Protokoll der Sitzung vom 14.05.2014

Dem muss über die baulichen Anforderungen Rechnung ge tragen werden. Das heißt in der Regel: Einzelzimmer, entspre chende Sanitäreinrichtungen. Es muss auch der zusätzliche Einsatz einer weiteren qualifizierten Präsenzkraft gewährleis tet sein.

Wäre es dagegen nach CDU und FDP/DVP gegangen – Herr Kunzmann und Herr Haußmann, Ihre Aussagen haben dies gerade noch einmal bestätigt –, würden wir Zwölfer-WGs schaffen,

(Abg. Werner Raab CDU: Bis zu zwölf!)

die bundesweit mit Abstand die schlechtesten Standards hät ten. Meine sehr geehrten Damen und Herren, dem reiche ich nicht die Hand.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Thaddäus Kunzmann CDU)

Denn ich will keine Dumpingangebote, ich will keine Ange bote, die zulasten der Wohnqualität und der Bewohner gehen. Ich möchte, dass wir uns gegenüber den alten und pflegebe dürftigen Menschen und auch gegenüber dem Pflegepersonal verantwortlich verhalten und damit auch die Bedingungen ver antwortlich gestalten.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Ich möchte vor allem nicht, dass die Kleinstheime umgewan delt werden in sogenannte Wohngemeinschaften, bei denen die Standards niedrig sind und auf all das verzichtet wird, was im Kleinstheim als stationärer Standard erwartet wird. Das

kann für mich nicht die Lösung für die Zukunft und für den Ausbau von ambulanten Wohnformen bedeuten.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem WTPG be schreiten wir – das ist unwidersprochen – einen neuen Weg, der von uns allen auch Mut zur Veränderung einfordert.

Für die Menschen, die heute und in Zukunft Pflege und Un terstützung brauchen, stellen wir mit dem Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz die Weichen und bieten mit neuen Konzep ten individuelle Lösungen an. Das gilt für die Wohngemein schaften für behinderte Menschen, die übrigens zum allergröß ten Teil – ich würde darum bitten, hierzu das Gesetz genau zu lesen – gar nicht unter die Regelungen des WTPG fallen, ge nauso wie für die Wohngemeinschaften für chronisch psy chisch kranke Menschen. Gleiches gilt übrigens auch für die Regelungen für die Tages- und Nachtpflege.

Dennoch bleiben, meine sehr geehrten Damen und Herren, bei aller Entwicklung zu neuen Wohnformen die stationären Einrichtungen das Rückgrat in der Versorgung der Menschen, die aufgrund einer Behinderung Hilfebedarf oder Pflegebe darf haben. Mit ihrem umfassenden Angebot bieten sie ein Höchstmaß an Versorgungssicherheit und überprüften Quali tätsstandards. Sie sind und bleiben – das möchte ich hier fest halten – hoch spezialisierte Kompetenzzentren in der Versor gungslandschaft, insbesondere wenn wir an die Zunahme der Zahl der Demenzerkrankten, aber auch an die Zunahme der Zahl der stark pflegebedürftigen Menschen mit umfassendem Versorgungsbedarf denken.

Ich sage deshalb an dieser Stelle mit aller Deutlichkeit: Ich bin nicht bereit, Abstriche bei der Fachkraftquote zu machen, und ich halte auch an der Einzelzimmerregelung fest. Das ist für mich untrennbar mit einem würdevollen Leben von älte ren und pflegebedürftigen Menschen verbunden.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem WTPG schaffen wir für Baden-Württemberg ein zukunftsfähiges Netzwerk von Wohn- und Versorgungsangeboten, das allen Menschen im Alter individuelle Lösungen anbietet. Wir schaf fen damit auch die Voraussetzungen dafür, dass Menschen so lange wie möglich in der vertrauten Umgebung leben können. Ich denke, das ist genau die Lebensqualität, die sich die Men schen von uns wünschen. Es ist auch die Lebensqualität, die wir uns für uns selbst wünschen. Daher bitte ich Sie um Zu stimmung zu diesem Gesetzentwurf.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Glocke des Präsidenten)

Frau Ministerin, gestat ten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Raab? – Bitte, Herr Kollege Raab.

