Protokoll der Sitzung vom 14.05.2014

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben mit der Annah me des Einsetzungsantrags Drucksache 15/5131 am 30. Ap ril 2014 beschlossen, dass der Enquetekommission 15 Abge ordnete als Mitglieder und bis zu 15 Abgeordnete als stellver tretende Mitglieder angehören sollen. Für diese Wahl liegt Ih nen ein gemeinsamer Wahlvorschlag aller Fraktionen vor (An lage). Sind Sie damit einverstanden, die Wahl offen durchzu führen? – Das ist der Fall. Wenn sich kein Widerspruch er hebt, stelle ich fest, dass das Haus die vorgeschlagenen Ab geordneten zu Mitgliedern bzw. stellvertretenden Mitgliedern der Enquetekommission gewählt hat. – Es ist so beschlossen.

Damit ist Tagesordnungspunkt 4 erledigt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 5:

Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Mi nisteriums für Verkehr und Infrastruktur – Stand des Aus baus der Rheintalbahn – Drucksache 15/4333

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion, wobei gestaffel te Redezeiten gelten.

Das Wort zur Begründung erteile ich für die Fraktion GRÜ NE Herrn Abg. Marwein.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Wenn es um Verkehrspolitik geht, gibt es hier im Plenum Streit über den richtigen Weg, die richtigen Konzepte und die Schwerpunktsetzung. Das muss nicht sein; denn diese beiden Koalitionsfraktionen, dieser Verkehrsmi nister und diese Landesregierung insgesamt machen eine in die Zukunft gerichtete, moderne Mobilitäts- und Verkehrspo litik oder eine, um es ganz prägnant zu sagen, verdammt gu te Verkehrspolitik.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Lachen bei Abgeordneten der CDU – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Beispiele! – Zuruf der Abg. Nicole Razavi CDU)

Heute geht es aber um die Rheintalbahn. Da sehe ich eine recht große Übereinstimmung der Parteien, zumindest in den öffentlichen Reden. Der Ausbau der Rheintalbahn muss in Berlin bei den Schienenprojekten klar an erster Stelle stehen. Warum das so ist, werde ich anhand von drei Aspekten kurz erklären.

Erstens geht es um die grundlegende Frage, welche großen Infrastrukturprojekte im 21. Jahrhundert wirklich bedeutend sind, also um die Frage, warum der Ausbau der Rheintalbahn so wichtig ist.

Zweitens geht es um die Frage, was Bund und Land tun, um dieser Bedeutung gerecht zu werden.

Drittens geht es um die Frage, wie man derartige Projekte mit den gestiegenen Ansprüchen an Bürgerbeteiligung umsetzen kann.

Bevor ich auf diese drei Punkte näher eingehe, möchte ich je doch Herrn Minister Hermann ausdrücklich für die ausführ liche Stellungnahme zu unserem Antrag danken. Wir wissen das Thema Rheintalbahn in seinem Haus in guten Händen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Herr Minister Hermann und Frau Staatssekretärin Splett ken nen die Herausforderungen von vielen Terminen vor Ort. Sie setzen sich seit Langem mit allem Nachdruck für eine men schen- und umweltgerechte Planung im Rheintal ein.

(Zuruf von der CDU)

Das tun sie aus gutem Grund. Denn – dies ist mein erster Punkt – der Ausbau der Rheintalbahn ist von grundsätzlicher Bedeutung. Im 21. Jahrhundert geht es nicht um einzelne Bahnhöfe oder Flughäfen. Es geht vielmehr um Verkehrsach sen, um Netze und um vernetzte Mobilität.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Die Rheintalstrecke gehört zu einer der wichtigsten Verkehrs achsen Europas, zur Verbindung Rotterdam–Genua. Die von

uns allen gewünschte Verlagerung von der Straße auf die Schiene wird hier mindestens zu einer Verdopplung des Gü terverkehrs führen. Deswegen sind das dritte und vierte Gleis unabdingbar. Im März hat die Europäische Kommission für die neun Kernnetzkorridore des Transeuropäischen Verkehrs netzes sogar eigene Koordinatoren ernannt. Für den RheinAlpen-Korridor wird die ehemalige spanische Außenministe rin Ana de Palacio zuständig sein.

Parallel dazu kam die gute Nachricht aus Brüssel, dass höhe re Quoten bei der Kofinanzierung durch die EU möglich sind. Den Antrag dazu muss das Bundesverkehrsministerium stel len. Diese Zuschüsse gibt es aber nur, wenn in Deutschland die Hausaufgaben gemacht werden.

Damit komme ich zum zweiten Punkt: Was tun wir, um der Bedeutung der Rheintalbahn gerecht zu werden? Wir Grünen begleiten seit Jahren im Rheintal vor Ort, im Land, im Bund und im Europäischen Parlament den Ausbau der Rheintalbahn intensiv. Wir sind froh, dass wir mit Winfried Hermann einen Minister haben, der die Bedeutung dieser Strecke schon zu seiner Zeit als Ausschussvorsitzender im Bundestag erkannt hat. Er war ja auch bei vielen Terminen vor Ort.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zentral ist für uns der men schen- und umweltgerechte Ausbau. Dabei geht es nicht nur um einzelne Planfeststellungsabschnitte, sondern um grund sätzliche verkehrspolitische Entscheidungen. Hier sind wir ei nen langen Weg gegangen. Wer hätte vor Jahren gedacht, dass der Schienenbonus abgeschafft und ein lärmabhängiges Tras senpreissystem eingeführt wird? Übrigens mit starker Mitwir kung aus Baden-Württemberg im Bundesrat.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Der wichtigste Beitrag des Landes aber ist der Beschluss des Projektbeirats im März 2012. Das Land beteiligt sich an frei willigen Lärmschutzmaßnahmen mit bis zu 125 Millionen €. Angesichts der bekannten Haushaltssituation sind wir damit an die finanzielle Schmerzgrenze gegangen. Es kann nicht sein, dass Bahn und Bund systematisch schlecht planen und schlecht finanzieren – in der Hoffnung, dass das Land mitfi nanziert.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Eines möchte ich an dieser Stelle daher in aller Deutlichkeit sagen – es wurde schon wiederholt angesprochen –: Für den Bau von Bahnstrecken und Bahnhöfen sind der Bund und die Bahn zuständig, und zwar ausschließlich. Das Land beteiligt sich engagiert im Projektbeirat, um zu einer bürgerfreundli chen Planung der wichtigsten Güterverkehrsverbindungen Eu ropas beizutragen. An der grundsätzlichen Zuständigkeit än dert dies nichts.

