Protokoll der Sitzung vom 20.07.2016

(Beifall bei der AfD und fraktionslosen Abgeordne ten)

nicht nur weil diese Konflikte nichts, aber auch gar nichts in unserer Gesellschaft zu suchen haben – sie betreffen auch un sere innere Sicherheit.

Es ist mehr als bedenklich, wenn Tausende Menschen auf die Straße gehen, um einen Herrscher zu bejubeln, der wie selbst verständlich sein Land islamisiert und Grundrechte abbaut, nur um seine eigene Position zu sichern. Wenn Tausende Tür ken bei uns spontan bereit sind, dem Ruf Erdogans zu folgen, dann zeigt uns das, dass die Integration hier in weiten Teilen gescheitert ist. Dann müssen wir uns fragen, ob diese Leute überhaupt zu Deutschland gehören wollen.

(Beifall bei der AfD)

Wir müssen uns sogar fragen, ob eine solche Hörigkeit gegen über einem ausländischen Herrscher und eine solche Mobili sierbarkeit einer großen Bevölkerungsgruppe durch ihn hier bei uns nicht ein sehr großes Risiko für unsere innere Sicher heit darstellen.

(Beifall bei der AfD)

Wir, die AfD-Fraktion, fordern, Integration nicht nur zu för dern, sondern auch klar und deutlich einzufordern. Integrati on ist kein freundliches Entgegenkommen, sondern eine Bringschuld derer, die hier in unserem Land leben wollen.

Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Für die Fraktion GRÜNE er teile ich Herrn Abg. Lede Abal das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kollegin nen und Kollegen! Zunächst möchte ich im Namen meiner Fraktion Ihnen, Frau Präsidentin Aras, für Ihre Worte zu Be ginn danken. Unsere Gedanken und unser Mitgefühl sind bei den Opfern von Nizza und Würzburg und auch bei ihren Fa milien und Angehörigen.

Unsere Gedanken sind aber auch bei all denjenigen, die sich für Demokratie, Pluralismus und Freiheit einsetzen, und des halb auch ganz besonders bei denjenigen, die in der Türkei die Demokratie erst gegen den Putsch der Militärs verteidigt haben und jetzt erleben müssen, wie die Verfolgung der Ver antwortlichen für den Militärputsch den Deckmantel abgibt für eine Generalabrechnung mit dem politischen Gegner, wie Willkür um sich greift und wie der Rechtsstaat auf breiter Li nie missachtet wird, wenn beispielsweise 20 000 Lehrerinnen und Lehrern an Schulen und Hochschulen auf einen Schlag die Lehrerlaubnis entzogen wird oder wenn ein Buch im Re gal ausreicht, um aus dem Staatsdienst entlassen zu werden.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU, der SPD, der FDP/DVP und der AfD)

So droht in der Türkei die absurde Situation, dass die Nieder schlagung eines Militärputschs nicht etwa die Demokratie stärkt, sondern die Demokratie droht in ein autoritäres Regime umzukippen – eine Entwicklung, die sich allerdings auch vor her schon gezeigt hat. Es ist auch unsere Verantwortung, über den Zustand der Demokratie in der Türkei zu sprechen, gera de weil auch hier Menschen mit türkischen Wurzeln leben und die Ereignisse diese Menschen und auch uns beschäftigen.

Ich bin überzeugt, dass von diesem Landtag aus klare Signa le für Demokratie und Pluralismus ausgehen müssen und die Werte unserer Verfassung, unseres Grundgesetzes, auch un serer Landesverfassung gezeigt haben, dass sie als Grundla ge für das friedliche Zusammenleben in einer pluralistischen Demokratie geeignet sind. Es ist unsere Aufgabe, gerade für uns als Mitglieder des Landtags von Baden-Württemberg, dies auch in die Bevölkerung hinein zu vermitteln.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der AfD)

Ich bin auch überzeugt, dass ausnahmslos alle gut beraten sind, bei laufenden Ermittlungen – ich meine den Anschlag in Würzburg – nicht über Teilergebnisse zu spekulieren, sondern den Ermittlungsbericht der bayerischen Polizei abzuwarten

(Zuruf von der AfD: Richtig! Das gilt für vieles!)

und dann genau zu analysieren, welche Lehren wir aus diesen Anschlägen ziehen müssen. Aber dazu später mehr.

(Zurufe von der AfD)

Ich glaube, dass es falsch ist, die Integration in Baden-Würt temberg für gescheitert zu erklären, wie Sie in der Fragestel lung suggerieren. Wir werden dies auch auf keinen Fall ak zeptieren. Ein Viertel der Menschen dieses Landes hat inter nationale Wurzeln, und wir haben diesen Menschen viel zu verdanken. Sie gehören hierher, und wir arbeiten an einer ge meinsamen Zukunft mit ihnen.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der SPD)

Wir werden diesen Prozess des Einbeziehens und des Hinein wachsens in unsere Gesellschaft, den Weg der Integration in Baden-Württemberg, auch in den nächsten Jahren konsequent fortführen. Wir werden dies in einer gemeinsamen Anstren gung mit der Wirtschaft, den Betrieben und den Kommunen in Baden-Württemberg anpacken. Deshalb setzen wir weiter auf den konsequenten Ausbau von Vorbereitungsklassen und VABO-Klassen. Wir setzen weiter auf landesweite Program me wie „Chancen gestalten“ und auf eine engmaschige Be treuung auf kommunaler Ebene, damit die Integration in Ba den-Württemberg auch weiter gelingt. Dafür streben wir in den nächsten Monaten einen Pakt mit den Kommunen in Ba den-Württemberg an.

