Doch. – Der Werkstattbau, der zur Diskussion gestellt wird, ist nicht deswegen zur Diskussion gestellt, weil die Flächen nicht ausreichen, sondern weil wir in Verantwortung für den Städtebau vor Ort weitere Varianten prüfen, um eine Entlas tung auf mehreren Ebenen für das Kulissengebäude zur Ver fügung zu stellen.
Die Zahlen sind ohne Zweifel hoch. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass sie genau denen gleichen, die wir von ande ren Projekten kennen, beispielsweise in Köln und Frankfurt. Ungeachtet dessen, ob wir sanieren oder neu bauen, ob das
Interim fest oder flexibel ist: Am Ende kommen 700, 800, 900 Millionen € zusammen – überall auf der Welt.
Wir werden diesen komplizierten Prozess mit den zuständi gen Ausschüssen des Landtags und der Stadt im Detail be sprechen. Wir werden im Verwaltungsrat insbesondere die städtebaulichen Aspekte und Varianten nochmals prüfen, und wir werden dann, wie hier im Land vorgesehen, in ein zwei stufiges Verfahren gehen. Es geht am Ende darum, die Kunst im Zentrum der Stadt zu belassen, so wie das schon vor 110 Jahren, als der Littmann-Bau gebaut wurde, gedacht worden ist. Das Staatstheater ist eine unserer wichtigsten Kulturein richtungen.
Meine Damen und Herren, ich muss zum Schluss kommen, und ich mache es ganz schnell. Es ist ein Appell. Die Kultur in Baden-Württemberg ist stark, weil wir starke Akteure ha ben. Aber sie ist auch stark, weil über Jahrzehnte hinweg hier im Haus ein Konsens zwischen den demokratischen Fraktio nen herrschte, dass Kulturpolitik eine gemeinsam getragene Aufgabe ist, ein Auftrag, dem sich alle gleichermaßen ver pflichtet fühlen. Nur so konnten Lothar Späth und andere in den Siebziger- und Achtzigerjahren wichtige Initiativen auf den Weg bringen, übrigens auch die Sanierung der Stuttgar ter Oper 1983 und 1984. Erst diese Einigkeit in kulturellen Fragen macht es möglich, dass wir jetzt entscheidende Zu kunftsschritte gehen.
Ich appelliere an Sie: Lassen Sie uns diese Übereinkunft be wahren und stärken, auch als klares Zeichen der deutlichen Mehrheit im Landtag von Baden-Württemberg für die Frei heit und die Zukunftskraft der Kunst und ihre verbindende Wirkung in die Gesellschaft hinein. Das ist es, was uns die jungen Leute im Park der Villa Reitzenstein mit auf den Weg gegeben haben. Wir stehen in ihrer Verantwortung, und wir nehmen sie an.
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kollegen Ri voir und Weinmann! Ich nehme gern zur Kenntnis, dass Sie an der Raumkonzeption für die Staatstheater Stuttgart keinen Zweifel haben. Sie haben in diesem Fall sogar mehr gefordert. Auch in Ihrer Kritik, soweit sie den Planungshorizont betrifft, sehe ich nicht uns in der Pflicht, sondern genau das Gegenteil war der Fall: Dank unserer Ministerin Bauer, dank unserer beiden Staatssekretärinnen Petra Olschowski und Gisela Splett kommt es jetzt überhaupt dazu, dass wir vertieft darüber re den können: Welche Kosten kommen auf uns zu?
Wie kann geplant werden? Was ist der Horizont? Deswegen gebührt der Dank diesen drei Personen, dass das Projekt so weit vorangeschritten ist.
Ich darf Ihnen auch sagen, dass man sich nicht aus der Ver antwortung stehlen kann, indem man jetzt sagt: „Da gibt es noch andere Möglichkeiten.“ Sie widersprechen sich ja, in dem Sie sagen, es sei ein langer Planungshorizont, und jetzt kommen Sie wieder mit neuen Debatten über Standorte, für die es keine Mehrheit gibt. Es ist ja nicht das erste Mal, dass man darüber gesprochen hat: Wo kann man die Staatstheater tatsächlich bauen und realisieren? Daher stehlen Sie sich bit te nicht aus der Verantwortung. Wir stehen dazu.