(Beifall bei den Grünen)

Deutlich wird dies am Beispiel Offenburg. Es hängt nicht an den Bürgern, nicht an den Gemeinden, nicht am Land. Es hängt am Bund. Die Antragstrasse ist sofort vom Tisch, wenn der Bundestag dies endlich beschließt und die Bundesregie rung endlich die Finanzierung einer Alternative sicherstellt.

Als dritter und letzter Punkt noch ein Blick auf die Bürgerbe teiligung: Ich hatte vorhin ausgeführt, dass das dritte und vier

te Gleis unabdingbar sind. Infrastrukturvorhaben dieser Grö ßenordnung sorgen immer für Belastungen. Die Region pro fitiert nur wenig vom viergleisigen Ausbau, hat aber die Be lastungen zu tragen. Deswegen wollen die Südbadener mitre den. Daher ist gerade bei diesen Projekten die Einbindung und Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger ebenfalls unabding bar.

Vor zwei Wochen war ich in Bad Krozingen bei der Jubilä umsfeier zum zehnjährigen Bestehen der IG BOHR. Ohne das Engagement der dort vereinten Bürgerinitiativen wäre an ei nen menschen- und umweltgerechten Ausbau der Rheintal bahn kaum zu denken. Sie begleiten den Ausbau nicht nur kri tisch und konstruktiv, sondern haben mit Alternativplanungen Handlungsoptionen eröffnet. „Baden 21“ zeigt: Bürgerbetei ligung verhindert Planungen nicht, sondern verbessert sie.

(Beifall bei den Grünen)

Ein aktuelles Beispiel dafür ist die Alternativplanung „Beste Lösung“ des „bürger-bündnisses Bahn Markgräflerland e. V.“. Diese Bürgerplanung verdient es, von Bund und Bahn ernst haft und intensiv geprüft zu werden.

Meine Damen und Herren, 2014 wird ein weiteres entschei dendes Jahr für den Ausbau der Rheintalbahn. Im Projektbei rat stehen wichtige Entscheidungen an. Gleichzeitig steigt der Zeitdruck. Die EU-Mittel sind nur zeitlich begrenzt abrufbar, und die Schweiz droht damit, die Grenzen für Lkws und lau te Güterzüge dichtzumachen, wenn Deutschland nicht schnel ler mit dem Ausbau vorankommt. Klar ist: Bahn und Bund sind am Drücker.

Lassen Sie uns alle gemeinsam mit Verkehrsminister Her mann, mit den Menschen in der Region weiter dafür kämp fen, dass Bahn und Bund ihren Aufgaben gerecht werden. Denn die Rheintalbahn ist und bleibt eine der wichtigsten Ver kehrsachsen in ganz Europa. Vereinfacht gesagt: Was man in Stuttgart und in Brüssel verstanden hat, sollte man doch auch in Berlin verstehen. Die Menschen vor Ort haben das verdient.

Danke.

(Beifall bei den Grünen)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Köberle.

Herr Präsident, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen! Ich stelle fest: Wir alle hier im Landtag und draußen entlang der Trasse sind für den Ausbau der Rheintalbahn. Es gibt bei diesem wichtigen Projekt keine Fun damentalopposition. Wenn es Streit und Regelungsbedarf gibt, dann geht es nicht um das Ob, sondern um das Wie und um die Finanzierung.

So erfreulich, ja so selbstverständlich diese grundsätzliche Ge meinsamkeit für den Ausbau der Rheintalbahn ist, so wundert mich doch immer mehr die Widersprüchlichkeit, in die sich die grüne Landesverkehrspolitik verirrt hat. Wer A sagt, der muss auch B sagen, und andersherum. Wer Baden sagt, der muss auch Württemberg sagen. Wer Rheintalbahn sagt, der muss auch Stuttgart 21 und Neubaustrecke sagen.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: So ein Blödsinn!)

Baden-Württemberg braucht beide Projekte.

(Beifall bei der CDU)

Lieber Kollege Marwein, die völlig richtige Begründung, die Sie für den Ausbau der Rheintalstrecke vorgetragen haben, müssten Sie eigentlich in gleicher Weise für Stuttgart 21 und für die Neubaustrecke formulieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Und jetzt zum Thema!)

Beide Strecken, beide Projekte ermöglichen den Sprung aus dem 19. Jahrhundert hinein ins 21. Jahrhundert, von der Inf rastruktur im Großherzogtum und im Königreich ins europä ische Netz.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Wenn Sie dazwischenreden, beantragen Sie doch Redezeit, dann können alle zuhören, und es kann ins Protokoll aufge nommen werden.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Das ist ein Zwischenruf! Der wird eigentlich sonst immer ge duldet!)