Wir wollen auch Menschen mit internationalen Wurzeln, mit Migrationshintergrund dazu motivieren, Verantwortung in un serer Gesellschaft zu übernehmen, sich in Kirchengemeinden, Vereinen und Organisationen auf der kommunalen Ebene zu engagieren, sei es in kommunalen Gremien wie den Integra tionsbeiräten oder in Verbänden.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Zu dem Ganzen gehört auch, die Sicherheit im Blick zu be halten. Es ist schon starker Tobak, wenn von einer Appease ment-Politik gegenüber Islamisten gesprochen wird. Die gibt es in Baden-Württemberg entschiedenermaßen nicht, und die hat es in Baden-Württemberg entschiedenermaßen auch noch nie gegeben.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Wir stehen hier auf der Grundlage der Landesverfassung und des Grundgesetzes sowie unseres Rechtsstaats. Das ist die Maßgabe für uns, für unser Handeln, für unser politisches Handeln und auch für die Gesetze und für das Zusammenle ben in diesem Land.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Dennoch stellen sich natürlich auch Fragen, die die Sicherheit betreffen; diese beschäftigen die Menschen in diesem Land. Ich meine, dass die Sicherheitsbehörden hier im Land dieser Frage immer verantwortungsvoll nachgekommen sind. Bei spielsweise tragen sie auch dazu bei, Menschen, die in der Flüchtlingshilfe tätig sind, zu informieren und zu schulen, um Extremismus und Radikalisierungsprozesse besser verstehen zu können. Dies geschieht z. B. mit dieser Broschüre,

(Der Redner hält eine Broschüre hoch.)

die sich explizit an Menschen richtet, die in der Flüchtlings hilfe tätig sind.

(Abg. Stefan Räpple AfD: Das bringt natürlich was!)

Baden-Württemberg steht seit dem Ende des Zweiten Welt kriegs für eine offene Gesellschaft, die sehr verschiedene Menschen über viele Generationen aufgenommen hat. Das ge schah ausgesprochen erfolgreich. Wir werden die Errungen schaften Freiheit, Pluralismus, Demokratie und Toleranz ver teidigen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie Abge ordneten der SPD und der FDP/DVP)

Für die Fraktion der CDU er teile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Lasotta.

Liebe Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen, werte Kollegen! Frau Aras, herzlichen Dank für Ihre einführenden Worte. Ich empfand diese als sehr würdig und möchte mich im Namen der CDU-Landtagsfrak tion diesem Gedenken besonders anschließen.

Es sind jeweils Menschen, Familien betroffen. Die Anschlä ge in Nizza und jetzt in Würzburg, die zu Toten und Verletz ten geführt haben, haben uns alle getroffen, verunsichern uns. Sie verunsichern auch die Bevölkerung und die Gesellschaft. Deswegen gelten unsere ersten Gedanken den Menschen – den Verletzten, den Toten, den Familien, aber auch unseren Sicherheitskräften und Rettungskräften, die eine sehr gute Ar beit geleistet haben, um Schlimmeres zu verhindern.

(Beifall bei allen Fraktionen und bei fraktionslosen Abgeordneten)

Gerade weil unsere Gedanken bei den Opfern und den Fami lien sind, ist es wichtig, in einer solchen Debatte verantwor tungsvoll mit diesem Thema umzugehen. Wir müssen aufpas sen – schon den Titel der von Ihnen beantragten Debatte fand ich etwas zweifelhaft –, dass man nicht irgendwelche Feind bilder kreiert, irgendwelche Gruppen in der Gesellschaft iden tifiziert, die man als die Schuldigen bezeichnet, und alle un ter einen Generalverdacht stellt.

(Zuruf von der AfD)

Vielmehr ist ganz entscheidend, in dieser Debatte zu differen zieren. Natürlich gibt es in Europa eine Terrorlage, und natür lich gibt es auch Probleme mit Integration. Aber es wäre das Falscheste, jetzt eine Gruppe herauszugreifen und sie als die Schuldigen zu bezeichnen. Sie, Herr Dr. Merz, haben politi

sche Konsequenzen und Antworten eingefordert, sind dabei in Ihren Vorschlägen aber wenig konkret geworden.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Gar kein Vorschlag!)

Sie haben nur gesagt, Integration müsse auch von denjenigen ausgehen, die zu uns gekommen sind. Eine Antwort gibt un ser Koalitionsvertrag; er beschreibt, was Baden-Württemberg macht.

(Beifall bei der CDU und den Grünen – Abg. Dr. Hei ner Merz AfD: Ist der geheim oder veröffentlicht? Ist der geheim?)

Lesen Sie einmal nach, was darin alles zum Thema Sicherheit steht: Wir rüsten bei der Polizei auf, wir statten die Polizei besser aus. Wir werden den Verfassungsschutz stärken. Wir werden im Bereich der Justiz – bei Richtern und Staatsanwäl ten – nachsteuern. Genau das ist die Antwort auf diese neue Sicherheitslage. Wir werden auch beim Thema Integration viel mehr machen. Lesen Sie sich das Kapitel zum Thema Integ ration durch.

(Zuruf des Abg. Dr. Heiner Merz AfD)

Wir werden im Bereich der Sprachkurse viel mehr tun, die Menschen schnell in Arbeit bringen und in die Gesellschaft integrieren sowie die Ehrenamtlichen unterstützen, die ihnen einen Weg eröffnen.

Sie zeigen immer nur eine Seite der Medaille. Integration ist aber beides. Auf der einen Seite ist es die Bereitschaft, sich in eine offene Gesellschaft zu integrieren. Auf der anderen Sei te müssen dafür die Angebote stimmen. Das werden wir mit diesem Koalitionsvertrag in Baden-Württemberg umsetzen.