wer Gewalt kleinredet und wer spaltet und ausgrenzt, der er zeugt Gegenaggression und Gegengewalt. Seit Wochen schon sind wir an diesem Platz Zeugen Ihrer unterirdischen, meines Erachtens häufig strafbewehrten Zwischenrufe, die vollstän dig frei von Respekt und Akzeptanz dem Hohen Haus gegen über sind.
(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU, der SPD und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Stefan Räpple AfD)
Wir folgen der Erkenntnis, dass wir präventiv viel vermeiden können, indem wir eben nicht scharfmachen, wie Rechtspo pulisten es tun, indem wir z. B. die Teilhabe an Bildung för dern. Im letzten Jahr haben 30 000 Menschen Kurse des Lan des Baden-Württemberg und Kurse, die zusammen mit dem BAMF angeboten wurden, besucht und ein enorm gutes Sprachniveau erreicht.
Wir haben die Teilhabe am Arbeitsleben mit dem Programm „Chancen gestalten“ gefördert, und wir fördern die Teilhabe am konkreten Lebensumfeld z. B. durch Flüchtlings- und In tegrationsbeauftragte, indem wir die Teilhabe an öffentlicher Verwaltung und in Vereinen fördern. Wir haben Fortbildun gen zur Stärkung der interkulturellen Kompetenz für über 5 000 Beschäftigte der öffentlichen Verwaltung angeboten, die gern und intensiv wahrgenommen werden.
Indem wir jetzt gemeinsam mit den Kommunen einen Pakt für Integration schließen und wir alle Kenntnisse der Gemein wesenarbeit, der Beteiligungspolitik einfließen lassen, zeigen wir, dass Baden-Württemberg ein modernes, humanistisches, solidarisches Land ist, in dem Hass, Ausgrenzung und die Su che nach Sündenböcken keinen Platz haben. Ich denke, mit dieser Politik werden wir gemeinsam die nächsten fünf Jahre Gutes leisten.
In der zweiten Runde erteile ich das Wort für die Fraktion der AfD Herrn Fraktionsvorsit zendem Dr. Merz.
Zu den Fragen und den Punkten der Kollegen hier: Die linke Ecke vereinfacht mal wieder grob. Die ganze Problematik auf einfache Schlagworte zu reduzieren ist polemisch. Das Prob lem ist vielfältiger und differenzierter, und es gibt nicht nur Gut und Böse. Man muss das Ganze differenziert betrachten.
Das Nächste ist die Unverschämtheit, die Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg – all diese Menschen, die vertrieben wurden, die zigtausend Menschen, die dabei ihr Leben verlo ren oder zu uns hier nach Westdeutschland flüchteten – mit diesen Migranten, die aus den vielfältigsten Gründen hier in unser Land streben, komplett zu vergleichen.
Es wird immer wieder dieser Vergleich gezogen, und es wird nicht differenziert. Viele der Migranten, die zu uns streben, sind auch Kriegsflüchtlinge – das ist klar –, die Mehrzahl kommt jedoch aus wirtschaftlichen Gründen.
Weiter: Wenn Attentate oder Massaker, die ein zu uns Geflüch teter hier verübt, damit entschuldigt werden, dieser sei trau matisiert, weil er ja vorher Gewalt erlebt hätte, lasse ich das nicht gelten.
Denn was ist mit den Opfern? Viele unserer Eltern gehören zur Nachkriegsgeneration. Viele unserer Eltern haben auch Gewalt erlebt, und sie haben trotzdem keine Massaker verübt.
80 % der Migranten, die zu uns kommen, sind Männer im bes ten Alter, und sie sind auch oft nicht in Not. Wir überlegen uns aber nicht: Sind denn in diesen Herkunftsländern die Frau en sicher? Wieso flüchten eigentlich nur die Männer zu uns? Das sollte man sich einmal überlegen, um dann die Frage zu beantworten, wie Integration – –
Es sind meist junge Männer, die teilweise zu Hause kein Glück gefunden haben und die dann ihr Glück bei uns suchen, hier ihre Hoffnungen haben – natürlich berechtigt, denn jedes Individuum, jeder sucht sein Glück – und dann eventuell Fa milien und Freunde nachholen und zusammenführen möch ten. Das ist meine Antwort.
Also, es sind nicht Kriegsflüchtlinge. Es sind Menschen, die ihre Motivation haben, was individuell auch nicht zu verur teilen ist, aber es sind nicht Kriegsflüchtlinge.
Und jetzt meine Antwort zur Integration. Die Integration geht am besten über Arbeit, wenn die Leute etwas zu tun haben, wenn sie einen Sinn in ihrem Leben sehen. An der Arbeits stelle haben sie Kollegen, haben sie hoffentlich ein Erfolgs erlebnis. Sie sind beschäftigt, sie sitzen nicht herum. Die Ant wort unserer Regierung ist immer wieder: Kurse, Kurse, Kur se. Was nützen denn Kurse, wenn die Leute danach arbeitslos sind?
