Protokoll der Sitzung vom 10.04.2014

(Zurufe von der CDU und der FDP/DVP)

und in Süddeutschland Stromgestehungskosten von 7 bis 8 Cent pro Kilowattstunde anfallen. Im Bereich der Fotovol taik liegen die Stromgestehungskosten derzeit bei den großen Anlagen bei unter 10 Cent und bei den kleineren Anlagen bei plus/minus 12 Cent pro Kilowattstunde. Wie kann man in ei ner solchen Situation, in der die Stromgestehungskosten aus diesen Anlagen denen aus konventionellen neuen Anlagen ent sprechen, davon sprechen, dass der Zubau im Bereich Wind- und Sonnenenergie ein weiterer Kostentreiber ist?

Schauen Sie sich doch einmal die Erhöhung der EEG-Umla ge im letzten Jahr an. Sie hat sich im Oktober letzten Jahres um 0,94 Cent pro Kilowattstunde erhöht. Von diesen 0,94 Cent entfielen beim Ausbau der erneuerbaren Energien 0,11 Cent auf die Onshorewindkraft und 0,08 Cent auf die Fotovoltaik. Ergo muss es noch andere Kostentreiber geben, sei es das Sin ken der Börsenpreise, sei es die Ausweitung der Privilegien, seien es andere Themen.

Aber in der heutigen Situation ist es uns – ich sage dazu: Gott sei Dank – gelungen, die Kosten der erneuerbaren Energien deutlich zu senken. Fotovoltaik und Onshorewindenergie sind nicht mehr die Kostentreiber. Deshalb ist es auch richtig, dass die Bundesregierung in dem jetzt verabschiedeten Entwurf zur Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im Kern auf den weiteren Ausbau dieser beiden kostengünstigen er neuerbaren Energien setzt: Fotovoltaik und Onshorewindkraft. Das ist völlig richtig.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: Dann müssen Sie das Thema Subventi onierung erklären! Warum halten Sie dann daran fest?)

In der Debatte im letzten Jahr haben die Probleme oft im Mit telpunkt gestanden. Die Chancen, die im Umbau unserer Ener gieversorgung stecken – weg von Kernkraftwerken, weg von einer auf einem hohen CO2-Ausstoß basierenden Energiever sorgung durch konventionelle Großkraftwerke, hin zu mehr erneuerbaren Energien, hin zu mehr Energieeffizienz, auch bei den konventionellen Energien –, gingen in der Öffentlich keit weitgehend unter. Es ist auch untergegangen, dass darin Chancen gerade für den Wirtschaftsstandort Baden-Württem berg und die hiesigen Technologieunternehmen stecken, aber auch Chancen, sich unabhängiger von Energieimporten zu ma chen, wie ich vorhin bereits sagte. Noch einmal: Ich finde, ge rade der Ukraine-Konflikt sollte uns eine Warnung sein und uns verdeutlichen, dass es Sinn macht, dort, wo wir die Mög lichkeit haben, uns unabhängiger von Energieimporten zu ma chen, dies auch zu tun.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Wollen Sie jetzt Gaskraft abschaffen?)

Der Umbau der Energieversorgung bietet uns aber auch Chan cen, eine Stromversorgung aufzubauen, die – siehe Windkraft und Sonnenenergie – keine bzw. rückläufige Brennstoffkos ten mit sich bringt. In diesem Weg stecken auch Chancen für den Aufbau neuer Arbeitsplätze. Ich wünsche mir, dass nun, da das EEG im Bundesrat auf der Zielgeraden ist, all diese Chancen wieder stärker in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Bei manchen allerdings – das hat die Debatte heute Morgen bereits gezeigt – habe ich die Hoffnung aufgegeben. Ich möch te ein Beispiel dafür nennen: In einer dpa-Meldung vom 7. April 2014 mit der Überschrift: „FDP-Fraktion: Ausbau der Windkraft im Südwesten stoppen“ ist Folgendes nachzulesen – ich zitiere –:

Die FDP-Fraktion fordert, ab sofort keine

man höre gut zu –

staatlichen Zuschüsse mehr in den Ausbau von Wind- und Solarstrom in Baden-Württemberg zu stecken.... Die Sub ventionen für Wind- und Sonnenenergie müssten deshalb sofort eingestellt werden.

Herr Kollege Rülke, ich frage mich: Wo zahlen wir staatliche Zuschüsse für den Ausbau der erneuerbaren Energien? Was würde passieren, wenn wir Windkraft und Fotovoltaik heute ausschließlich über die Preise an der Großhandelsbörse finan zieren würden – in einer Situation, in der Bestandskraftwer ke schon von den Betreibern abgeschaltet werden, auch bei der EnBW, weil sie sich nicht mehr rechnen, ganz zu schwei gen davon, dass konventionelle Großkraftwerke nicht mehr gebaut werden? Wie sollen sich diese erneuerbaren Energien über die heutigen Marktmechanismen an der Großhandelsbör se rechnen? Wer so argumentiert, gefährdet die Versorgungs sicherheit am Standort Baden-Württemberg – und nicht nur dort. Wenn ich so eine Rede wie Ihre von heute Morgen hö re, dann denke ich für mich: Wenn es für Ahnungslosigkeit Geld gäbe, würden Sie darin schwimmen.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Dann könn te ich Sie beim Tauchen beobachten!)

