Protokoll der Sitzung vom 17.10.2019

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

In der Hoffnung, dass die hier anwesenden Abgeordneten der Union auf die Worte ihrer Parteifreunde hören, darf ich aus dieser Stellungnahme zitieren. Es – und nun das wörtliche Zi tat –

... wäre die Umsetzung des Gesetzentwurfs eine Chance, Kosten einzusparen und so zu dokumentieren, dass man mutig genug ist, den Worten Taten folgen zu lassen, und Bürokratie spürbar abbauen möchte. Die Zeiten stehen auf... Abschwung, dem muss Rechnung getragen werden.

Es gibt in diesem Parlament eine Mehrheit für die Abschaf fung des Landestariftreue- und Mindestlohngesetzes, wenigs tens wenn man nach den Wahlprogrammen geht. Ich appel liere an die bürgerlich Vernünftigen hier, unserer Verantwor tung für die baden-württembergische Wirtschaft gerecht zu werden – für unsere Wirtschaft, die den Wohlstand in unse rem Land erst möglich macht.

Abschließend möchte ich mir auch noch ein wohl bereits hin länglich bekanntes Zitat erlauben: „Wirtschaft ist nicht alles, aber ohne Wirtschaft ist alles nichts.“ Denken Sie bitte darü ber nach.

Danke schön.

(Beifall bei der AfD und des Abg. Dr. Wolfgang Ge deon [fraktionslos])

Frau Kollegin Lindlohr spricht für die Grünen.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Das Landestariftreue- und Mindest lohngesetz hat einen positiven Einfluss auf die Sicherung von Mindestentgelten und Tariflöhnen im Land. Das hat die Eva luierung gezeigt, und das hat die weit überwiegende Mehrheit der Vergabestellen, der Unternehmerinnen und Unternehmer sowie der Expertinnen und Experten in dieser Evaluierung be nannt. Daher haben Sie das nicht richtig benannt. Die Wir kung ist eine ganz andere.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der SPD)

Das Gesetz ist also gut für die Arbeitnehmerinnen und Arbeit nehmer im Land, und es sorgt mit für fairen Wettbewerb zwi schen den Unternehmen, die sich um Aufträge bewerben.

Der Mehraufwand für die Umsetzung des Landestariftreue- und Mindestlohngesetzes wird auch – im Gegensatz zu dem,

was Sie sagen – von den Vergabestellen und den Unterneh men als gering bewertet. Nur ein Drittel der Unternehmen ha ben überhaupt angegeben, dass sie einen Mehraufwand sehen, und diesen sehen sie als gering und mittel an. Zwei Drittel se hen diesen nicht.

Landesspezifische Tarifvorgaben machen wir mit dem Gesetz im Bereich der Personenverkehrsdienstleistungen, also bei den Buslinien und bei den Zugstrecken, die vergeben werden. So ist für die Vergabe von Busverkehren der Tarifvertrag des WBO durch das Gesetz und seine Ausführung im Land ver bindlich. Es ist nun unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass ge rade dieser Bereich, für den landesspezifisch ein Tarifvertrag für verbindlich erklärt worden ist, gut funktioniert. Darüber sind wir mit allen Betroffenen im Gespräch, und da werden wir ein gutes Ergebnis erreichen, liebe Kolleginnen und Kol legen.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wie steht die AfD zu den Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh mern? Das ist nicht ganz leicht herauszufinden, denn in dem Bundestagswahlprogramm 2017 haben Sie sich noch relativ soft geäußert. Unter Punkt 11.1 – Sozialpolitik und Zuwande rung – heißt es allerdings – Zitat –:

Unser Sozialstaat kann nur erhalten bleiben, wenn die ge forderte finanzielle Solidarität innerhalb einer klar defi nierten und begrenzten Gemeinschaft erbracht wird.

Das bedeutet Ausschluss.