Ich möchte noch kurz sagen: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Es hat vielleicht keinen Sinn, irgendwelche Migranten auf Kurse zu schicken. Denn wenn man ein gewisses Alter hat und dann zuerst die Sprache lernen muss, kann es sein, dass auch eine Berufsausbildung nicht mehr sinnvoll verwendbar ist.
Wir haben gera de gehört, dass die Situation nach dem Zweiten Weltkrieg mit den damaligen Flüchtlingen mit der heutigen Situation nicht vergleichbar sei. Also, da erzählen mir Leute, die damals bei spielsweise hier in der Region Stuttgart in rein protestanti schen Gemeinden gewohnt haben, ganz andere Dinge, als nämlich Flüchtlinge aus dem katholischen Osten kamen und sich dann erstmals Katholiken in diesen Gemeinden befunden haben. Gucken Sie gerade hier in der Region einmal ein biss chen in die Gemeindegeschichte hinein.
(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Sie krie gen das nicht zusammen! Das ist mir schon klar! – Zuruf der Abg. Dr. Christina Baum AfD)
Darüber hinaus haben wir gehört, dass 80 % der Flüchtlinge Männer seien. Ich meine, da schauen Sie besser noch einmal nach. Denn ich glaube, Sie meinen damit eine bestimmte Al tersgruppe. Das Verhältnis ist ungefähr 2 : 1. Das können Sie gern noch einmal nachschauen.
Das, was Sie meinen, ist die Altersgruppe – ich habe es gera de nochmals nachgeschaut – der 16- bis 18-jährigen minder jährigen Flüchtlinge. Da beträgt der Anteil der männlichen Flüchtlinge tatsächlich ungefähr 80 %; der der weiblichen Flüchtlinge liegt bei 20 %. Aber ansonsten stimmt die Zahl einfach nicht, die Sie hier von sich geben.
Sie haben auch in der ersten Runde noch etwas ganz Interes santes gesagt, nämlich dass die Erdogan-Gefolgschaft hier ei ne Gefahr für die innere Sicherheit sei. Ich würde in Zweifel ziehen, dass man das in dieser Form sagen kann. Das haben Sie so dargestellt, Herr Merz. Was mich in dieser Frage doch sehr erstaunt hat – das sind Punkte, bei denen ich ganz erheb liche Zweifel an Ihrer Partei bekomme –, war, dass ich z. B. auf Twitter gelesen habe, dass ein Mitglied Ihres Landesvor stands den Militärputsch in der Türkei ausdrücklich begrüßt hat.
Ich finde auch – das zeigt auch, welche Hasardeure Sie auf außenpolitischem Gebiet eigentlich sind –, dass die Freund schaft mit Russland, die explizite Freundschaft mit Putin, die Sie anstreben, neuerdings dadurch gekrönt wird, dass Putin ganz explizit die Nähe zu Erdogan bzw. – andersherum – Er dogan die Nähe zu Putin sucht, den Sie ja massiv kritisieren und für dessen – –
Nein. Ich bin überhaupt nicht gegen Russland. Ich stelle nur fest, dass das, was Sie hier an außenpolitischen Zielsetzungen „verkaufen“, nämlich einerseits Erdogan zu kritisieren und gleichzeitig die Nähe zu Putin zu suchen, in keiner Weise kon sistent ist.
Ich möchte auch noch auf das zurückkommen, was Herr Meu then angesprochen hat. Herr Meuthen hat hier verschiedene Gruppen verglichen und die angeblich fehlende Bereitschaft dargestellt. Ich glaube, dass man es sich mit einem Parforce ritt über verschiedene europäische Gesellschaften nicht so ein fach machen kann, weil es für den Integrationserfolg auch ganz erheblich darauf ankommt, wie lange sich diese Grup pen in diesen Gesellschaften befunden haben. Denn das ist na türlich auch entscheidend für den Weg, den die Integration nimmt, und für die Dauer der Integration. Da ist die Dauer des Aufenthalts die ganz wesentliche Frage.
Ich möchte aber auch noch einmal – ich habe es vorhin schon angesprochen – die Frage der Radikalisierung ansprechen, auch weil das jetzt hier in der Diskussion noch einmal vor kam. Die Radikalisierung lässt sich so einfach eben nicht dar stellen. Es lohnt sich da schon, die verschiedenen Taten in die ser Hinsicht noch einmal genau anzuschauen, wenn man da raus Schlüsse ziehen möchte.
Jetzt wissen wir in der Tat noch nicht allzu viel über diese Ta ten. Aber wir wissen z. B. über den Täter von Nizza, dass er beruflich und privat in Schwierigkeiten war, dass er in einem Milieu der Kleinkriminalität verwurzelt war – zumindest le gen das die Berichte aus Frankreich nahe –, dass er lange Zeit nicht religiös, auch nicht erkennbar religiös war, aber offen sichtlich psychische Probleme hatte.
Warum es dann in der Folge zu einem Amoklauf kommt, der in irgendeiner Form auch noch islamistisch verbrämt wird,