Lassen Sie mich noch auf einige Punkte zu sprechen kommen, die der Ministerpräsident vorhin angesprochen hat und die auch in einzelnen Redebeiträgen enthalten waren.

Ich denke, es war für uns ganz wichtig, dass es gelungen ist, bei der Onshorewindkraft zu dieser Nettobetrachtung zu kom men. Die Zahl der Anlagen, die im Rahmen von Repowering abgebaut und durch neue ersetzt werden, wird in den kom menden Jahren erheblich zunehmen. Eine Zahl dazu: Im Jahr 2012 wurden 196 MW aus der Nutzung herausgenommen, da für kamen etwa 550 MW hinzu. Nach den Überlegungen, die die Bundesregierung ursprünglich hatte, hätten nur die 550 MW gezählt, die hineinkamen, aber die 196 MW, die herausgegan gen sind, wären nicht abgezogen worden. Im letzten Jahr wa

ren es schon weit über 260 MW, und in diesem Jahr werden es vermutlich noch einmal mehr sein, die in das Repowering eingehen.

(Zuruf von der CDU: Richtig!)

Das heißt, durch den Vorschlag, den wir in einem Brief ein gebracht haben, den ich bereits am 28. Januar 2014 an den Bundeswirtschaftsminister geschrieben habe, ist es gelungen, das Volumen insgesamt so auszuweiten, dass Länder wie Ba den-Württemberg, die in der Vergangenheit beim Ausbau der Windkraft keine Rolle gespielt haben, beim Zubau nicht ge bremst werden. Ein Zubau von 34 MW wie im letzten Jahr ist nicht unser Ziel. In Rheinland-Pfalz wurden im letzten Jahr knapp 200 MW zugebaut. Unser Ziel ist, in diese Richtung zu kommen.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Bayern auch!)

In Bayern war es noch nicht so viel, aber – zugegeben – mehr als bei uns.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Zehnfach!)

Vor diesem Hintergrund war es wichtig, dass es dadurch ge lungen ist, das Volumen von 2 500 MW auszuweiten, da in ei nem anderen Fall die Degression stärker zugeschlagen hätte und es sich damit für die Standorte im Süden zukünftig nicht mehr rentiert hätte.

Schauen Sie sich einmal an, wie die Regelung jetzt aussieht: Zukünftig gibt es für die Standorte in Baden-Württemberg mit einem Ertrag unter 77,5 % des Referenzertrags – das sind die meisten Standorte in Baden-Württemberg – eine Vergütung von 8,9 Cent. Im Vergleich dazu hätte es nach dem alten EEG ab 2015 9,03 Cent bei diesen Standorten gegeben. Diese Zah len zeigen, dass damit auch zukünftig die wirtschaftlichen Be dingungen gegeben sein werden, um an den Standorten in Ba den-Württemberg die Windenergienutzung weiter auszubauen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Wenn ich dann Ihre Rede höre, Herr Kollege Rülke, denke ich mir: Oh Gott, das kann doch alles nicht wahr sein, was der da erzählt. Man muss sich einmal fragen: Wer investiert denn 2,5 bis 3 Millionen € – so viel muss man nämlich heutzutage in solche leistungsfähigen Anlagen mit 2,5 bis 3 MW investie ren – in den Bau einer Windkraftanlage in Baden-Württem berg, wenn er nicht davon ausgehen kann, dass sich das Ding, das da vorne dran ist, dreht?

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Dann braucht er auch keine Subventionen! – Abg. Manfred Lucha GRÜNE: Herr Präsident!)

Nur dann, wenn es sich dreht, produziert diese Anlage, und nur dann, wenn sie produziert, gibt es auch einen Ertrag. Ge hen Sie einmal davon aus, dass Investoren nicht so blöd sind, Windkraftanlagen zu bauen, die sich nicht rentieren, und 2,5 oder 3 Millionen € in den Sand setzen. Das ist doch einfach Unsinn.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke: Dann geht es auch oh ne Subventionen!)

Genauso ist es Unsinn, wenn Sie zum Vergleich anführen, dass die Windkraftanlagen in Baden-Württemberg im Schnitt 1 260 Volllaststunden pro Jahr leisten. Das stimmt sogar.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Sehen Sie!)

Nicht „Sehen Sie!“. Ich will nur sagen, warum.

(Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Es betrifft vor allem die alten Anlagen, die in den Neunziger jahren und Anfang der Zweitausenderjahre gebaut wurden, mit 50, 60, 70 m Höhe. Warum? Der Kollege Schmid wird es bestätigen können: Auf der Hannover Messe haben jetzt die Anlagenhersteller REpower, Nordex und wie sie alle heißen speziell für die Binnenländer konzipierte Anlagen präsentiert, mit denen sie auf den Standorten mit 60, 70 % des Referenz ertrags in Baden-Württemberg im Schnitt auf 2 200 bis 2 300 Volllaststunden kommen. Wir wären mit dem Klammerbeu tel gepudert, wenn wir in Baden-Württemberg nicht die Mög lichkeit nutzen würden, zwischen 2 600 und 2 700 Volllast stunden im Bereich der Windenergie – dieser kostengünstigen erneuerbaren Energie – zu erzielen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Lassen Sie mich noch zwei Punkte ansprechen. Ich hoffe, dass es uns gelingt, in den weiteren Gesprächen mit der Bundesre gierung und im Bundesratsverfahren bei zwei Punkten noch weiterzukommen. Den einen Punkt hat der Ministerpräsident schon angesprochen, nämlich die Stichtagsregelung. Dabei sollten wir uns – das ist meine Hoffnung – hier im Parlament auch einmal einig sein.

Bei Windkraftanlagen beispielsweise benötigen Investoren zwei Jahre Vorplanung; dieser Vorplanungszeitraum von zwei Jahren besteht nun einmal aufgrund der Verfahren, der Geneh migungsverfahren und anderer Dinge bei Windkraftanlagen. Ich weiß von Projekten in Baden-Württemberg, bei denen es jeweils um zehn und mehr Anlagen geht. Überlegen Sie ein mal: Zehn Windkraftanlagen haben ein Investitionsvolumen von 30 Millionen €, 35 Millionen €. Die Investoren verhan deln mit den Banken, legen Businesspläne zugrunde und stel len ihre Berechnungen auf der Grundlage des EEG von 2012 an. Und plötzlich heißt es: Für alle Anlagen, die nicht bis zum 22. Januar genehmigt sind, gilt das neue EEG – und das bei einem Verfahren, das zwei Jahre dauert.

Eine Reihe von Projekten wurden im Februar, März geneh migt und können noch in diesem Jahr gebaut werden. Diese Projekte müssen sich jetzt – so ist es vorgesehen – nach den neuen Regelungen im EEG richten. Die Rendite beträgt dann 2014 8 % weniger. 2015 – das habe ich dargestellt – besteht das Problem dann nicht mehr.

Ich glaube, man muss keine Angst haben, dass hier eine Situ ation wie bei der Fotovoltaik eintritt, nämlich dass es im Som mer zu einem Endspurt bei den Windkraftanlagen kommt. So war es bei der Fotovoltaik. Warum? Diese Anlagen können sehr kurzfristig bestellt und auf Hausdächer montiert werden. Deswegen gab es hier 2012 einen Zubau von 7 500 MW. Heu te hat sich das wieder auf 3 500 MW normalisiert.

Bei der Windenergie gibt es dieses Problem aufgrund der lang wierigen Verfahren nicht. Deswegen plädiere ich dafür, dass man den Stichtag 22. Januar fallen lässt und an dem im Ge setz stehenden Termin – Inbetriebnahme 31. Dezember 2014 – festhält.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Wer hat den Termin festgelegt? Wie hieß der? – Glocke des Prä sidenten)

Herr Minister Untersteller, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Stächele?

Ja, bitte.

Herr Minister, das ist alles in Ord nung. Aber mir fehlt heute das Thema Versorgungssicherheit. Heute Mittag sprechen Sie ja in Berlin über dieses Thema. In einem Bericht der „Welt“ ist dargestellt, was hierzu in Süd deutschland möglich und vor allem was notwendig ist. Wie berichtet wird, werden Sie heute Mittag darüber sprechen, ob Sie und wir alle davon ausgehen müssen, dass die Versor gungssicherheit nur garantiert ist, wenn auch im Winter 2015/2016 das Kraftwerk Fessenheim am Netz bleibt.

Sind Sie der Auffassung, dass man in jedem Fall das Kraftwerk Fessenheim abschalten kann, oh ne die Versorgungssicherheit zu gefährden?

Zweitens: Ihr Interview in der heutigen Ausgabe des „Mann heimer Morgens“ war interessant zu lesen. Ich halte Sie für einen durchaus mutigen Minister, aber Ihre Aussage in die sem Artikel war ein wenig hasenfüßig. Darin sagen Sie auf die Frage nach dem Widerstand gegen Stromleitungen wört lich:

... werden wir Widerstand bekommen. Denn das wird ein massiver Eingriff in die Landschaft.

Dann sagen Sie etwas, was Sie erläutern sollten; es hat mich nachdenklich gestimmt. Sie sagen sinngemäß: „Wir bekom men den Strom aus dem Norden. Aber wir haben das große Glück: Die Leitungen enden in Philippsburg.“

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Frage! – Glocke des Präsidenten)