Frau Ministerin, Ihre eben vorge tragene Einlassung widerspricht der Stellungnahme des Lan desseniorenrats und eines sehr großen Sozialverbands in un serem Land, da Sie entgegen der Gesetzesberatung, bei der wir die Grenze von acht auf zwölf Personen erhöht haben, die Anzahl der Präsenzkräfte verdoppeln möchten.

Wir haben in der Beratung die Höchstzahl von acht auf zwölf verändern wollen, und Sie bewirken nun eine Erschwerung, indem Sie die Kosten einer Wohngemeinschaft, die bis zu zwölf Personen umfasst, erhöhen. Damit liegen wir wieder genau in dem Bereich, der bewirkt, dass wir eine Wohnge meinschaft unter Umständen verunmöglichen, weil sie nicht finanzierbar ist.

Herr Abg. Raab, ich ge he davon aus, dass Sie meine Ausführungen offensichtlich missverstanden haben. Es geht nicht darum, den Betreuungs aufwand und die Voraussetzungen zu verdoppeln, sondern es geht darum, die Betreuungsmöglichkeiten und das Personal entsprechend dem Mehrbedarf bei einer größeren Wohnge meinschaft zur Verfügung zu stellen. Ich gehe davon aus, dass Sie mit mir einer Meinung sind, dass das für die Bewohnerin nen und Bewohner in den Wohngemeinschaften nichts ande res als recht und billig ist.

Danke schön.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Allgemeinen Aussprache liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 15/4852. Ab stimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Aus schusses für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren, Drucksache 15/5170. Der Sozialausschuss empfiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf mit Änderungen in den §§ 4, 8, 13 und 17 zuzustimmen sowie einen neuen § 34 aufzunehmen.

Ich rufe auf

Artikel 1

Gesetz für unterstützende Wohnformen, Teilhabe und Pflege (Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz – WTPG)

der aus den Abschnitten 1 bis 7 besteht, und dazu die Ziffern 1 bis 5 der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren, Drucksa che 15/5170.

Ich schlage Ihnen vor, Abschnitt 1 – Zweck des Gesetzes und Anwendungsbereich – bis Abschnitt 7 – Ordnungswidrigkei ten, Zuständigkeiten, Verordnungsermächtigung, Erprobungs- und Schlussregelungen – bei der Abstimmung zusammenzu fassen und damit über Artikel 1 insgesamt abzustimmen. Sind Sie damit einverstanden? – Dann stimmen wir so ab.

Wer Artikel 1 in der Fassung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist Artikel 1 mehrheitlich zugestimmt.

Ich rufe auf

Artikel 2

Änderung des Landesverwaltungsgesetzes

Wer Artikel 2 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist Artikel 2 mehrheitlich zugestimmt.

Ich rufe auf

Artikel 3

Inkrafttreten

Wer Artikel 3 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist Artikel 3 mehrheitlich zugestimmt.

Die Einleitung

lautet: „Der Landtag hat am 14. Mai 2014 das folgende Ge setz beschlossen:“.

Die Überschrift

lautet: „Gesetz für unterstützende Wohnformen, Teilhabe und Pflege und zur Änderung des Landesverwaltungsgesetzes“. – Sie stimmen der Überschrift zu.

Wir kommen zur

S c h l u s s a b s t i m m u n g

Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmen möchte, den bitte ich, sich zu erheben. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Da mit ist dem Gesetz mehrheitlich zugestimmt.

Somit ist Tagesordnungspunkt 3 erledigt.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:

Wahl der Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder der Enquetekommission „Konsequenzen aus der Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU)/Entwick lung des Rechtsextremismus in Baden-Württemberg – Handlungsempfehlungen für den Landtag und die Zivil gesellschaft“

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben mit der Annah me des Einsetzungsantrags Drucksache 15/5131 am 30. Ap ril 2014 beschlossen, dass der Enquetekommission 15 Abge ordnete als Mitglieder und bis zu 15 Abgeordnete als stellver tretende Mitglieder angehören sollen. Für diese Wahl liegt Ih nen ein gemeinsamer Wahlvorschlag aller Fraktionen vor (An lage). Sind Sie damit einverstanden, die Wahl offen durchzu führen? – Das ist der Fall. Wenn sich kein Widerspruch er hebt, stelle ich fest, dass das Haus die vorgeschlagenen Ab geordneten zu Mitgliedern bzw. stellvertretenden Mitgliedern der Enquetekommission gewählt hat. – Es ist so beschlossen.