Protokoll der Sitzung vom 10.04.2014

Durch unseren Verhandlungserfolg wird nun jedoch nur noch diejenige Energie angerechnet, die ein neues Windrad im Ver gleich zum alten Windrad zusätzlich erzeugt – also der Net towert. Dadurch wird ein sehr viel kleinerer Teil des Förder kontingents aufgebraucht. Für andere Neubauten bleibt mehr übrig, und das heißt: Die wirtschaftlichen Grundlagen für den Ausbau der Windkraft sind damit auch in Baden-Württemberg gewährleistet.

Ich möchte mich auch bei unserem Koalitionspartner für die Unterstützung in dieser Sache recht herzlich bedanken.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zurufe von der CDU und der FDP/DVP: Ui! – Abg. Karl Zim mermann CDU: Nach drei Jahren das erste Mal! – Glocke des Präsidenten)

Die Windkraft auf dem Meer und die Energieerzeugung aus Biomasse haben wir ebenfalls gestärkt.

Im Bereich der Windkraft offshore konnten wir zusätzlich zu dem vorgesehenen Ausbauziel von 6,5 GW einen Zubaukor ridor von 1,2 GW durchsetzen. Wenn nun aufgrund der lan gen Projektierungsdauer Projekte infolge von Insolvenzen wegfallen, können Projekte nachrücken, die ursprünglich nicht zum Zuge gekommen wären.

Bei der Biomasse fördern wir – ganz im Sinne der Verhinde rung des Klimawandels – stärker, wenn bei der Stromerzeu gung besonders wenig Methan ausgestoßen wird. Entschei dend ist hier, dass nur noch Anlagen gefördert werden, die weitgehend, nämlich bis zu 80 %, Reststoffe verwerten. Da mit haben wir verhindert, dass flächendeckend monokulturell Pflanzen zur Energieerzeugung angebaut werden und es zur „Vermaisung“ der Landschaft kommt.

Schließlich haben wir auch bei der Behandlung der Eigen stromerzeugung wesentliche Fortschritte erzielt.

Erstens haben wir einen Fortschritt für energieintensive Un ternehmen erreicht, die im internationalen Wettbewerb stehen. Für den Schutz solcher Unternehmen vor zu hohen Kosten ha ben wir uns immer eingesetzt. Im vorliegenden Gesetzentwurf werden neue Anlagen solcher Unternehmen nun nur mit 15 % an der Umlage beteiligt und erfahren die gleichen Deckelun gen in der Umlage, die die energieintensive Industrie bei Fremdstrombezug auch erfährt.

(Ministerpräsident Winfried Kretschmann)

Zweitens haben wir für den selbst erzeugten und selbst ge nutzten Strom aller anderen Unternehmen eine technologische Differenzierung durchgesetzt. Dadurch wird die Höhe der Umlage von der Art der Stromerzeugung abhängig. Stammt der Strom aus Anlagen, die besonders umweltschonend sind, also aus erneuerbaren Energien oder aus hocheffizienten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, muss weniger Umlage ge zahlt werden als für Strom, der konventionell mit fossilen Brennstoffen hergestellt wird.

Im Entwurf der Bundesregierung vor den Verhandlungen mit den Ländern war noch vorgesehen, dass Handel, Gewerbe und private Haushalte bei der Eigenstromerzeugung einen deut lich höheren Satz von 70 % zahlen müssen, auch wenn sich der Eigenstrom aus erneuerbaren Energien speist. Dies hätte die Eigenstromerzeugung aus erneuerbaren Energien in die sem Bereich vollständig zum Erliegen gebracht und die Ei geninitiative des Mittelstands und der Bürgerschaft erstickt.

Im ursprünglichen Verhandlungsergebnis mit der Bundesre gierung sind uns insgesamt mit der Durchsetzung der be schriebenen Forderungen Verbesserungen gelungen, die zu ei ner EEG-Novelle mit Augenmaß führen. Wir erreichen, dass die Kostenentwicklung der EEG-Umlage stabilisiert wird, und wir gewährleisten, dass der Ausbau der erneuerbaren Energi en fortgesetzt werden kann.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wir erwarten nun von der Bundesregierung, dass sie ihre Zu sagen einhält.

(Zuruf des Abg. Karl Klein CDU)

Dies betrifft zum einen die Zusage, außerhalb des Bereichs energieintensiver Unternehmen nicht nach Sektoren,

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Haben Sie Zwei fel an Gabriel?)

sondern nach Technologien zu differenzieren. Der am Diens tag vorgelegte Gesetzentwurf sieht nun nämlich für Industrie betriebe des produzierenden Gewerbes wieder Sonderrege lungen vor, die klar zulasten des Mittelstands, des Dienstleis tungsgewerbes, des Handwerks und der privaten Haushalte gehen.

Wir erwarten außerdem, dass es für Eigenstrom aus erneuer baren Energien eine deutliche Reduzierung der Umlage gibt. Wir hatten hier mit der Bundesregierung eine klare Differen zierung vereinbart. Die nun von der Bundesregierung vorge sehene Beteiligung von 50 % benachteiligt Handwerk, Han del und Gewerbe massiv gegenüber der Industrie. Das ist aus unserer Sicht nicht akzeptabel.

