wir die Möglichkeit hatten, umzustellen, haben wir nicht nur für Transparenz, sondern auch für Verlässlichkeit und Planbarkeit gesorgt. In einer langen Linie haben wir auf zehn Jahre hin klargemacht, was wir im Landesstraßenbau vorhaben, wie wir sanieren wollen, wo wir ausbauen wollen.

Das, was wir noch nicht geschafft haben, wofür ich aber kämpfe, seit ich Minister bin, und wofür ich auch schon als Bundestagsabgeordneter und als Vorsitzender des Bundestags verkehrsausschusses geworben habe, ist: Wir brauchen end lich auch seitens des Bundes eine klare, nachhaltige Finanzie rung, die auch für die Länder planbar ist, und nicht mal hoch, mal runter, mal ein Impulsprogramm, mal ein Konjunkturpro gramm, dann mal wieder eine Absage aus Einsparungsgrün den. So kann man nicht planen, so kann man nicht kontinu ierlich arbeiten.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

Wer mal kurz vor Jahresende Millionen anbietet, ohne dass man die Möglichkeit hat, diese Gelder zu verbauen,

(Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

bietet im Grunde einen Anlass, dass Geld verbrannt und nicht sinnvoll und sparsam eingesetzt wird.

Ich werde jetzt gleich noch einmal zu Ihrer Politik kommen. Sie haben in all den Jahren unglaublich viele Versprechungen hinterlassen, und zwar in allen Bereichen – bei Bundesstra ßen, bei Landesstraßen und bei Kommunalstraßen –, die ganz und gar nicht finanziert waren. Wir sind seit drei Jahren da bei, alle Ihre Versprechungen abzuarbeiten, und haben das noch nicht geschafft, weil sie so groß waren.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Nicole Razavi CDU: Das ist doch unwahr! – Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

Ihr wichtigstes Element war das Versprechen, Ihr wichtigstes Instrument war der Spaten, und der Spaten hat genau zum Stich gereicht, aber durchfinanziert waren Ihre Projekte sel ten.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Wir haben aber kein Geld liegen lassen!)

Wir ändern das.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Meine Damen und Herren, einen Höhepunkt meiner Tätigkeit im letzten Jahr gab es am 7. Mai 2013 in Bad Mergentheim.

Da ist es mir gelungen, ein Versprechen von Hans Karl Fil binger – Gott hab ihn selig! – einzulösen,

(Lachen bei Abgeordneten der CDU)

der vor 40 Jahren – vor 40 Jahren! – die Ortsumfahrung für die B 19 versprochen hat. Dort konnte ich den Spatenstich ma chen.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Jeder hat seine Höhepunkte!)

So war Ihre Politik des Versprechens. Nichts finanziert, alles ewig hinausgeschoben. Wir haben das beendet. Wir arbeiten diese Listen ab.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Glocke der Präsidentin)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Köberle?

Nein.

(Zurufe von der CDU: Oh, oh! – Zurufe der Abg. Vol ker Schebesta CDU und Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/ DVP – Unruhe)

Auch die Opposition muss bisweilen zuhören.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Die Regierung nicht? – Abg. Thaddäus Kunzmann CDU: Das ist der Res pekt vor dem Ausschussvorsitzenden gewesen! Gro ßes Kino! – Unruhe)

Meine Damen und Herren, auf Landesebene gab es Jahre, in denen die von Ihnen bereitgestellten regulären Haushaltsmit tel bei nahezu null lagen. Sie haben das stets mit immer neu en Konjunktur- und Sonderprogrammen aufgestockt. Was ist dabei herausgekommen?

Wir haben von Ihnen sehr viele Schulden übernommen. Weit über 500 Millionen € an kreditfinanziertem Straßenbau müs sen wir heute Jahr für Jahr abtragen. Das war Ihre Politik, Ih re Verschuldungspolitik – nicht nur in Geld, sondern auch noch in vorgezogenen Straßenbaumaßnahmen, die Sie nicht finanziert hatten.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)