Das heißt ausdrücklich nicht, dass wir nicht über Baukosten reden können. Ich erlebe beim Badischen Staatstheater Karls ruhe die gleiche Diskussion. Wir müssen immer darüber re den: Wie kann man solch große Projekte umsetzen? Wo kann man auch sparen? Wir haben Sollbruchstellen in Karlsruhe definiert. Das ist immer inbegriffen. Aber es gehört auch da zu, dass man sich hinter ein solches Projekt stellt. Denn die Strahlkraft für ganz Baden-Württemberg – und nicht nur für die Exzellenz, sondern auch darüber hinaus für die Gesamt region Stuttgart und für Baden-Württemberg – ist sehr groß. Wir stehen dazu, dass das Projekt Staatstheater realisiert wer den muss.
Aber lassen Sie mich kurz weiter zu unserer Großen Anfrage ausführen: Die Transformation der Wirtschaft und der Gesell schaft in unserem Land steht an. Wir sind mittendrin. Die Be deutung muss ich Ihnen, glaube ich, an dieser Stelle nicht wei ter erläutern.
Aber für uns ist wichtig, nicht nur zu fragen, was kommt, son dern auch zu fragen, was bleibt. Die Frage, was bleibt, kommt in einer solchen Debatte meines Erachtens immer zu kurz, weil dabei auch Kunst und Kultur eine wichtige Rolle spielen – und vor allem die Menschen, ihre Visionen und ihre Ideen. Das bleibt, wenn wir einmal nicht mehr sind.
Da unsere Kinder und Kindeskinder in dieser Gesellschaft ein mal unsere Positionen einnehmen, müssen wir uns schon fra gen: Was wollen wir hinterlassen? Das sind Visionen, das sind Ideen. Das ist die Literatur, die beispielsweise aus BadenWürttemberg kommt. Das ist das Theater, das sind alle Kunst- und Kulturformen, die wir haben.
Meines Erachtens kann man das auch deutlich darauf konzen trieren, dass wir auch in Zukunft eine Schlüsselkompetenz ausgestalten müssen, nämlich die Kreativität. Da rede ich jetzt nicht nur – auch in einer anderen Funktion – vom Thema „Künstliche Intelligenz“, das auf uns zukommt und über das wir sprechen müssen. Vielmehr geht es darum, dass wir un sere Gesellschaft mit Kreativität als Schlüsselkompetenz aus rüsten müssen. Da müssen wir im Bildungsbereich, da müs sen wir mit kultureller Bildung ansetzen. Deswegen ist es so wichtig, dass wir in diesem Bereich ein Kompetenzzentrum bekommen. Wir müssen die Kreativität in dieser Gesellschaft stärken, denn das ist unser Schatz.
Dabei ist wichtig: Kunst und Kultur müssen oder sollen nicht, Kunst und Kultur können und dürfen. Frei nach Adorno ist
dies der Rätselcharakter der Kunst. Kunst und Kultur sind nicht das, was einem gefällt, was populär ist und viele Besu cherinnen und Besucher oder ein möglichst großes Budget hat. Da geht es nicht um den subjektiven Charakter. Vielmehr geht es darum, dass Kunst und Kultur für die Freiheit der Ge sellschaft ein wichtiger Grundpfeiler sind, den wir schützen müssen. Wie wichtig das ist, zeigte auch wieder die gesamte Debatte heute Morgen, wie Sie von der rechten Seite die Rech te dieses Parlaments missbrauchen. Das zeigt: Wir müssen Kunst und Kultur stärken, wir müssen die Freiheit der Kunst und Kultur wahren, und dafür stehen wir ein.