(Lachen des Abg. Rüdiger Klos AfD)

Das bedeutet die Spaltung der Solidargemeinschaft, die Sie wollen, und auch der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die, die Ihrer Ansicht nach dazugehören, und in die, die Ih rer Ansicht nach nicht dazugehören. Das ist arbeitnehmer feindlich, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Vereinzelt Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Dr. Christina Baum AfD)

Das ist auch wirtschaftsfeindlich. Die Unternehmen in unse rem Land arbeiten und wirtschaften in einem weltoffenen Land und mit der ganzen Welt zusammen. Die Frage ist: Wol len Sie im Kern in eine Art Nationalökonomie zurück,

(Zuruf von der AfD: Oje!)

die es aber nicht gibt und die hier viele Arbeitsplätze kosten würde? Aber wahrscheinlich ist der Kern Ihre völkische Pro grammatik,

(Lachen bei der AfD)

die sich in diesem Bundestagswahlprogramm ja schon andeu tet und die wir hier aus Ihrer Fraktion sehr gut kennen. Ich er innere ungern an die Pressemitteilung des Kollegen Sänze ge gen unsere Landtagspräsidentin Muhterem Aras,

(Abg. Carola Wolle AfD: Da sind wir schon wieder bei dem Thema!)

in der er von „wir Deutschen“ spricht

(Abg. Anton Baron AfD: Das passt auch zum Thema, Frau Lindlohr!)

und sie damit ausschließt. Der Sieg von Otto dem Großen ist die Referenzgröße dafür, wer dazugehört und wer nicht dazu gehört, und er wirft ihr eine „Delegitimierung des gewachse nen deutschen Staatsvolkes“ vor.

(Abg. Dr. Christina Baum AfD: Da ging es um Quo tenfrauen!)

Das ist ein Kern Ihrer Programmatik, und der ist völkisch. Un ser Wirtschaftsstandort kann sich weder eine nationalistische noch eine völkische Politik leisten. Deswegen steht auch die Breite der Unternehmerinnen und Unternehmer hier im Land mit uns zusammen gegen Sie.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Heiner Merz AfD: Was hat das mit diesem Gesetz zu tun? – Gegenruf von der AfD: Nichts!)

Um den Bogen zu heute Morgen noch zu schlagen, weil jetzt parallel auch im Bundestag besprochen wurde, wie Sie über haupt zu unserer freiheitlichen Grundordnung stehen,

(Abg. Carola Wolle AfD: Was hat das mit dem Min destlohn zu tun? – Abg. Rüdiger Klos AfD: Reden Sie auch mal zur Sache?)

sei hier noch berichtet, dass Ihr Bundesvorsitzender, der auch gleichzeitig Vorsitzender der Bundestagsfraktion ist, heute ge sagt hat:

Ich bin nicht bereit, in irgendeiner Weise Kritik an mei nem Freund Brandner zu üben.

Sie erinnern sich: Das ist – leider – der Vorsitzende des Rechts ausschusses des Deutschen Bundestags.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Wir sind hier im Landtag von Baden-Württemberg!)

Brandner hat zum Anschlag von Halle den Tweet weiterver breitet:

Warum lungern Politiker mit Kerzen in Moscheen und Sy nagogen rum?

(Zuruf der Abg. Dr. Christina Baum AfD)

Nationalistisches und völkisches Gedankengut schadet unse rem Wirtschaftsstandort. Auch deswegen gehen wir dagegen vor, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der SPD – Zuruf: Bravo! – Abg. Anton Ba ron AfD: Peinlich! – Zuruf des Abg. Rüdiger Klos AfD)

Nun spricht Herr Kollege Gramling für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Landtags präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Evaluierung des Landestariftreue- und Mindestlohngesetzes liegt seit Juli

vor. Mit den Vorschlägen und Ergebnissen werden wir uns selbstverständlich auch gebührend befassen.

Was wir jedoch nicht wollen – das sind wir aber von einer Fraktion hier im Hohen Haus gewohnt –, sind Schnellschüs se. Das kommt ja bei der AfD nur allzu oft vor. Der vorliegen de Gesetzentwurf ist nichts anderes als eine Überschriftenpo litik ohne jegliche Substanz. Die Welt ist nämlich auch beim Landestariftreue- und Mindestlohngesetz nicht so einfach, wie man es sich manchmal ausmalt und wie man es manchmal gern hätte. Das wüssten Sie, wenn Sie das Evaluierungsgut achten genau gelesen hätten, und insbesondere, wenn Sie auch die Ausführungen des Normenkontrollrats aufmerksam gele sen hätten.

(Abg. Anton Baron AfD: Was sagt die Mittelstands vereinigung der CDU?)

Wir, die CDU-Landtagsfraktion, haben das getan und stellen zum jetzigen Zeitpunkt fest: Der Landtag wurde im Juli 2019 über das Ergebnis der Evaluierung informiert. Die schriftli chen Stellungnahmen konnten bis Ende September eingereicht werden. Nach der schriftlichen Stellungnahme folgt in der Re gel noch ein Dialog. Diesen Dialog werden wir abwarten, und dann werden wir auch entsprechend entscheiden.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)