Protokoll der Sitzung vom 13.11.2019

Meine Damen und Herren, die Unternehmen in Baden-Würt temberg stehen in einem harten internationalen Wettbewerb. Sie zahlen die weltweit höchsten Energiepreise, haben die weltweit höchsten Arbeitskosten, und sie ersticken an Um weltauflagen und Bürokratie, erdacht in Brüssel.

(Zuruf von der AfD: Ja!)

Was diese Unternehmen mit Sicherheit zuletzt benötigen, sind Arbeitnehmer, die eine Woche lang für politische Verbildung ihrem Arbeitsplatz fernbleiben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD – Heiterkeit der Abg. Dr. Chris tina Baum AfD)

Wenn es noch eines weiteren Beweises für den dringend be nötigten Politikwechsel in diesem Land bedurft hätte, dann hätte dieser Haushaltsentwurf ihn geliefert. Die Transforma tion unseres Industriestandorts Baden-Württemberg in ein so zioökologisches Auenland darf keine Zukunft haben.

(Beifall bei der AfD – Abg. Dr. Christina Baum AfD: Jawohl!)

Die Entscheidungsgewalt darüber, was mit dem Geld der Bür ger geschieht, darf nicht länger in den Händen von Klimaneu rotikern und Gegnern der individuellen Freiheiten bleiben.

(Beifall bei der AfD – Zurufe von der AfD: Bravo!)

Politiker, die unsere Identität und unser Selbstwertgefühl zer stören, sollen und dürfen nicht länger an der Regierung betei ligt werden.

(Beifall bei der AfD)

Wir, die AfD, werden uns für eine lebenswerte Zukunft der Bürger in Baden-Württemberg einsetzen. Die Menschen in

Sachsen, Brandenburg und Thüringen haben bereits begriffen und haben die Wende eingeleitet. Auch in Baden-Württem berg werden die Wähler im Jahr 2021 eine Entscheidung zu treffen haben – die Entscheidung, ob sie ihren Wohlstand und ihre individuellen Freiheiten mit den Weltrettungsfantasten aufgeben wollen, oder ob sie mit einer starken AfD die Zu kunft in Baden-Württemberg mitgestalten und dadurch sichern möchten.

(Beifall bei der AfD)

Mit unseren Änderungsanträgen werden wir in den anstehen den Haushaltsberatungen die Vorstellungen von einer soliden und nachhaltigen Haushaltsführung zum Ausdruck bringen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Zuruf von der AfD: Bravo!)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Fraktionsvorsitzenden Stoch.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und liebe Kollegen! Wir haben heute hier im Landtag von Baden-Württemberg den Landeshaushalt zum Thema. Als ich den ersten beiden Redebeiträgen zuhörte, den Reden des Kol legen Schwarz von den Grünen und des Kollegen Dr. Rein hart von der CDU,

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Waren Sie be geistert!)

fiel mir ein Spruch aus einer der Werbe- und Imagekampag nen des Landes Baden-Württemberg ein. Ich weiß nicht, ob Sie es schon gesehen haben: Es gibt T-Shirts, auf denen steht: „Nett hier. Aber waren Sie schon mal in Baden-Württem berg?“ Diese Imagekampagne soll kokett damit spielen, dass das Image von Baden-Württemberg aus unserer eigenen Sicht ja oft ein bisschen schwach ausgeprägt ist und wir selbst auch nicht immer das nötige Selbstbewusstsein haben, aber dass wir sehr viel zu bieten haben. Wenn ich diesen Werbeslogan aber auf diese beiden Reden anwende, müsste ich sagen: Nett, was Sie uns hier im Landtag erzählen; aber waren Sie zuletzt einmal im Land Baden-Württemberg unterwegs und haben mit den Menschen gesprochen?

(Beifall bei der SPD – Abg. Anton Baron AfD: Bo ser klatscht! – Heiterkeit des Abg. Anton Baron AfD)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, mir ging durch den Kopf: Warum demonstrieren denn Hunderte, ja Tausende aus dem Bereich der Hochschulen gegen die Politik der Landesregie rung? Weil sie mit dieser Landesregierung so zufrieden sind?

