Wir haben jetzt viel darüber gehört, was in der Rahmenver einbarung steht. Ich möchte das einmal aus der Sicht der Ver eine betrachten. Was heißt das für die Vereine? Da möchte ich eines vorwegstellen: Es stellt sich für die Vereine überhaupt nicht mehr die Frage des Ob, sondern nur noch die Frage des Wie. Es wird überhaupt nicht mehr infrage gestellt, ob es sin nig ist und ob sie sich zieren oder nicht, sondern es heißt nur noch: Ja, wir wollen, und es geht darum, wie wir es ausgestal ten können.
Bei meiner Vorrednerin von der CDU, Frau Schmid, hat man festgestellt: Es fällt Ihnen tatsächlich schwer, Argumente da gegen vorzubringen;
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Vom Kern her gut und richtig!)
Was heißt das? Es heißt, die Vereine vor Ort sehen die Chan ce und wollen ihre Chance auch ergreifen, hier zu einer guten Zusammenarbeit und Kooperation mit den Schulen und den Kommunen zu kommen. Durch die Rahmenvereinbarung ha ben sie Sicherheit bekommen und wissen jetzt auch, auf wel cher Ebene sie arbeiten können.
Verständlicherweise gibt es auch Herausforderungen. Erstens gibt es eine Unsicherheit, und es müssen Fragen beantwortet werden, und zwar sowohl Fragen von den Mitgliedern als auch Fragen in vielen Vorstandsgremien. Das ist schon sehr gut in Bewegung und wird Stück für Stück abgearbeitet.
Die zweite Frage, die sich die Vereine zu stellen haben, be zieht sich auf die Qualifikation der Übungsleiter. Auch dazu gibt die Rahmenvereinbarung eine ganz klare Ansage, welche Forderungen es gibt. Des Weiteren sind die Verbände schon lange an diesem Punkt dran
und haben dementsprechend Fortbildungsmaßnahmen ange boten und bieten sie auch weiterhin an. Dies geschieht im di rekten Gespräch. Deshalb können wir auch den Vorwurf nicht stehen lassen, Frau Schmid, man hätte die Beteiligten nicht mit einbezogen und hätte die Vereinbarung „am nackten Tisch“ getroffen. Im Gegenteil, die Beteiligten sind ganz eng einbezogen.
Ferner stellt sich die Frage nach dem Personal. Auch hier ist es möglich, Personal zu finden und es flexibel einzusetzen. Letztendlich obliegt dem Schulleiter die Hoheit, die Stunden pläne aufzustellen. Das kann er in enger Absprache mit den Vereinen machen. Hier können auf der Dialogbasis Antwor ten gefunden werden.
Die Angebote müssen angepasst werden. Das heißt natürlich, dass eine Flexibilisierung stattfinden soll. Man kann beispiels weise den Fußballsport nicht 1 : 1 in den Schulbetrieb umset zen. Da ist die Frage, wie die Vereine es hinbekommen und wie sie es gestalten. Aber auch da stellt sich gar nicht einmal die Frage des Ob, sondern nur noch die Frage des Wie.
Die große Chance ist doch, die Angst vor dem demografischen Wandel abzubauen und die Kinder da abzuholen, wo sie sind, nämlich in der Schule, und alle Kinder anzusprechen und ih nen die Möglichkeit zu geben, Vereine und das Vereinsleben kennenzulernen.
Ich hatte an einem Abend im Januar eine Gesprächsrunde bei mir in Schorndorf durchgeführt, zu der ich die Vorstände von allen örtlichen Vereinen und auch Vertreter der Kirchen ein geladen hatte. Wenn wir von Vereinen reden, wird übrigens oft vergessen, dass die Kirchen genauso mit dabei sind und den Schulen Kooperationsmöglichkeiten anbieten. Auch hier zu braucht man entsprechende Vereinbarungen.
An dem erwähnten Abend waren Vorstände von verschiede nen Vereinen anwesend, es waren Vertreter der Verwaltung anwesend, und es waren auch Vertreter des Pilotprojekts der fünf Koordinationsstellen, die es in Baden-Württemberg gibt, anwesend. Das war interessant. Es ist wichtig, dass wir diese Menschen, die bei der Gestaltung der Kooperation Schule/ Verein beteiligt sind, auch gemeinsam an einen Tisch holen. Da ist es wichtig, dass wir all denen, die Verantwortung über nehmen, gute Koordinationsmöglichkeiten bieten, also – wie es hier im letzten Jahr geschehen ist – über den Sportkreis, über Pilotprojekte.