(Beifall bei den Grünen)

Eines sollte dann allerdings auch klar sein: Die vereinbarten Eigenstromregeln müssen auf die Fälle beschränkt werden, für die sie gedacht sind.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Ist das eine Alleinre gierung?)

Mir ist vollkommen schleierhaft, wie die Bundesregierung an dem legalisierten Umgehungstatbestand des § 37 EEG fest halten kann. Denn auch nach der neuen Regelung – § 58 EEG

bleibt es möglich, dass Unternehmen Teile bestehender Kraftwerke pachten können, um für den daraus bezogenen Strom das Eigenstromprivileg geltend zu machen. Für diese legale Trickserei – so will ich das einmal nennen – gibt es kei nerlei sachliche Gründe. Sie ist sachwidrig und obendrein auch noch teuer.

(Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

Denn worin besteht die Sinnhaftigkeit, wenn sich jemand in Zeiten des Klimawandels an einem Kohlekraftwerk beteiligt und nur mit 15 % der EEG-Umlage belastet wird, während der Handwerker, der sich ganz im Sinne der Eindämmung des Klimawandels eine PV-Anlage auf sein Dach setzt, mit 50 % belastet wird?

(Beifall bei den Grünen)

Auch für weitere Verbesserungen werden wir uns weiterhin einsetzen und behalten uns vor, im Bundesrat Änderungsan träge zu stellen.

(Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

Einen Deckel von 45 % im Jahr 2025 halten wir für zu nied rig gegriffen. Wir trauen den erneuerbaren Energien mehr zu. Ein künstliches Einbremsen der erneuerbaren Energien ist we der für die Energiewende noch wirtschaftlich sinnvoll.

Für die Fotovoltaik bergen die bislang vorgesehenen Rege lungen die Gefahr, just in dem Moment deutsches Know-how verkümmern zu lassen, in dem die Zukunft der Fotovoltaik gerade wieder beginnt.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Weil sie zu hoch ge fördert wurde!)

Richtig bleibt auch, was ich bereits Mitte Februar zusammen mit den Ministerpräsidenten von Hessen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein in einem gemeinsamen Schreiben an Bun deswirtschaftsminister Gabriel klar zum Ausdruck gebracht habe: Der Stichtag zum Übergang auf die Regeln der EEGNovelle wurde mit dem 23. Januar dieses Jahres zu früh ge wählt und bestraft diejenigen, die bei Investitionen in erneu erbare Energien mit langem Planungsvorlauf auf fortbeste hende Rahmenbedingungen vertraut haben, wie das nun ein mal bei der Windkraft der Fall ist.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Je weniger Wind, desto mehr Förderung!)

Darüber hinaus möchte ich daran erinnern, dass das EEG und der Ausbau der erneuerbaren Energien zentrale Eckpfeiler der Energiewende sind, zu denen weitere drei Säulen hinzukom men müssen.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Wir brauchen ein neues Strommarktdesign, das konventionel le und erneuerbare Energien, Lastmanagement und Speicher besser miteinander verbindet. Wir müssen beim Netzausbau zügig vorankommen und vor Ort die Barrieren abbauen – und dürfen sie nicht verstärken.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zurufe der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch und Karl Zimmermann CDU)

Und wir müssen uns mit Nachdruck darum kümmern, dass es auch im Bereich der Energieeffizienz endlich vorangeht. Da zu bringen wir am Freitag auch einen Antrag für alle Länder im Bundesrat ein.

Bei all diesen Themen bleibt also viel zu tun. Die Landesre gierung arbeitet mit Hochdruck an konkreten Lösungen. Da bei zähle ich auf Ihre Unterstützung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Meine Damen und Herren, für die Aussprache über die Regierungsinformation hat das Präsidi um eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion festgelegt.

Ich erteile in der Aussprache nach § 83 a Absatz 3 der Ge schäftsordnung Herrn Abg. Dr. Rülke das Wort.

Herr Präsident, mei ne Damen und Herren! Es führt kein Weg an der Einsicht vor bei: Die Energiewende in Deutschland steht vor dem Schei tern.

(Oh-Rufe von den Grünen und der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Was? – Weitere Zurufe von den Grü nen und der SPD)

Wir haben die Situation, dass über eine maßlos hohe Umlage von 5 Milliarden € im Jahr Strom produziert wird, für den zu sätzlich 24 Milliarden € an Subventionen fällig werden. Bei den Energieunternehmen im Land wurden zig Milliarden an Kapital vernichtet. Wir exportieren Strom gegen Gebühr – al so wir bezahlen diese Gebühr –, importieren im Gegenzug dann wieder Strom – ebenfalls gegen Gebühr –, und gleich zeitig verfallen die Preise an der Strombörse. Die Produktions leistung im Bereich der erneuerbaren Energien explodiert, ohne dass die dafür notwendigen Netz- und Speicherkapazitäten bestehen.

Meine Damen und Herren, im Vergleich mit der deutschen Energiewende war die sowjetische Kolchosenwirtschaft ein Musterbeispiel an marktwirtschaftlicher Effizienz.

(Beifall des Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP – Zu rufe von den Grünen und der SPD)

Das liegt daran, dass es bis hinauf zur europäischen Ebene 18 Energiewenden gibt: Es gibt eine europäische Energiewende, es gibt eine deutsche Energiewende, und es gibt 16 Energie wenden in den Ländern.

(Abg. Johannes Stober SPD: Rösler sei Dank! – Zu ruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)