(Beifall bei den Grünen und der Abg. Julia Philippi CDU – Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [frak tionslos])
Aber Kunst und Kultur, meine Damen und Herren, sind nicht die letzte Abwehrreihe gegen die totalitären und faschistischen Kräfte. Das ist unsere Rolle als Parlament, als Parlamentari erinnen und Parlamentarier. Wir müssen dafür einstehen. Kunst und Kultur sind Spielmacherin.
Gemeinsam mit der Kunst und Kultur werden wir auch die Grundlinien festlegen. Deswegen auch noch einmal der Dank an unsere Staatssekretärin, die jetzt auch die Nachfolgekon zeption zur Kunstkonzeption eingeleitet hat – gemeinsam mit der Kunst und Kultur; das ist wichtig. Partizipativ: Wir betei ligen, wir hören an, wir wollen gemeinsam eine Konzeption für die Zukunft gestalten.
Natürlich gibt es da auch Grundlinien, die wir einhalten möch ten. Das ist die Frage der digitalen Zukunft: Wie können wir das Digitale in unsere Museen, in unsere Theater bringen? Schauen Sie auf das Badische Landesmuseum; dort wurde die Archäologieausstellung neu ausgestaltet. Ein Besuch lohnt sich. Ich rate Ihnen, ins Badische Landesmuseum zu gehen und sich dort die neue Archäologieausstellung anzuschauen, die wirklich partizipativen Charakter hat, die Digitales ein bindet.
Wichtig sind für uns darüber hinaus aber auch Diversität, In ternationalität, der Ausgleich zwischen Stadt und Land. Das widerspricht sich nicht. Wir müssen an beides denken.
Es stellt sich auch nicht die Frage nach Breiten- oder Hoch kultur. Das sind Begriffe, die sich überlebt haben. Für uns ist wichtig: Wir brauchen Breite und Exzellenz, denn zusammen wird daraus etwas für unser Land.
Wir müssen nämlich nur auf unsere Institutionen schauen: Es ist nicht nur so, dass man sich in seinem Feld einigelt. Viel mehr haben auch unsere großen Staatstheater mittlerweile Volksschauspiele, weil sie genau wissen: Wir müssen in die Gesellschaft hineinwirken, wir müssen die Gesellschaft hin einholen. Deswegen ist es wichtig, nicht gegeneinander zu stehen.
Es gibt auch keine Kleinkunst. Kleinkunst kann auch ganz groß sein. Ich empfehle auch das. Vielmehr stehen Kunst und
Darüber hinaus ist folgende Botschaft auch für uns Parlamen tarier, glaube ich, nicht unwichtig: Kultur ist eine Kernkom petenz der Länder. Wir vergessen es ja immer wieder – und leider ist das auch immer wieder keine große Debatte beim Föderalismus –, aber Kunst und Kultur sind eine Kernkom petenz der Länder, und die sollten wir auch wahrnehmen.
Kunst und Kultur sind auch Kraft des Schöpferischen; das ha be ich schon ausgeführt. Da ist es meines Erachtens noch ein mal ganz wichtig: Wenn man sich die Debatte und die Anfra gen nach der Abstammung von Schauspielerinnen und Schau spielern, nach den Finanzen vergegenwärtigt,
Aber das ist ein Angriff auf unsere Gesellschaft, auf unsere Kultur. Dagegen stehen wir. Denn nur die Einfältigen haben Angst vor der Vielfalt, meine Damen und Herren.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Vereinzelt Beifall bei der SPD und der FDP/DVP – Zuruf von den Grünen: Sehr gut! – Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos])
Meine Damen und Herren, ich darf zum Abschluss kommen. Wir stehen an der Seite der Kultur und, wenn nötig, auch da vor. Das ist unser Auftrag.
Die Herren Abg. Dr. Fiechtner und Dr. Gedeon haben sich zwar für eine persönliche Erklärung angemeldet, aber eine persönliche Erklärung ist nicht möglich. Sie können das gern in § – –