Dazu nenne ich einmal zwei Zahlen: Mit diesen Koordinati onsstellen sind 130 Ganztagsschulen im Gespräch. Daraus ha ben sich allein innerhalb der neun Monate, in denen es läuft, 38 verschiedene Formen der Zusammenarbeit ergeben. Es gab durchweg positive Rückmeldungen zur Gestaltung der Ko operation, und es bilden sich neue Netzwerke. Liebe Kolle ginnen und Kollegen, das ist eine große Errungenschaft und eine große Chance. Dieses Potenzial gilt es zu nutzen.
Wir müssen aber natürlich auch Verantwortung übernehmen. Auch seitens des Landessportverbands wird auf dieser Ebene
geschaut, welche guten Antworten es noch geben kann. Es ist jedoch auch notwendig, dass die Kommunen – die Verwal tung – Koordinationsstellen zur Verfügung stellen und wir die Kooperation Schule/Verein weiter vorantreiben. Die Ganz tagsschule ist in diesem Fall eine Bereicherung. Wir geben den Kindern die Möglichkeit, Bewegung und Sport zu erfah ren, und dienen damit auch der Gesundheit und bieten die Möglichkeit, motorische Fähigkeiten und koordinative Fähig keiten zu erwerben. Diese sehr gute Chance sollten wir nicht mit irgendwelchen herbeigeholten Argumenten kaputtmachen.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Humor ist nach meiner Meinung ei nes der wichtigsten und erfolgreichsten didaktischen Prinzi pien im Schulunterricht. Ich erinnere mich noch sehr gern und gut an die schmunzelnden und manchmal auch lachenden Ge sichter meiner Schülerinnen und Schüler, als ich im Unterricht immer wieder einmal den Appell an sie gerichtet habe: „Scho cke deine Eltern, und lies ein Buch!“
Dieses Prinzip habe ich mir auch für die heutige Aktuelle De batte überlegt: „Schocke die Landesregierung, und lobe sie!“
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Friedlin de Gurr-Hirsch CDU: Ich habe schon gedacht, Sie wollen einen Purzelbaum machen!)
Die Anwendung der Strategie des Lobes ist mir bei der Ko operationsvereinbarung mit dem Sport leichtgefallen. Denn eine Rahmenvereinbarung mit den außerschulischen Partnern ist eine alte Forderung der FDP/DVP-Landtagsfraktion. Ich erinnere mich noch gut an die von uns beantragte Aktuelle De batte vor ziemlich genau zwei Jahren, nämlich am 18. April 2012, zur Weiterentwicklung der Kooperation von Schulen mit außerschulischen Partnern. Damals haben Sie von den Grünen und der SPD die Relevanz unserer Aktuellen Debat te noch bestritten. Inzwischen haben Sie aber eigene Koope rationsvereinbarungen vorgelegt. Das zeugt von einem beacht lichen Lernfortschritt, und einen Lernfortschritt gilt es natür lich ausdrücklich hervorzuheben und zu loben – auch wenn Ihnen ein solches Lehrerverhalten vielleicht reichlich altba cken erscheinen mag.
Ich meine die Aussage zum Lernfortschritt sehr ernst. Denn die jetzigen Regierungsfraktionen haben sich seinerzeit von den Oppositionsbänken aus reichlich abfällig über die offene Form der Ganztagsschule und die dabei praktizierte Einbezie hung von Ehrenamtlichen geäußert. Grüne und SPD geißel ten die offene Ganztagsschule als „Sparversion“; sie sagten, die Ehrenamtlichen würden nur der Not gehorchend einbezo gen.
Dabei wollten die damaligen Oppositionsfraktionen nicht wahrhaben, dass es ausnahmsweise einmal nicht in erster Li nie ums Geld ging, sondern um die Einbettung der Schule in einen gesellschaftlichen Zusammenhang. Denn gerade weil die Ganztagsschule einen größeren Teil der Lebenszeit der
Schülerinnen und Schüler in Anspruch nimmt und ihnen da durch weniger Zeit für Musik, Sport und Angebote der Ju gendarbeit bleibt, sind die außerschulischen Partner an einer Schule umso wichtiger. Die Kooperationen mit Vereinen und Verbänden und mit den Kirchen bilden eine neue Brücke in die Gesellschaft, nachdem die alte Brücke zwangsläufig sel tener betreten wurde.
Ausdrücklich begrüßen wir Liberalen auch den gewählten Weg für die Kooperationen. Dass die Hälfte der für Ganztags betreuung zugewiesenen Stunden zum Zweck der Bezahlung der Übungsleiter aus den Sportvereinen in Geld umgewandelt werden können, entspricht unserem Leitbild einer Schule, die ihr Personal in eigener Verantwortung auswählt und einsetzt.