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Mit Sicherheit nicht!)

Warum bringen hier in Baden-Württemberg Verbände, aber auch viele, viele Menschen ein Volksbegehren zum Thema Artenschutz ein? Weil sie so glücklich sind über die Politik dieser Landesregierung?

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Engagierte Bürger gesellschaft!)

Warum stehen Menschen auf den Straßen und demonstrieren dagegen, dass in Baden-Württemberg jetzt Arbeitsplatzabbau angekündigt ist? Weil sie das Gefühl haben, dass diese Lan

desregierung etwas dagegen tut? Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Menschen sind in Sorge; sie erwarten von der Politik Handeln und nicht nur Reden.

(Beifall bei der SPD)

Die Ausgangslage unter den demokratischen Parteien ist, glau be ich, unstreitig. Ich habe das zumindest herausgehört. Wir stehen in unserem Land Baden-Württemberg vor ganz gewal tigen Herausforderungen, die auf uns zukommen oder teilwei se bereits vorhanden sind. Menschen demonstrieren, weil sie sich um das Klima und den Artenschutz sorgen. Die Woh nungsnot und steigende Mieten, auch Probleme mit der bis herigen Mobilität beschäftigen die Menschen. Jeden Tag, wenn Menschen in diesem Land versuchen, in Ballungsräu me zu kommen, wird deutlicher, dass sich die Frage nach der zukünftigen Mobilität in Baden-Württemberg stellt.

Diese Transformation betrifft Baden-Württemberg gleich dop pelt: die notwendige Veränderung in der Mobilität, die Ver netzung der Verkehrsträger und gleichzeitig die Diskussion über die Frage, wie es mit der Automobilwirtschaft in unse rem Land, einer der wichtigsten Säulen, auf die wir unseren Wohlstand stützen, weitergeht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, digitale Revolution ist überall. Die digitale Revolution betrifft die Menschen in ihrer Lebenswirklichkeit, vor allem in ihrer Arbeitswelt.

Wir machen uns auch Sorgen über unklare Veränderungen der Weltmärkte, teilweise getrieben von Menschen in der Politik. Wir haben in den USA einen Präsidenten Trump oder auch andere Akteure, die unberechenbar sind.

Wir müssen diese Sorgen der Menschen ernst nehmen. Die Menschen erwarten Antworten von der Politik und nicht nur große Überschriften, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Ich will das gar nicht allein auf Baden-Württemberg beschrän ken. Viele der Probleme, die ich gerade beschrieben habe, gibt es weltweit. Fast alle diese Probleme bestehen bundesweit. Es gibt viele Länder, auch viele Bundesländer, die diese Aufga ben zwar sehen, aber kaum die Mittel an der Hand haben, um etwas dagegen zu unternehmen.

Aber Baden-Württemberg – und das ist gut so – ist, was die ak tuelle finanzielle Situation angeht, besser dran. Baden-Würt temberg hat nämlich enorme Finanzmittel, um diese Heraus forderungen aktiv anzunehmen und etwas zu tun. Allein in den vergangenen zehn Jahren sind die Einnahmen des Landes um sage und schreibe 68 % gestiegen: von 23,4 Milliarden € im Jahr 2010 auf prognostizierte 39,5 Milliarden € im Jahr 2020. Seit Jahren jagt ein Einnahmerekord den nächsten.

Das liegt daran, dass die Menschen viel arbeiten und die Fir men Geld erwirtschaften, weil Export und Technologie auf Weltniveau liegen. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das muss in Baden-Württemberg so bleiben. Aber es bleibt nicht vom Zuschauen so; wir müssen handeln.

(Beifall bei der SPD)

Die Welt bewegt sich, die Märkte bewegen sich. Darum müs sen auch wir uns bewegen. Die Regierung muss diese Bewe

gungen nicht nur zulassen, sondern sie forcieren, anschieben und auch Initiativen ergreifen.