Allerdings muss sich zur Rahmenvereinbarung mit dem Lan dessportverband zügig auch eine Vereinbarung mit Verbänden aus anderen Bereichen – Musik, Kunst, kirchliche Jugendar beit – gesellen; die Kollegin Schmid hat dies bereits angespro chen. Das ist mehr als nur ein Gebot der Fairness. Denn un gleiche Startzeiten oder Startbedingungen könnten das Ko operationsgefüge an einer Schule in eine ordentliche Schief lage bringen. Es ist doch sicherlich nicht beabsichtigt, einen Bereich – in diesem Fall den Sport – gegenüber den anderen wichtigen gesellschaftlichen Bereichen zu privilegieren.
Der FDP ist es wichtig, dass die außerschulischen Partner von Anfang an dabei sind, wenn die Ganztagsschulen aufgebaut werden.
Lassen Sie nicht zu, dass die Kooperationen Stückwerk blei ben, und bringen Sie die noch ausstehenden Vereinbarungen mit Vertretern der Bereiche Musik, Kunst und Jugendarbeit auf den Weg. Für eine Ganztagsschule in gesellschaftlicher Verankerung ist dies unerlässlich.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Es freut mich, dass wir heute im Rahmen dieser Aktuellen Debatte über ein aus meiner Sicht gerade für die jungen Menschen in unserer Gesellschaft in Baden-Württemberg wichtiges The ma sprechen, nämlich über das Thema „Sport in Verbindung mit Bildung“.
Wir wissen es alle: Sport ist Bewegung. Für viele Menschen in unserem Land ist dies eine Selbstverständlichkeit. 3,8 Mil lionen Einwohner Baden-Württembergs sind Mitglied in Sportvereinen; insgesamt gibt es über 11 400 Sportvereine im Land. Dies sind sehr beachtliche, beeindruckende Zahlen. Wir wissen daher, dass der Sport einer der tragenden Faktoren in unserer Gesellschaft in Baden-Württemberg ist, ein Faktor, der den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft gewährleistet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen aber auch, dass der Sport weit über seine soziale Funktion hinaus von enorm großer Bedeutung ist. Ich war am vergangenen Wochenende bei einer Jubiläumsveranstaltung: 150 Jahre Turngau Ostwürt temberg.
Diese Veranstaltung stand unter einem dreiteiligen Motto; sie war überschrieben mit den Worten „Bewegen – Begegnen – Begeistern“. In diesem Dreiklang scheint vieles von dem auf, was wir an Erwartungen haben, gerade auch in Bezug auf die Rahmenvereinbarung mit den Sportvereinen.
Ich beginne mit dem Thema Bewegen: Für Kinder und Ju gendliche ist Bewegung – nicht nur, aber auch und vor allem – aus gesundheitlichen Gründen ein ganz wichtiges Element für das Erwachsenwerden. Wir wissen aus zahlreichen Statis tiken: Menschen, die bereits in früher Kindheit Sport getrie ben haben, die die Freude an der Bewegung erlernt haben, werden ein gesünderes Leben führen, und sie werden auch im Alter weniger an entsprechenden Krankheiten leiden.
Nun zum Thema Begegnung und damit zur sozialen Kompo nente des Sports: Kinder, Schülerinnen und Schüler können beim Sport ganz wichtige soziale Erfahrungen machen, näm lich die Begegnung und die Zusammenarbeit mit anderen, das Erlebnis des gemeinsamen Schaffens, und dabei wertvolle Kompetenzen erwerben. Deswegen ist im Bereich „Sport und Bewegung“ auch die soziale Komponente ein zentrales Ele ment.
Aber auch das dritte Element, das Begeistern, hat für mich ei ne herausragende Bedeutung. Dabei geht es nicht nur um die emotionale Begeisterung, die mit Sport verbunden sein kann. Wir wissen heute, insbesondere auch aufgrund von For schungsergebnissen in den Neurowissenschaften, dass Sport und Bewegung gerade für Kinder und Heranwachsende ganz wichtige Faktoren für die Entwicklung der geistigen Leis tungsfähigkeit darstellen. Es muss daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, in unser aller Interesse liegen, Kindern und Jugendlichen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft die Möglichkeit zu bieten, möglichst früh mit Angeboten für Sport und Bewegung in Kontakt zu kommen, um auch diese Ent wicklungsfaktoren einzubeziehen.