Wer im Herbst 2019 bei all den drängenden Herausforderun gen in der Wirtschaft, in der Bildung, in der Gesellschaft, bei Wohnen und Mobilität, in Gesundheitsversorgung und Pfle ge, wer angesichts Tausender Millionen Euro zusätzlicher Ein nahmen nicht handeln, sondern nur zusehen will, wer nicht agiert und nicht investieren will, sondern all das Geld seiner Bürger nur unters Kopfkissen stopft, der hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Regieren heißt nicht, sich zurückzulehnen und auszuruhen, erst recht nicht jetzt, liebe Kolleginnen, lie be Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Wir können uns Passivität nicht leisten, wenn wir diesem Land eine sichere Zukunft garantieren wollen.

Frau Sitzmann sagte zuletzt in ihrer Rede zur Haushaltsein bringung, die Steuermehreinnahmen aus der November-Steu erschätzung sollten zu einem Teil in die Rücklage fließen und zum anderen den Hochschulen in diesem Land zugutekom men. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Denn bei den Hochschulen – wir haben hier über die Wichtigkeit der Ressource Bildung gesprochen – besteht tatsächlich Nachhol bedarf. Gerade bei den Hochschulen für angewandte Wissen schaften und auch bei der DHBW gibt es ein Problem mit der Finanzierung, vor allem im Bereich der Lehre, weil diese bei der Grundfinanzierung nicht in dem Maß vom Hochschulpakt profitiert haben. Deswegen brauchen wir auch den von Ihnen angekündigten Aufschlag im Bereich der Hochschulen.

Wir werden genau darauf achten, ob die Mittel auch an die richtigen Stellen gehen. Es geht darum, an allen Hochschu len, vor allem auch an den HAWs und an der DHBW, beste Bedingungen für die Lehre in Baden-Württemberg zu gewähr leisten, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Bei den Rücklagen, Frau Sitzmann, frage ich dann schon: An welche Rücklage denken Sie denn konkret? In welcher der Rücklagen möchte die Regierung den Stillstand verwahrt wis sen? Wir werden das Jahr 2019 bald abschließen und dann – Stand heute – über Rücklagen von 5 Milliarden € verfügen.

Ich habe mir mal die Mühe gemacht, die Rücklagenentwick lung im Landeshaushalt anzuschauen: von 2016 mit 1,6 Mil liarden € auf jetzt 5 Milliarden €, über 1 Milliarde € für Haus haltsrisiken laut Entwurf, ein Plus von 224 Millionen €. Jetzt will die Finanzministerin von den zusätzlichen Mitteln eine weitere Milliarde in der Rücklage unterbringen, statt sie in dieses Land zu investieren. Wo will sie das tun, und vor allem wozu? Noch einmal: Risikovorsorge ist richtig und nicht falsch, aber eine Regierung muss wissen, wann sie in die Zukunft des Landes investieren muss.

Auch das Tilgen von Schulden, Herr Professor Reinhart, mit dem Sie sich so gern schmücken, ist nun mal beileibe keine Leistung dieser Landesregierung. Sie waren und sind bei so extrem guten Steuereinnahmen, wie wir sie in den letzten Jah ren hatten und jetzt haben, gezwungen, in die Tilgung der Schulden zu gehen. Dass Sie sich Ihrer Tilgungsverpflichtung teilweise dadurch entzogen haben, dass Sie unter dem schwach

auskonkretisierten Begriff „Implizite Verschuldung“ viele Gelder in Bereiche gesteckt haben, die nun wirklich nichts mit Schuldentilgung zu tun haben, schmückt gerade nicht diese Regierung. Das ist vor allem kein Zeichen von finanzpoliti scher Transparenz. Wir brauchen eine Landesregierung, die finanzpolitisch transparent handelt, die die Steuereinnahmen dazu verwendet, zu investieren und, soweit sie das muss, auch zu tilgen. Dies aber hier dann als eigene Leistung darzustel len ist – mit Verlaub – Spiegelfechterei, und das ist unredlich.